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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.04.2019

Ein gnadenlos schockierender True-Crime-Thriller

Drosselbrut
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Fünf junge Frauen verschwinden in Berlin spurlos, nachdem sie Follower der Online-Kampagne „Befrei dich!“ geworden sind, die für ein selbstbestimmtes Leben wirbt. Zur gleichen Zeit sind in der Hauptstadt ...

Fünf junge Frauen verschwinden in Berlin spurlos, nachdem sie Follower der Online-Kampagne „Befrei dich!“ geworden sind, die für ein selbstbestimmtes Leben wirbt. Zur gleichen Zeit sind in der Hauptstadt Enkelinnen-Kidnapper aktiv, die mit ihren verschleppten minderjährigen Opfer Sexvideos drehen und mit diesen Geld erpressen. Fälle, in denen das LKA ermittelt, allerdings noch keine Erfolge vorweisen kann. Deshalb kommt den Kommissaren Kira Hallstein und Max Lohmeyer der Anruf eines verängstigen Großvaters gerade recht, dessen Enkeltochter entführt und geschändet worden ist und der für ihre Freilassung Fünfzehntausend Euro zahlen soll. Mit dem Versprechen nicht aufzufallen, sind sie bei der Geldübergabe dabei und kommen einem Menschenhändlerring auf die Spur, dessen Drahtzieher überaus mächtig sind.

„Drosselbrut“ ist der zweite Fall für die traumatisierte Kriminalhauptkommissarin Kira Hallstein, die von einer immensen Schuld geplagt, noch immer nach den Verantwortlichen für den Tod an ihrem Bruder sucht. Und für den stets an ihrer Seite agierenden Kriminaloberkommissar Max Lohmeyer, der als typischer Schwiegermuttertyp ungemein sympathisch ist. Ein erfolgreiches Team, das sich wunderbar ergänzt, wobei er stets festen Boden unter den Füßen hat, während sie sich mit ungesundem Ehrgeiz in ihre These über ein dubioses Netzwerk verbeißt. Deshalb geschieht es auch, dass Kira Hallstein einige Alleingänge wagt und dabei um ihr Leben fürchten muss.

Gleich eine ganze Reihe an Verbrechen werden in diesem an die Nieren gehenden Thriller zu einem großen Ganzen verwebt, dass am Ende zutiefst schockiert und mehr Fragen offenlässt, als es klärt. Denn nur den kleinen Handlangern, denen eine strafbare Tat nachgewiesen werden kann, wird der Prozess gemacht, während die Hauptverantwortlichen mit ihrer Macht und Einflussnahme hinter sich aufzuräumen wissen. Vor allem deshalb geht dem Leser die rasant fortschreitende Handlung sehr nah, weil sie auf wahren Vorkommnisse beruht und Andreas Gößling in seinem True-Crime-Thriller bekannte Fakten schonungslos benennt und nicht zimperlich bei der Beschreibung der geschilderten Verbrechen ist.

Fazit:
Der auf den „Jahrhundertfall“ Dutroux beruhende Thriller sorgt beim Lesen mehr als nur für Gänsehaut. Er schockiert und bewegt und lässt den Leser mit vielen Zweifeln und aufkommenden Ängsten zurück.

Veröffentlicht am 25.04.2019

Ein geheimnisumwitterter Horrorthriller

Der Exorzismus der Gretchen Lang
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Zehn Jahre ist Abby alt, als sie während einer missglückten Geburtstagsfeier Gretchen Lang kennenlernt und von nun an ihre beste Freundin ist. Deshalb stört sie es nicht, dass Gretchen in der Highschoolzeit ...

Zehn Jahre ist Abby alt, als sie während einer missglückten Geburtstagsfeier Gretchen Lang kennenlernt und von nun an ihre beste Freundin ist. Deshalb stört sie es nicht, dass Gretchen in der Highschoolzeit immer merkwürdiger wird und an einem lauen Sommerabend gemeinsam mit zwei weiteren Freundinnen LSD nehmen will. Ein Trip, der für Gretchen fatale Folgen hat. Nur kurz darauf verschwindet sie nackt im Wald und taucht erst am nächsten Tag völlig verwirrt in einer heruntergekommenen Hütte wieder auf. Von nun an magert sie immer mehr ab, wird von unheimlichen Flashbacks geplagt und scheint von einem Dämonen besessen zu sein. Denn wie sonst ist zu erklären, dass Gretchen nachts lautstarke Geräusche ausstößt, am Tag schwarze Federn erbricht oder immer wieder fremde Hände auf ihrem Körper spürt.

„Der Exorzismus der Gretchen Lang“ ist nach dem erfolgreichen Thriller „Horrorstör“ das zweite Buch des US-amerikanischen Autors und Journalisten Grady Hendrix, das im Droemer Knaur Verlag erschienen ist. Grady Hendrix, der einige Jahre an der Telefonhotline einer parapsychologischen Forschungsorganisation gearbeitet hat, besitzt ein feines Gespür für außersinnliche Wahrnehmungen und eine ordentliche Portion Fantasie, um diese in erdachten Horrorgeschichten einfließen zu lassen. Dabei scheut er sich nicht, bekannte Schockelemente erneut zu benutzen und seine Figuren mit Angst erregenden Vorkommnissen und übernatürlichen Phänomenen zu verstören. Doch trotz dieser für sie nur schwer zu ertragenden Qual, zeigt er ihnen auch einen Weg, wie sie dem Grauen entkommen können und einer damit unweigerlich verbundenen Gefahr.

Der von einer tiefen Freundschaft zwischen zwei Mädchen lebende Thriller benötigt eine ganze Weile, um in Fahrt zu kommen und um das in ihm enthaltene Potenzial in vollen Zügen zu nutzen. Denn zunächst einmal lernt der Leser Abby und Gretchen kennen, begleitet sie die Schulzeit hindurch und ist dabei, wenn sie an einem verhängnisvollen Abend einen schwerwiegenden Fehler begehen. So geht viel Zeit ins Land, ehe der Horror das Geschehen bestimmt und mit unnatürlichen Vorkommnissen, mit Angstträumen und Besessenheit, mit ekelerregenden Szenen und grauenhaften Veränderungen eine Atmosphäre erzeugt, die von schreckerfülltem Schauder getragen ist. Von da an wird auch die Spannung angeheizt und die Handlung nimmt einen Verlauf, dessen Ausgang lange Zeit ungewiss bleibt.

Fazit:
Ein geheimnisumwitterter Horrorthriller, der in den 80er Jahren spielt und trotz anfänglicher
Längen mit einem wendungsreichen und immer unheimlicher werdenden Geschehen
überzeugen kann.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Ein ruhiger und nah an der Realität angesiedelter Thriller

Blutmond
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Nach einer exklusiven Party der Kopenhagener Fashion Week wird die zusammengekrümmte Leiche des Modezar Alpha Bartholdy in einem naheliegenden Park im Schnee entdeckt. Mit einem Drink vergiftet, der mit ...

Nach einer exklusiven Party der Kopenhagener Fashion Week wird die zusammengekrümmte Leiche des Modezar Alpha Bartholdy in einem naheliegenden Park im Schnee entdeckt. Mit einem Drink vergiftet, der mit Rohrreiniger versetzt worden ist, starb er einen einsamen und qualvollen Tod. Die beiden Polizeiassistenten Jeppe Kørner und Anette Werner übernehmen den ungewöhnlichen Fall und stecken schon bald in einer Ermittlung fest, die es in sich hat. Denn zum einen fehlt ihnen ein stichhaltiges Motiv, das eine solche Tat rechtfertigen kann, zum anderen haben sie es mit einem Täter zu tun, der seinen Rachefeldzug akribisch plant. Und bereits am nächsten Tag geschieht ein weiterer Mord, der auf dieselbe perfide Weise verübt worden ist, während Jeppes bester Freund Johannes aufgrund schwerwiegender Indizien zum Hauptverdächtigen wird.

„Blutmond“ ist nach „Krokodilwächter“ der zweite Fall für das eingeschworene Duo Jeppe Kørner und Anette Werner, die diesmal in der exzentrischen Welt der Stars und Modemacher auf die Jagd nach einem Mörder gehen. In einer Welt, in der nach außen hin alles glamourös und faszinierend erscheint und es hinter der schillernden Fassade jede Menge Unrecht und Schmutz zu entdecken gibt. Und genau dorthin lenkt Katrine Engberg die Aufmerksamkeit ihrer Leser und lässt sie erleben, welche verbrecherischen Machenschaften und menschliche Verfehlungen gut geschützt vor dem Blick der Öffentlichkeit geschehen. Allerdings nur in kurzen Passagen, da das Hauptaugenmerk in dem verworrenen Fall eher auf die zahlreichen Schicksale der Figuren und die nur zäh voranschreitenden Ermittlungen gelegt worden ist.

Katrine Engberg schreibt wunderbar unspektakulär und mit einem versteckten Humor, der gut zu den teilweise mondänen und teilweise mitten im Leben stehenden Figuren passt. Wie die Seherin Lulu, die mit ihrer antrainierten Gabe den mehr oder weniger bekannten Prominenten das Geld aus der Tasche zieht oder Esther, die als pensionierte Literaturprofessorin nicht nur Krimis schreibt, sondern eigene Recherchen über das Motiv des Mörders anstellt. Und dann gibt es da noch das eingespielte Ermittlerteam, das im privaten Bereich einige Probleme hat und aufpassen muss, dass es nicht zu Konflikten im Berufsleben kommt. Eine vielseitige Figurenkonstellation, die kombiniert mit einer rätselhaften Mordserie spannend unterhält und durch viele bildhafte Beschreibungen und einer nüchternen Atmosphäre authentisch in Erscheinung tritt.

Fazit
„Butmond“ ist ein ruhiger und nah an der Realität angesiedelter Thriller, der vor allem mit vielseitigen Figuren, überraschenden Wendungen und viel Ermittlungsarbeit punkten kann und dabei gleichzeitig Einiges über Kopenhagen und seine Bewohner verrät.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Eine gelungenen Kombination aus Verbrechen und Humor

Ostfriesenfete
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Als der ostfriesische Kommissar Rupert von seiner einstigen Schulkameradin Nadja eine Einladung zu einer Loserparty auf Langeoog erhält, wundert er sich. Schließlich war Nadja immer darauf erpicht, die ...

Als der ostfriesische Kommissar Rupert von seiner einstigen Schulkameradin Nadja eine Einladung zu einer Loserparty auf Langeoog erhält, wundert er sich. Schließlich war Nadja immer darauf erpicht, die Beste zu sein. Nun aber lädt ausgerechnet sie zu einem Treffen in ihrem Ferienhaus ein, wo jeder der Anwesenden seine schlimmste Niederlagen präsentiert. Soll das etwa eine späte Rache, weil Rupert damals in puncto Liebe zu ihr nicht ehrlich war? Oder ist er einfach nur der Ersatz für einen tollen Hecht, der kurzfristig abgesprungen ist? Rupert will´s wissen und stürzt sich in ein Abenteuer, das schon bald mit einem handfesten Verbrechen aufwarten kann.

Es ist eine wundervolle Idee, die Klaus-Peter Wolf in seinem Krimi verarbeitet hat. Denn anstatt mit tollen Häusern, schicken Autos und erfolgreichen Kindern zu buhlen, lässt er seine Figuren als Trottel oder Loser dastehen, um mit Häme im Gesicht über fremde Misserfolge herzuziehen. Dass das nicht gut gehen kann, ist wohl klar. So macht es zum einen keinen Spaß, sich vor anderen als Verlierer zu präsentieren und zum anderen ist mit Kommissar Rupert ein Mann mit dabei, dessen täglich Brot das Aufklären von Morden ist. Deshalb kommt es auch, wie es kommen muss. Einer der ehemaligen Schulkameraden ist am nächsten Morgen tot und ausgerechnet Rupert, der sein Licht nur ungern unter den Scheffel stellt, verpatzt seine Chance, ein Superbulle zu sein.

"Ostfriesenfete" ist eine kurze Episode aus dem unermüdlichen Schaffen des ostfriesischen Kult-Kommissars Rupert, dem diesmal wieder herrlich schräge Sachen passieren. Mit viel Humor, krimineller Energie und einem untrüglichen Gespür für die Verhaltensweisen von Menschen in Szene gesetzt, erlebt der Leser neben vielen amüsanten Dialogen, einen überheblichen Rupert, der sich mit Bruce Willis vergleicht und trotzdem einem schmierigen Fernsehkommissar unterlegen ist. Das Ganze wird wie gewohnt, mit einer ordentlichen Portion Lokalkolorit erzählt und einer Spannung, die in diesem Fall eher unterschwellig zutage tritt. Denn neben der genüsslichen Ausschlachtung menschlicher Schwächen bleibt halt wenig Platz für eine ausgiebige Mörderjagd.

Fazit:
Ob kurzes Intermezzo oder vielschichtiger Kriminalroman. Klaus-Peter Wolf weiß seine Leser mit einer gelungenen Kombination aus Verbrechen und Humor zu unterhalten.

Veröffentlicht am 09.04.2019

Ein atmosphärisch dichter und fesselnder Dublin-Krimi

Grabesgrün
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Auf dem Opferaltar einer Ausgrabungsstätte wird die Leiche eines zwölfjährigen Mädchens entdeckt, das erschlagen und missbraucht worden ist. Ein grausames Verbrechen, das an einen alten Fall denken lässt, ...

Auf dem Opferaltar einer Ausgrabungsstätte wird die Leiche eines zwölfjährigen Mädchens entdeckt, das erschlagen und missbraucht worden ist. Ein grausames Verbrechen, das an einen alten Fall denken lässt, der fünfundzwanzig Jahre zuvor für Aufregung sorgte. Damals sind in demselben Waldgebiet zwei spielende Kinder spurlos verschwunden und trotz umfangreicher Suchaktionen nicht wieder aufgetaucht.

Cassie Maddox und Rob Ryan von der Dubliner Polizei übernehmen die Ermittlungen und schon bald wird klar, dass Rob mehr über das einstige Verbrechen weiß, als er zugeben möchte. Denn als Kind war er dabei, als zwei seiner Spielkameraden verschwanden, und wurde später mit blutiger Kleidung und massiven Erinnerungslücken unter einem Baum entdeckt. Doch anstatt den Fall abzugeben, kniet er sich besonders tief hinein und steht schon bald einem Psychopathen gegenüber, der ein böses Spiel mit ihm treibt.

"Grabesgrün" ist das Debüt der in Dublin lebenden Autorin Tana French, das vor allem durch seine düstere Atmosphäre und durch die in ihm agierenden vielschichtigen Figuren überzeugt. Angefangen mit dem Polizisten Rob Ryan, der als Hauptfigur und Ich-Erzähler den Leser tief in sein traumatisches Inneres blicken lässt, über seine Kollegin Cassie Maddox, die nach einer schweren Verletzung als Undercover-Agentin ruhiger treten muss, bis hin zu Angehörigen, Bewohnern und Verdächtigen werden sie alle mit ihren Stärken und Schwächen dargestellt. Vor allem dadurch kann sich der Leser ein gutes Bild von ihnen machen und ihre Handlungen bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen.

Eine wunderbar bildliche Sprache und zwei überaus knifflige Fälle runden den Krimi gekonnt ab, der mit wenig Blut, aber dafür mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen zu fesseln versteht. Da stört es auch nicht, dass die Spannung aufgrund der akribisch dargestellten Polizeiarbeit auch mal ins Stocken gerät oder nicht alle Verbrechen vollständig aufgeklärt werden. Das Besondere an diesem Debüt sind nun einmal die Menschen mit ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten und das Zusammenspiel zwischen ihnen, das mit einigen Problemen behaftet ist.

Fazit:
Atmosphärisch dicht, mit greifbaren Figuren und akribischer Polizeiarbeit präsentiert sich "Grabesgrün" dem Leser und lässt ihn gekonnt in seelische Abgründe schauen.