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Veröffentlicht am 15.09.2016

Von wegen alt und weise

Eierlikörtage
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83 Jahre ist ein stolzes Alter. Und trotz dieses fortgeschrittenen Stadiums ist der Niederländer Hendrik Groen weder senil noch begnügt er sich damit, in einem Altenheim in Amsterdam auf den Tod zu warten. ...

83 Jahre ist ein stolzes Alter. Und trotz dieses fortgeschrittenen Stadiums ist der Niederländer Hendrik Groen weder senil noch begnügt er sich damit, in einem Altenheim in Amsterdam auf den Tod zu warten. Schließlich hat er noch immer eine eigene Meinung, schafft es, sich selbstständig fortzubewegen und möchte mehr, als nur regelmäßig seine Mahlzeiten erhalten. Dabei ist er nicht der Einzige, der dem täglichen Trott im Altenheim gerne einmal den Rücken kehrt, um auf kollektives Gejammer, auf immer gleiche Kekse und boshafte Mitbewohner zu verzichten. Auch einige weitere Senioren wollen ihre knapp bemessenen Tage mit angenehmen Erlebnissen aufpeppen. Deshalb macht er sich gemeinsam mit ihnen daran, einen Verein zu gründen, der unter dem Slogan „Alt-aber-nicht-tod“ Ausflüge unternimmt und es noch einmal so richtig krachen lässt.

Von wegen alt und weise. Missgunst und Neid treiben ihre Blüten in dem Altenheim in Amsterdam-Nord, in dem Hendrik Groen zu Hause ist. Intriganten und Lästermäuler haben hier Hochkonjunktur, während die Chefin des Heims mit umfangreichen Sparmaßnahmen und dem Ausbau ihrer eigenen Karriere beschäftigt ist. Da landet schon einmal der Kuchen im Terrarium und ein ungeliebter Mitbewohner wird beschuldigt, die Fische getötet zu haben oder der Deckel eines Salzstreuer wird absichtlich aufgedreht, um ihn grinsend einer anderen Dame für ihr Spiegelei zu reichen. Ganz schlimm aber wird es, wenn ein Rollstuhl versehentlich eine Treppe hinunterstürzt oder ein angeblicher Fahrfehler dazu führt, dass ein Scooter einen Senioren streift. Erlebnisse, die Hendrik Groen in seinem Tagebuch festgehalten hat, das er ein ganzes Jahr lang füllte und das mit viel trockenem Humor, ungeschönten Wahrheiten und nur verhaltenem Gejammer.

Fazit:
Ein amüsanter und doch ernst zu nehmender Einblick in das Leben einer durch die Gänge schlurfenden, nach Alter und Verfall riechenden und dazu ungeduldig jammernden Gemeinschaft.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Emotional, spannend und gruselig

Todesmärchen
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Mit den Haaren an eine Brücke gehängt und auf dem Körper ein geheimnisvolles Zeichen. Die tote Frau, die im schweizerischen Bern gefunden wird, bildet der Beginn einer Mordserie, die überaus grausam ist. ...

Mit den Haaren an eine Brücke gehängt und auf dem Körper ein geheimnisvolles Zeichen. Die tote Frau, die im schweizerischen Bern gefunden wird, bildet der Beginn einer Mordserie, die überaus grausam ist. Deshalb wird der niederländische Profiler Maarten S. Sneijder hinzugezogen, der gemeinsam mit BKA-Kommissarin Sabine Nemez ermitteln soll.
Zur gleichen Zeit nimmt eine junge Psychologin ihre Tätigkeit in einem Gefängnis für geistig abnorme Rechtsbrecher auf. Dort soll sie drei der Insassen regelmäßig therapieren, wobei einer von ihnen der hochintelligente Piet van Loon ist. Piet van Loon, der mehrere Morde begangen hat und gerne sonderbare Spielchen treibt, wurde einst vom Profiler Maarten S. Sneijder hinter Gittern gebracht und ist noch immer hochgefährlich. Deshalb wundert es nicht, dass die Spuren in der neuen Mordserie immer wieder an Piet van Loon denken lassen, obwohl dieser in sicherer Verwahrung ist.

„Todesmärchen“ ist nach „Todesfrist“ und „Todesurteil“ der dritte Band der Trilogie rund um den Profiler Maarten S. Sneijder und seine begabte Studentin Sabine Nemez. Nemez, die inzwischen beim BKA als Kommissarin tätig ist und Sneijder nur als Misanthropen und Einzelgänger kennt, ist erstaunt, dass sie gemeinsam mit ihm auf die Jagd nach einem hochgefährlichen Serienmörder gehen soll. Doch entgegen ihrer anfänglichen Befürchtungen, verläuft die Zusammenarbeit gut, aber nur weil Sneijder ein hochexplosives Geheimnis hütet, von dem Sabine lange Zeit nichts weiß. Zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können, die aber durch ein gemeinsames Ziel eng verbunden und durch eine Ermittlunge, die dem Leser öfter einmal den Schauer über den Rücken treiben. Ganz wohl allerdings ist ihm auch bei den Bemühungen der jungen Psychologin Hanna Norland nicht, die mit drei intriganten Psychopathen klarkommen muss. Ein Thriller, der tief in menschliche Abgründe schauen lässt und in ein mörderisches Spiel, das seine Vorbilder in schaurig schönen Märchen hat.

Gelesen wird die totbringende Geschichte von Achim Buch, einem erstklassigen Hörbuchsprecher, der sich bei der Interpretation des Grauen erregenden Thrillers wieder einmal selbst übertrifft. Denn egal, welche der beteiligten Figuren er verkörpert, er passt Stimmlage, Dialekt und Ausdruck ihrer jeweiligen Situation und Gefühlsalge an und versteht es, sie zum Leben zu erwecken.

Fazit:
Emotional, spannend und gruselig. „Todesmärchen“ ist ein rasanter Thriller mit einem geschickt arrangierten Plot und leider mit dem letzten Fall des brillanten Fallanalytikers Maarten S. Sneijder.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein ausgeklügeltes Psychospiel

Die Vermissten
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An einem schönen Spätsommerabend sind Greta, Alex und Tochter Smilla mit einem Motorboot auf dem Wasser unterwegs zu einer kleinen Insel. Doch anstatt das idyllisch gelegene Eiland gemeinsam zu erforschen, ...

An einem schönen Spätsommerabend sind Greta, Alex und Tochter Smilla mit einem Motorboot auf dem Wasser unterwegs zu einer kleinen Insel. Doch anstatt das idyllisch gelegene Eiland gemeinsam zu erforschen, bleibt Greta im Boot zurück und Alex und Smilla machen sich allein auf den Weg, das geheimnisvolle Fleckchen Erde zu erforschen. Ein Fehler, wie sich bald herausstellen wird. Denn Alex und Smilla kehren von ihrem Ausflug nicht zurück und egal wie lange Greta auch nach ihnen sucht, sie kann sie nicht finden. Auch eine Anzeige bei der Polizei bringt nicht den gewünschten Erfolg und Greta, deren Verzweiflung immer größer wird, gerät plötzlich selbst in Verdacht, etwas mit dem Verschwinden ihrer Lieben zu tun zu haben.

„Die Vermissten“ ist ein geschickt arrangierter Psychothriller, der es versteht, seine Hörer hinters Licht zu führen. Bereits von Beginn der Erzählung an werden ihm in kleinen Portionen Vorkommnisse suggeriert, wechselnde Informationen gegeben und immer neue Gedankensplitter offenbart, sodass er stets versucht ist, eine plausible Begründung für die unerklärlichen Ereignisse auf der Insel zu finden und für die Verhaltensweisen weiterer Personen danach. Deshalb dauert es auch einige Zeit, bis die Erkenntnis reift, dass er mit seinen Vermutungen mächtig auf dem Holzweg ist. Bis dahin aber lernt er die Protagonistin Greta immer besser kennen, spürt ihre Angst und Unsicherheit, nimmt Anteil an ihrem Leid und hofft für sie auf ein gutes Ende.

Gelesen wird die Darbietung einer gelungenen Manipulation von Jessica Schwarz, Nina West und Gabriele Blum. Drei Hörbuchsprecherinnen, die es verstehen ihre Stimmen so einzusetzen, dass die von ihnen verkörperten Figuren glaubhaft sind. Ein sehr wichtiges Detail in diesem intriganten Spiel. Denn nur dadurch gelingt es, die beklemmende Atmosphäre, das rätselhafte Geschehen und die damit einhergehenden Gefühle nachvollziehbar aufleben zu lassen und den Hörer durchgängig in den Bann der Geschichte zu ziehen.

Fazit:
Ein Thriller der leisen Töne, der mit einem ausgeklügelten Psychospiel Spannung erzeugt.



Veröffentlicht am 15.09.2016

Der absurdeste Fall in Paul Kalkbrenners Karriere

Märchenwald
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Der Glaube von Kindern ist unerschütterlich. Gerade erst von ihrem gewalttätigen Vater befreit, geraten der neunjährige Max und die vierjährige Ellie erneut in eine prekäre Situation und hoffen, dass alles ...

Der Glaube von Kindern ist unerschütterlich. Gerade erst von ihrem gewalttätigen Vater befreit, geraten der neunjährige Max und die vierjährige Ellie erneut in eine prekäre Situation und hoffen, dass alles gut wird. Dabei haben Unbekannte ihre Mutter gewaltsam aus der gemeinsamen Wohnung entführt und das Einzige, was diese für ihre Kinder noch tun konnte, war, sie in einem Wandschrank zu verstecken. Nun hocken Max und Ellie da, träumen vom Märchenwald und davon, dass alles ein gutes Ende nimmt. Aber nicht nur sie sind einer unbekannten Gefahr ausgesetzt. Auch eine junge Frau, die mit massiven Verletzungen und ohne Gedächtnis in einer Gasse am Alexanderplatz aufwacht oder ein Mann, der bei einem ungewöhnlichen Job in die Fänge eines Mörders gerät, müssen sich dem Grauen stellen. Der absurdeste Fall in Paul Kalkbrenners Karriere und das zu einer Zeit, in der er selbst schwerwiegende Probleme hat.

„Märchenwald“ ist der fünfte Fall für den Berliner Hauptkommissar Paul Kalkbrenner und wartet mit einer Ermittlung auf, die an die Nieren geht. Denn der liebe Nachbar von nebenan, der nette Großvater zweier Enkelkinder hat es faustdick hinter den Ohren oder besser gesagt im Magen. Doch bevor der Leser merkt, in was für ein makabres Handlungsgeflecht er geraten ist, lernt er zunächst die beiden Kinder Max und Ellie kennen, die er auf ihrem Weg quer durch Berlin begleitet und eine junge Frau, die verzweifelt mit ihrem Gedächtnis kämpft. Figuren, deren aussichtslos scheinenden Versuche einfühlsam geschildert sind und die kaum eine Chance haben, ihrem entsetzlichen Schicksal zu entkommen.

Mehrere Handlungsstränge, kurze Kapitel und geschickt gesetzte Cliffhanger sorgen für ein spannendes Leseerlebnis, das durch die Dramatik der Handlung noch verstärkt wird. Rasant erzählt, mit grausamen Szenen und wendungsreichen Ereignissen durchsetzt, gibt es kaum eine Pause. Weder für den Leser, der mit Gänsehaut und angehaltenem Atem durch das Geschehen hetzt, noch für die Hauptfiguren, die Grausames durchleben müssen und schon gar nicht für die Ermittler, die Ordnung in das Chaos bringen müssen. Ein rasanter Thriller, der mit den Ängsten seiner Leser spielt und mit dessen Nerven.

Fazit:
„Märchenwald“ ist ein packender Thriller, der ein ungewöhnlich grausames Thema berührt und auf gar keinen Fall für zartbesaitete Leser geeignet ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein ungeschönter Einblick in gesellschaftliche Defizite

Tod auf dem Kreuzbergl
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Gerade erst aus der Haft entlassen, wird der Kindsmörder Peter Groner erneut verdächtigt, etwas mit dem Verschwinden eines Mädchens zu tun zu haben. Denn die dreizehnjährige Juila, die am späten Abend ...

Gerade erst aus der Haft entlassen, wird der Kindsmörder Peter Groner erneut verdächtigt, etwas mit dem Verschwinden eines Mädchens zu tun zu haben. Denn die dreizehnjährige Juila, die am späten Abend allein auf den Kreuzbergl unterwegs gewesen war, wird seit dem von ihren Eltern vermisst. Eine sofort eingeleitete Suche bleibt ohne Erfolg, wie auch die Befragung von Anwohnern und Mitschülern, die keine Hinweise zum Verbleib der Schülerin geben können. Deshalb stützen sich die Ermittlungen auf den Fakt, dass Peter Groner kein Alibi hat und obwohl er seine Unschuld beteuert, wird er in Haft genommen, als ein weiteres Mädchen verschwindet.

„Tod auf dem Kreuzbergl“ ist ein Krimi, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Einmal angefangen, lässt er einen nicht mehr los. Vor allem, weil es in ihm nicht nur um die Ermittlungen zu verschwundenen Mädchen geht, sondern vor allem um nicht erwiesene Schuldzuweisungen und um das Unvermögen Einzelner, mit ihrem Leben zurechtzukommen. Jede Menge Probleme, viele offenen Fragen und Verbrechen, die gesühnt werden müssen, beschäftigen den Leser die gesamte Handlung lang und offenbaren schonungslos die Schwächen, die auch in unserer Gesellschaft an der Tagesordnung sind. Da gibt es einen Mann, der seine Frau gnadenlos schlägt und eine Frau, die ihn trotzdem nicht verlässt. Oder ein Kind, das sterben muss, weil es nicht an sein Asthmaspray kommt. Situationen, in denen die Opfer kaum eine Chance haben, mit dem Leben davon zu kommen oder sofortige Hilfe zu erfahren.

Erzählt werden die tragischen Ereignisse, in kurzen Kapiteln, die von regelmäßigen Szenenwechseln gezeichnet sind und von einer unverblümten Schreibweise, die an die Nieren geht. Dabei lernt der Leser zu Beginn des Buches eine Reihe von Personen kennen, die immer wieder auftauchen und deren Schicksale sich regelmäßig kreuzen und ganz allmählich zu einem geschickt zusammengefügten Ganzen werden.

Fazit:
„Tod auf dem Kreuzbergl“ ist mehr als nur ein Kriminalroman mit einem spannenden Fall. Er ist ein kritischer Roman, der einen ungeschönten Einblick in gesellschaftliche Defizite gewährt.