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Veröffentlicht am 27.09.2016

Ein Kriminalroman, der seinen Lesern Gänsehaut beschert

Wintertod
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Auf einem längst verwitterten Berliner Friedhof wird die schlecht vergrabene Leiche einer Frau gefunden, die dort nicht hingehört. Hauptkommissar Arne Larsen, der gerade erst aus Norddeutschland in die ...


Auf einem längst verwitterten Berliner Friedhof wird die schlecht vergrabene Leiche einer Frau gefunden, die dort nicht hingehört. Hauptkommissar Arne Larsen, der gerade erst aus Norddeutschland in die Hauptstadt gezogen ist, übernimmt gemeinsam den merkwürdigen Fall und steckt schon bald mit seiner Kollegin Mayla Aslan in einer Ermittlung fest, die es in sich hat. Denn während die Tote selbst für ihr Ableben verantwortlich ist, steht die Frage im Raum, warum wurde sie auf dem alten Friedhof verscharrt. Zur gleichen Zeit hegt eine Berliner Lehrerin einen schlimmen Verdacht. Nach einer langen psychischen Erkrankung in den Schuldienst zurückgekehrt, glaubt sie, dass eine ihrer Schülerinnen Hilfe braucht und begibt sich ungeahnte Gefahr.

„Wintertod“ ist nach „Ein dunkler Sommer“ der zweite Fall für den eigenwilligen Hauptkommissar Arne Larsen, den es nach einem traumatischen Erlebnis und der Trennung von seiner Lebensgefährtin nach Berlin verschlagen hat. Dort trifft er auf die türkischstämmige Oberkommissarin Mayla Aslan, die ab sofort seine Teamchefin und Partnerin ist und genau, wie er mit privaten Problemen zu kämpfen hat. Ein interessantes Team, das sich erst im Verlaufe der Ermittlungen zusammenrauft und bis dahin einige Unstimmigkeiten beseitigen muss.

Aber nicht nur sie bilden den Mittelpunkt in einem Geschehen, das vor allem durch seine Gefühlskälte Gänsehaut beschert. Auch eine von Schülern attackierte Lehrerin und ein Junge, der von seinem Stiefvater zu gewalttätigen Aktionen gezwungen wird, vervollständigen eine Handlung, die sehr komplex aufgebaut worden ist. So gibt es drei Handlungsstränge, die abwechselnd zum Tragen kommen, allerhand Verbrechen, die von unterschiedlichen Personen verübt werden und verschiedene Zeitebenen, deren Ereignisse erst allmählich zusammenführen. Bis dahin aber, erfährt der Leser von unhaltbaren Zuständen an einer Schule, von Menschen, die lieber wegsehen, als zu helfen oder taucht in ein Stück deutsche Geschichte ein, deren Auswirkungen noch heute zu spüren sind.

Fazit:
„Wintertod“ ist ein Kriminalroman, der seinen Lesern Gänsehaut beschert und das nicht nur, weil er in einer kalten Jahreszeit spielt, sondern weil sein markantestes Merkmal eine spürbare emotionale Kälte ist.

Veröffentlicht am 26.09.2016

Ein emotional mitreißender Roman

Falsche Schwestern
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13 Jahre ist es her, seitdem Faith Logans große Schwester Lauren spurlos verschwand und Faith Leben von dem unsäglichen Verlust bestimmt worden ist. Zahlreiche Suchmaßnahmen, Aufrufe in der Presse und ...

13 Jahre ist es her, seitdem Faith Logans große Schwester Lauren spurlos verschwand und Faith Leben von dem unsäglichen Verlust bestimmt worden ist. Zahlreiche Suchmaßnahmen, Aufrufe in der Presse und diverse andere Aktionen brachten nicht den gewünschten Erfolg. Lauren blieb verschwunden, und während Faith all die Jahre im Schatten ihrer verschwundenen Schwester stand, scheiterte die Ehe ihrer Eltern und bescherte ihr einen weiteren Verlust. Plötzlich aber, nach 13 Jahren voller Hoffnung, Verzweiflung, Trauer und Wut taucht Lauren wieder auf und drängt sich mit ihrem erlittenen Schicksal erneut in den Vordergrund. Doch anstatt neidisch zu sein, ist Faith unendlich froh, sie wiederzuhaben. Allerdings nur bis zu dem Tag, als Lauren ihr den Freund ausspannt und eine unwiderrufliche Tatsache alles verändert.

„Falsche Schwestern“ ist ein bewegender Roman, der realitätsnah in Erscheinung tritt. In ihm werden die Auswirkungen eines Verbrechens thematisiert, das nicht nur seinen Opfern entsetzliche Qualen beschert, sondern das auch tief in das Leben der zurückgebliebenen Familie eindringt. Denn immer, wenn ein Kind entführt wird und niemand weiß, was mit ihm geschehen ist, sind die Auswirkungen auf die Psyche der verbleibenden Familienmitglieder fatal. Und genau darum geht es in Cat Clarks Roman, um einen unsagbaren Verlust, um unkontrollierbare Ängste, unausgesprochene Vorwürfe und zerstörerische Hoffnungen. Gefühle, die den allmählichen Zerfall einer Familie bewirken, die ebendieses Trauma erleben muss. Allerdings geht Cat Clark noch viel weiter. Sie ersinnt ein Szenario, das entsteht, wenn das verschollene Kind 13 Jahre danach als junge Frau wieder auftaucht und erneut das Leben ihrer Angehörigen durcheinander bringt.

Ein feinfühlig geschriebener Roman, der aus der Sicht der Jugendlichen Faith verfasst worden ist und dadurch dem Leser vor allem ihre Sichtweise des verhängnisvollen Geschehens nahebringt. Gemeinsam mit ihr, taucht er tief in ihre Gefühlswelt ein, versucht gemachte Beobachtungen mit erwarteten Handlungsweisen in Einklang zu bringen und eigene Reaktionen zu kontrollieren. Dabei merkt er, genau wie Faith, dass etwas ganz und gar nicht stimmt, kann es aber lange Zeit nicht benennen. Deshalb bleibt die Spannung in diesem Roman eher auf einem mittleren Niveau, auch weil schnell zu erkennen ist, worum es hier geht, während die emotionale Komponente für fesselnde Lesestunden sorgt.

Fazit:
„Falsche Schwester“ ist ein sehr intensiver Roman, mit einer unvergleichlichen Atmosphäre, der emotional mitreißt und vor allem für jugendliche Leser geeignet ist.

Veröffentlicht am 20.09.2016

Ein Thriller, der geschickt mit den Ängsten seiner Figuren spielt

Nebelschrei
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Die bekannte britische Fotografin Helen hat in ihrem Leben schon viel gesehen. In diversen Kriegsgebieten eingesetzt, zeugen ihre Fotos davon, wie viel Leid die Zivilbevölkerung dort ertragen muss. Doch ...

Die bekannte britische Fotografin Helen hat in ihrem Leben schon viel gesehen. In diversen Kriegsgebieten eingesetzt, zeugen ihre Fotos davon, wie viel Leid die Zivilbevölkerung dort ertragen muss. Doch welchem Martyrium sie selbst ausgesetzt ist, das zeigen ihre Arbeiten nicht. Denn während sie täglich mit ihrer Leica auf die Suche nach guten Motiven geht, wartet zu Hause ein Ehemann auf sie, der sie regelmäßig tyrannisiert und missbraucht. Bis zu dem Tag, als ihre gemeinsame Wohnung in Flammen steht und sich Helen nicht mehr erinnern kann, was in der Brandnacht geschehen ist. Seit dem hat sie sich in einem heruntergekommenen Herrenhaus am Rande der Dales versteckt und lebt in ständiger Angst, entdeckt zu werden.

„Nebelschrei“ ist ein Thriller, der der es in sich hat, allerdings auch lange Zeit benötigt, die in ihm steckende Geschichte zu entwickeln. So lernt der Leser im ersten Teil des Buches zunächst einmal die Hauptfiguren kennen und erfährt wichtige Details aus ihrem Leben. Angefangen mit Helen, die nach ihrer Flucht aus der brennenden Wohnung in einer abgelegenen Gegend Nordenglands auf eine Dorfgemeinschaft trifft, deren Neugierde ihr gefährlich werden kann, über den im Ruhestand befindlichen Journalisten Gil, der zu Helens Leidwesen schneller als gedacht, hinter ihr Geheimnis kommt, bis hin zu Helen Exmann Arthur, der als Kriegsberichterstatter auf der ganzen Welt tätig ist und diversen anderen Figuren, die am Rande des Geschehens von Bedeutung sind. Erst dann beginnt die Handlung ihren Sog zu entwickeln, dem sich der Leser nur schwer entziehen kann. Denn im zweiten Teil des Thrillers berichtet Helen von ihrem jahrelangen Martyrium, während es im dritten Teil am Rande der Dales ums nackte Überleben geht. Und die ganze Zeit über besticht der detailreiche und mit interessanten Informationen angereicherte Thriller durch seinen angenehm lesbaren und flüssigen Stil und seine realistische und bewegende Darstellung.

Fazit:
„Nebelschrei“ ist ein Thriller der leisen Töne, der gekonnt auf psychologische Spannungsmomente setzt und dabei geschickt mit den Ängsten seiner Figuren spielt. Eine Empfehlung für Leser, denen emotionale Momente wichtiger sind, als actionreiche Szenen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Von wegen alt und weise

Eierlikörtage
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83 Jahre ist ein stolzes Alter. Und trotz dieses fortgeschrittenen Stadiums ist der Niederländer Hendrik Groen weder senil noch begnügt er sich damit, in einem Altenheim in Amsterdam auf den Tod zu warten. ...

83 Jahre ist ein stolzes Alter. Und trotz dieses fortgeschrittenen Stadiums ist der Niederländer Hendrik Groen weder senil noch begnügt er sich damit, in einem Altenheim in Amsterdam auf den Tod zu warten. Schließlich hat er noch immer eine eigene Meinung, schafft es, sich selbstständig fortzubewegen und möchte mehr, als nur regelmäßig seine Mahlzeiten erhalten. Dabei ist er nicht der Einzige, der dem täglichen Trott im Altenheim gerne einmal den Rücken kehrt, um auf kollektives Gejammer, auf immer gleiche Kekse und boshafte Mitbewohner zu verzichten. Auch einige weitere Senioren wollen ihre knapp bemessenen Tage mit angenehmen Erlebnissen aufpeppen. Deshalb macht er sich gemeinsam mit ihnen daran, einen Verein zu gründen, der unter dem Slogan „Alt-aber-nicht-tod“ Ausflüge unternimmt und es noch einmal so richtig krachen lässt.

Von wegen alt und weise. Missgunst und Neid treiben ihre Blüten in dem Altenheim in Amsterdam-Nord, in dem Hendrik Groen zu Hause ist. Intriganten und Lästermäuler haben hier Hochkonjunktur, während die Chefin des Heims mit umfangreichen Sparmaßnahmen und dem Ausbau ihrer eigenen Karriere beschäftigt ist. Da landet schon einmal der Kuchen im Terrarium und ein ungeliebter Mitbewohner wird beschuldigt, die Fische getötet zu haben oder der Deckel eines Salzstreuer wird absichtlich aufgedreht, um ihn grinsend einer anderen Dame für ihr Spiegelei zu reichen. Ganz schlimm aber wird es, wenn ein Rollstuhl versehentlich eine Treppe hinunterstürzt oder ein angeblicher Fahrfehler dazu führt, dass ein Scooter einen Senioren streift. Erlebnisse, die Hendrik Groen in seinem Tagebuch festgehalten hat, das er ein ganzes Jahr lang füllte und das mit viel trockenem Humor, ungeschönten Wahrheiten und nur verhaltenem Gejammer.

Fazit:
Ein amüsanter und doch ernst zu nehmender Einblick in das Leben einer durch die Gänge schlurfenden, nach Alter und Verfall riechenden und dazu ungeduldig jammernden Gemeinschaft.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Emotional, spannend und gruselig

Todesmärchen
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Mit den Haaren an eine Brücke gehängt und auf dem Körper ein geheimnisvolles Zeichen. Die tote Frau, die im schweizerischen Bern gefunden wird, bildet der Beginn einer Mordserie, die überaus grausam ist. ...

Mit den Haaren an eine Brücke gehängt und auf dem Körper ein geheimnisvolles Zeichen. Die tote Frau, die im schweizerischen Bern gefunden wird, bildet der Beginn einer Mordserie, die überaus grausam ist. Deshalb wird der niederländische Profiler Maarten S. Sneijder hinzugezogen, der gemeinsam mit BKA-Kommissarin Sabine Nemez ermitteln soll.
Zur gleichen Zeit nimmt eine junge Psychologin ihre Tätigkeit in einem Gefängnis für geistig abnorme Rechtsbrecher auf. Dort soll sie drei der Insassen regelmäßig therapieren, wobei einer von ihnen der hochintelligente Piet van Loon ist. Piet van Loon, der mehrere Morde begangen hat und gerne sonderbare Spielchen treibt, wurde einst vom Profiler Maarten S. Sneijder hinter Gittern gebracht und ist noch immer hochgefährlich. Deshalb wundert es nicht, dass die Spuren in der neuen Mordserie immer wieder an Piet van Loon denken lassen, obwohl dieser in sicherer Verwahrung ist.

„Todesmärchen“ ist nach „Todesfrist“ und „Todesurteil“ der dritte Band der Trilogie rund um den Profiler Maarten S. Sneijder und seine begabte Studentin Sabine Nemez. Nemez, die inzwischen beim BKA als Kommissarin tätig ist und Sneijder nur als Misanthropen und Einzelgänger kennt, ist erstaunt, dass sie gemeinsam mit ihm auf die Jagd nach einem hochgefährlichen Serienmörder gehen soll. Doch entgegen ihrer anfänglichen Befürchtungen, verläuft die Zusammenarbeit gut, aber nur weil Sneijder ein hochexplosives Geheimnis hütet, von dem Sabine lange Zeit nichts weiß. Zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können, die aber durch ein gemeinsames Ziel eng verbunden und durch eine Ermittlunge, die dem Leser öfter einmal den Schauer über den Rücken treiben. Ganz wohl allerdings ist ihm auch bei den Bemühungen der jungen Psychologin Hanna Norland nicht, die mit drei intriganten Psychopathen klarkommen muss. Ein Thriller, der tief in menschliche Abgründe schauen lässt und in ein mörderisches Spiel, das seine Vorbilder in schaurig schönen Märchen hat.

Gelesen wird die totbringende Geschichte von Achim Buch, einem erstklassigen Hörbuchsprecher, der sich bei der Interpretation des Grauen erregenden Thrillers wieder einmal selbst übertrifft. Denn egal, welche der beteiligten Figuren er verkörpert, er passt Stimmlage, Dialekt und Ausdruck ihrer jeweiligen Situation und Gefühlsalge an und versteht es, sie zum Leben zu erwecken.

Fazit:
Emotional, spannend und gruselig. „Todesmärchen“ ist ein rasanter Thriller mit einem geschickt arrangierten Plot und leider mit dem letzten Fall des brillanten Fallanalytikers Maarten S. Sneijder.