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Veröffentlicht am 15.09.2016

"City on Fire" - ein gradioser Großstadtroman

City on Fire
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Die siebzehnjährige Punkerin Samantha Cicciaro wird in der Silvesternacht des Jahres 1976 von einem Unbekannten im New Yorker Central Park niedergeschossen. Ein afroamerikanischer Lehrer findet die Schwerverletzte ...

Die siebzehnjährige Punkerin Samantha Cicciaro wird in der Silvesternacht des Jahres 1976 von einem Unbekannten im New Yorker Central Park niedergeschossen. Ein afroamerikanischer Lehrer findet die Schwerverletzte und sorgt dafür, dass sie in ein Krankenhaus kommt. Doch nicht nur er ist in dieser ereignisreichen Nacht in der schneebedeckten Metropole unterwegs. Auch sein Freund William, dessen Schwester Regan und ihr Ex-Mann Keith begehen die Jahreswende im Herzen der Stadt. Und dann sind da noch Sams bester Freund Charlie, ihr Vater Carmin, der Deputy Inspector Larry Pulaski und eine Handvoll weiterer Personen, die mehr oder weniger mit dem Verbrechen an der minderjährigen Verfasserin eines Underground-Magazins in Verbindung stehen. Doch das Schicksal von Sam ist nur ein kleines Teil in einem enormen Gefüge. Denn jeder der Figuren in diesem Roman hat seine eigene Geschichte, die von den Auswirkungen eines zunehmenden moralischen Verfalls geprägt ist und die während des legendären Stromausfalls im Juli 1977 seinen Höhepunkt erreicht.

„City on Fire“ ist ein Roman, der sich trotz eines beachtlichen Umfangs vor allem durch seine Realitätsnähe und die in ihm verwendeten sehr plastischen Figuren wunderbar liest. Bildliche Beschreibungen, viel Atmosphäre und die spürbare Verdorbenheit einer vom Bankrott bedrohten Stadt nehmen den Leser gefangen und lassen ihn nicht mehr ruhen, bis er weiß, wie sich das Schicksal letztendlich entscheidet. Dieses allerdings hat es nicht gut mit der maroden Weltmetropole gemeint und sie im Sommer des Jahres 1977 mit einem verheerenden Stromausfall in ihren Grundfesten erschüttert. Eine Katastrophe, die, genau wie die sieben Monate davor, aus der Sicht verschiedener Figuren heraus geschildert wird, deren Wege sich irgendwann kreuzen. Dabei ist es egal, ob der schwule Lehrer auf das schwer verletzte Punkermädchen trifft oder mit Williams Vater das Oberhaupt einer schwerreichen Bankiersfamilie verhaftet wird. Es gibt nur eine Handlung, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, während verschieden Familiengeschichten einen guten Einblick in unvergleichbare Milieus gewähren. Ergänzt wird das mit viel Leben und geschichtlichen Details untersetzte Handlungsgeflecht durch einige Bilder, handgeschriebene Briefe, Teile eines Punkmagazins oder auch E-Mails, die das Gefühl dieser Zeit neu aufleben lassen.

Fazit:
„City on Fire“ ist ein fulminanter Roman, der einen fantastischen Blick in die Schattenseiten einer Weltmetropole wagt und in das Leben von Menschen, die hier zu Hause sind. Ein geschichtlicher Rückblick, der verbunden mit schicksalhaften Ereignissen hervorragend unterhält.


Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein verzwickter Roman über eine undurchschaubare Witwe

Die Witwe
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Aus einem Vorgarten im Londoner Westland wird die zweijährige Bella Elliott von einer unbekannten Person entführt, während ihre alleinerziehende Mutter nur einen Moment lang nicht aufgepasst hat. Die sofort ...

Aus einem Vorgarten im Londoner Westland wird die zweijährige Bella Elliott von einer unbekannten Person entführt, während ihre alleinerziehende Mutter nur einen Moment lang nicht aufgepasst hat. Die sofort eingeleiteten Ermittlungen des zuständigen Detective Inspectors Bob Sparkes ergeben, dass dieser kurze Moment doch etwas länger war und ein in der Gegend befindlicher Lieferkurier als mutmaßlicher Entführer infrage kommt. Doch Glen Taylor bestreitet etwas mit dem verschwundenen Mädchen zu tun zu haben und nicht nur er, auch seine Ehefrau Jean schweigt beharrlich. Nur der mit allen Wassern gewaschenen Journalistin Kate Waters gelingt es, zu Jane vorzudringen und ein Exklusivinterview zu ergattern. Aber wird es ihr gelingen, die Wahrheit über Glens frevlerische Tat herauszufinden oder ist doch alles ganz anders gewesen, als es ihnen erscheint?

„Die Witwe“ ist ein psychologisch ausgefeilter Roman, der die Geschichte eines Verbrechens erzählt ohne, dass dieses bis ins letzte Detail aufgeklärt werden kann. Dazu werden die Ereignisse durch verschiedene Figuren geschildert, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu Wort kommen. Angefangen von der Ehefrau des vermutlichen Täters, die durch einen Verkehrsunfall ihres Mannes inzwischen zur Witwe geworden ist, über die auf eine Sensationsstory hoffende Journalistin Kate, bis hin zu dem ermittelnden Polizisten wird jeder der Figuren abwechselnd ein Kapitel gewidmet, wobei die Witwe als Icherzähler eine ganz besondere Aufwertung erfährt. Eine bruchstückhafte Darstellung, die die Fantasie des Lesers anregt und ihn dazu bringt, seine Sympathie und Antipathie für die Figuren regelmäßig neu zu überdenken. Und wie in einem Puzzle werden die einzelnen Stücke allmählich zu einem Ganzen zusammengefügt, wobei unweigerlich abweichende Varianten entstehen, da persönliche Eindrücke und Empfindungen eine große Rolle spielen. Aber nicht nur die Art des Erzählens, auch die Entwicklung der Figuren ist interessant, da diese sich im Verlauf des Geschehens in ihrem Charakter wandeln. So erlebt der Leser eine Frau, die zunächst naiv und wankelmütig agiert, plötzlich aber mit Bedacht in Erscheinung tritt, während eine andere mit liebenswertem Charme die nette Freundin spielt, um sich plötzlich in eine berechnende Furie zu verwandelt. Nur die Spannung bleibt in diesem Wechselbad der Gefühle öfter auf der Strecke, was aber in Anbetracht der verworrenen Erzählweise kein Wunder ist.

Fazit:
Eine verzwickte Geschichte, die mit wechselnden Andeutungen und Vermutungen genährt, wunderbar zwielichtig unterhält.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Erst oberflächlich, dann wunderschön und mitreißend

Nur ein Tag
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Als wohlbehütete Tochter gut situierter Eltern ist Allysons Leben wohl durchdacht. Ein Medizinstudium wird es sein, das sie nach einem hervorragenden Highschoolabschluss und der darauf folgenden dreiwöchigen ...

Als wohlbehütete Tochter gut situierter Eltern ist Allysons Leben wohl durchdacht. Ein Medizinstudium wird es sein, das sie nach einem hervorragenden Highschoolabschluss und der darauf folgenden dreiwöchigen Tour quer durch Europa in Boston beginnt. Doch die von Sehenswürdigkeiten und kulturellen Veranstaltungen nur so strotzende Reise, die genauso geordnet, wie ihre Schulzeit verläuft, endet letztendlich in einer Katastrophe. Denn anstatt die letzten Tage mit ihrer Freundin Melanie in London zu verbringen, reist Allyson spontan mit einem Darsteller aus Shakespeares Tragödie „Was ihr wollt“ nach Paris, wo sie sich mit Haut und Haaren in den smarten Niederländer verliebt. Dieser allerdings ist nach einem erlebnisreichen Tag und einer romantischen Nacht plötzlich verschwunden und Allyson steht vor den Scherben ihres kurzen Glücks.

„Nur ein Tag“ ist der erste Teil eines Roman-Duos, das die Geschichte von Allyson und Willem erzählt, die sich nach einem eintätigen Aufenthalt in Paris aus den Augen verlieren. Eine Laune des Schicksals, die aus der Sicht beider Hauptpersonen heraus geschildert wird. Und so kommt in „Nur ein Tag“ Allyson zu Wort, während im zweiten Teil mit dem Titel „Und ein ganzes Jahr“ Willem von dem verhängnisvollen Geschehen in Paris und dem Jahr danach berichtet. Doch bevor der Leser in die Welt des charmanten und gut aussehenden Willems einsteigen kann, lernt er zunächst eine naive und zurückhaltende Allyson kennen, die entgegen ihres sonstigen Naturells plötzlich spontan und mit übersprudelnder Lebenslust reagiert. Eine Wandlung, die so schnell vonstattengeht, dass sie schon fast unglaubwürdig erscheint, im späteren Verlauf der Handlung aber ihre Erklärung findet. Und genau darin liegt das Manko dieses Romans. Er beginnt mit einer Hauptprotagonistin, die undurchsichtig und launenhaft reagiert, ohne dass der Leser überhaupt weiß, warum. Deshalb quält er sich durch die ersten Kapitel, bis die Geschichte allmählich an Fahrt gewinnt und aus der oberflächlichen Plänkelei ein wunderschöner und tiefer gehender Roman über die Selbstfindung eines jungen Mädchens wird.

Fazit:
Bei einem anderen Handlungsaufbau hätte der Roman bereits von Beginn an das werden können, was er am Ende ist. Die mitreißende Geschichte eines wohlbehüteten Teenagers, der erst über Umwege erkennt, was in ihm steckt und der zum ersten Mal mit einem ungewohnt heftigen Gefühlschaos klarkommen muss.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein wunderbar spannender Thriller, der nicht nur optisch ein Highlight ist

18 - Zahlen des Todes
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Leana Meister, die bei der Kapstädter Polizei tätig ist, verlässt die südamerikanische Metropole, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Als Leiterin des Kompetenzcenters beim Düsseldorfer ...

Leana Meister, die bei der Kapstädter Polizei tätig ist, verlässt die südamerikanische Metropole, um sich in Deutschland ein neues Leben aufzubauen. Als Leiterin des Kompetenzcenters beim Düsseldorfer LKA wird sie von nun im Ruhrgebiet Verbrecher jagen, ahnt allerdings bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen nicht, dass sie schon kurz darauf vor ihrem ersten Mordopfer steht. Denn Zeit für eine Vorstellungsrunde gibt es nicht, da das Team um Leana Meister in einen Rosengarten gerufen wird, in dem auf einer Bank ein zusammengesunkener Toter sitzt. Ein Anblick, bei dem sich die Kriminologin sicher ist, dass der Täter eine Frau sein muss. Und tatsächlich bestätigt sich ihr Verdacht, als in Köln ein weiteres Opfer auftaucht, das auf ähnliche Weise zur Schau gestellt worden ist.

„18 – Zahlen des Todes“ ist der erste Fall der Kriminologin Leana Meister, die ein untrügliches Gespür für die verschiedenen Spielarten von Mördern hat. Eine Frau, die selber innerlich zerrissen ist, in ihrem Beruf aber hervorragende Leistungen vollbringt. Deshalb dauert es auch eine Weile, bis sie mit ihrem Team an einem Strang ziehen kann und anfängliche Rivalitäten vergessen sind. Bis dahin aber agiert sie gerne allein und muss einige Rückschläge auf ihrem Konto verbuchen. Aber nicht nur sie kämpft mit den Taten einer Mörderin, die nichts mehr zu verlieren hat. Auch ihr aus hochintelligenten und überaus fähigen Mitarbeitern bestehendes Team wird ab und an in die Irre geführt. So erlebt der Leser eine Ermittlung, die rasant vonstattengeht, wenig Zeit für private Probleme lässt und mit einem Ende aufwartet, das atemberaubend ist. Nur die Glaubwürdigkeit bleibt das eine oder andere Mal auf der Strecke, was aber aufgrund des mitreißenden Handlungsverlaufes zu verzeihen ist.

Fazit:
Ein wunderbar spannender Thriller, der nicht nur optisch ein Highlight ist.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenn das Grauen eskaliert

Am Ende des Schmerzes
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An einem heißen Sommertag wird Detctive Inspector Collin Brown zu einem Unfall gerufen, der einen fatalen Fund nach sich zieht. Ein LKW hat die Gemäuer eines ehemaligen Pförtnerhauses gerammt und eine ...

An einem heißen Sommertag wird Detctive Inspector Collin Brown zu einem Unfall gerufen, der einen fatalen Fund nach sich zieht. Ein LKW hat die Gemäuer eines ehemaligen Pförtnerhauses gerammt und eine Wand zum Einsturz gebracht. Und noch während die Rettungsmaßnahmen in vollem Gange sind, wird zwischen den Steinen das Skelett eines Babys gefunden, das über ein Jahrzehnt zuvor erschlagen worden ist. Ein prekärer Fall, der die ermittelnden Polizisten an ihre Grenzen bringt und seinen Höhepunkt erfährt, als ein weiteres Babyskelett auf dem heruntergekommenen Anwesen gefunden wird und mit ihm ein schreckliches Geheimnis ans Tageslicht dringt, dass von den ehemaligen Bewohnern gut gehütet wurde.

„Am Ende des Schmerzes“ ist der zweite Fall für den sympathischen Detective Inspector Collin Brown, der in der englischen Grafschaft Cornwall auf die Jagd nach Verbrechern geht. Dabei würde er viel lieber mit Frau und Kindern in den Urlaub fahren oder seinen Steinskulpturen den letzten Schliff verpassen. Doch kaum hat er die Ermittlungen in dem Fall eines eingemauerten Babyskeletts aufgenommen, rückt alles andere in den Hintergrund und sogar heftige Zahnschmerzen halten ihn nicht mehr davon ab, den Mörder zweier unschuldiger Kinder zu stellen. Ein Unterfangen, das ihn tief in die Abgründe menschlichen Handels blicken lässt und in die wohl gehüteten Geheimnisse einer Familie, die viel Unrecht zugelassen hat.

Erzählt wird die bedrückende Geschichte in mehreren Handlungssträngen, die zunächst unabhängig voneinander verlaufen, später aber geschickt miteinander verwoben werden. Doch umso weiter das Geschehen voranschreitet, umso maßloser werden die begangenen Verbrechen, bis am Ende der Leser mit einer Auflösung überrascht wird, deren Ausmaße ungeheuerlich sind. Vielleicht sogar etwas zu ausufernd. Wobei das Leben oft grausam ist und die Augen gern vor roher Gewalt verschlossen werden.

Fazit:
„Am Ende des Schmerzes“ ist ein ergreifender Kriminalroman, der schon fast die Grenzen des Erträglichen sprengt und durch seine bedrückende Atmosphäre und einer spürbaren Spannung fesselnde Lesestunden verspricht.