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Veröffentlicht am 19.02.2020

Diese Kunst war nichts für mich

Milchmann
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Der „Milchmann“ hat ein Auge auf die Protagonistin geworfen. Problem ist, dass „Milchmann“ mehr als doppelt so alt ist wie sie. Mehr ist da nicht, aber die Leute reden gerne. Sie sieht sich schutzlos den ...

Der „Milchmann“ hat ein Auge auf die Protagonistin geworfen. Problem ist, dass „Milchmann“ mehr als doppelt so alt ist wie sie. Mehr ist da nicht, aber die Leute reden gerne. Sie sieht sich schutzlos den Annäherungsversuchen des „Milchmanns“ ausgeliefert und sucht Möglichkeiten ihre Selbstbestimmung zu erhalten.

Nachdem ich das erste Kapitel Probe gelesen hatte, war ich begeistert. Der Schreibstil der Autorin ist außergewöhnlich und erschien mir ziemlich schräg. Alle Figuren in diesem Buch werden anonymisiert, z.B. nennt die Protagonistin ihre Schwager lediglich Schwager 1, Schwager 2 und Schwager 3. Diese Umschreibungen, gepaart mit trockenem Humor haben ich mich wirklich amüsiert! Aufgrund der Namenlosigkeit begann ich mir selbst ein Bild zu machen, versuchte Orte oder Personen irgendwo einzuordnen, bis ich mir darüber klar wurde, dass sich die Geschichte in der Art eigentlich überall ereignen könnte. Fand ich total interessant!

Ehrlich gesagt habe ich nicht gedacht, dass sich dieser Schreibstil bis zum Ende durchzieht und auf eine Aufklärung dieser Anonymisierung bald darauf gewartet. So, als wäre dieses erste Kapitel lediglich dazu da, die aktuelle Situation der Protagonistin zu beschreiben. Ich habe mir vorgestellt, die Hauptfigur wäre in eine Verbrechenssituation verstrickt und darf aus diesem Grund niemanden verraten. So in etwa. Aber dieser Schreibstil das ganze Buch durch....das war mir dann doch zu viel. Es war so gar nicht meins, habe absolut keinen Zugang zu der Geschichte gefunden. Gefühlt habe ich mich durchgemogelt.

Der Text war für mich schwer zu lesen, da vieles nur angedeutet wurde und die Erzählung der Hauptfigur für mich einem monotonen Geplapper glich. Ich bin ständig mit den Gedanken abgeschweift, wusste teilweise gar nicht mehr, um was es aktuell genau ging. Die Problematik habe ich zwar verstanden, konnte aber weder mit der Geschichte, noch mit irgendeiner Figur eine Verbindung aufbauen. Es rauschte sozusagen alles an mir vorbei. Den Aufbau der Kapitel fand ich viel zu lang und zu unstrukturiert. Hier hat sich der Inhalt des Textes gespiegelt, ohne Punkt und Komma.

Leider habe ich mich bei diesem Buch vergriffen. Ich konnte nichts damit anfangen. Es ist wirklich ein spezielles Buch und ich rate allen potenziellen Lesern, sich zuerst eine ausgiebige Leseprobe zu gönnen, bevor man sich vom Prädikat des „Man Booker Prize“ blenden lässt.

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Veröffentlicht am 16.02.2020

Alles in allem zu viel

A Wish for Us
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Die Idee, eine Geschichte um das Phänomen Synästhesie zu kreieren, fand ich großartig! Das Cover passt schon mal perfekt dazu! Ich habe sehnsüchtig auf den Erscheinungstermin des Buches gewartet und war ...

Die Idee, eine Geschichte um das Phänomen Synästhesie zu kreieren, fand ich großartig! Das Cover passt schon mal perfekt dazu! Ich habe sehnsüchtig auf den Erscheinungstermin des Buches gewartet und war sehr gespannt auf die Umsetzung.

Der Auftakt, die Szene im Club, war wirklich intensiv und lebendig beschrieben. Hat mich sehr fasziniert und ich war mir sicher, hier ein Buchschätzchen gefunden zu haben. Leider hat sich diese Ansicht für mich ziemlich bald relativiert, denn die Probleme des Musikgenies Cromwell und das Helfersyndrom der Studentin Bonnie wurden mir gefühlt mehrfach überspitzt vor Augen gehalten. Auch die Dialoge zwischen den beiden fand ich ganz schön schwach, zumindest im ersten Drittel des Buches. Bonnie war mir anfangs nicht wirklich sympathisch, sie war mir zu überheblich, stalkerhaft. Später hat es mich genervt, dass sie mit der wirklich wichtigen Information über sich selbst, nicht herausgerückt ist. Ob man dieses Verhalten als „Stärke“ bezeichnen kann? Naja. Cromwell konnte mich als Figur auch nicht hundertprozentig überzeugen, warum muss es eigentlich immer ein tätowierter und gepiercter BadBoy sein? Mit vielen Muskeln? Wobei ich mich gefragt habe, wo er die wohl her hat, da von Sport nie die Rede ist... Sind denn die ruhigen Typen weniger interessant? Auch, wenn die Autorin wohl damit die Rebellion Cromwells im Außen sichtbar machen wollte, fand ich es hier nicht so stimmig.

Cromwells Probleme sind Thema und ich hätte es schön gefunden, wenn man dies weiter verfolgt hätte, aber dann grätscht plötzlich Bonnie mit schlimmen Tatsachen dazwischen, und zu guter Letzt ist da noch Easton, Bonnies Zwillingsbruder, der sich auch noch mit Problemen meldet. Für mich viel zu viel Emotionen, die auch in ihrer Ausdrucksweise etwas zu dick aufgetragen wurden. Stellenweise war mir alles zu theatralisch, übersteigert, fast wie in einer Telenovela. Und aus vollem Herzen muss ich sagen: Schade! Thema und Schreibstil fand ich wirklich super, aber das zu viel an allem macht die Geschichte für mich unglaubwürdig und konstruiert.

Trotzdem finde ich „A Wish for Us“ lesenswert, gerade weil es ein ungewöhnliches Thema aufgreift. Mir das Phänomen der Synästhesie näherzubringen hat die Autorin definitiv geschafft. Danke dafür!

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Veröffentlicht am 15.02.2020

Lebendige Geschichtslektion, die Spaß macht

Raffael - Das Lächeln der Madonna
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Raffael wächst im Hause seines Onkels in Urbino auf, der das außergewöhnliche Talent seines Neffen für die Malerei entdeckt. Sehr jung lässt sich Raffael zum Meister ausbilden, um die Werkstatt seines ...

Raffael wächst im Hause seines Onkels in Urbino auf, der das außergewöhnliche Talent seines Neffen für die Malerei entdeckt. Sehr jung lässt sich Raffael zum Meister ausbilden, um die Werkstatt seines verstorbenen Vaters zu leiten. Kaum in diesem Beruf angekommen, muss er aus politischen Gründen fliehen und gelangt über prägende Aufenthalte in Perugia, Siena und Florenz nach Rom, wo er sich mit seiner Gabe zum Superstar der Malerei entwickelt.

Ich kann es kaum glauben, dass dieses Buch ein Debüt sein soll! Es wirkt in seiner sprachlichen und inhaltlichen Ausarbeitung vollkommen rund, und in jedem Satz spürt man die liebevolle Sorgfalt des Autors. Ich bin begeistert!
Schon das wunderschöne Cover ist ein Schmuckstück für das Bücherregal. Die farbenprächtige Landkarte im inneren Buchdeckel sieht sehr hochwertig aus, genau wie die gewählte Schriftart. Alles passt perfekt zum Thema.
Noah Martin hat mich in den ersten Kapiteln die Atmosphäre der einfachen und schwierigen Zeit Urbinos zum Ende des 14. Jahrhunderts wahrnehmen lassen, in die Raffael Sanzio hineingeboren wurde. Später dann, auf dem Weg die Karriereleiter des jungen Malers hinauf, erhielt ich Einblicke in die Herstellung von Fresken und Farben, die Ohnmacht der einfachen Bürger gegen den Klerus und den Adel, bis hin zu den unfassbaren Ränkeschmieden, politischen Auseinandersetzungen und zutiefst weltlichen Ausschweifungen des Papstes und seiner Getreuen. Die Beschreibungen von Orten, Personen und Handlungen sind sehr bildlich und gelungen, nie langweilig. Mir war, als wäre ich stets mitten im Geschehen dabei.
Es war mir nicht klar, wie nahe sich die Künstler Raffael, Michelangelo und Leonardo da Vinci als Freunde und Gegner in der Kunst wirklich waren, und welchen Stellenwert die Malerei in dieser Zeit hatte. Es muss atemberaubend und aufregend gewesen sein. Natürlich gab es auch Schattenseiten dieser Epoche, auch dies wird hier keinesfalls verschwiegen.
Die Figur des Raffael war mir in seiner Bodenständigkeit sehr sympathisch, allerdings bin ich mir nicht ganz im Klaren darüber, ob er sein Genie nur als Mittel zum Zweck gesehen hat. Hier fehlte mir etwas die Leidenschaft und Freude für die Arbeit, die ich nur in den Momenten fühlen konnte, in denen er seine geliebte Margherita gemalt hat. Vielleicht war es so, wer weiß? Besonders ins Herz geschlossen habe ich Raffaels Freund Daniele, der über die ganzen Jahre seine Rolle als Geistlicher aufrichtig und würdevoll gelebt, und sich dabei immer einen wachen Blick auf das Richtige bewahrt hat.
„Raffael - Das Lächeln der Madonna“ ist nicht nur eine Erzählung über den Werdegang des Malers Raffael Sanzio, sondern auch ein Porträt über das Lebensgefühl zum Beginn der Renaissance mit ihren politischen Machtspielen und der aufstrebenden Entwicklung von Kunst und Bildung. Die gute Recherche des Autors macht den Roman glaubhaft zu einer lebendigen Geschichtslektion.

Mir hat das Buch viel Freude gemacht und mich sogar dazu verführt, über eine Reise nach Rom nachzudenken. Ich würde mir weitere historische Romane dieser Art wünschen, die mich der Kunst näher bringen!

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Veröffentlicht am 10.02.2020

Ein Autor, den man sich merken sollte!

Feuerland
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Es beginnt ganz harmlos. Ein Überfall auf ein Uhrengeschäft ist für die Stockholmer Kommissarin Vanessa Frank der Opener zu einer komplexen Verbrecherjagd, die bis in das Netzwerk einer Organmafia führt. ...

Es beginnt ganz harmlos. Ein Überfall auf ein Uhrengeschäft ist für die Stockholmer Kommissarin Vanessa Frank der Opener zu einer komplexen Verbrecherjagd, die bis in das Netzwerk einer Organmafia führt. Vertrauen kann sie niemandem, denn das organisierte Verbrechen hat alle möglichen Behörden infiltriert. Als jedoch ein Mädchen aus ihrem Bekanntenkreis verschwindet, ist umgehendes Handeln angesagt.

Dieses Buch hat bei mir großen Eindruck hinterlassen. Noch immer bin ich über die Gräueltaten erschüttert, die der Autor seine beide Protagonisten aufdecken lässt. Ich saß mit Tränen in den Augen im meinem Lesesessel und konnte die unfassbaren Szenen, die sich im Zuge des Finales ereigneten, deutlich vor mir sehen und mitfühlen. Dabei kann ich mich nicht erinnern, dass es mir bisher bei einem Thriller so ergangen wäre.
Pascal Engman hat mir mehr das Gefühl gegeben bei einer Dokumentation dabei zu sein, als eine fiktive Geschichte zu lesen. Der ehemalige Journalist nimmt sich dem Thema in einer Ernsthaftigkeit an, die ich in allen Charakteren, Handlungen oder Schauplätzen erkennen konnte. Glaubhaft zeigte er mir psychopathische Figuren, deren zutiefst menschenverachtende Taten so ganz nebenbei auf der Tagesordnung stehen, ebenso als würde ich meinen regelmäßigen Einkauf erledigen. Als wäre es ganz natürlich und notwendig. Und genau das ist für mich das Besondere: Oberflächlich gesehen ein ruhiges Buch, schnörkellos, kontrolliert und durchdacht, darunter aber brodelt eine Vielfalt von Abscheulichkeiten, die mich mit Entsetzen erfüllt haben und die doch immer spürbar präsent waren.
Die Protagonisten Vanessa und Nicolas sind dem Autor sehr gut gelungen. Trotz der Ausbildung in einer Spezialeinheit und furchtloser Rettungsmissionen bleibt Nicolas bodenständig. Entschlossen tut er was nötig ist und wozu er sich berufen fühlt, ohne ein Heldenmythos zu bedienen. Vanessa ist eine nüchterne und zielgerichtete Person, wobei diese Eigenschaften ihre Unerschrockenheit klarer hervorheben. Beide haben Ecken und Kanten, sind jedoch frei von Klischees, klar in ihren Überzeugungen und durchweg sympathisch.

Man merkt der Geschichte an, dass das Grundgerüst um die Fiktion sehr gut recherchiert wurde. Das Vorwort weißt bereits darauf hin, und fordert geradezu auf, sich über die Vorfälle in den deutschen Kolonien in Südchile näher zu informieren. Ein wahnsinnig guter Thriller, den ich wirklich empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 06.02.2020

Strategisch, politisch und ein durchweg mysteriöser Silyen

Dark Palace – Die letzte Tür tötet
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Luke wird zum Anwesen von Lord Crovan gebracht, wo er seine Strafe ableisten soll. An Flucht ist nicht zu denken, der grausame Lord hat das Anwesen mit Geschick gesichert. Aus diesem Grund versuchen ihn ...

Luke wird zum Anwesen von Lord Crovan gebracht, wo er seine Strafe ableisten soll. An Flucht ist nicht zu denken, der grausame Lord hat das Anwesen mit Geschick gesichert. Aus diesem Grund versuchen ihn die Widerstandskämpfer, mit ihren beiden Ebenbürtigen Meilyr und Boudina, aus seiner misslichen Lage zu befreien. Lukes Schwester Abigail schließt sich der Gruppe an, obwohl ihr Herz noch an Jenner Jardine hängt. Und Silyen? Der verfolgt augenscheinlich ganz andere Ziele...

Dieser zweite Band der Dark-Palace-Reihe konnte mich nicht ganz so überzeugen wie der erste. Während ich „Zehn Jahre musst du opfern“ regelrecht verschlungen habe, empfand ich „Die letzte Tür tötet“ stellenweise langatmig, so dass ich ab und an pausieren musste. Die Geschichte gestaltet sich nun politischer und strategischer, die Lage wird für die Widerstandskämpfer immer gefährlicher, das Tempo und die Brisanz ziehen an.

Interessanterweise gibt es unerwartete Todesfälle, hier dürfen auch Helden sterben! Dieser Verlauf der Handlung hat mich zwar irgendwie erschreckt, aber gleichzeitig wurden die Figuren gefordert Lösungen und Möglichkeiten zu finden, um ihre Ziele weiter verfolgen zu können. Sie wirkten dadurch lebendig und präsent.

Mein Lieblingscharakter dieses Bandes ist Silyen! Ihn empfinde ich als höchst spannend und verkannt. Trotz seiner scheinbaren Grausamkeit mag ich ihn. Er ist ungreifbar, mysteriös, steht irgendwie mit einem Bein im Universum. Er ist wie ein Kind, das seine eigene Welt entdecken will, und ich glaube seine Taten offenbaren irgendwann ein großes Ganzes. In manchen Momenten entdecke ich durchaus Menschlichkeit in ihm. Sein wahres Sein wird dem Leser wahrscheinlich im Abschlussband offenbart. Und den möchte ich unbedingt lesen! Denn ich bin gespannt, ob es dem Widerstand gelingen wird, die gnadenlose Herrschaft der Jardines zu stürzen.

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