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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2022

Stimmige Mischung aus Fiktion und Fakten

Der große Fehler
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„In seinem Kopf begann seine eigene Version New Yorks zu entstehen.“

Der Roman beruht auf einer historisch wahren Begebenheit, um die bekannte Person Andrew Haswell Green. Die Geschichte beginnt mit seinem ...

„In seinem Kopf begann seine eigene Version New Yorks zu entstehen.“

Der Roman beruht auf einer historisch wahren Begebenheit, um die bekannte Person Andrew Haswell Green. Die Geschichte beginnt mit seinem Tod, an einem Freitag, dem 13. November 1903, als er vor seinem Haus in New York erschossen wurde. Inspector McClusky untersucht den Fall und geht der Frage des Tatmotivs nach. Andrew H. Green war jemand, der große öffentliche Werke geschaffen hat und sich für moralische Interessen und Fortschritt einsetzte. Das heutige Stadtbild hätte es ohne sein Zutun nie gegeben: ihm verdanken die New Yorker den Central Park, das Metropolitan Museum of Art und die Public Library. Er war ein Pionier und eine spezieller Mensch, der für die öffentliche Wahrnehmung Junggeselle blieb und auf seine Privatsphäre bedacht war. Er blieb gern für sich und liebte es, lange Spaziergänge zu machen oder ein Buch zu lesen. Der Roman erzählt von seinem Leben und ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an New York.

Wer einen spannenden Krimi erwartet, wird von der ungewöhnlichen Mischung überrascht sein. Hier trügt der Klappentext, aber der Roman lässt sich auch schwer irgendwo einordnen. Jonathan Lees Schreibstil ist detailliert, seine Sätze ausschweifend und kunstvoll. Es ergeben sich denkwürdige Sätze, kleine Weisheiten des Lebens und bildhafte Szenen. Die Handlung scheint manchmal stillzustehen, bis sie in Zeitlupe weiterläuft, während auf Gedanken, Beschreibungen und Sinneswahrnehmungen eingegangen wird. Das mag nicht jedem gefallen, aber ich fand den Stil großartig, der meine Vorstellung von Andrew H. Green und New York im 19. Jahrhundert immer lebendiger werden ließ. Hier passte für mich alles zusammen: Die Überschriften der Kapitel, die jeweils die Namen der Tore des Central Parks tragen, die authentischen Figuren und der Erzählstil, bei dem nichts dem Zufall überlassen wurde. Jonathan Lee dokumentiert nicht einfach nur das Leben von Andrew H. Green - zu dessen Zweck er unveröffentlichten Tagebücher, Briefe und historische Dokumente studiert hat -, er füllt die Lücken auf und läßt eine Idee von Andrew H. Green lebendig werden. Für mich war das eine stimmige Mischung aus Fiktion und Fakten.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Ungewöhnlich, verspielt, tiefsinnig

Die dritte Hälfte eines Lebens
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In dem Romandebüt von Anna Herzig geht es um das österreichische Dorf Krimmwing und seine engstirnigen Bewohner. Das kleine Büchlein ist mit seiner überschaubaren Seitenzahl und großer Schrift eine kurze ...

In dem Romandebüt von Anna Herzig geht es um das österreichische Dorf Krimmwing und seine engstirnigen Bewohner. Das kleine Büchlein ist mit seiner überschaubaren Seitenzahl und großer Schrift eine kurze Erzählung. Verschiedene Persönlichkeiten werden beleuchtet, die durch ihre Andersartigkeit auffallen, wie der Lorenz Karl Ignatius Rathbauer, der sich als regenbogenfarbenes Braunbärchen mit Propellerhut sieht und sich zum fünfzehnten Geburtstag von seinen Eltern eine Geschlechtsumwandlung wünscht, worauf hin sein alter Herr - „überfordert mit dem Leben im Allgemeinen und den Veränderungen der Nachkriegszeit im Besonderen - mit der Empathie eines Traktors ausgerüstet“ - ihn verprügelt. Ausgangspunkt und Fokus liegt aber auf dem Sepp Steinlachner, hineingeboren in eine Welt, die ihn nicht wollte. Als kleiner Bub afrikanischer Abstammung, vom Vater physisch und einer überforderten Mutter geistig verlassen, versucht Sepp, trotz der ständigen Demütigungen, zu überleben.

Die erste Hälfte des Buches berichtet über das, „was man gehört hat“ - alles aus zweiter Hand. Fragmentiert und sprunghaft erzählt, bis zu dem Tag, als der Sepp mit einem Seil zum Apfelbaum ging, weil er es nicht mehr ausgehalten hat und die Dorfleute taten, was sie am besten können: wegschauen. Die zweite Hälfte erzählt das, „was die Leute sagen“ und schaut bereits genauer hin, weil nach vielen Jahren der Peter Dohringer ins Dorf zurückkehrt und einiges wieder aufwirbelt. Nach und nach wird aufgedeckt, bewusst Verwirrung gestiftet und zusammengeführt.

Ich mochte den literarischen Einfallsreichtum und halte Anna Herzig für eine talentierte Schriftstellerin, die es beherrscht, schmucklos zu schreiben und zwischen den Zeilen, Botschaften zu verschicken. Es war mal etwas ganz anderes, etwas Kurzweiliges, was mich, neben all der Bestürzung, der Bewunderung und dem Humor, auch überraschen konnte. Ein anspruchsvolles Lesevergnügen für Zwischendurch, dass in seiner literarischen Form wunderbar funktioniert.

Veröffentlicht am 19.01.2022

Besonders

Der kleine Fuchs
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Man begleitet den kleinen Fuchs, wie er die Dünen und seine Umwelt erkundet, Abenteuer erlebt, und hat dabei das Gefühl, man ist ganz nah dran - an der Freude, der Aufmerksamkeit und den neuen Erfahrungen, ...

Man begleitet den kleinen Fuchs, wie er die Dünen und seine Umwelt erkundet, Abenteuer erlebt, und hat dabei das Gefühl, man ist ganz nah dran - an der Freude, der Aufmerksamkeit und den neuen Erfahrungen, die er macht. Die Bilder habe eine besondere Wirkung, auf die man sich einlassen muss. Der Fuchs darf Tier sein und der Mensch, in Form eines kleinen Jungen, eine begleitende Nebenrolle spielen, die ans Herz geht.

Der kleine Fuchs ist ein ganz besonderes Bilderbuch. Sowohl die künstlerische Gestaltung aus farbigen Zeichnungen und den türkisen Fotografien der Dünenlandschaften, als auch der Erzählstil stechen hervor: mit wenig Text eine emotionale Geschichte zu erzählen, die in ihrer Originalität und leisen Sanftheit begeistert. Der Text wiederum ist so wunderbar und philosophisch schön, dass er meiner Meinung besonders Erwachsenen Freude macht.

Mein Tipp für Erwachsene, die Bilderbuchgeschichten mögen.

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Veröffentlicht am 19.01.2022

Empfehlenswert für Fantasyfans ab 12

Feuerblut – Teil 1: Der Schwur der Jagdlinge
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Dieser prähistorisch packende Fantasyauftakt begleitet die eigensinnige Zwölf auf einer Rettungsmission durch eine unerbittliche Welt voller gefährlicher und magischer Kreaturen.

Darum geht’s:
Die willensstarke ...

Dieser prähistorisch packende Fantasyauftakt begleitet die eigensinnige Zwölf auf einer Rettungsmission durch eine unerbittliche Welt voller gefährlicher und magischer Kreaturen.

Darum geht’s:
Die willensstarke Zwölf steckt mitten in einer Ausbildung zum Jagdling. Als zukünftige Jägerin muss sie alles aufgeben, sogar ihren Namen. Ihr Herz brennt vor Rache lichterloh und so verfolgt sie in der Gruppe unsolidarisch ihre eigenen Pläne, bis Kobolde die kleine Sieben entführen, der Zwölf ihr geliebtes Eichhörnchen Winnie verdankt, und niemand sich zu ihrer Rettung aufzumachen scheint. Um Sieben auf eigene Faust zu retten, muss Zwölf sich ihren Dämonen stellen und lernen, dass Vergebung und Freundschaft es wert ist, Verletzlichkeit zu riskieren.

Meine Meinung:
Eine actionreiche, düstere und tiefgreifende Geschichte über starke Gefühle, mit wertvollen Botschaften zum Nachdenken, facettenreichen Charakteren und abwechslungsreicher Handlung. Da man völlig ahnungslos in die Handlung geworfen wird, braucht es ein bisschen, bis man sich wohlfühlt, aber es lohnt sich. Besonders die Szenen im gefrorenen Wald haben mich sehr gepackt und begeistert. Außerdem gefällt mir, dass vieles geheimnisvoll bleibt und nicht zu ausschweifend erzählt wurde. Die Wendungen sind überraschend, einfallsreich und das Ende macht neugierig auf die Fortsetzung.
Immer wenn ich sehe, dass Rainer Strecker liest, dann weiß ich genau, dass mich ein professionelles Hörerlebnis erwartet und ich hoffe sehr, dass er auch die weiteren Bände einlesen wird.

Fazit: Euch erwartet eine Welt voller neuer Kreaturen und Magie und eine starke Hauptfigur - genau richtig für Fans von düsterer Fantasy ab 12 Jahren, die es handlungsreich und unerbittlich mögen. Rainer Strecker liest so mitreißend, dass ich das Hörbuch nur empfehlen kann. Augen zu und Kopfkino an.

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Veröffentlicht am 07.10.2021

Die Geschichte einer Freundschaft

Die Sternenleserin und das Geheimnis der Insel
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„Wir alle tragen die Karte unseres Lebens auf unserer Haut, in der Art, wie wir gehen, sogar in der Art, wie wir wachsen.“

Poetisch, magisch und fantasievoll erzählt Kiran Millwood Hargrave von der einzigartigen ...

„Wir alle tragen die Karte unseres Lebens auf unserer Haut, in der Art, wie wir gehen, sogar in der Art, wie wir wachsen.“

Poetisch, magisch und fantasievoll erzählt Kiran Millwood Hargrave von der einzigartigen Freundschaft zwischen Isabella und Lupe und dem dunklen Geheimnis der Insel Joya. Die Geschichte beginnt damit, dass Lupe ihren Geburtstag feiert und Isabella hat sich für ihre Freundin ein besonderes Geschenk ausgedacht. Doch der Tag wird von einem schrecklichen Ereignis geprägt, woraufhin Lupe schließlich fortläuft. Doch Isabella kennt das Ziel ihrer besten Freundin und geht ein hohes Risiko ein, um sie zu finden.

Die 13-jährigen Freundinnen sind völlig unterschiedlich aufgewachsen. Während es Lupe, als Tochter des Couverneurs Adori, an nichts gefehlt hat, ist Isabella im Dorf Gromera aufgewachsen, hat früh Verluste verkraften müssen und ist die Tochter des Kartographen, der sich gegen den Gouverneur und seine Selbstherrschaft ausspricht. Dieser ist nicht nur für die Unterdrückung der Dorfleute verantwortlich, sondern auch dafür, dass Isabellas Vater nicht mehr reisen und neue Länder entdecken kann. Seit der Herrschaft des Gouverneurs sind die Häfen geschlossen und der Wald dient, mit seinem dichtem Dornengebüsch, als Grenze zwischen dem Dorf Gromera und dem Rest der Insel. Niemand traut sich in die Vergessenen Gebiete hinter der Grenze. Isabella träumt davon, die Waldgrenze zu überwinden und das Unbekannte zu erforschen, um die Arbeit ihres Vater fortzuführen. Eine sagenumwobene Geschichte, die ihr Pa ihr oft erzählt hat, handelt von einem Kriegermädchen namens Arinta, die einen Damön bezwang, um die Insel Joya zu retten. Isabella lässt die Geschichte nicht los. Ist sie wirklich nur ein Mythos?

Im Fokus steht das magische Geheimnis und Schicksal Insel Joya und die besondere Freundschaft zwischen Isabella und Lupe. Beim Lesen ist man genauso ahnungslos wie die Ich-Erzählerin Isabella und weiß nicht, welche Richtung die Geschichte einschlagen wird. Es gibt spannende, dramatische und düstere Szenen, Momente der Trauer und zarte Gefühle des Glücks. Das unheimliche Setting in den Vergessenen Gebieten ist sehr atmosphärisch, und man kann die Anspannung der Charaktere und die bestehende Bedrohung förmlich spüren. Ungerechtigkeit, Entbehrungen und Leid bilden neben weiteren Themen, einen harten Kontrast zu der poetischen Erzählweise und den fantasievollen Sprachbildern. Kiran Millwood Hargrave schreibt auf besondere Weise emotional, ohne rührselig zu werden und hat erneut eine Geschichte geschaffen, die auch für Erwachsene ein Leseerlebnis bietet. Isabella ist die titelgebende Sternenleserin, die das Handwerk der Kartographie von ihrem Vater erlernt hat und mit Hilfe von Tinte, Papier und geleitet vom Polarstern, den Weg durch das Abenteuer navigiert. Eine facettenreiche Hauptfigur, die sich voll innerer Widersprüche zwischen Überwindung, sehnsüchtiger Neugier und Entschlossenheit ins Leserherz schleicht. Die Geschichte ist handlungsreich, lässt sich aber trotzdem Zeit für berührende und stille Momente.

Die düstere Stimmung und die dramatischen Szenen ließen mich manchmal daran zweifeln, ob es wirklich für Kinder ab 10 Jahren geeignet ist. Aber es ist genau das richtige Buch, wenn man etwas Außergewöhnliches sucht, das aufrüttelt, und gleichermaßen hoffnungsvoll mitreißt. Das dramatische Finale war berührend und das Ende des Buches ist sehr hoffnungsgebend und schön.

Es ist kein Wohlfühlroman, sondern eine abenteuerliche und gefährliche Reise, märchenhaft erzählt. Ein Plädoyer für Freundschaft und Zuversicht in schweren Zeiten.

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