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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.07.2022

Originell, magisch, abwechslungsreich - grandioses Debüt

Fuchswege
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"Fuchswege" ist eine märchenhaft magische Geschichte, die von alten Mächten, einem sprechenden Fuchs und einem Natur- und Pflanzenparadies erzählt, indem auch die Menschen ihren Platz haben.

Ich mochte ...

"Fuchswege" ist eine märchenhaft magische Geschichte, die von alten Mächten, einem sprechenden Fuchs und einem Natur- und Pflanzenparadies erzählt, indem auch die Menschen ihren Platz haben.

Ich mochte es sehr, wie die 14 Kapitel sich allmählich zusammenfügen, aber jede der Kurzgeschichten für sich steht. Da ich sehr gern Kurzgeschichten lese, hat mich diese originelle Idee absolut begeistert. Bei den ersten rätselhaften Andeutungen war ich sehr gespannt, wie alles zusammenpasst. Die Geschichten verlaufen chronologisch über mehrere Jahreszeiten und erzählen von verschiedenen Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern und magischen Ereignissen. Dabei gibt es zwei Konstanten: alles spielt sich im grünen Reich ab, einer prächtigen Gartenanlage, in der Menschen und Tiere miteinander leben. Und in fast jeder Geschichte spielt der Herr des Landes, der majestätische Fürst aller Rotfelle eine Rolle, um klug über sein Reich zu wachen. Sowohl Menschen als auch Tieren sind Kapitel gewidmet, was das Buch sehr abwechslungsreich macht. Die Geschichte „Odyssee“ erzählt von einem Igel, der das grüne Reich betritt - eine meiner vielen Highlights aus dem Buch.

Ich mochte diese geheimnisvolle Atmosphäre und den wunderbar anschaulichen Erzählstil. Wie das Füchslein ist auch der Schreibstil wohlüberlebt und träumerisch. Der zeichnet sich besonders durch die treffende Wortwahl und eine anregende Bildhaftigkeit aus, die ich sehr genossen habe. Hier passte auch der distanzierte Blick auf das Geschehen und trägt, trotz der wenigen wörtlichen Rede, zur Spannung bei. Man spürt die unterschwellig steigende Spannung, gespickt mit kleinen zeitgemäßen Botschaften und die Liebe zum Detail. Ich hab mich dann extra zurückgehalten, weil ich länger in den Fuchswegen verweilen wollte. Es macht großen Spaß, weiter in die Welt einzutauchen, denn die vielen kreativen Idee entfachen die eigene Fantasie und begleiten einen auch im Alltag. Das Ganze gipfelt dann in einem spannenden Finale, das absolut unvorhersehbar und überraschend einen runden Abschluss bietet. Ich freue mich schon so sehr auf die Fortsetzung in diesem Jahr und habe direkt Lust, das Buch nochmal zu lesen. Ein sehr vielversprechender Auftakt einer Reihe voller Potenzial. Für Fans von "Mein Nachbar Totoro“, Füchsen, Kurzgeschichten und Fantasy. Große Empfehlung für Kinder ab 12 Jahren.

Veröffentlicht am 29.07.2022

Bilder, die man nicht mehr vergisst

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Zu Beginn des Buches habe ich ich wirklich gefragt, wie Kayleigh täglich verstörende Bilder und Videos sehen konnte, ohne verrückt zu werden…Ganz selbstbewusst schreibt sie einem Anwalt namens Stitic: ...

Zu Beginn des Buches habe ich ich wirklich gefragt, wie Kayleigh täglich verstörende Bilder und Videos sehen konnte, ohne verrückt zu werden…Ganz selbstbewusst schreibt sie einem Anwalt namens Stitic: „Ich wusste, worauf ich mich einließ. Ich wusste, was ich da machte, und ich war ziemlich gut darin.“ Durch die gewählte Erzählform ist die Geschichte überwiegend im Präteritum verfasst, bei dem sich ein Nebensatz an den nächsten reiht, und erzählt von Kayleig´s Erlebnissen bei Hexa, und ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von Sigrid, ihrer „damaligen Lieblingskollegin“. Zu ihrer Aufgabe bei Hexa gehört es, gepostet Fotos und Videos zu beurteilen, die von anderen Benutzern oder Bots gemeldet wurden, weil sie nicht den Standards der Plattform entsprechen und diese gegebenenfalls, mit entsprechender Begründung, zu löschen. Kayleigh schreibt Herr Stitic, um ihm zu erklären, warum sie bei Hexa aufgehört hat. Denn es sind nicht die selben Gründe, die ihre Kolleginnen und Kollegen nun zu einer Sammelklage bewegen, der sich Kayleigh deshalb nicht anschließen will. Sie geht abgestumpft die verinnerlichten Richtlinien durch, hält sich an der freundschaftlichen Gruppendynamik, den gemeinsamen Routinen, Alkohol und ihre Liebe zu Sigrid fest. „Okay, unsere Arbeit war völliger Shit, aber wir ließen uns von ihr nicht unterkriegen, (…) wir waren ein Team und halfen einander da durch.“ Sie schreibt von Gojibeeren-Momenten, glücklichen Zeiten mit Sigrid, und dann von der Flat-Earth-Diskussion und anderen Verschwörungstheorien, bis zum Moment, wo klar wird, dass die Arbeit auch in ihr nicht spurlos vorbeigegangen ist. Dabei rückt Kayleigh vor allem ihre Beziehung zu Sigrid in den Vordergrund.

Ein kurzweiliger Roman, der, psychologisch verwoben, trügerisch inszeniert und freiheraus, die Meinungen spalten wird - thematisch und literarisch. Letztlich lernt man noch etwas über Richtlinien zur Sperrung und Lösung von anstößigen Inhalten und die problematischen Arbeitsbedingungen in den Content-Moderation.

Veröffentlicht am 29.07.2022

Ein anderer Zustand der Dinge

Der Geruch von Wut
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„Sie sind vielleicht in eine Situation hineingeraten, die sie so nicht beabsichtigt hatten, die ihnen einfach passiert sind, und jetzt wissen sie nicht, wie sie da wieder rauskommen.“

Nach dem Autounfall ...

„Sie sind vielleicht in eine Situation hineingeraten, die sie so nicht beabsichtigt hatten, die ihnen einfach passiert sind, und jetzt wissen sie nicht, wie sie da wieder rauskommen.“

Nach dem Autounfall und anschließendem Koma hat Alex nicht nur sichtbare Narben am Köper, der Schmerz sitzt viel tiefer. Trauer über den unbegreiflichen Verlust seines Vaters und Wut auf den Fahrer des Lastwagens. Die Rache an Moussa Mbaye ist seine Motivation, sich den Black Boys anzuschließen; einer rechtsradikale Gruppierung, die auch vor Gewaltdelikten nicht zurückschreckt. Sie sollen ihm helfen, den Unfallverursacher zu finden, um durch Selbstjustiz Gerechtigkeit walten zu lassen. Dabei ist Alex völlig egal, welche Hautfarbe Moussa Mbaye hat. Seine Rachepläne bringen ihn schließlich selbst in Gefahr. Auf der anderen Seite ist Alex liebende Mutter, die ihn braucht, auch wenn sie sich stark und gefestigt gibt, voller Dankbarkeit darüber, dass wenigstens ihr Sohn den Unfall überlebt hat.

In siebenundsechzig kurzen Kapitel schreibt der italienische Autor Gabriele Clima manchmal ein bisschen poetisch, aber vor allem leicht verständlich, eindrücklich und, dank viel wörtlicher Rede, lebendig auf Augenhöhe mit seinen Figuren. Dadurch, dass Alex seine Geschichte aus der eigenen Perspektive erzählt, ist man von Anfang an nah dran. Zu Beginn des Buches, muss Alex seine Prüfung bestehen, um in die Gruppe aufgenommen zu werden, dann erfährt man in folgenden Kapitel, wie es dazu kommen konnte und wie es weitergeht. Es war interessant, Alex dabei zu verfolgen, wie er auf eigene Faust nach Moussa Mbaye sucht, das Gefühl der Trauer gar nicht erst aufkommen lässt und durch seinen Freund Teo schließlich auf die Black Boys aufmerksam wird, neue Hoffnung auf den falschen Gründen schöpft und dann seine Aufgabe erfüllt, um in die Gruppe aufgenommen zu werden. „Was die Black Boys taten, war ihre Sache (…), mich interessierte nur eins, (…) wenn mir die Black Boys dabei helfen konnten, gut, was die sonst so machten, war mir egal.“ Es dürfte Jugendlichen leicht fallen, sich mit der Hauptfigur zu identifizieren. Alex verhält sich authentisch und durch ihn lässt sich nachvollziehen, wie Menschen empfänglich für Gruppierungen werden, dessen Gesinnung sie eigentlich nicht vertreten. Dadurch leistet das Buch einen wichtigen Beitrag und überzeugt mit spannenden Momenten und einer berührenden Form der Trauerbewältigung, bei der Alex Gespräche mit seinem verstorbenen Vater führt, als wäre er noch da. Das Ende ist wunderbar - nicht zu rührselig, überraschend und friedlich.

Eine lesenswerte Geschichte, mit vielen Denkanstößen zum Thema Trauerbewältigung, Rechtsextremismus und Selbstverantwortung, die zeigt wie mächtig starke Gefühle wie Wut sein können, und wie man dadurch in ernste Schwierigkeiten kommen kann. "Der Geruch von Wut" zeigt aber auch wie stark das Gefühl der Hoffnung und Liebe ist, das sich immer wieder in Erinnerungen an den Vater und dem Rückhalt der Mutter zeigt. Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 29.07.2022

Besonders, skurril und hochwertig

Samson und Nadjeschda
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„Jeder Mensch lebt inmitten von Verbrechern und Verbrechen, bemüht sich jedoch, sie nicht zu sehen, solange er nicht selbst zum Opfer wird.“

Der Diogenes Verlag konnte mir wieder einen Lesegenuss bescheren, ...

„Jeder Mensch lebt inmitten von Verbrechern und Verbrechen, bemüht sich jedoch, sie nicht zu sehen, solange er nicht selbst zum Opfer wird.“

Der Diogenes Verlag konnte mir wieder einen Lesegenuss bescheren, für den es sich lohnt, dranzubleiben.
Es ist eine schwierige Zeit, in der sich Hauptfigur Samson befindet, voller Entbehrungen und Risiken. Andrej Kurkow nimmt sich genügsam Zeit, seine Hauptfigur in die neuen Herausforderungen einzuführen und gibt interessante Einblicke, in die historischen Umbrüche nach der Russischen Revolution in der Ukraine. Dabei verteilt er geschickt Metaphern, die eine wahre Freunde sind. Es hat mir gefallen, wie die Atmosphäre eingefangen wurde und der Erzählstil, in einem angenehmen Niveau, durch die Geschichte führt. Es ist ein subtil spannender Krimi, der nach jedem Kapitel verführt, weiterzulesen. Nicht nur wegen dem hervorragendem Erzählstil, sondern auch, weil ich die Figuren mochte. Bis es zu Samson`s Dienstantritt bei der Miliz kommt, vergehen ein paar Seiten und es kommt zu ungewöhnlichen Ereignissen, die man gebannt verfolgt und die auf schicksalhafte Weise zum Ergebnis führen. Was mir besonders gefallen hat, ist diese Mischung aus Skurrilität und Ernsthaftigkeit, wenn ich an das anfängliche Unglück denke oder an Samsons übernatürliche Abhörwanze. Nadjeschda ist eine fleißige Frau, die entschieden handelt, und sich auf Samson wie eine haltgebende Kraft auswirkt. Sie hinterlässt Eindruck, obwohl sie am Rand agiert.

Ein wunderbar ungewöhnliches Buch und eine gescheite Mischung aus Liebesgeschichte, historischem Roman und Krimi, die planvoll und scharfsinnig an Fahrt aufnimmt.

Veröffentlicht am 23.07.2022

Historisches Abenteuer in London

Die versteckte Apotheke
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„So langsam schien mir, als besäße jeder Mensch, jeder Ort eine unerzählte Geschichte mit längst vergessenen Wahrheiten, die dicht unter der Oberfläche schlummerten.“

Es geht in dieser Geschichte um ...

„So langsam schien mir, als besäße jeder Mensch, jeder Ort eine unerzählte Geschichte mit längst vergessenen Wahrheiten, die dicht unter der Oberfläche schlummerten.“

Es geht in dieser Geschichte um das vergessene Geheimnis zweier Frauen im 18. Jahrhundert, dass nun seinen schicksalhaften Weg in die Gegenwart findet. Die zwei unterschiedlichen Zeitstränge aus Vergangenheit und Gegenwart verlaufen mit interessanten Verbindungen zwischen der Apothekerin Nella, die vor 200 Jahren in London gezielt dabei half, Männer zu töten, und der 34-jährigen Caroline, die eine Auszeit in London verbringt und dabei einen richtungsweisenden Fund macht.

Erzählt wird die Story aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Jedes Kapitel endet mit einem kleinen Cliffhanger, was den Perspektivenwechsel spannend macht und das Lesetempo antreibst. Sarah Penner hat einen atmosphärisch, inspirierenden Roman geschrieben, mit unvollkommenen weiblichen Figuren, deren Schicksal berührt, und bei der die Liebe zur historischen Recherchearbeit spürbar ist. Sie nimmt Bezug auf den damaligen Aberglauben bzgl. magischer Elixiere und Geister und die hoffnungslose Gesellschaftssituation der Frauen, die in Gift die einzige Lösung sahen. Zusammen mit einer Prise Magie und Abenteuerlust ist ein fesselndes Werk mit starker Sogwirkung entstanden, das von Verrat und Rache erzählt, aber auch von Freundschaft, Hoffnung und Selbstverwirklichung. Mir hat der angenehme Schreistil gefallen, dass Andeutungen Raum für Spekulationen lassen und, bis auf einige kleine Ausnahmen, alles schlüssig ist. Ich habe mich wunderbar unterhalten gefühlt, habe mitgefiebert und die Story in kürzester Zeit verschlungen. Empfehlenswerte Lektüre für ein ruhiges Wochenende. Es ist auch spannend für alle, die sonst keine historischen Romane bevorzugen.