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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.11.2024

Vom Jäger zum Gejagten

The Killer Profile
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The Killer Profile war mein erstes Buch von Autorin Helen Fields und wird hoffentlich nicht das letzte sein. Es überzeugt mit einem fesselnden Plot, interessanten Charakteren, intensivem Nervenkitzel und ...

The Killer Profile war mein erstes Buch von Autorin Helen Fields und wird hoffentlich nicht das letzte sein. Es überzeugt mit einem fesselnden Plot, interessanten Charakteren, intensivem Nervenkitzel und menschlichen Abgründen. Nach einem schockierenden ersten Kapitel brauchte die Geschichte ein wenig um anzulaufen, zieht dann allerdings das Tempo mit der Zeit ordentlich an und wurde spätestens ab der Hälfte zum richtigen Page-Turner. Im Zentrum der Erzählung steht die Datenanalystin Midnight Jones, die bei der Auswertung eines Bewerberprofils für ihren Arbeitgeber Necto auf eine Anomalie stößt. Die Ergebnisse des Bewerbers werden als Profil K klassifiziert. K wie Killer. Alarmiert wendet sich Midnight an ihre Vorgesetzten, doch bei Necto will keiner etwas von dem Gefahrenpotential hören. Doch als Midnights Nachbarschaft von einem entsetzlichen Verbrechen erschüttert wird und sie eine mögliche Verbindung zum Profil K Bewerber erkennt, wird ihr Gewissenskonflikt immer stärker. Wegen ihrer intensiv-pflegebedürftigen Schwester darf sie unter keinen Umständen ihren Job verlieren, aber sie kann nicht zulassen, dass noch eine weitere Frau ein derart grausames Schicksal erleidet. Das richtige zu tun könnte sie alles kosten, aber was hat sie für eine Wahl? Dabei weiß sie noch gar nicht, dass für sie noch viel mehr auf dem Spiel steht, als ihr Job. Der Unbekannte Bewerber entwickelt nämlich ein steigendes Interesse an der Datenanalystin, die für die Auswertung seines Tests verantwortlich war.
Der Thriller ist inhaltlich wirklich gut aufgebaut, hat einen tollen Spannungsbogen und lässt einen die ganze Bandbreite an Emotionen spüren. Das Buch startet direkt mit einem Mord, welchen der Leser aus Sicht des Opfers erlebt und es war unglaublich eindrucksvoll. Angst, Panik, Trauer, Überlebenswille und Liebe bilden einen höchst potenten Cocktail, der mir emotional einiges abverlangt hat. Neben diesen äußerst brutalen Momenten gibt es aber auch Szenen der Sanftheit, Zuneigung und Freundschaft, die ich in der Form und in dem Buch nicht erwartet, aber dafür sehr zu schätzen gewusst habe. Die Autorin hat die Perspektivwechsel zwischen den verschiedenen Charakteren, u.a. Midnight und der Bewerber, hervorragend genutzt, um der Geschichte Spannung zu verleihen und die Nuancen der Charaktere herauszuarbeiten. Für einen Thriller sind die Figuren meiner Meinung nach auch sehr glaubhaft ausgearbeitet. Dawn und Doris zum Beispiel sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen.
Mein Fazit fällt insgesamt sehr positiv aus und ich kann sagen, dass The Killer Profile in den Top 3 der Thriller rangiert, die ich dieses Jahr gelesen habe. Definitiv zu empfehlen!

Veröffentlicht am 15.11.2024

Tolle Unterhaltung!

Tage einer Hexe
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Tage einer Hexe von Autorin Genoveva Dimova hat mich absolut verzaubert. Nicht nur ist das Buch mit seinem wunderschönen Cover-Design und dem dazu passenden Farbschnitt ein absoluter Hingucker, es ist ...

Tage einer Hexe von Autorin Genoveva Dimova hat mich absolut verzaubert. Nicht nur ist das Buch mit seinem wunderschönen Cover-Design und dem dazu passenden Farbschnitt ein absoluter Hingucker, es ist auch inhaltlich ein richtiges Überraschungspaket mit spannender Handlung, interessanten Figuren, faszinierenden Monstern und einer dichten Atmosphäre. Ich habe ein wenig gebraucht um in die Welt und Kosaras Geschichte einzutauchen, aber noch bevor ich wusste wie mir geschieht, hat mich das Buch von Seite zu Seite mehr in seinen Bann gezogen. Irgendwann konnte ich es gar nicht mehr aus der Hand legen. Als ich erstmals den Klappentext gelesen habe war ich sehr gespannt auf die Geschichte, habe allerdings nicht erwartet, dass sie mich am Ende doch so begeistern würde.
Wie schon erwähnt treffen wir auf die junge Hexe Kosara, die sich in der Neujahrsnacht gegen den kommenden Sturm von Ungeheuern wappnet, denn mit dem Mitternachtsleuten wird in Chernograd niemand mehr sicher sein. Die schmutzigen Tage, so werden sie genannt. Jene zwölf Tage des Jahres in denen die Grenze zwischen den Welten verblasst und allerhand wundersame Monster die Stadt heimsuchen. Normalerweise kein allzu großer Grund zur Beunruhigung, schließlich weiß Kosara sich zu helfen, doch eine heimtückische Intrige führt dazu, dass sie ihren Hexenschatten verliert - und damit all ihre magischen Fähigkeiten. Um zu überleben muss sie ihren Schatten zurück bekommen, aber sie hat einen mächtigen Gegner und nur wenig Zeit. Ob es ihr gelingt und welche Hindernisse ihr dabei begegnen ist auf rund 450 spannenden Seiten zu lesen.
Kosara ist eine interessante, eigensinnige und auch mit einigen Fehlern behaftete Protagonistin, die ich ungemein gerne begleitet habe. Ich würde nicht behaupten, dass sie durch die Bank sympathisch ist, aber das hat es auch nicht gebraucht um sie ins Herz zu schließen. Sie ist clever, witzig und auch ein wenig selbst-ironisch, aber darunter stecken tiefe Emotionen und Unsicherheiten, die sie sehr nahbar machen.
Es gibt zudem einige spannende Nebenfiguren, die der Geschichte die richtige Würze verliehen haben. Sei es der Zmey, der nicht ohne Grund das furchterregendste Monster von allen ist, Asen, der seine eigenen Dämonen zu bekämpfen hat, eine Pfeiferauchende Monsterjägerin oder die Schar Hausgeister, alle haben dazu beigetragen die Handlung und Atmosphäre der Geschichte toll auszugestalten. Während ich zu erstem nicht viel verraten möchte, will ich letzteres unbedingt gesondert hervorheben. Die Autorin hat eine wundervoll düstere, vielfältige und aufregende Welt erschaffen und mit den ersten Seiten eine Atmosphäre kreiert, die sie durchs ganze Buch zieht und ganz nebenbei hervorragend in die dunkle Jahreszeit passt. Die slavische Mythologie wird eher selten als Grundstoff für Fantasyromane genutzt und es war einfach toll mal Fantasyelementen ausgesetzt zu sein, die abseits der Norm liegen. Allein schon wegen der Vielzahl von spannenden Fabelwesen lohnt sich ein Abstecher nach Chernograd.
Alles in allem war Tage einer Hexe ein wunderbares und aufregendes Leseerlebnis und ich kann es jetzt schon kaum erwarten den zweiten Teil in die Finger zu bekommen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 06.11.2024

Konnte mich nicht überzeugen

Immortal Longings
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Immortal Longings von Chloe Gong hat mich mit seiner interessanten Prämisse sofort neugierig gemacht. Ein starker Urban-Fantasy Vibe, inspiriert von der pulsierenden Stadtlandschaft einer ostasiatischen ...

Immortal Longings von Chloe Gong hat mich mit seiner interessanten Prämisse sofort neugierig gemacht. Ein starker Urban-Fantasy Vibe, inspiriert von der pulsierenden Stadtlandschaft einer ostasiatischen Metropole, ein interessantes Magiesystem, enemies-to-lovers und tödliche Spiele. Es hätte so gut werden können! Aber noch während ich diese Punkte aufzähle, die ursprünglich mein Interesse an dem Buch geweckt haben, drängt sich das Gefühl der Enttäuschung zurück in den Vordergrund. Die Geschichte ist dem einfach nicht gerecht geworden.
Den Einstieg ins Buch fand ich noch ganz vielversprechend. Die Zwillingsstädte von San-Er bieten einen fesselnden Schauplatz und die Autorin hat mit ihren Beschreibungen gut einfangen können, wie sich die Atmosphäre in der verarmten, überbevölkerten und dichtbebauten Hochhausstadt anfühlt. Das und ein flüssiger Lese-Rhythmus sind jedoch die einzigen positiven Aspekte, die ich dem ansonsten eher nichtssagenden und sehr emotionslosen
Erzählstil abgewinnen konnte. Es überwiegt enormes Info-Dumping und die anhaltende Wiederholung derselben Beschreibungen mit leicht verändertem Wortlaut.
Das Worldbuilding, so faszinierend es am Anfang erschien, war sehr enttäuschend. Es ist, als hätte die Autorin diese Vision von Spielen in diesem außergewöhnlichen Stadt-Setting gehabt, aber dann ist es ihr nicht gelungen ein solides Gerüst drum herum zu erbauen. Die gesellschaftlichen Missstände, die Ausbeutung der Provinzen, die Spiele, die Macht des Palastes, nichts davon wird wirklich gut oder glaubhaft erklärt und die Erklärungen, die geliefert werden, sind so löchrig, dass man geradeaus durchgucken kann. Pustet man leicht dagegen, fällt das ganze System in sich zusammen. Um ehrlich zu sein fühlte sich die ganze Story für mich mit der Zeit immer sinnloser an. Calla nimmt an den Spielen teil, um die Missstände durch die Monarchie und König Kasa zu beenden, aber ihr Wahnsinnsplan ist den einen König, durch einen anderen zu ersetzen, und alles wird gut. Es gibt 87 andere Teilnehmer, die sie überleben muss, aber im Grunde kann jeder andere Spieler ausgeschaltet werden, indem man ihm die Teilnehmerkennung abnimmt. Gong war bemüht eine Atmosphäre aus Spannung und Bedrohung zu kreieren, die Einsätze für die Figuren sollen so hoch sein, höher geht es kaum. Nur funktioniert es einfach nicht. Der Mangel an Einsatz, Spannung, Emotion und teilweise auch an Logik lässt einfach nicht zu, dass das Gefühl aufkommt für die Figuren oder ihre Welt stünde irgendwas auf dem Spiel. Es gibt ein paar wenige gut geschriebene Action Szenen, die mich ein wenig versöhnlicher gestimmt haben, aber ich musste jedes bisschen Motivation zusammenklauben, um das Buch zu beenden.
Ich hatte gehofft die Charaktere würden mir mit der Zeit genug ans Herz wachsen, um mich etwas an die Geschichte zu fesseln, aber leider war auch das nicht der Fall. Die Figuren fühlen sich durchweg zweckgebunden, austauschbar und unauthentisch an. Keiner von ihnen hat in mir irgendwelche Emotionen geweckt, mit keinem konnte ich mitfühlen oder gar mitfiebern. Und die beworbene Enemies-to-Lovers Geschichte hat ebenso wenig funktioniert, wie das Worldbuilding. Man hätte sie komplett weglassen können, es hätte der Storys wahrscheinlich eher gutgetan. Diese stürmische Romanze zwischen Calla und Anton, die einem im letzten Drittel des Buches noch aufgezwungen wird, hatte keine emotionale Basis, keine Chemie, sie war einfach plötzlich da.
Mir fallen noch einige andere Punkte ein, aber das wird mein Fazit nur noch weiter in die Länge ziehen, ohne etwas am Ergebnis zu ändern. Ich habe mir viel von Immortal Longings erhofft und glaube weiterhin, dass dem Buch eine wirklich spannende Idee zu Grunde liegt, aber überzeugen konnte mich nur das wunderschöne Cover- und Farbschnittdesign. Am Ende war es eine weitere Bestätigung dafür, dass BookTok Hypes eher mit Vorsicht zu genießen sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 11.10.2024

Kalpenstein in Top-Form!

Prost, auf Brunngries
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Brunngries hat schon die ein oder andere Mordermittlung miterlebt, doch bei keiner stand bisher so viel auf dem Spiel, wie bei Tischlers zehntem Fall. Nach einer feucht-fröhlichen Beförderungsfeier im ...

Brunngries hat schon die ein oder andere Mordermittlung miterlebt, doch bei keiner stand bisher so viel auf dem Spiel, wie bei Tischlers zehntem Fall. Nach einer feucht-fröhlichen Beförderungsfeier im KRAUSE mit all unseren Lieblingsvertretern der Brunngrieser Polizeidienststelle wartet am nächsten Morgen das böse Erwachen. Ein Radfahrer findet kurz vor dem Ortseingang die übel zugerichtete Leiche von Katja Brendel. Die Spuren am Tatort zeichnen ein unmissverständliches Bild: Die junge Frau wurde ganz gezielt von einem Auto überfahren. Allerdings, so stellt sich bald heraus, war die Mordwaffe nicht irgendein Auto. Katja wurde ohne jeden Zweifel mit Tischlers eigenem, heißgeliebten Jaguar getötet. Und da er und das Opfer eine gemeinsame Vergangenheit haben, muss Tischler erstmals in seiner Karriere lernen, was es heißt, unter Mordverdacht zu stehen.
Die Reihe rund um Kommissar Tischler ist für mich inzwischen ein Garant für gute Unterhaltung und mit diesem Jubiläumsteil, hat Autor Friedrich Kalpenstein definitiv noch einen draufgesetzt. „Prost, auf Brunngries“ war ein großer Spaß! Der Fall gestaltet sich von Anfang an als verzwickt, es gibt jede Menge Hinweise, noch mehr Verdächtige und damit viel Potential zum Miträtseln. Besonders spannend fand ich, dass die Ermittlungen dieses Mal eine etwas andere Dynamik hatten, dadurch dass Tischler als Verdächtiger natürlich nicht selbst im Fall tätig werden darf. Während also unser lieber Herr Hauptkommissar im privaten nach Hinweisen sucht (denn selbstverständlich hält er nicht brav die Füße still), können die Leser aus erster Reihe miterleben, wie sich der frisch gebackene Polizeihauptmann Fink so als Chefermittler schlägt. Tempo und Aufbau des Falls waren sehr gut ausgearbeitet, dabei kamen aber auch die kleinen, herzlichen Alltagsmomente in Brunngries nicht zu kurz. Von Begegnungen mit liebgewonnenen Charakteren der Reihe, hin zu kleinen oder größeren persönlichen Stolpersteinen war alles dabei. Selbst das ein oder andere neue Gesicht gibt es zum Kennenlernen. Natürlich lässt sich das Buch auch eigenständig ganz gut lesen, aber wer die Reihe schon seit einer Weile oder von Anfang an verfolgt, so wie ich, wird bestimmt zu schätzen wissen, wie viele, kleine nostalgische und emotionale Momente der Autor für uns darin versteckt hat. Es ist spürbar wie viele Gedanken und Mühe in die Planung dieses Teils hineingeflossen sein müssen.
Schließlich steht „Prost, auf Brunngries“ seinen Vorgängern auch in Sachen Humor in nichts nach. Es gab so viele Momente, die mich zum Schmunzeln oder richtig zum Lachen gebracht haben und besonders bei den Dialogen hat sich der Autor in Top-Form gezeigt. Die Kabbeleien zwischen Tischler und Fink waren einfach köstlich. Ich muss immer noch regelmäßig grinsen, wenn mir manche Szenen in den Sinn kommen.
Unterm Strich bringt das Buch alles mit, was ich mir von einem gemütlichen Regionalkrimi wünsche, und bedient darüber hinaus alle Punkte, die ich als Fan so an dieser Reihe schätze. Und das tut es sehr großzügig: Ein spannender Fall, eine tolle Atmosphäre, urige Charaktere und eine großartige Stimmung. Meiner Meinung nach ein rundum gelungener Jubiläumsband.

Veröffentlicht am 02.10.2024

Fesselnd, aufwühlend und komplex

Das Comeback
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Das Comeback von Ella Berman ist ein kraftvoller und herausfordernder Roman über eine junge Schauspielerin, die von den missbräuchlichen Machtstrukturen Hollywoods verschlungen wird und sich an der Schwelle ...

Das Comeback von Ella Berman ist ein kraftvoller und herausfordernder Roman über eine junge Schauspielerin, die von den missbräuchlichen Machtstrukturen Hollywoods verschlungen wird und sich an der Schwelle des Zerbrechens wiederfindet – bis sie beschließt, dass es an der Zeit ist, den Mann zu konfrontieren, der ihr die Macht und die Stimme genommen hat.
Das Buch reißt einen mit der Kraft eines Hochgeschwindigkeitszugs mit. Jedenfalls ging es mir so. Es ist eins dieser Bücher, das einem unwiderruflich unter die Haut geht. Die üblichen Phrasen wie „toll geschrieben“ oder „gelungene Charaktere“ werden nicht annähernd dem gerecht, was Ella Berman hier geschaffen hat. Es ist eine zutiefst berührende und aufwühlende Charakterstudie, die den Lesern die ganze Bandbreite der Emotionen durchleben lässt.
Grace Turner wird mit dreizehn Jahren für einen Film gecastet, der ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen soll. Quasi über Nacht wird sie zum neusten, strahlenden Stern am Himmel Hollywoods und hat fortan ein Team an ihrer Seite, das alles dafür tut, um sie dort oben zu halten. Nach und nach entfremdet von Familie und Freunden und einem Support-System, das nur aus Leuten besteht, die dafür bezahlt werden für sie da zu sein, klammert sich Grace verzweifelt an die einzige Person, die ihr das Gefühl gibt, ganz und gar hinter ihr zu stehen. Able Yorke hat sie erschaffen. Ohne ihn ist sie nichts. Zumindest setzt er alles daran, sie das glauben zu lassen. Doch seine Aufmerksamkeit kommt nicht ohne Preis.
Als Leser erleben wir die Auswirkungen, mit denen Grace als Erwachsene zu kämpfen hat. Ihre Karriere steht auf der Kippe, engere Beziehungen kann sie kaum aufrechterhalten und sie weiß nicht mit ihrer Familie umzugehen, ohne dass es im Streit endet. Immer wieder verliert sie sich in einer gefährlichen Abwärtsspirale aus Alkohol und Drogen. Über allem wabert das Geheimnis, das Grace vor allem und jedem zu bewahren versucht. Das Buch taucht ohne Zurückhaltung und Angst tief in die Komplexität von missbräuchlichen Beziehungen, Grooming und Trauma ein und fängt auf sehr sensible Weise die heikle und zerbrechliche Natur des Erwachsenwerdens ein.
Mit Grace hat Berman einen hochinteressanten, komplexen und nuancierten Charakter erschaffen, deren Stimme mich trotz all ihrer Schwächen nicht loslassen wollte. Sie kommt oft selbstsüchtig rüber, ist egoistisch und wenig sympathisch, aber auch sehr real und ehrlich. Ihr Schmerz, ihre Scham und all die komplizierten Gefühle, die ihr Inneres in so festem Griff haben, machten es zur schweren Herausforderung so viel Zeit in ihrem Kopf zu verbringen. Aber umso größer und bedeutender empfand ich auch jeden noch so kleinen Sieg auf ihrem Eroberungsfeldzug. Das Buch führt einen bisweilen an sehr düstere und hoffnungslose Orte, aber es ist kein düsteres und hoffnungsloses Buch. Ich würde mich sogar so weit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass Hoffnung ein ganz zentraler Bestandteil von Grace‘ Geschichte ist.
Alles in allem ist Das Comeback von Ella Herman eine sehr authentische, fesselnde und aufwühlende Lektüre, die zum Nachdenken anregt.