Profilbild von LaNasBuchclub

LaNasBuchclub

Lesejury Star
offline

LaNasBuchclub ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit LaNasBuchclub über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2021

Willkommen an der Burlington University!

Was wir in uns sehen - Burlington University
1

"Was wir in uns sehen" ist der 1. Teil aus Sarina Bowens neuer Reihe, rund um die Burlington University und ist am 30.09.2021 im LYX-Verlag erschienen.
Es handelt sich hierbei um eine Spin-off Serie, basierend ...

"Was wir in uns sehen" ist der 1. Teil aus Sarina Bowens neuer Reihe, rund um die Burlington University und ist am 30.09.2021 im LYX-Verlag erschienen.
Es handelt sich hierbei um eine Spin-off Serie, basierend auf der True North Reihe, das heißt, wer diese schon gelesen hat, wird dem ein oder anderen bekannten Charakter wiederbegegnen. Wer die True North Bücher aber noch nicht gelesen hat, wird dadurch keinen Nachteil erfahren. "Was wir in uns sehen" ist ein in sich abgeschlossener Teil und kann vollkommen unabhängig gelesen werden. Und darum geht's:

Erzählt wird die Geschichte von Chastity und Dylan. Chastity hatte es in ihrer Jugend weiß Gott nicht leicht. Aufgewachsen in einer streng religiösen Sekte, rigoros abgeschirmt von der Außenwelt und die Zukunft längst verplant durch das Urteil der Anführer, gelingt ihr mit 19 Jahren das Undenkbare: Sie flieht.
Das ist nun zwei Jahre her. Zwei Jahre in denen Chass lernen konnte was Nagellack ist und auch dass es vollkommen okay ist, enge Jeans zu tragen. Dass sie mit Fleiß alles schaffen kann, genauso wie sie es geschafft hat ein begehrtes Stipendium für die Burlington University zu ergattern. Doch in diesen zwei Jahren musste sie auch lernen, wie furchtbar es sein kann, unglücklich verliebt zu sein. Verliebt in den Besten Freund, der sie niemals ansehen würde, wie er jede andere auf dem Campus anzusehen scheint. Aber Chass lässt sich nicht unterkriegen und sie ist bereit für das zu kämpfen, was sie will.
Dylan Shipley, Chastitys Nachbar und bester Freund, genießt sein Studentenleben in vollen Zügen. Er genießt die Zeit mit seinen Freunden, die nicht abbrechenden Bekannschaften mit hübschen Frauen und auch dem Feiern ist er reichlich zugetan. Eine Pause von seinem Studentendasein gibt es für ihn nur an den Wochenenden, an denen er zur Familienfarm fährt um seinem Bruder bei der Arbeit unter die Arme zu greifen. Als dann auch noch seine beste Freundin Chass an derselben Uni studieren soll wie er, könnte es eigentlich nicht besser für Dylan laufen. Wäre da nicht die Angespannte Stimmung zwischen seinem Bruder und ihm, der ewigen Frage nach der Wahl seines Hauptfachs und dem unberechenbaren Knistern, das seit Neustem immer auflodert, kaum dass Chass in seiner Nähe ist. Doch Dylan ist fest entschlossen, zumindest diese eine Sache nicht zu verbocken. Denn Chass verdient so viel mehr als einen Typen, der Beziehungen eigentlich meidet wie die Pest...

Wie es sich zwischen den beiden weiterentwickelt, dürft ihr natürlich selbst herausfinden.

Mir hat "Was wir in uns sehen" insgesamt wirklich gut gefallen. Zunächst ist das Cover in meinen Augen sehr gelungen. Schlicht aber schön. Die dunkle Farbgebung finde ich sehr ansprechend und sie harmoniert gut mit den Floralen Details. Am meisten überzeugt mich aber der Wiedererkennungswert, da unverkennbar eine gewisse Ähnlichkeit zu Sarina Bowens anderen Büchern besteht. Es sieht nicht zu abgekupfert aus, aber man kann doch gut erkennen, dass es eben dieser Autorin zuzuordnen ist.

Für mich war dieser Roman das erste Buch von Sarina Bowen, deshalb konnte ich beim Schreibstil natürlich keine Vergleiche ziehen. Mir hat ihre Art zu Schreiben aber sehr gut gefallen. Die Geschichte lässt sich leicht, flüssig und in einem guten Tempo lesen, die Beschreibungen sind bildhaft und die Dialoge haben eine gute Dynamik. Das Buch erlaubt einem schnell dieses vollständige Abtauchen in die Geschichte, was mir sehr gut gefallen hat.

Besonders einnehmend war auch das Setting und die Atmosphäre in der Geschichte. Dadurch dass sich weite Teile der Handlung auf der Shipley Farm abgespielt haben, kam in kürzester Zeit richtiges Herbstfeeling auf. Da hätt ich mich am Liebsten mit dicken Kuschelsocken und einer heißen Schokolade bewaffnet in den Sessel gekuschelt und nur noch vor mich hin gelesen, während draußen der Wind an den Bäumen zerrt. (Leider war das Wetter aber "zu gut" um richtig zu der Fantasie zu passen.)
Ein bisschen schade ist dafür aber, dass man nur sehr wenig Uni-Feeling beim Lesen bekommt, da sich die Szenen an der Burlington im Grunde auf Chass' oder Dylan's Wohnungen beschränken.

Darüber hinaus überzeugt dieses Buch mit liebevoll ausgestalteten, vielschichtigen Charakteren, die den Leser recht schnell für sich einnehmen. Besonders Chastity ist mir schnell ans Herz gewachsen. Durch ihre unglückliche Kindheit hat sie sehr viele Dinge nicht erlebt, gesehen oder kennengelernt, die die allermeisten als selbstverständlich betrachten. Genauso war es ihr zu Beginn der Geschichte geradezu unmöglich über ihre eigenen Gefühle und Wünsche zu sprechen. Man erlebt also, wie sie sich Stückchen für Stückchen aus der Umklammerung ihres alten Lebens löst und dabei eine wundervolle Entwicklung durchmacht.
Entscheidend dafür war natürlich unter anderem auch ihre Freundschaft zu Dylan.
Dylan auf der anderen Seite hat es einem von Zeit zu Zeit schwer gemacht in seinem Team mitspielen zu wollen. Der Unterschied zwischen Uni-Dylan und Farm-Dylan war wie der von Tag und Nacht und ich muss gestehen, dass mir Uni-Dylan nicht übermäßig sympathisch war. Dennoch hat er Charaktereigenschaften, die es schlicht unmöglich machen, ihn nicht gern zu haben. Beispielweise ist er pflichtbewusst, engagiert und unglaublich loyal seinen Freunden und der Familie gegenüber. Und je besser man ihn kennenlernt, desto klarer wird auch, dass er mit seinen eigenen Schatten der Vergangenheit zu kämpfen hat.

Eine große Bereicherung waren für mich auch diverse Nebenfiguren, so wie Chass' neue Freundin Ellie oder Dylan's Mitbewohner Rickie. Durch sie hat die Geschichte eine gute Portion Humor dazu bekommen und Dylan und Chass einen guten Gegenpol zu ihrer hitziger werdenden Beziehung.

Dieser Roman ist eine hervorragende Mischung aus süß und sexy geworden. Die Entwicklungen zwischen Chass und Dylan sind sehr glaubhaft dargestellt und es wird kein ewiges Katz und Maus Spiel aus ihrer Beziehung. Auch wie sie sich selbst (besonders Dylan) mit ihren Gefühlen füreinander auseinander setzen, ist hier sehr gelungen.
Leider muss ich sagen, dass mir die letzten Kapitel, verglichen mit dem Rest des Buchs etwas übereilt vorgekommen sind, als müsse die Geschichte plötzlich schnell zu einem Ende kommen. Hier hätte ich mir vielleicht ein paar Seiten zusätzlich gewünscht. Nichts desto trotz muss man sagen, dass zum Schluss alle losen Enden gut zusammen finden.

"Was wir in uns sehen" schafft es zwar leider nicht unter meine Lieblingsbücher, mein Fazit fällt aber dennoch rundum positiv aus. Es ist ein tolles Buch mit schön ausgearbeiteten, interessanten Charakteren, einer einnehmenden Atmosphäre und einer geglückten Friends-to-Lovers Handlung. Wer also noch eine schöne, romantische New Adult Lektüre zur Einstimmung auf die kalte Jahreszeit sucht, wird hiermit sicher glücklich werden. Von mir gibt es für "Was wir in uns sehen" auf jeden Fall eine Leseempfehung.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 01.10.2021

Ein facettenreiches, schonungslos ehrliches und mitreißend emotionales Gesellschaftsportait

Die Tränen der Welt
0

"Die Tränen der Welt" ist der jüngste Roman aus der Feder des bekannten, spanischen Autors Ildefonso Falcones und das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe.
Bekannt für seine Chronik des spanischen ...

"Die Tränen der Welt" ist der jüngste Roman aus der Feder des bekannten, spanischen Autors Ildefonso Falcones und das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe.
Bekannt für seine Chronik des spanischen Mittelalters in "Die Kathedrale des Meers" (2007), nimmt sich der Autor in seinem neusten Werk des Arbeiterkampfes an, der Barcelona zu Beginn des 20. Jahrhunderts in eiserner Umklammerung hielt. "Die Tränen der Welt" zeichnet ein kontrastreiches Gesellschaftsportrait Barcelonas im Angesicht hochmütigster Opulenz und bitterster Armut, das seinen Leser vollkommen in seinen Bann zu ziehen weiß.

Der Roman begleitet das Leben des aufstrebenden Jung-Künstlers Dalmau Sala. Als Angestellter in der Keramikfabrik des hoch angesehenen Don Manuel Bello, welcher zudem als Mentor an seiner Seite steht, hat Dalmau mehr Glück, als die Meisten anderen Menschen in der Arbeiterklasse. Geblendet von der verschwenderischen Fülle und Opulenz des reichen Bürgertums, erhofft sich der junge Dalmau durch den Verkauf seiner Werke an ebendiese Menschen, seinerseits Zugang zu diesem wundersamen Kreis zu erlangen. Doch geht dies im Grunde entgegen all seiner Überzeugungen.
Als Sohn anarchistischer Eltern und Bruder ebenso gesinnter, kampfeswilliger Anhänger der Arbeiterbewegung, engagiert er sich gleichsam für die Rechte der Arbeiterklasse. An der Seite seiner Schwester Montserrat und seiner großen Liebe Emma geht er regelmäßig auf die Straße um für bessere Arbeitsbedingungen zu protestieren.
Trotzallem scheint er seine so entgegengesetzten Ziele miteinander vereinen zu können. Zumindest solange, bis ein tragisches Schicksal seine Welt aus den Angeln hebt und nichts mehr ist, wie es war. Dalmau's Beziehung zu Emma zerbricht und fortan werden beide vor Herausforderungen gestellt, die sie zu zerbrechen drohen.

Ich muss zugeben, dass ich eine Weile gebraucht habe, um mit diesem Buch warm zu werden. Falcones' Schreibstil braucht nach meinem Empfinden seine Zeit, um den Leser einzufangen. Gerade zu Beginn waren die Seiten teilweise überladen mit Ausführungen zu Kunst und Architektur, Politik, Klassenkampf und natürlich zu wichtigen Charakteren. Während man dabei viele Nebenfiguren kennenlernt, blieb Dalmau mir aber zunächst zu schwach umrissen, als dass ich sofort eine Bindung zu ihm als Hauptprotagonisten hertellen konnte.
Vor diesem Hintergrund muss ich sagen, dass es sich empfiehlt das Buch wirklich nur dann zu lesen, wenn man sich voll und ganz darauf konzentrieren kann. Als eine entspannte Lektüre für Nebenbei habe ich es nicht empfunden.

Dennoch, gut Ding will Weile haben, wie es so schön heißt und das war für mich auch bei "Die Tränen der Welt" der Fall. Als ich mich erstmal in der Geschichte eingefunden habe, hat sie mich nicht mehr losgelassen. Facettenreich und glaubhaft gewährt uns der Autor einen Einblick in die tiefsten Abgründe sozialer Ungerechtigkeiten. Durch die eingearbeiteten Perspektivwechsel, unter anderem zwischen Dalmau und Emma, erlebt man den Kontrast zwischen Elend und Überfluss auf sehr drastische Weise. Besonders Emmas Schicksal hat mich mitgerissen und auf eine Weise berührt, die mich über die Seiten hinwegfliegen ließ.
Eine Sache, die mir auch sehr gefallen hat, ist wie schonungslos der Autor mit seinen Figuren und damit unweigerlich auch mit dem Leser umgegangen ist. Es gibt keine "Gerade nochmal davon gekommen"-Situationen oder weichgespülten Andeutungen über Schlimme Dinge, die den Protagonisten widerfahren. Es blieb zu jeder Zeit authenitsch. Und auf diese Weise habe ich als Leserin eine Menge gefühlt, über Wut und Frustration, Freude und Genugtuung. Auch wenn im Roman an sich nicht viel Raum gelassen wurde für Emotionalität und die Gefühlswelten seiner Protagonisten, würde ich dennoch sagen, dass die Geschichte auf eine Art hoch emotional ist. Dem Autor ist gelungen, dass man am Schicksal seiner Figuren hängt und mit ihnen mitfiebert.

Die Charaktere sind überwiegend gut ausgestaltet und interessant, wobei nicht immer im Vorneherein klar wird, welche Motive sie antreiben.
Mit Dalmau als Hauptfigur hatte ich teilweise Schwierigkeiten. Durch seine nur wenig Selbstreflektierte und leicht zu beeinflussende Art, hat er sich stetig weiter tiefer in den Abrung begeben, nur leider fällt es schwer Mitleid mit ihm zu haben. Seine Entwicklung in der zweiten Hälfte des Romans hat mir dann mit der Zeit aber besser gefallen.
Die tragenden Pfeiler dieser Geschichte waren für mich zweifellos Emma und Dalmaus Mutter Josefa. Letztere lernt man zunächst als Nebenfigur kennen, doch ihre Rolle gewinnt im Laufe der Geschichte immer mehr an Bedeutung. Trotz all der Dinge, die diese beiden Frauen erleiden müssen, verlieren sie niemals den Kampfgeist und den Glauben an ihre Überzeugungen. Fairerweise muss ich zugeben, dass mir das Buch längst nicht so gut gefallen hätte, wären nicht die Kapitel aus Emmas Perspektive gewesen, da mir Dalmaus Schicksal längst nicht so viel bedeutet hat, wie das von Emma und Josefa. Mit ihnen leidet und fiebert man mit, weil sie, anders als Dalmau, ihr Unglück nicht selbst zu verantworten haben, sondern zu Opfern der Umstände werden. Und abermals anders als der junge Künstler, lassen sich die Frauen davon jedoch nicht in die Knie zwingen. Falcones hat hier zwei außergewöhnlich starke und beeindruckende weibliche Figuren erschaffen.

Zusammenfassend hat mir "Die Tränen der Welt" gut gefallen. Trotz des schweren Einstiegs und teilweise langatmiger Abschnitte in der Handlung, ist dies ein emotionaler und mitreißender historischer Roman, mit einer spannungsvollen Atmosphäre und gut konzipierten Charakteren. Wer gerne historische Romane liest, sollte defintiv in Erwägung ziehen, dieses Werk in die Hand zu nehmen. Ferner ist es ein spannender Einstieg für jeden, der sich näher mit der Geschichte Spaniens auseinandersetzen möchte. Gut recherchiert und mit Hingabe zum Detail hat Ildefonso Falcones eine wunderbare Hommage an die Stadt Barcelona erschaffen.
Für mich ist "Die Tränen der Welt" ein absolut lesenswerter Roman, den ich gerne weiterempfehle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2021

Norwegens berühmter Cold Case bekommt eine Geschichte

Das letzte Bild
0

Als 1970 im Isdal, in der Nähe von Bergen eine unbekannte Tote aufgefunden wird, stehen die örtlichen Ermittlungsbehörden vor einem Rätsel. Zwar gibt es Indizien und Beweise, nichts davon reicht allerdings ...

Als 1970 im Isdal, in der Nähe von Bergen eine unbekannte Tote aufgefunden wird, stehen die örtlichen Ermittlungsbehörden vor einem Rätsel. Zwar gibt es Indizien und Beweise, nichts davon reicht allerdings aus, um die näheren Umstände des Todes, geschweige denn die Identität der Frau zu klären. Auch moderne Analysemethoden liefern im Laufe der nachfolgenden Jahrzehnte nur begrenzte Informationen. Inzwischen handelt es sich um einen waschechten Cold Case, denn auch heute noch, Rund 50 Jahre später, hat die als "Isdal-Frau" bekannt gewordene Tote, weder Name, noch Geschichte.

Mit ihrem neuen Roman "Das letzte Bild", erschienen am 20.08.2021 im dtv Verlag, hat Autorin Anja Jonuleit dieser berühmten Unbekannten nun endlich eine Vergangenheit geschenkt und eine Familie, zu der sie nach all den Jahren heimkehren kann. Durch herausragende Recherchearbeit, viel Hingabe zum Detail und literarischer Raffinesse ist hier ein wunderbarer Roman entstanden, der es versteht seine Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln.

Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive zweier Frauen. Zum einen ist da Eva, die in der Gegenwart auf unerwartete Weise mit dem Fall konfrontiert wird. Bei dem allmorgendlichen Gang zum Bäcker, blickt ihr auf einmal ihr eigenes Gesicht aus einer Tageszeitung entgegen. Doch ein genauerer Blick auf die Schlagzeile verrät ihr, dass es sich bei der abgebildeten Frau um eine unbekannte Tote handelt, die man Anfang der 70er Jahre in einem abgelegenen Tal Norwegens gefunden hat: Die Isdal-Frau. Wie hypnotisiert von dem Abbild, das ihr und dem ihrer Mutter in jungen Jahren so gleicht, beschließt sie, ebendiese aufzusuchen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Und der Schock könnte für Eva kaum größer sein sein, als sie von der Zwillingsschwester erfährt, die ihre Mutter in den Wirren des zweiten Weltkrieges für immer verloren hat.

Während Eva also keine andere Wahl hat, als selbst nach Norwegen zu Reisen, um das unglückliche Schicksal ihrer Tante Margarete zu ergründen, erfahren wir aus der Perspektive Margaretes, was mit ihr geschah, nachdem sie von ihrer Familie getrennt wurde. Diesen Verlust nie überwindend, begibt sich Marguerite (wie sie inzwischen genannt wird) zeitlebens auf die mäandernde Suche nach den Orten ihrer Kindheit, in der vagen Hoffnung irgendeinen Hinweis auf den Verbleib von Mutter und Schwester zu finden. Ihre Bemühungen führen sie quer durch Europa und schlussendlich nach Norwegen, nichts ahnend dass sie mit ihren privaten Nachforschungen in ein Wespennest sticht, das sie alles kosten wird.

Das Spannende an diesem Roman war, wie ich finde, dass das Ende bereits zu Beginn feststand. Der Leser weiß, dass die Geschichte darauf zusteuert, dass Marguerite irgendwann als Tote im Isdal endet. Es geht also einzig und allein um den Lebensweg, der sie dorthin geführt hat und es war genau das, was mich an jede Zeile, jedes Wort und jeden Buchstaben gebunden hat. Sich von der Geschichte loszureißen wurde immer schwerer, je näher ich dem Ende kam.
Der Perspektivwechsel zwischen Eva und Margeruite hat ebenfalls einen großen Beitrag zur Spannung geleistet. Dadurch, dass man die Geschichte auf diesen zwei Zeitebenen erlebt, entwickelt sich eine unglaublich packende Dynamik bei der Auflösung des Falls. Aus Marguerites Sicht, die natürlich nicht weiß, was sie eines Tages erwarten wird, nähert man sich den Ereignissen im Isdal in chronologischer Reihenfolge. Ein Hindernislauf, bei dem man die Ziellinie schon am Horizont erkennen kann. Evas Recherchen in dem Fall hingegen entsprechen einer klassischen Ermittlung; ein Puzzle mit Teilen, die einfach nicht richtig zusammen passen wollen, bis der große Durchbruch kommt.

Natürlich macht aber die spannende Idee allein keinen tollen Roman aus. Der Schreibstil muss die Idee auch tragen können, sodass die Geschichte in den Gedanken des Lesers zum Leben erweckt werden kann. Anja Jonuleit hat mich hier keines Wegs enttäuscht. Ihr Schreibstil ist lebendig, mitreißend und lässt einen guten Lesefluss zu. Bei mir hat es nur wenige Seiten gebraucht, damit ich voll und ganz in der Geschichte eintauchen konnte.

Zur Handlung will ich gar nicht mehr sagen, als das was oben schon steht. Ich war vorab sehr gespannt, wie es der Autorin gelungen ist, diesen realen Fall so auszugestalten, dass die Geschichte am Ende nicht nur Sinn ergibt, sondern mir als Leserin auch glaubhaft erscheint. Jetzt im Nachhinein hat es für meine Begriffe mehr als gut funktioniert. Beim Lesen kommt man nicht drum herum, die unzähligen Details wahrzunehmen, die diesen Fall begleiten; angefangen mit den nicht zu einanderpassenden Tatumständen und Indizien, bis hin zu den verworrenen Aussagen von Zeugen. Da habe ich schon angefangen mich zu fragen, wie das Verhältnis zwischen Wahrheit und Fiktion in dieser Geschichte ist. Hierzu war das Nachwort der Autorin sehr aufschlussreich, in dem sie darlegt, wie ihre Recherchearbeit abgelaufen ist und wie sie sich diesem Fall von erzählerischer Seite aus genähert hat. Ich bin nach wie vor schwer beeindruckt, wie Frau Jonuleit es geschafft hat, so schlüssige Erklärungen für Hinweise zu konstruieren (die so auch in den original Ermittungsakten hinterlegt sind), die nicht einmal auf den zweiten oder dritten Blick Sinn zu ergeben scheinen.
Diese Gewissenhaftigkeit und Hingabe bei der Recherche spiegelt sich im ganzen Roman wieder.

Anja Jonuleit ist hier ein richtiges Kunststück geglückt. Natürlich ist und bleibt die Handlung fiktiv und doch hat die Autorin es geschafft mich glauben zu lassen, dass es der Isdal-Frau genauso ergangen sein könnte. Sie hat der anonymen Toten eine Geschichte gegeben.

Für mich ist "Das letzte Bild" definitiv ein Jahreshighlight und verdient daher alle Sternchen, die es zu vergeben gibt. Eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.08.2021

Lasst euch von Ruby's & Beau's Liebesglück bezaubern

Drei Worte
0

"Kisses in London: Drei Worte" ist der Auftaktband zur neuen Romanreihe aus der Feder von Autorin Franziska Erhard. Die Handlung ist in sich abgeschlossen und kann alleinstehend gelesen werden.
Mir hat ...

"Kisses in London: Drei Worte" ist der Auftaktband zur neuen Romanreihe aus der Feder von Autorin Franziska Erhard. Die Handlung ist in sich abgeschlossen und kann alleinstehend gelesen werden.
Mir hat das Buch sehr gefallen. Es ist eine Geschichte ganz im Stil einer romantische Komödie, lässt aber Raum für Tiefe, eine gute Message und viel Vorfreude auf die Fortsetzungen. Aber erst mal Step bei Step:

Es geht um Ruby, ein Stehaufmädchen durch und durch. Die Sorte Mensch, die aus den Zitronen des Lebens Limonade macht. Und das Leben hatte die ein oder andere Zitrone für sie im Petto. Nach einer bitteren Enttäuschung muss sie wieder auf die Beine finden und versucht ihr Glück in London. Und es sieht gar nicht schlecht für sie aus. Die bekannte Parfümerie in der sie seit langer Zeit mit Begeisterung und Aufopferung arbeitet, bietet alle zwei Jahre ein heiß begehrtes Traineeprogramm an und es ist Ruby's großes Ziel, einen der Plätze zu ergattern. Mit viel Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und einer ordentlichen Portion Rückenwind von ihren beiden Mitbewohnerinnen kommt sie ihrem Traum vom Programm einen riesen Schritt näher - und gerät promt ins Stolpern, als sie dem charismatischen Juniorchef Beau Rutherford höchstselbst gegenüber steht. Beau ist die Komplikation, die Ruby nicht vorausplanen konnte. Und eine hartnäckige Komplikation ist er, denn als Leiter des Programms, ist er nicht nur umfassend in die Abläufe involviert, als ein Mentor des Programms ausfällt, nimmt er auch noch dessen Platz ein. Von einem Tag auf den Anderen werden Ruby und Beau zu einem Team, müssen eng zusammenarbeiten und dürfen dabei keine Sekunde diesen Funkensturm, der sich zwischen ihnen zusammenbraut, Beachtung schenken. Das Unternehmen hat eine klare Regel, wenn es um Beziehungen zwischen Mitarbeitern geht: Sie sind strikt verboten. Für Ruby könnte das bedeuten, dass sie für den Traummann mit ihrem Traumjob bezahlen muss.
Welchen Weg wird sie einschlagen? Welchen Weg kann sie mit ihren Überzeugungen vereinbaren? Das dürft ihr dann gerne selbst beim Lesen herausfinden!

Wenn ich drei Worte aussuchen müsste, um dieses Buch zu beschreiben, wären es wohl "emotional - authentisch - hinreißend". Der Schreibstil macht es ungemein leicht in das Buch einzutauchen. Es gibt immer wieder längere Textpassagen, die durch die Erzählung von Erinnerungen oder Beschreibungen von Situationen gefüllt sind. Anstatt aber die Handlung unangenehm in die Länge zu ziehen, sorgen diese bildhaften Ausführungen dafür, dass beim Lesen ein richtiger Film vor dem inneren Augen entstehen kann. Dem Leser wird hier eine tolle Chance geboten, sich einfach mal aus dem Alltag wegzuträumen und sich von der Handlung mitreißen zu lassen.
Durch die Ich-Perspektive, die den Leser durch das Buch begleitet, lernt man besonders Ruby auf eine sehr umfassende Art kennen. Sie ist eine starke Frau mit Überzeugungen und Zielen, für die sie mit Begeisterung alles zu geben bereit ist. Mir hat sehr imponiert, dass sie sich zu keiner Zeit verbiegen ließ, nur um in ein Bild zu passen, das andere Leute ihr zugedacht haben. Je besser man sie kennenlernt, desto eher versteht man ihre Art zu Denken und Fühlen. Als Protagonistin bleibt sie stets nahbar für den Leser.
Mit Beau hat sie ihr perfektes Gegenstück erhalten. Was mir sehr gefallen hat, war dass die Autorin nicht die gängigen "Boss-Klischees" ausgepackt, sondern Beau zu einem echten Charakter geformt hat. Er ist ein Mann mit Prinzipien und wird im Unternehmen nicht respekiert weil er skrupellos, sondern aufmerksam und freundlich ist, seine Mitarbeiter schätzt und auch mal um die Ecke denken kann. Man kann ihn einfach nicht nicht mögen.
Auch die begleitenden Figuren sind lebendig gezeichnet und eine wunderbare Ergänzung für die Geschichte. Sie sorgen für den entscheidenden Feel-Good-Faktor beim Lesen.

Bei Liebesromanen ist der Handlungsverlauf bis zu einem gewissen Punkt immer ein bisschen vorhersehbar. Dennoch schafft es Franziska Erhard immer wieder mit überraschenden Wendungen, Szenen und Dialogen den Spannungsbogen auf Kurs zu halten. So wird es nie wirklich langweilig. Auch ist die Liebesgeschichte von Ruby und Beau nicht platt und/oder oberflächlich, sondern besticht durch viel Gefühl und Substanz.


Insgesamt war es die Mischung aus all diesen Faktoren, die dafür gesorgt hat, dass ich - erstmal angefangen - das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Es waren ein Paar wunderbare Lesestunden und allein dafür verdient "Kisses in London: Drei Worte" unbedingt die Leseempfehlung. Für mich war es das erste Franziska Erhard - Buch und es wird bestimmt nicht das Letzte sein. Ich kann es nämlich jetzt schon nicht erwarten, den zweiten Teil der Reihe in die Finger zu bekommen. In dem Teil wird dann eine ihrer Mitbewohnerinnen ihr Liebesglück finden.

Veröffentlicht am 08.08.2021

Gegen die Liebe helfen keine Maßnahmen

From Lockdown to Love
0

Mit "From Lockdown to Love: Liebe gegen jede Inzidenz" ist am 23.06.2021 der Debüt-Roman des Autorin-Pseudonyms Katlyn S. Coen erschienen und hinsichtlich des Themas, hat sie eine mutige Wahl getroffen: ...

Mit "From Lockdown to Love: Liebe gegen jede Inzidenz" ist am 23.06.2021 der Debüt-Roman des Autorin-Pseudonyms Katlyn S. Coen erschienen und hinsichtlich des Themas, hat sie eine mutige Wahl getroffen: Ein New-Adult Liebesroman mit Schwerpunkt auf dem Pandemie-Geschehen rund um Covid-19.
'Kann das gut gehen?' fragt man sich (zurecht), denn Corona hängt den allermeisten inzwischen wohl zum Hals heraus. Aber ich sage klar: Es kann!

"From Lockdown to Love" ist ein wirklich unterhaltsames Buch, das nicht nur für reichlich schöne Lesestunden sorgt, sondern sich auch hinreichend sensibel einem wirklich schwierigen Thema widmet und den Leser zum Mitdenken animiert.

Es geht um Runa und Talvi, die ihr Dasein als Studenten im Lockdown fristen und sehr unterschiedliche Ansichten haben, was die Corona-Krankheit und die damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen betrifft.
Nach dem langersehnten Besuch im Piercing-Studio macht Runa die unschöne Bekannschaft mit dem Straßenbelag vor der Studiotür und es ist ausgerechnet der unverschämt attraktive Talvi, der ihr wieder auf die Beine hilft. Aber Talvi ist nur auf den ersten Blick ihr "Retter in der Not", denn der junge Mann hält so gar nichts von Masken Tragen und Abstand halten. Eine Situation mit der Runa so gar nicht umzugehen weiß. In ihrer Familie ist nämlich ein regelrechter Konkurrenzkampf ausgebrochen, wer sich am besten an die Corona-Regeln hält.
Schnell ist ihr klar, sie sollte sich von diesem Covidioten fern halten. Doch bekannterweise ist gesagt manchmal leichter als getan und so kommen sich Runa und Talvi immer näher, bis ein einschneidendes Erlebnis darüber entscheidet, wie es mit ihnen weitergehen wird.

Autorin Katlyn S. Coen hat einen wirklich angenehmen, flüssigen Schreibstil, der einen leicht durch die Geschichte führt. Mir persönlich waren die vielen "verniedlichenden" Kosenamen in Runa's Familie ein bisschen zu viel des Guten, aber das ist natürlich sehr subjektives Empfinden. Es hat trotzdem gut in die Geschichte gepasst und irgendwann gewöhnt man sich daran.
Die Dialoge, besonders die zwischen Talvi und Runa, haben mir gut gefallen. Ihre Kabbeleien waren immer charmant zu lesen und konnten mich auch des Öfteren zum Schmunzeln bringen. Gleichzeitig hat man schnell gemerkt, dass sich die Autorin viel Zeit für die Recherche und die Auseinandersetzung mit dem Thema Corona und Maßnahmen genommen hat. So sind viele der Argumente, die zwischen Talvi und Runa ausgetauscht werden, sehr nachvollziehbar dargestellt und auch keineswegs aus der Luft gegriffen.
Was mir zu Beginn im Hinblick auf dieses Buch wichtig war ist, dass die Autorin nicht versucht den Leser in die eine oder andere Richtung zu schubsen, mit dem was ihre Protagonisten sagen. Das ist ihr für meine Begriffe auch gut gelungen. Talvi ist (zum Glück) kein Querdenker, sondern hat einfach eine sehr kritische Herangehensweise an das Thema Corona, hat aber auch stets eine Begründung für seine Aussagen im Petto. So muss Runa mit der Zeit auch lernen, dass unkritisches Annehmen aller Empfehlungen und Maßnahmen durchaus nach hinten losgehen kann. Als Leserin habe ich mich ebenso dazu angespornt gefühlt, meine Haltung zu dem ganzen Thema stärker zu reflektieren. Insgesamt hat mir Katlyn S. Coens Umgang mit dem Corona Thema also gut gefallen. Leider hat dann das Ende für mich persönlich zu viel Meinungslenkende Faktoren beinhaltet, aber das ist eine Einschätzung, die jeder für sich beim Lesen treffen muss.
Ohne zu viel vorweg zu nehmen, muss ich aber sagen, dass der Schluss, so wie er umgesetzt wurde, ein toller Einfall war!

Ganz besonders gelungen sind die Charaktere. Zu Talvi und Runa will ich nicht zu viel sagen, aber es war spannend zu verfolgen, wie sie einander besser kennenlernen und wie sich ihr Umgang miteinander entwickelt hat. Man lernt im Laufe der Geschichte natürlich auch ihre Familien kennen, wobei Runas Familie definitv stärker im Fokus steht. Obwohl sie teilweise durch den empfindlichen Umgang mit den Corona-Auflagen etwas hysterisch und extrem rüberkommt, zeigt sich doch schnell, dass jeder von ihnen das Herz am rechten Fleck hat. So ist Runas Vater Risikopatient und verbringt seinen Lockdown-Alltag mit der Schnäppchenjagt im Supermarkt, ihre Mutter ist als Lehrerin hin und her gerissen zwischen Social Distancing und ihrer Verpflichtung zu Unterrichten und die Oma hat nur noch ihre Katzen und weiß nicht mehr, welchen Maßnahmen sie nachkommen soll und welchen nicht. Dann gibt es da noch die Tante, die jede Maßnahme in ihr eigenes Extrem treibt, aus schierer Panik sich und ihre Liebsten anzustecken. Ich schätze die meisten "Lockdown-Persönlichkeiten", die man in den letzten Monaten so kennenlernen konnte, sind auf die ein oder andere Weise vertreten.

Handlungs-technisch steht selbstverständlich die Geschichte zwischen Runa und Talvi im Mittelpunkt. Es finden aber auch immer wieder Situationen ihren Weg in die Handlung, die während dieser Zahlreichen Corona-Monate immer mal wieder Thema geworden sind. Von harmlosen Alltagsunterhaltungen bis zu gefährlichen und dramatischen Szenen, erleben auch Runa und Talvi allerhand. Und wie es am Ende mit ihnen ausgeht, muss dann jeder für sich lesen.

Fazit: Insgesamt war "From Lockdown to Love" für mich ein tolles Buch, das mit der Handlung und seinen Charakteren überzeugen konnte. Dass man "schon wieder mit Corona konfrontiert wird" ist für mich überhaupt kein Grund, es nicht zu lesen. Denn abgesehen davon, dass man selbst zum nachdenken animiert wird, ist es beinahe als würde man die letzten Monate mit all ihren Sonderbarkeiten fast beiläufig Revue passieren lassen.
"Ah, die Situation kenn ich" - Momente sind keine Seltenheit.
Auch verdient die Autorin meines Erachtens die Anerkennung dafür, sich an dieses heikle Thema herangetraut und daraus eine so schöne Liebesgeschichte gemacht zu haben. Von mir gibt es daher eine klare Lesempfehlung.