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Veröffentlicht am 16.02.2020

Ein echt authentisches Dilemma! :)

Helsin Apelsin und der Spinner
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„Helsin Apelsin und der Spinner“ erzählt von einer hyperaktiven Zweitklässlerin, die in bestimmten Situationen zu extremen Wutausbrüchen neigt, womit sich ihr Umfeld aber recht gut arrangiert hat. Auch ...

„Helsin Apelsin und der Spinner“ erzählt von einer hyperaktiven Zweitklässlerin, die in bestimmten Situationen zu extremen Wutausbrüchen neigt, womit sich ihr Umfeld aber recht gut arrangiert hat. Auch ihre Klasse ist auf den Umgang mit Helsins „Spinnern“, wie sie Helsins Ausfälle bezeichnen, „geschult“ und für ihre Klassenkamerden ist Helsin letztlich eine ganz normale 8Jährige, die in bestimmten Situationen halt mal austickt; insgesamt ist „Helsin Apelsin und der Spinner“ da sehr inklusiv und verständnisvoll. Als allerdings Louis neu zur Klasse stößt und in der Vorstellungsrunde einen gemurmelten Witz über Helsins Vornamen macht, gerät alles ein wenig durcheinander: Helsin kann Louis auf Anhieb nicht ausstehen, womit sie allerdings alleine ist; auch ihr bis dahin bester Freund Tom freundet sich zu ihrem Unbill rasch mit Louis an und Helsin begibt sich quasi rachelüstern in eine Art Schmollwinkel.
„Helsin Apelsin und der Spinner“ erzählt ab hier vornehmlich die Geschichte von Veränderungen, mit denen umgegangen werden muss, von neuen Arrangements, auch von entstehenden Konflikten, die sich in diesem Fall für Helsin, die als absolut zentrale Figur fungiert, auftun und die sie in Gewissensnöte stürzen, aber auch für vor sie schwierige Herausforderungen stellen…

Ich war zwar durchaus optimistisch gestimmt, als ich mit der Lektüre begann, hatte aber zugleich die leichte Befürchtung, dass die Geschichte ins Klamaukige abgleiten könnte, aber dem war absolut nicht so: Letztlich las sich „Helsin Apelsin und der Spinner“ wie ein Kindheitsabenteuer, das sich so oder zumindest so ähnlich tatsächlich zutragen könnte. Da sind viele Themen angesprochen, mit denen Kinder sich häufig auseinandersetzen müssen (Freundschaft, Courage, Hilfsbereitschaft, Vergebung…), und zwar auf eine Art und Weise erzählt, die einfach Spaß macht. Positiv fand ich auch, dass sich Helsins Probleme nicht einfach in Luft auflösen, sondern sie sich aktiv mit ihnen auseinandersetzen muss, was der ganzen Erzählung wiederum eine gewisse Grundspannung verleiht.

Empfohlen wird dieses Buch ab 8 Jahren und generell ist es wohl auch ein tolle Lektüre für das erste richtig flüssige Selberlesen, aber ich sehe die Geschichte durchaus auch schon als für jüngere Kinder geeignet; mein Patenkind wird nun im kommenden Monat sechs Jahre alt und im Sommer eingeschult; ich würde mich nicht scheuen, ihm auch heute schon aus „Helsin Apelsin und der Spinner“ vorzulesen. Zudem würde ich mich freuen, gäbe es gar weitere Helsin-Geschichten – denn Helsin war für mich ein wenig auch wie eine zeitgenösse, weibliche Version von Michel aus Lönneberga. „Helsin Apelsin und der Spinner“ ist da definitiv ein Kinderbuch, das ich sehr gerne weiterempfehle!


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 01.02.2020

Bedrückend.

Rückkehr nach Birkenau
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Vor über 20 Jahren war es mir vergönnt, Fred Schwarz, einen Holocaust-Überlebenden und als solcher Autor der Autobiografie „Züge auf falschem Gleis“ (ebenfalls sehr lesenswert!), kennenlernen zu dürfen, ...

Vor über 20 Jahren war es mir vergönnt, Fred Schwarz, einen Holocaust-Überlebenden und als solcher Autor der Autobiografie „Züge auf falschem Gleis“ (ebenfalls sehr lesenswert!), kennenlernen zu dürfen, wobei diese Begegnung auch heute noch in mir widerhallt, zumal er sehr, sehr offen von seinen Erfahrungen berichtete. Auch Fred Schwarz war letztlich nach Auschwitz-Birkenau gebracht worden und nachdem ich seine Autobiografie nun auch schon kannte und seit unserem Aufeinandertreffen tatsächlich bereits wiederholt gelesen habe, war mir damit ja bereits eine männliche Perspektive vertraut und da war ich nun, auch völlig unabhängig des Gedenktags zur Befreiung Auschwitz‘ , doch neugierig, wie ein weibliches Opfer die damaligen Geschehnisse und Verhältnisse im Lager, eben grad auch in den Baracken, in denen die Frauen untergebracht waren, aus eben seiner Sicht schildern würde.
An „Rückkehr nach Birkenau“ hat mich zunächst der doch eher geringe Umfang verblüfft; als mein eReader mir prompt deutlich unter einer Stunde voraussichtliche Lesezeit anzeigte, überlegte ich schon, ob mein eBook womöglich nur unvollständig sei – ich bin zwar durchaus in Schnellleser, aber die Anzeige erschien mir da zunächst doch seltsam. Sie war allerdings korrekt.
Im Vergleich war „Züge auf falschem Gleis“ da doch ein ziemlicher Schinken gewesen, aber wie gesagt: das Erscheinen jener Autobiografie ist inzwischen knapp über 20 Jahre her; Fred Schwarz dürfte kaum älter und auch kaum jünger als Ginette Kolinka gewesen sein, als er und vermutlich eben auch sie in Birkenau interniert waren; und mir ist aufgefallen, dass Ginette Kolinka an mehreren Stellen erwähnte, dass sie an dieses oder jenes keine Erinnerung mehr habe, während Fred Schwarz in seinem Buch generell sehr detailliert berichtete. Da habe ich dann nun doch überlegt, ob dieser Unterschied in der vergangenen Zeit begründet liegt, ob Frau Kolinka Ende der 90er eben auch noch mehr von damals im Bewusstsein hatte, oder ob sich bei ihr nun generell längst eine Art verdrängender Schutzmechanismus ausgebildet hatte, der sie sich gewisse Traumata nicht weiter ins Gedächtnis rufen ließ.

Im Falle von „Rückkehr nach Birkenau“ fand ich den Aufbau nun allerdings leicht sonderlich; Ginette Kolinkas Bericht ist achronologisch: Zu Beginn des Büchleins befindet sie sich bereits in Gefangenschaft und auf dem Weg ins KZ (auch wenn ihr das erst später bewusst wird), erst später gibt es einen relativ abrupten Zeitsprung zurück zum Zeitpunkt der Verhaftung, der so plötzlich kam, dass ich kurz verdattert war, wieso sie plötzlich so einfach aus dem Lager entlassen worden sein sollte, ehe ich eben realisierte, dass ich grad von der ursprünglichen Verhaftung las und auch die Zeit nach der Befreiung wird eher beiläufig; Vieles erfährt man eher zwischen den Zeilen; erwähnt. Letztlich wird nur auf den Fakt, dass sie sich nach Jahrzehnten bereiterklärt hat, Schüler zur heutigen Gedenkstätte zu begleiten, genauer hingewiesen – da sie diesen ersten Besuch als völlig surreal empfand und sich immer noch mit der gegenwärtigen Situation schwertut, da das Gelände heute so „sauber und still“ sei, dass das so klar nicht das Auschwitz sei, das sie erlebt hatte, und was dereinst völlig isoliert und abgeschottet da lag, grenzte nun an ein Wohngebiet, in dem Kinder fröhlich spielten. Das fand ich einen sehr wichtigen Punkt: Unsere späteren Generationen sind nun häufig völlig erschüttert, wenn wir nur schon die in Gedenkstätten umgewandelten Konzentrations- und Arbeitslager besuchen, die uns das Grauen verdeutlichen sollen, ohne dass sie uns tatsächlich auch nur annähernd das damalige Martyrium der Inhaftierten widerspiegeln können…
„Rückkehr nach Birkenau“ als Haupttitel ist angesichts des Inhalts eher ein wenig verfehlt; tatsächlich konzentriert sich die Geschichte sehr stark auf Ginette Kolinkas Leben in Birkenau, da ist der Untertitel „Wie ich überlebt habe“ weitaus treffender und noch passender wäre wohl nur noch „Dass ich das überlebt habe!“
Natürlich ist dieser persönliche Erfahrungsbericht zutiefst erschütternd, wer würde angesichts der Thematik auch Anderes erwartet haben? Generell fand ich diese weibliche Perspektive nun auch eine hervorragende Ergänzung zur männlichen Perspektive, die Fred Schwarz mir bereits geboten hatte; bestimmt werde ich auch „Rückkehr nach Birkenau“, wider das Vergessen, noch ein ums andere Mal lesen und ich gebe ehrlich zu: So manches Mal war ich auch froh, wenn Ginette Kolinka einräumte, sie könne sich an bestimmte Begebenheiten nicht weiter erinnern, wenn eine solche Schilderung ganz bestimmt alles Andere als erleichternd gewesen wäre.
Letztlich ziehe ich einen Stern in der Gesamtwertung ab, da mich zwischendrin eben der zeitliche Ablauf doch kurz sehr irritiert hat, würde diese Lektüre aber definitiv dennoch jedem dringend ans Herz legen!



[{Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalleyDE, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 29.01.2020

Was sollte das denn sein?!

Draussen
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Ich bin kein treuer, aber doch sporadischer Leser der Kluftinger-Krimis und mit einem Thriller hat man mich schnell angelockt. Nachdem ich mir den Beginn dieses Romans als Leseprobe zu Gemüte geführt hatte, ...

Ich bin kein treuer, aber doch sporadischer Leser der Kluftinger-Krimis und mit einem Thriller hat man mich schnell angelockt. Nachdem ich mir den Beginn dieses Romans als Leseprobe zu Gemüte geführt hatte, war ich auch schnell gefesselt. Ein Typ, der sich mit fremden Kindern als Outlaws durchschlägt und komplett unter dem Radar agiert, und die Kinder mehr oder weniger zu Kampfmaschinen, die als Hardcore-Prepper leben, ausbildet, da sie sich in steter Lebensgefahr befinden sollen: Da bildete sich über meinem Kopf doch prompt ein „Warum?“-Fragezeichen.
Parallel findet man bald darauf übrigens immer mal wieder, auch durchaus längere, Einschübe, die von einem Fremdenlegionär berichten sowie Szenen, in denen Wirtschaft und Politik miteinander techtelmechteln… diese Kombination erschien sehr seltsam und eben auch arg zusammenhanglos; das Ganze hatte für mich schnell etwas von Verschwörung, bei dem entflohene Mutanten oder gejagt werden, auf dass man weiter mit ihnen herumexperimentieren kann. Oder wasauchimmer tun.

Eingangs war ich noch sehr begeistert, den „Prepperteil“, wenn man es denn so nennen will, fand ich ungemein spannend, aber später nahm meine Begeisterung Seite für Seite mehr ab, bis ich letztlich gar kurz davor stand, die Lektüre abzubrechen. Denn vor Allem, als der Fremdenlegionär und die Regierung mehr von der Handlung zu beanspruchen begannen, wurde „Draußen“ für mich derart absurd, dass ich tatsächlich überlegte, ob dieser Thriller überhaupt ernst oder nicht doch eher als Satire gemeint war? Nach der ersten Hälfte von „Draußen“ war ich mir auch sicher, dass das Autorenduo künftig von weiteren Thrillern besser Abstand halten sollte – und wollte eigentlich nur noch wissen, wie zum Geier der Plot sich denn noch glaubwürdig zusammenfügen sollte. Ähm ja, gar nicht.
Das war die albernste „Auflösung“, die ich bis heute je gelesen habe, und die für mich auch absolut keinen Sinn ergab: Die Hintergrundgeschichte hatte sich am anderen Ende der Welt abgespielt, als die jetzigen Jugendlichen noch Kinder gewesen waren… wie konnte sich da denn irgendwer noch von denen bedroht fühlen? Zumal erstmal gar niemand davon wusste, dass es da immer noch diese zwei Kinder gegeben hatte?! Und wieso war Stephan mit den Beiden ausgerechnet nach Deutschland gekommen, wenn er doch davon ausging, dass sie vor Allem da in Lebensgefahr schweben würden?! Zum Vergleich (um nicht das Ende zu spoilern): Wenn mich Stürme verängstigen, ziehe ich doch nun auch nicht von der Schweiz aus in einen US-Bundesstaat, der regelmäßig von Hurricanes heimgesucht wird, um denen näher zu kommen? Zugegeben, ein wenig hinkt dieser Vergleich, aber da hinkt die Auflösung wenigstens nicht länger alleine…


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalleyDE, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

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Veröffentlicht am 21.12.2019

Das wunderschönste Kochbuch, das ich bislang je in den Händen hielt!

Weihnachten in Amsterdam
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Wenn ich mir die bisherigen Rezensionen zu „Weihnachten in Amsterdam“ ansehe, komme ich mir doch wie ein relativer Außenseiter vor, denn ich fand dieses Buch im Großen und Ganzen absolut großartig, auch ...

Wenn ich mir die bisherigen Rezensionen zu „Weihnachten in Amsterdam“ ansehe, komme ich mir doch wie ein relativer Außenseiter vor, denn ich fand dieses Buch im Großen und Ganzen absolut großartig, auch wenn ich nicht weiß, ob „Winter in Amsterdam“ nicht der passendere Titel gewesen wäre. Denn Weihnachten ist zwar der Mittelpunkt, auf den hin alles zuläuft und da gibt es einige mehr oder minder (je nachdem, ob man z.B. selbst der alleinige Ausrichter der Weihnachtsfeierlichkeiten ist) praktikable Tipps, wie man sich zeittechnisch besser aufstellen könnte, aber es sind auch genügend Rezepte enthalten, die einen über den ganzen Winter bringen können. ;)
Meiner Meinung nach sind die Rezepte auch eher rein winterlich und nicht gewollt auf weihnachtlich getrimmt; insgesamt eine schöne Entsprechung zum klassischen „Sonntagsbratenmahl“; für den Alltag finde ich sie mitunter dann halt doch zu festlich und einfach too much.

Einiges habe ich bereits nachgekocht bzw. nachgebacken und Einiges habe ich schon noch fest eingeplant; ich sehe mich jetzt nicht als die große Köchin an. Ehrlich gesagt, habe ich damit erst vor drei Jahren „richtig“ angefangen, als ich auf den Termin für eine Herz-OP wartete und nix groß tun konnte. Da erst ist Kochen zu einer Art Beschäftigungstherapie für mich geworden, aus der sich dann ein echtes Hobby entwickelt hat. Aber ich habe bis heute nie sowas „Gutbürgerliches“ wie einen Schmorbraten oder Ähnliches zubereitet; doch die Rezepte in „Weihnachten in Amsterdam“ fand ich nun allesamt nicht so kompliziert. Weniges muss ich auslassen bzw. variieren, weil es bestimmte Dinge in unserem Haushalt nicht gibt oder auch bestimmte Sachen hier in den Läden nicht aufzutreiben sind und nicht so einfach ersetzt werden können (im Gegenteil z.B. zum Alkohol, mit dem ich äußerst selten und für die ganze Familie schonmal nie koche, da die Hälfte der Sippschaft Alkohol strikt ablehnt), wobei ich da wohl schon recht gut aufgestellt bin. Wenn ich in anderen Rezensionen lese, dass bemängelt wird, dass es zu viele ungewöhnliche Zutaten in den Rezepten gäbe… ehrlich gesagt, war ich ja hingegen positiv überrascht, dass hier nur wenige exotische Zutaten erforderlich sind. Oder ist das Ladenangebot hier in der Schweiz einfach nur sehr viel ähnlicher dem niederländischen Sortiment?
Ich fand die Rezepte bislang auch nie sonderlich kompliziert; diverse Gerichte waren zugegeben zwar deutlich zeitaufwändiger in der Zubereitung, aber schwierig waren sie eigentlich nie.

Dazu ist die Aufmachung des Buchs wunderwunderschön; ich glaube, bislang ist mir kein schöner gestaltetes Kochbuch untergekommen; in der Hinsicht gerate ich wirklich ins Schwärmen, aber vonwegen „Weihnachten in Amsterdam“: Da hätte ich es nur noch schöner gefunden, wenn man vielleicht auch diverse Amsterdamer Familien zu Wort hätte kommen lassen, wie genau denn Weihnachten bei ihnen zuhause abläuft.

Insgesamt erfreue ich mich aber sehr an diesem Kochbuch und würde es durchaus auch an andere begeisterte Hobbyköche und –köchinnen in meinem Umfeld weiterverschenken/weiterempfehlen, wobei ich Letzteres schon mehrmals getan habe. :)

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Veröffentlicht am 18.11.2019

In der Kürze läge mehr Würze

Das Geheimnis von Shadowbrook
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„Das Geheimnis von Shadowbrook“ erinnerte mich eingangs von der Atmosphäre und dem Stil her ein wenig an DuMauriers „Rebecca“, wobei sich der Roman recht schnell mehr in Richtung des Thrills aus „Schrei ...

„Das Geheimnis von Shadowbrook“ erinnerte mich eingangs von der Atmosphäre und dem Stil her ein wenig an DuMauriers „Rebecca“, wobei sich der Roman recht schnell mehr in Richtung des Thrills aus „Schrei in der Nacht“ von Mary Higgins Clark bewegte, wobei ich diese beiden Romanen sehr schätze: Sie zählen eindeutig zu meinen literarischen Dauerfavoriten – so hatte ich dann auch recht schnell sehr hohe Erwartungen, was „Das Geheimnis von Shadowbrook“ anging.
Letztlich habe ich es als gutes Buch empfunden, auch wenn es sich nicht in die Reihe besagter Dauerfavoriten einreihen konnte: Ich hatte auf eine klare 5-Lektüre spekuliert, erhalten habe ich eine –für mich- glatte 4-Geschichte.

Eingangs fand ich Clara einen sehr einzigartigen, spannenden Charakter; durch die Glasknochenkrankheit war sie eigentlich fast vollständig inhäusig aufgewachsen, so dass sie kaum in Berührung mit der Außenwelt kam und auch nicht „klassisch“ sozialisiert wurde, da sich ihre Kontakte eben sehr auf die Personen in ihrem nächsten Umfeld beschränkten, die sie krankheitsbedingt buchstäblich in Watte packten. Claras erste Ausflüge vor die eigene Haustür ließen mich an eine Touristin denken, die unvorbereitet, aber neugierig, eine ihr völlig fremde Kultur entdeckt. Dabei scheint Clara auch nicht in den Zeitgeist zu passen; die Haupthandlung setzt kurz vor Beginn des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs ein und wäre Clara gesund gewesen, hätte man sie vermutlich bei den Suffragetten finden können: Sie scheint sehr modern, sehr selbstsicher, schon recht feministisch, was sicherlich auch daran liegt, dass sie als Kind und Jugendliche keine gesellschaftstypische Mann/Frau-Unterscheidung kennengelernt hat. Da sie zuhause allerdings das „Goldene Kind“ gewesen zu sein schien, um das sich alles drehte und dem man da quasi alles möglich zu machen versuchte, war ihr Konfliktpotential aber auch eher in die Richtung ausgeprägt, dass sie sich stur an sich selbst festbiss, bis die Gegenseite zermürbt war – ab einem gewissen Punkt fand ich Clara einfach nicht mehr herrlich selbstbewusst, sondern teils entnervend dickköpfig. Während ich anfangs noch bereit war sie aufgrund ihrer Art zu idolisieren, würde ich einen Charakter wie sie letztlich lieber nichtmals in meinem weiteren Umfeld gewusst haben. Irgendwann empfand ich sie als anstrengend distanzlos und hatte das Gefühl, dass sie zwar erkannte, aber absolut nicht respektierte, wenn sie einem Anderen zu sehr in dessen „persönlichen Tanzbereich“ eindrang. Teils war sie in meinen Augen also viel zu aufdringlich. Hauptsächlich hat dann auch die Figur der Clara den einen letzten Stern zur Höchstwertung für mich hinweggenommen, wozu auch beitrug, dass eingangs ständig die Intensität ihrer Krankheit hervorgehoben wurde, die damit einhergehenden Risiken, dass sie sich quasi ständig einen Knochen brach, wenn sie sich nur einmal um sich selbst drehte, aber spätestens ab ihrer Reise nach Shadowbrook war die Krankheit kaum mehr ein Problem und wurde nur noch einmal thematisch ordentlich verbraten; ansonsten war sie plötzlich nicht mehr gefährdet als Otto Normalverbraucher, der sich höchstens mal was aus Schusseligkeit raus verletzt. Das kam mir doch bald irgendwie spanisch vor.

Zudem war dafür, dass der Roman im Deutschen „Das Geheimnis von Shadowbrook“ heißt, jenes Geheimnis irgendwie hintergründig. Es sollte spuken, Clara war überzeugt, dass es keine Geister gibt und daher eine rationale Erklärung für die stattfindenden Phänomene geben müsse, aber zum Einen war der Spuk eher von der ganz simplen, langweiligen Sorte und zum Anderen war ich mir bald auch nicht mehr sicher, ob das Haus überhaupt noch ein Geheimnis in sich bergen würde – grad das letzte Viertel des Romans war dann doch eher zäh, wie ich fand; es zog sich sehr in die Länge und da fand ich die Auflösung schließlich auch reichlich unspektakulär. Für mich wurde da aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Das war enttäuschend, zumal die Mauern Shadowbrooks in der Geschichte des Hauses definitiv einige sehr krasse Dinge zwischen sich hatten stattfinden sehen. Insgesamt dennoch ein nettes Drama, das aber auch gut auf ein paar Seiten weniger hätte untergebracht werden können.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]