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Veröffentlicht am 14.11.2022

Äußerst interessanter Horror

Der Horror der frühen Chirurgie
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Der Titel dieses Sachbuchs ist ein wenig irreführend, denn wie sich bereits aus dem Klappentext beschreiben lässt, geht es hier vielmehr um den „Horror der frühen plastischen Chirurgie“, beginnend ab Anfang ...

Der Titel dieses Sachbuchs ist ein wenig irreführend, denn wie sich bereits aus dem Klappentext beschreiben lässt, geht es hier vielmehr um den „Horror der frühen plastischen Chirurgie“, beginnend ab Anfang des 20. Jahrhunderts, und dieser Teilbereich der Chirurgie bleibt auch bis zuletzt im Fokus. Das fand ich ein wenig schade, zumal es in den letzten 100 Jahren nun doch diverse krasse Weiterentwicklungen/Entdeckungen/Möglichkeiten im Bereich der Chirurgie (man denke nur an Organtransplantationen, oder simpler: inzwischen häufig minimal-invasive Eingriffe, die ambulant erfolgen können, wo früher noch ein großer Schnitt, gefolgt von zig Tagen Bettruhe, vonnöten war ) gab und ich mir doch gewünscht hätte, im Verlauf des Buchs auch etwas darüber zu lesen, wie die Allgemeinchirurgie vor 100 Jahren noch aussah.
Der Teil rund um die plastische Chirurgie war allerdings dennoch auch derjenige, der mein Interesse geweckt hatte: mein Urgroßvater, den ich noch kannte, hatte im Krieg ein Auge eingebüßt und bis ich auf die Leseprobe zu diesem Buch stieß, war seine Verletzung kein großes Thema und auch, wenn es mir durchaus aufgefallen war, hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, dass sein Gesicht bis ins hohe Alter hinein sehr glattgezogen und leicht wächsern wirkte bzw. dass eine Granate ihm gezielt das Auge hatte wegsplittern können, während sein Gesicht ansonsten unverletzt geblieben war. Da hat mich tatsächlich erst die Leseprobe „Mooooment!“ denken lassen und dass mein Uropa (der auch nie ein Glasauge oder Ähnliches besaß; er hatte an Stelle des eingebüßten Auges tatsächlich einfach nur eine tiefere Delle im Gesicht) wohl doch eher eine „Schönheits-OP“ durchlaufen hatte als dass er ein sauber, punktuell getroffenes Wunder war. Da war ich dann schon neugierig, zu erfahren, wie das früher wohl gelaufen war und wie sich das alles entwickelt hatte.
Jetzt bin ich in der Hinsicht definitiv schlauer; „Der Horror der frühen Medizin“ beschäftigt sich da auch sehr mit der Biografie Harold Gillies und kommt immer wieder auf diesen zurück; das hatte mich doch etwas überrascht, denn ich hatte eher erwartet, dass er hier eher als „grober Begründer“ gelten würde, dessen Ideen dann direkt von bereits spezialisierteren Ärzten und Organisationen weiterentwickelt worden wären. Ich kann es gar nicht begründen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er weiterhin so sehr involviert gewesen war und nicht einfach nur vom Schlachtfeld in Richtung Hospitäler in sicheren Gebieten: „Hey, man könnte ja mal probieren….“ vermeldet hatte.

„Der Horror der frühen Chirurgie“ scheut dabei keine Details, und ja, die sind manchmal schon sehr horrormäßig; leider, oder glücklicherweise, gibt es keine Bilder im Buch. Man kann sich die Dinge sehr genau vorstellen; also in der Hinsicht habe ich Fotos nicht so sehr vermisst, für mich war das mehr: „Hm, ein Foto wäre jetzt ganz nett. Vielleicht stelle ich mir das nun einfach nur zu extrem vor?“, gepaart mit der Angst, dass ich es mir doch noch viel zu harmlos vorstellen könnte und lieber keine Bilder sehen wollte.
Ich habe zugegeben an diesem Buch auch für meine Verhältnisse sehr lange gelesen, weil ich immer mal wieder dachte, dass es mir nun doch zu viel werden würde und ich erst ein paar Tage Pause vom Horror bräuchte. Horror-Romane kann ich definitiv sehr viel besser abhaken, aber dieses Sachbuch war mir da doch zu real, wobei ich mir unsicher bin, ob es mich ähnlich heftig verschreckt haben könnte, hätte ich während des Lesens nun nicht ständig meinen Uropa im Kopf gehabt und was man, ab Lazarett, wohl mit ihm angestellt hatte.
Ich fand das alles sehr interessant, aber man sollte sich schon im Klaren sein, dass der Titel hier nicht unbedingt eine Übertreibung ist – denn Schönheitschirurgie hin oder her: schön sind die Ausführungen hier wirklich eher rein gar nicht.

Veröffentlicht am 09.11.2022

Richtig böse - krasser Thrillerhorror!

Die Schatten über uns
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Wow… dies war das erste Mal, dass ich nach dem Lesen eines Buches; und ich habe in meinem Leben schon sehr viele Bücher gelesen; Alpträume hatte. „Die Schatten über uns“ erzählt in erster Linie die Geschichte ...

Wow… dies war das erste Mal, dass ich nach dem Lesen eines Buches; und ich habe in meinem Leben schon sehr viele Bücher gelesen; Alpträume hatte. „Die Schatten über uns“ erzählt in erster Linie die Geschichte Mias, die zusammen mit ihrem Mann ein altes leerstehendes Haus ersteigert, um endlich aus dem Anbau des schwiegerelterlichen Hauses auszuziehen, nicht zuletzt, da das Verhältnis zwischen ihrer Schwiegermutter und Mia sehr angespannt ist. Doch kaum können sie das Haus ihres nennen, entdecken sie versteckt auf dem Dachboden mehrere Koffer, welche die sterblichen Überreste von Kindern enthalten. (Das passiert schon am Anfang der Geschichte, und ich möchte nicht groß spoilern, finde es in diesem Fall aber aufgrund der Intensität des Romans und der Triggergefahr wichtig, im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass es hier um Kindermorde, und noch dazu um Serientaten, geht.) Mia belastet das alles sehr stark und sie hat das Gefühl, dass es ihr erst dann bessergehen wird, wenn die Hintergründe dieses Fundes geklärt werden konnten; und während sie sich bemüht, eine Verbindung zwischen ihrem Haus und den identifizierten Opfern herzustellen, deutet immer mehr daraufhin, dass sich der Serienkiller in ihrem direkten Umfeld befindet.

Die Perspektive wechselt hier häufig, neben Mia kommen auch ihr Mann, ihr Schwiegervater und ihre Schwiegermutter zu sprechen; ferner gibt es zwischendurch immer wieder Schübe, in denen Interviews oder Presseberichte zu den Vorkommnissen wiedergegeben werden. Die ganze Geschichte wird also von mehreren Seiten aus beleuchtet; die namentlich bekannten Ich-Erzähler haben alle einen gewissen Tunnelblick und da wird sehr deutlich, dass diese Vier auch untereinander, teils miteinander, Geheimnisse voreinander haben. Die ganze Atmosphäre ist sehr „sticky“ und unangenehm.
Weiterhin gibt es auch noch einen namentlich nicht genannten Erzähler, dessen Erzählstrang sich mehrere Jahrzehnte zuvor abspielt, und bei dem es sich ganz offensichtlich um das Kind handelt, das die in der Buchbeschreibung genannten Worte in die Fußleiste gekratzt hatte – das war ein bisschen unglücklich, denn in diesen Schilderungen kommt in der deutschen Übersetzung nun einmal ein einziges, sehr spezifisches Wort vor, das dem aufmerksam Lesenden die Auflösung verrät. Nicht den kompletten Schluss (der wird nämlich nochmal krasser), aber man wundert sich, sofern man diesen Begriff nicht überliest, hier nicht, wenn die Täterschaft „überraschend“ enthüllt wird.

Diese gesamte Szenerie ist letztlich so unglaublich, und alles wird gefühlt Seite um Seite nochmals krasser und ich bin mir nicht sicher, ob mir der Schluss bzw. der Epilog nicht doch auch schon ein bisschen zu viel Drama war; ich war im Vorfeld darauf eingestellt, dass ein John-Marrs-Thriller sicher extrem sein und mich an mehreren Stellen verblüffen könnte; „Die Schatten über uns“ ist ein bisschen wie die erst wirklich dunkle Version von Marrs‘ „The Good Samaritan“, oder auch von Ketchums „Evil“. Ich weiß, dass das komplett auf wahren Ereignissen basierende „Evil“ sehr viele Leserinnen zwar völlig gefesselt, aber auch total verstört, hat und viele mit bestimmten Szenen zu kämpfen hatten, die ich ganz gut weggesteckt habe, weil ich deren Schilderung gar nicht als so intensiv empfand (wobei ich zugegeben aber auch den zugrundeliegenden Kriminalfall vorher kannte und darum mit den entsprechenden Taten im Buch schon im Vorfeld rechnen konnte). „Die Schatten über uns“ ist nun fiktional, aber Marrs erklärt im Nachwort, mit welchen berüchtigten (realen) Serienkillern er sich für diese Geschichte näher befasst hat und an wem sich einige Darstellungen des Buches orientieren, und ja, man liest hier unter Anderem aus Tätersicht, wie großartig es jemand findet zu morden und Reue spielt hier gar keine Rolle.

„Die Schatten über uns“ ist ein durch und durch böses Serienkillerbuch, bei dem es kaum einmal um die Opfer geht – und das ich nicht einem Menschen, ob Freund oder Feind, empfehlen würde, dem „Evil“ eigentlich schon zu viel war. Für mich besteht die Zielgruppe in diesem Fall wirklich aus den Leser
innen von „Evil“, die von dessen Geschichte eben nicht bereits verstört wurden. Thrillerfan hin oder her, man sollte hier definitiv zusätzlich einen Hang zum Horrorgenre hin haben.
Für mich war „Die Schatten über uns“ nun mit Abstand mein bisheriges Lesehighlight 2022, und ja, ich habe danach sehr schlecht und mit wirklich heftigen Träumen geschlafen, aber ich habe das Buch auch einfach nicht aus der Hand legen können, weil ich während des Lesens wiederholte „Nicht dein Ernst jetzt? Ich fasse nicht, was ich da grad gelesen habe: Okay, also das nächste Kapitel noch!“-Momente hatte.

Veröffentlicht am 30.10.2022

Sehr viel Kürzeres sehr zusammengesammelt

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen
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Ich finde es großartig, dass Torsten Sträter (s)einen „Depressionstext“ mit in dieses Buch gepackt hat: auf den ersten Blick wirkt es womöglich seltsam, mitten in einem ansonsten doch sehr humoristischen ...

Ich finde es großartig, dass Torsten Sträter (s)einen „Depressionstext“ mit in dieses Buch gepackt hat: auf den ersten Blick wirkt es womöglich seltsam, mitten in einem ansonsten doch sehr humoristischen Buch über einen derart ernsten Erfahrungsbericht zu stoßen, aber zum Einen fügt sich dieser hier irgendwie doch ein und zum Anderen ist Sträter seit ein paar Jahren für sein immenses Engagement und seine Offenheit in punkto Depression bekannt, dass es noch viel seltsamer wäre, würde er das Thema völlig außen vor lassen.
„Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ sammelt nun die (besten) Texte der letzten drei Jahre, was bedeutet, dass sie nicht nur sehr coronageprägt sind (wofür sich im Vorfeld direkt entschuldigt wird), sondern dass sich hier vor Allem auch Texte finden lassen, die bei Kurzauftritten im Fernsehen vorgetragen wurden, und weniger längere Geschichten enthalten sind, wie sie für Solo-Veranstaltungen üblich wären. Von daher ist dieses Buch für mich nun auch eher an Sammelsurium an öffentlich-rechtlichen Anekdoten und weniger Geschichtensammlung gewesen; da zeigte sich auch das für mich größte Manko: Ich höre Sträter zwar ohnehin lieber zu, als dass ich ihn lese, wobei ich inzwischen auch schnell seine Stimme und den typischen Ton im Ohr habe, wenn ich seine Geschichten lese, aber den Dingen, die er bereits in Fernsehsendungen vorgetragen hat, merkt man meiner Meinung nach doch sehr deutlich an, dass sie angesichts bestimmter zu jener Zeit diskutierten Themen und eben speziell fürs Fernsehen geschrieben wurden. Die Ansprachen ans Volk, die Pressesprecher-Aussagen… haben sich dabei mitunter selbst längst überlebt; der Johnson-Text ist z.B. noch kein ganzes Jahr her, und wir sind schon zwei britische Premierminister weiter; ich weiß auch gar nicht, wie es mit dem Mangel an LKW-Fahrer*innen auf der Insel weitergegangen ist, und da haftete vielen Dingen etwas von „ach ja, das war ja dann auch noch gewesen“ an. Da hatte ich nun schon häufiger das Gefühl, dass ich dieses Buch in 20 Jahren mehr schätzen würde, um mich an das alles zurückzuerinnern und mich mit späteren Generationen darüber zu amüsieren, wie völlig absurd diese letzten Jahre waren. Aber gegenwärtig hatte es für mich da eher was von Zettelsammlung mit diversen Glossen.
Beim Teil „Pandemie-Papiere“ fand ich es beim durchgehenden Lesen zudem verwirrend, dass diese zeitlich nicht geordnet waren. Warum? Das ergab gar keinen Sinn, dass man thematisch vom Jahresanfang 2022 wieder zum Frühling 2021 zurücksprang. Selbiges galt für den 8. Teil, in dem September, August und April aufeinanderfolgten.

Was ich für mich nun auch gemerkt habe: Nicht nur, dass ich den „Stories“-Teil klar am Unterhaltsamsten fand, sondern auch ansonsten finde ich Torsten Sträters Texte offensichtlich dann am Überzeugendsten, wenn sie für seine eigene Sendung anstatt für „fremde“ Formate geschrieben wurden. Die Rubrik „Kammanommakucken“ finde ich auch in der „Sträter“-TV-Show z.B. auch immer ungemein unterhaltsam (ich verfolge auch sehr gerne den nerdigen „Sträter Bender Streberg“-Podcast; viele Filme kenn ich gar nicht, habe nun aber dank dieser Drei zu all diesen eine Meinung) und ganz ehrlich, ein Buch, das nur daraus besteht, dass Sträter Filme beschreibt, zerreißt und empfiehlt, würde ich sofort kaufen. Da war ich definitiv enttäuscht, dass nach der „Poltergeist“-Bewertung dieses Buch plötzlich gefühlt einfach aufhörte.

Rein wegen des Kapitels „Warum ich kein Buch über meine Depression schreibe“ würde ich dies Buch hier nun zwar doch einfach allen empfehlen, aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist es doch eher was für die Fans, die gerne auch seine Fernseh-Fremdformate-Kurztexte gerne verschriftlicht vorliegen haben möchten. Ich wünsche mir ansonsten, dass im nächsten Buch eben wieder mehr, auf Tour gelesene, „Lang-Stories“ erzählt werden. Oder dass es eben rein aus Filmkritiken besteht.

Veröffentlicht am 27.10.2022

Genau, was ich gewollt habe

Ihr könnt doch noch nicht satt sein!
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Dieses Kochbuch kommt genretypisch zum Einen in gebundener Form daher und ist zum Anderen ca. doppelt so groß wie die sonstigen broschierten Erzählbände der Online-Omi. Die Aufmachung entspricht mit der ...

Dieses Kochbuch kommt genretypisch zum Einen in gebundener Form daher und ist zum Anderen ca. doppelt so groß wie die sonstigen broschierten Erzählbände der Online-Omi. Die Aufmachung entspricht mit der weiß-roten Karooptik (jene ist übrigens auch im Prägedruck gestaltet, man kann den „Stoff“ quasi fühlen) nicht nur traditionellen Geschirrtüchern, sondern eben auch jenen Notizbüchern von einst, in dem bereits Uroma ihre Rezepte handschriftlich vermerkt hatte; selbst ohne die Online-Omi zu kennen, würde mir das Motiv da „Ommas Rezepte!!!“ auf den ersten Blick entgegenschreien.
Tatsächlich konzentriert sich dieses Buch auch voll und ganz auf die Rezepte: Es gibt ein kurzes Vorwort sowie zu jedem Rezept einen knappen, zumeist heiteren Kommentar Renate Bergmanns, aber auf launige Anekdoten muss man hier ansonsten komplett verzichten. Die Rezepte erstrecken sich jeweils über eine Doppelseite, wobei auf einer Hälfte davon ein Bild des fertigen Gerichts abgebildet ist und die andere Seite jeweils das Rezept bereithält. Was mir bei den Fotos positiv aufgefallen ist: die Essen sehen alle sehr gut ausgeleuchtet und minimal kontrastreicher gefiltert aus, wirken dabei aber weder gekünstelt noch so als würde das nachgekochte Gericht bei einem daheim doch immer komplett anders aussehen.

Nicht nur die Buchgestaltung sieht von vornherein nach Omas Rezepten aus, sondern ganz erwartungsgemäß präsentiert die Online-Omi auch ebensolche. Da ist dieses Kochbuch sehr traditionell, und es gibt nun auch eine kurze Abteilung „Wenn Kirsten kommt“, in der vegetarische Rezepte aufgeführt sind (zudem gibt es noch die Sektion „Beilagen“, in der auch diverse vegetarische Gemüserezepte zu finden sind; find ich im Übrigen gut, dass jene Beilagen nicht auch mehr oder minder verlegenheitstechnisch einfach mit bei den vollwertigen vegetarischen Gerichten einsortiert wurden), aber Veganer*innen kommen hier definitiv zu kurz: Oma kocht halt viel mit Sahne und Butter, oder brät in Schmalz an.
Die enthaltenen Rezepte sind definitiv auch nicht überraschend: das Buch enthält die typische deutsche Hausmannskost (Falscher Hase, Käse-Hack-Lauch-Suppe, Königsberger Klopse, Rahmwirsing, Grießklößchen, Erbsensuppe, Möhreneintopf, Serviettenknödel…) wie Mama, Oma, Uroma sie eben gerne auf den Tisch gestellt haben. Ich koche fast jeden Tag, quer durch die Weltgeschichte, und vor Allem quer durch diverse online verfügbare Rezeptsammlungen, und dabei kommen „Rezepte von Omma“ zugegeben sehr kurz; bei der einen Oma wüsste ich außerdem gar nicht, ob noch irgendwo irgendwelche Rezeptkladden vorhanden wären, und bei der anderen Oma hatte sowas zwar mal existiert, wobei sie ihre Rezepte immer in Sütterlin aufschrieb, was ein weniger großes Problem gewesen wäre, wenn sie nicht zusätzlich, und auch laut eigener Aussage, eine absolute Sauklaue gehabt hätte. Selbst wenn deren Notizbücher plötzlich wieder auftauchen würden, könnte ich also eher rein gar nix damit anfangen.
Das Kochbuch der Online-Omi wollte ich von daher nach einem kurzen Blick ins Buch unbedingt haben, einfach um so eine gedruckte, ordentliche Sammlung typischer Oma-Rezepte zu haben, die zudem vor Allem nicht wie in vielen Onlinedatenbanken „auf einem Rezept meiner Oma basieren, aber ich habe es auf diese und jene dann noch eine ganz andere Weise aufgepimpt“, sondern ohne verändertes Klimbim eben an der Basis geblieben sind.

Ich mag dieses Kochbuch nun wirklich sehr; es ist genau so sehr Oma-Rezepte, wie ich es mir gewünscht habe. Für jemand, der aber genau derlei Hausmannskost ständig zubereitet, dürfte es ein eher uninteressantes Buch sein; meine Mama täte z.B. vermutlich nur darauf hinweisen, dass sie schon zig Landfrauen-Kochbücher besitzt und außerdem doch genau weiß, wie man Kohlrouladen zubereitet und dass sie auch ohne nachzuschlagen einen Tortenboden backen kann. Mir fehlt dieses Wissen hingegen. Naja, jetzt nicht mehr. ;)

Veröffentlicht am 10.10.2022

Andersartig, aber doch auch typischer Mittelteil

This Charming Man
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Wenn ich im Buchladen ein Regal ignoriere, ist es häufig mit “Fantasy” angeschrieben: Mit diesem Genre tue ich mich generell eher schwer und liebe Bücher dieses Fachs mitunter aber dann doch sehr, wenn ...

Wenn ich im Buchladen ein Regal ignoriere, ist es häufig mit “Fantasy” angeschrieben: Mit diesem Genre tue ich mich generell eher schwer und liebe Bücher dieses Fachs mitunter aber dann doch sehr, wenn sie zugleich unter „Humor“ fallen, und skurriler Humor von der Insel sammelt generell zusätzliche Pluspunkte bei mir: Den ersten Band der (voraussichtlichen) Trilogie rund um die Stranger-Times-Redaktion hatte ich sehr gefeiert, da ist „This Charming Man“ nun in sehr große Fußstapfen getreten – und obschon ich diesen Roman wiederum sehr gerne gelesen habe, hat er die vorgelegten Spuren doch nicht ganz ausfüllen können.
Ein bisschen krankt „This Charming Man“ ebenfalls am für mich häufig typischen Problem des Serien-Mittelbandes: Dass er eine eigene Geschichte erzählen muss, die an den vorhergehenden Band anknüpft, aber noch genug erwartbare Handlung für den nächsten Band offenlässt, in dem sich erst wirklich alles aufklären darf.
Dass „This Charming Man“ nun mit einer Vampir-Thematik aufwartete, habe ich als sehr positiv empfunden; nicht, weil ich Vampirgeschichten ganz gerne mag, sondern weil im ersten Band eben null Vampirismus auftauchte und es hier somit um ganz andere „Monster“ ging, wobei die bereits bekannten magischen Gestalten allesamt abstritten, dass es Vampire überhaupt gäbe – was nun den Kern der Recherchen der Redaktion abbildete: denn da draußen fielen ganz eindeutig Menschen auf, die plötzlich alle Merkmale von Vampiren aufwiesen, aber wenn es doch keine Vampire gäbe, hätte doch auch niemand derart auffallen können?!

Manny kam in diesem Band nun kaum vor, was ich schade fand, aber dafür traf man umso mehr, auch abseits Hannahs, mit den restlichen Redaktionsmitgliedern zusammen; während sich Band 1 noch sehr auf Hannah fokussiert hatte, gab es in diesem Fall nun nicht den einen übermäßig in den Mittelpunkt gestellten Mitarbeitenden der Stranger Times. Da fand ich das „Aufmerksamkeitsverhältnis“ nun deutlich gleichmäßiger und mir ist aufgefallen, dass ich auch gar nicht den oder die eine von der Stranger Times benennen könnte, der oder die mir am Liebsten ist. Da sind mir alle gleichermaßen ans Herz gewachsen, selbst der bärbeißige Banecroft, der hier mitunter erstaunlich freundschaftliche und einfühlsame Züge zeigt.
Allerdings zerstreut sich die Redaktion hier wiederum frühzeitig und ermittelt in kleineren Teams in diverse Richtungen: hier treten sehr viele neue Figuren auf den Plan, dass es tatsächlich sinnvoll sein kann, sich während des Lesens eine grobe Personenübersicht zu notieren. Einige dieser Charaktere spielen für die Hauptgeschichte hier letztlich keine Rolle und da ist zu vermuten, dass sie in Zusammenhang mit ein paar offenbleibenden Dingen stehen und entsprechend im dritten Band nochmals einen (größeren) Auftritt haben werden. Da könnte es sich dann auch als praktisch erweisen, wenn man da während des Lesens noch auf diese Notizen zurückgreifen könnte. (Ich hatte vor „This Charming Man“ tatsächlich den ersten Band nochmals überflogen; generell würde ich auch unbedingt dazu raten; und es gab nun dennoch Momente, während derer ich dachte: „Warte mal… wurde das im ersten Band schon erwähnt, was mit dieser oder jener Person (geschehen) ist?“ Ich bin festen Willens, den dritten Teil definitiv auch zu lesen und werde zuvor die ersten beiden Bände bestimmt nochmals lesen und mir dabei auch eine Personenkarte erstellen. Prinzipiell wäre es natürlich schön, wenn es in den einzelnen Bänden nun entsprechende „Stammbäume“ gäbe.)

Der Schluss von „This Charming Man“, erneut ein Showdown, hat mir im Übrigen besser als jener des vorgängigen Bandes gefallen: Der war dieses Mal „geordneter“ und meinem Empfinden nach klarer nachzuvollziehen; die anschließende Danksagung war auch wieder sehr lesenswert, wobei mir das „Zukunftsorakel“ aus dem ersten Teil doch noch klar besser gefallen hatte.

Insgesamt war „This Charming Man“ für mich nun eine durchaus gelungene Fortsetzung, die einem mittleren Band entsprechend aber doch auch irgendwie in der Schwebe hängenblieb und mir einmal mehr deutlich machte, dass ich Reihen Serien definitiv vorziehe. Aber ich werde garantiert nicht ohne den dritten Band dieser Serie bleiben!