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Veröffentlicht am 06.12.2020

Schön, wenn auch nicht perfekt!

Das Wunder von R.
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„Das Wunder von R.“ ist ein ganz wundervolles und noch dazu wunderschön ausgestaltetes Buch, in dem gleichgeschlechtliche Paare ebenso wie Alleinerziehende ganz unaufgeregt erwähnt werden bzw. als die ...

„Das Wunder von R.“ ist ein ganz wundervolles und noch dazu wunderschön ausgestaltetes Buch, in dem gleichgeschlechtliche Paare ebenso wie Alleinerziehende ganz unaufgeregt erwähnt werden bzw. als die Selbstverständlichkeit, die sie heutzutage auch sein sollten, sofern sie es nicht sind. Dabei sind die „nicht-traditionellen“ Familienmodelle eine simple Randerscheinung der Geschichte; „Das Wunder von R.“ ist in dieser Hinsicht nicht bemüht gewollt eingefärbt.
Erzählt wird die Geschichte einer neu in R., wie jene Stadt ausschließlich bezeichnet wird, zugezogenen Familie, die erwartet, dort ein harmonisches Leben führen zu können, denn immerhin ist die Stadt stolz darauf, dass seit sehr langer Zeit nichts Schlimmes in ihr passiert ist. Was nach Idylle klingt, entpuppt sich aber als der Ausbund eines grundsätzlichen Misstrauens, den die Erwachsenen sich dort entgegenbringen und zu dem auch die Kinder angehalten werden, die noch sehr viel offener miteinander umgehen. Den Neuzuzügern steht man natürlich mit ganz besonderer Skepsis entgegen, doch ausgerechnet eine werden dann vom Weihnachtsmann um Hilfe gebeten, welche vor Allem die Kinder natürlich gewähren, damit das Weihnachtsfest auch in R. wie gehabt stattfinden kann, doch der Trubel in der Wohnung erregt die Aufmerksamkeit der Stadtbewohner und plötzlich ist es ein Rennen gegen die Zeit entgegen des Widerstandes der ängstlichen Bürger…

Insgesamt ist „Das Wunder von R.“ ein Plädoyer für die Freundschaft, die unbedingte Hilfsbereitschaft, die Toleranz und vor Allem dafür, seine Herzen ein wenig mehr zu öffnen und Fremden offener entgegenzutreten, auf dass aus ihnen Freunde werden könnten.
Es ist kein allzu langes Buch, das noch dazu fantastisch illustriert worden ist: Tatsächlich erwecken die enthaltenen Bilder in mir nahezu eine 3D-Illusion, so plastisch wie die Szenerien dort abgebildet sind. Das fest eingebundene Buch ist dazu recht dick, also sehr stabil, was zugleich doch auch ein wenig genervt hat, denn aufgrund der Festigkeit ließ sich das Buch gar nicht so einfach komplett öffnen – die Qualität ist ein Segen für die Buchliebhaber, die ihre Bücher niemals komplett aufschlagen, um den Rücken nicht zu brechen und jegliche Leserillen zu vermeiden, aber grad für Angehörige der jungen Zielgruppe, welche die Zeilen im aufgeschlagenen Buch zuweilen noch mit den Fingern verfolgen, ist es halt doch schnell unpraktisch, dass sich das Buch nicht komplett auseinanderbiegen lassen will. Hier wurde „Das Wunder von R.“ darum auch ganz schnell zum Vorlesebuch.
Generell muss ich auch zugeben, dass ich mir die ganze Geschichte im Vorfeld noch sehr viel weihnachtlicher, zauberhafter, warmherziger… vorgestellt hatte angesichts des Klappentextes, der italienischen Verkaufszahlen und der Bewerbung als „künftiger Kinderbuchklassiker“ – ich halte den Inhalt zwar für ziemlich zeitlos, aber ich sehe diesen Titel nun nicht unbedingt als solchen an, den man alljährlich wieder und wieder zur Weihnachtszeit hervorkramt; für mich krankte das Klassikerpotential nur schon ein wenig daran, dass mir der Schluss etwas zu überhastet abgehandelt schien und zu plötzlich alles perfekt und Friede, Freude, Eierkuchen war. Die Botschaft des Miteinanders statt des Gegen- oder zumindest Nebeneinanders hätte man in meinen Augen doch noch sehr viel nachdrücklicher verpacken können.

Alles in Allem aber doch ein sehr ansprechendes Kinderbuch für muckelige (Vorlese)Abende winters am Kamin!



[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 04.12.2020

Macht als Hörspiel deutlich mehr Spaß!

Asterix - Der Goldene Hinkelstein
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Letztlich muss ich sagen, dass das Beste an dieser Asterix-Ausgabe das begleitende Hörspiel ist, das wir inzwischen schon mehrfach daheim angehört haben, weil es einfach Laune macht, grad, wenn Troubadix ...

Letztlich muss ich sagen, dass das Beste an dieser Asterix-Ausgabe das begleitende Hörspiel ist, das wir inzwischen schon mehrfach daheim angehört haben, weil es einfach Laune macht, grad, wenn Troubadix mal wieder zu jaulen, ähm, also zu singen beginnt; zudem ist das Hörspiel mit ca. 33 Minuten Dauer nicht allzu lang, sondern man kann es zwischendurch immer mal wieder als „Ohrenschmankerl“ genießen, z.B. auch auf mittellangen Fahrtstrecken, um quengelnde Kinder bei Laune zu halten. ;)

Die besondere Gestaltung dieser Ausgabe macht sie für ausgesprochene Uderzo-Fans sicherlich wertvoll, wobei ich den Fokus hier klar auf die Uderzo-Fans und weniger auf die Asterix-Fans lege: Ich vermute, hierzulande sind die meisten Menschen auch eher an die typischen Comics (komplett bebilderte Seiten mit Sprechblasen, die eine fortlaufende Geschichte erzählen) gewohnt – „Der goldene Hinkelstein“ ist nun einfach ein großformatiges Booklet, in dem die Illustrationen Uderzos sehr groß und klar dargestellt sind, wobei sie im Vergleich zu den Comics eher spärlich gesät sind. Hier wird also eher eine zusätzlich bebilderte Geschichte erzählt als dass es sich hierbei um ein echtes „Bilderbuch“ handeln würde.
Der Text ist dazu in Dramamanier nebenstehend: Insgesamt erinnerte mich „Der Goldene Hinkelstein“ stark an ein, allerdings sehr schlichtes, Drehbuch, in dem auch eher keinerlei Regieanweisungen, sondern nur simple Textblöcke und allenfalls bei Ortswechseln mal eine kurze Umgebungsbeschreibung, enthalten sind. Die Konzentration liegt hier definitiv bei den kolorierten Illustrationen.
Ich fand zudem den gestalterischen Buchsatz auch nicht schön zu lesen: Die Dialoge sind in Textblockpäckchen eher weit von den zugehörigen Bildern entfernt abgedruckt und mir wirkte das Ganze einfach zu distanziert und zu auseinandergerissen. Echte Freude am Lesen dieser Asterix-Geschichte wollte sich bei mir da nicht einstellen, sehr schade!

Denn wie das Hörspiel bewies, ist „Der Goldene Hinkelstein“ eine sehr kurzweilige Episode mit Asterix und Obelix, die durchaus Spaß machen kann, aber zwischen Hörspiel und Buch besteht hier meiner Meinung nach ein himmelweiter Unterschied. Das Hörspiel würde ich jederzeit ohne Einschränkungen weiterempfehlen, aber in Buchform würde ich den „Hinkelstein“ dann eben doch nur denen ans Herz legen, denen es ganz spezifisch um Uderzos Zeichnungen geht.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 21.11.2020

Äußerst ansprechend, aber auch sehr aufregend

Das Eismonster
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Ich bin großer Fan der Kinderbücher von David Walliams, die übrigens auch in der Hörbuchversion immer sehr erquicklich sind und eine tolle Familienunterhaltung, z.B. auf längeren Reisen, darstellen. „Das ...

Ich bin großer Fan der Kinderbücher von David Walliams, die übrigens auch in der Hörbuchversion immer sehr erquicklich sind und eine tolle Familienunterhaltung, z.B. auf längeren Reisen, darstellen. „Das Eismonster“ ist nun ein richtig schönes Herbst-/Winterbuch: es kommen kalte Wetterverhältnisse sowie unwirtliche Lebensumstände vor, alles ist irgendwie etwas trüber, kälter und aggressiver, so dass die Protagonistin, das unbekümmerte Waisenkind Elsie (die ein klitzekleines bisschen von Pippi Langstrumpfs Art hat) wie ein Licht in der Finsternis wirkt und nicht nur die Freundschaft zwischen ihr und dem aufgetauten Mammut, sondern auch die Beziehung zwischen ihr und der Museumsputzfrau Uschi, absolut anrührend wirkt – zauberhaft auch der Kontakt zu den Bewohnern des Soldaten-Altersheims, die sich hier nochmals auf einen sehr anspruchsvollen „Job“ einlassen. Insgesamt spiegelt „Das Eismonster“ einen tollen Zusammenhalt zwischen allen Alters- und Bevölkerungsschichten zusammen, wenn es darum geht, sich Arroganz und Eitelkeiten entgegenzustellen.
Dabei fand ich den antagonistischen Part in diesem Fall allerdings ungewöhnlich böse für Walliams; hier gibt es letztlich eine regelrechte Kriegsschlacht; das Gros der weiteren Walliams-Bücher traue ich auch schon jüngeren Kindern zu, aber hier würde ich mich doch an das empfohlene Lesealter, ab neun Jahren, halten: Die 6jährigen Zwillinge in unserer Familie würde die Spannung rund um diverses Geschieße etc. definitiv doch noch etwas zu sehr belasten; da würde ich aufkommende Alpträume befürchten.

Ansonsten bin ich einmal mehr begeistert von der Aufmachung auch dieses Buchs von David Walliams: Illustrationen lockern das Ganze stets auf, verbildlichen es vor Allem auch dann mehr, wenn Kinder mit ihnen vielleicht noch unbekannten Begrifflichkeiten konfrontiert werden; nächtliche Szenen werden durch weißen Druck auf schwarzem Papier intensiviert; expressiven Ausdrücken wie lauten Schreien oder auch Wörter, die nachdrücklicher betont werden wollen, sind hier ebenfalls wiederum größer gesetzt; was mit zittriger Stimme vorgetragen wird, ist zudem z.B. in einer leicht abgehackten Schriftart gesetzt. Hier verrät also auch die Schrift in Art und Größe, wie genau die Geschichte gelesen werden will. Der etwas größere Zeilenabstand ist zudem in Hinsicht auf „Neuleser“ sehr augen- und hirnfreundlich und verhindert ein häufiges Verrutschen zwischen den Zeilen. So sollten Kinderbücher generell gestaltet sein!
Ein bisschen albern finde ich allerdings auch hier den Extrahinweis „mit gratis Mammut“: Die Bücher von David Walliams haben eigentlich immer ein „gratis Gadget der Geschichte“, was aber jeweils nur ein ausschneidbares Motiv auf der Innenseite des Schutzumschlags ist. Für das gratis Mammut müsste man also hier den Umschlag zerschneiden, und hätte dann auch nicht mehr als ein kleines ausgeschnittenes Mammutbildchen; dieses Extra ist also auch hier wieder absolut vernachlässigbar.

Generell ist aber „Das Eismonster“ wiederum ein sehr spannendes Kinder-Abenteuerbuch, auch wenn der Abenteuerfaktor zuweilen eben doch vergleichsweise hoch geraten ist.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

Veröffentlicht am 15.11.2020

Schwaches Durcheinander von Namen und Sonstigem

Get Even
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Ich bin ein wenig überrascht, dass die Druckausgabe hier so ein fetter Schinken ist: Während des Lesens des eBooks kam mir dieser Serienauftakt (ergo: nicht in sich abgeschlossener Roman) sehr viel kürzer ...

Ich bin ein wenig überrascht, dass die Druckausgabe hier so ein fetter Schinken ist: Während des Lesens des eBooks kam mir dieser Serienauftakt (ergo: nicht in sich abgeschlossener Roman) sehr viel kürzer vor, was allerdings nicht daran liegt, dass ich die Geschichte als derart ungemein kurzweilig empfunden haben würde, sondern viel mehr daran, dass, und zwar trotz zweier Todesfälle, nicht wirklich etwas passiert ist (und alles, was geschah, wiederholte sich im Grunde genommen ständig, da Dasselbe immer anderen Figuren widerfuhr) und sich das eBook „mal eben“ weglesen ließ.
Ich hatte mir diesen Jugendthriller sehr viel spannender und intensiver vorgestellt; ich fand die Idee einer Gruppe, die sich für Mobbingopfer einsetzt bzw. diese rächt, auf Anhieb interessant – leider bleibt im Roman relativ unklar, was DGM bisher eigentlich angestellt hat; auf den ersten Seiten werden sie bereits als ein regelrechter Mythos der Schule beschrieben, aber wie genau die unbekannte Gruppierung es zu diesem „Ruhm“ geschafft hat, bleibt unklar: Wer ist bisher wie an wem gerächt worden? Bald wird zwar ein vom Coach getriezter Mitschüler gerächt, aber das Ganze wirkt eher wie ein amüsanter Streich – der Coach wird blamiert, aber ein so krasses Bloßstellen war das nun nicht.
Insgesamt blieb es mir ein wenig rätselhaft, wieso man DGM unbedingt enttarnen wollte und weshalb DGM hier als absolutes Feindbild konstruiert worden war (weil eben an keiner Stelle erwähnt wurde, worin DHMs Wirken zuvor bestanden hatte); auch dass DGM gleich als Mörder in den Fokus rückte, wirkte auf mich an den Haaren herbeigezogen.

Schwierig fand ich auch die vier Protagonistinnen, die nur im DGM-Verborgenen „offiziell“ miteinander zu tun hatten, während sich im Schulalltag ihre privaten Wege doch auch mal kreuzten (so verliebt sich die Eine zum Beispiel in den Ex der Anderen), die im Privatleben aber völlig anders verliefen. Es gibt sehr viel typische Teeniedramen (die Tochter des Senators, die diesem als schwarzes Schaf der Familie gilt; die vormals selbst Gemobbte, die nach einem Suizidversuch von ihren Eltern mit Argusaugen beobachtet und mit einem genauestens durchgetakteten Terminplan belegt wird; die ambitionierte Schauspielerin, deren Mutter selbst vom Schauspielern in den Alkoholismus abgestürzt ist und ihre Karriereziele nun auf die Tochter projiziert…, gepaart mit den ganzen pubertätsüblichen Techtelmechteleien und Eifersuchtsdramen) und die Perspektive wechselt ständig von einer Protagonistin zur nächsten: Ich hatte angesichts all der Namen echt Schwierigkeiten, diese ganzen Figuren auseinanderzuhalten – bis hin zu dem Punkt, an dem ich hoffte, es würde endlich mal die ein oder andere tragende Figur der Geschichte aus dem Weg geräumt werden, um einen besseren Überblick zu erhalten.
Unglücklicherweise erwischte es dann aber doch nur Personen, bei denen es mir völlig egal war, dass sie weg waren: Person 1 war kaum erwähnt worden und hm, Person 2 war ein derartiges arrogantes Ekelpaket gewesen, dass er zudem die einzige Figur war, die definitiv ein Alleinstellungsmerkmal besaß. Dem besseren Durchblick hat es da also auch nicht geholfen.

Tatsächlich fand ich es noch am Interessantesten, wie es den Protagonistinnen in ihren teils prekären Elternhäusern erging und wie sie mit den dortigen Verhältnissen umgingen, was allerdings auch nur schwach beleuchtet wurde: Grundsätzlich ging es eigentlich bloß darum, dass sich DGM bedroht sah und im Grunde genommen fast jedes Mitglied früher oder später mit einem eigenen dunklen Geheimnis konfrontiert wurde, das es verzweifelt geheimzuhalten versuchte.
Wie anfangs gesagt: wirklich viel passiert ist jedoch nicht; nach dem Ende des Buchs bin ich eigentlich genauso schlau wie am Anfang; einerseits würde ich nun zwar schon gerne wissen, wer jetzt eigentlich der ganz große Antagonist ist, der DGM herausfordert, aber andererseits habe ich kein rechtes Interesse daran, die Fortsetzung zu lesen. Da würde es mir vollauf reichen, einfach bloß noch den Namen des Bösewichts genannt zu bekommen.

Veröffentlicht am 05.11.2020

Zu viel des Guten!

Frostgrab
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Hach, was hatte mich die Kurzbeschreibung zu „Frostgrab“ angesprochen: Ich mag diese „Abgeschnitten von der Außenwelt, und ein böser Bube (oder eine böse Dame) ist dabei“-Plots einfach sehr; in „Frostgrab“ ...

Hach, was hatte mich die Kurzbeschreibung zu „Frostgrab“ angesprochen: Ich mag diese „Abgeschnitten von der Außenwelt, und ein böser Bube (oder eine böse Dame) ist dabei“-Plots einfach sehr; in „Frostgrab“ kommen also zehn Jahre nach ihrem letzten Zusammentreffen, damals im Rahmen eines Snowboard-Wettbewerbs, ein paar Menschen Anfang bis Mitte 30 wieder für ein Wochenende zusammen – doch dann will niemand die Einladung ausgesprochen haben, sondern ihr nur gefolgt sein, und dann fehlt seit eben diesen zehn Jahren nun auch die Snowboardmeisterin Saskia in ihren Reihen, die dereinst spurlos verschwunden und jüngst für tot erklärt worden ist. In der Lodge, in der sich die Truppe auf sich allein gestellt wiederfindet, verschwinden prompt ihre Handys; der Sessellift lässt sich nicht von ihnen starten, noch einige unglückliche Zufälle mehr… – sie sitzen also fest und es wird offensichtlich, dass sich vermutlich außer ihnen noch jemand dort oben auf dem Berg aufhält; es sei denn, einer von ihnen verkauft den Rest für blöd. Ist Saskia womöglich noch am Leben und hat die Gelegenheit für ein perfides Rachespiel genutzt? Ein Icebreaker-Spiel, bei dem jeder anonym ein Geheimnis von sich offenbart, heizt die Situation nur weiter auf, denn offensichtlich trägt jeder von ihnen ein „Saskia-Geheimnis“ mit sich herum.

„Frostgrab“ wird personal von der Figur Milla erzählt und dabei wird regelmäßig zwischen „heute“ und „vor zehn Jahren“ gewechselt; dabei blieb mir jedoch nicht nur Milla relativ fremd, von der ich hauptsächlich erfahren habe, dass sie von Ehrgeiz zerfressen gewesen ist und außer dem Snowboarden nicht viel im Sinn hatte, sondern auch die anderen Figuren sind eher oberflächlich beschrieben: Die Mädels konnte ich noch relativ gut auseinanderhalten, aber die Kerle waren für mich bis zuletzt völlig austauschbar und ich konnte mir kaum merken, welcher Name jetzt zu welchem Mann (von denen einer sogar Saskias Bruder war) gehörte.
Snowboarding spielt hier ohnehin eine sehr zentrale Rolle; ständig werden diverse Sprünge und Moves beim (Fach)Namen genannt: Wer sich beim Boarden ein bisschen besser auskennt, dem wird „Frostgrab“ da sicherlich ein Fest sein, aber wer bei „Snowboarden“ eher bloß daran denkt, dass man da halt auf lediglich einem Brett den Berg hinabbrettert, der ist bestimmt bald genervt von den ganzen beschriebenen sportlichen Herausforderungen.

Den Saskia-Plot fand ich nun auch nicht soooo aufregend: Saskia wird prinzipiell als egoistische, egozentrische, manipulative Zimtzicke dargestellt, von der es keinen zu stören scheint, dass sie eben plötzlich weg war (selbst ihr Bruder hätte wohl in erster Linie nur gerne ein „richtiges“ Grab für seine Familie) , und von daher scherte es auch mich nicht sonderlich, dass sie entweder, womöglich tödlich, verunglückt oder eventuell von einem der Anwesenden umgebracht worden war.
Dass sie eventuell gar zehn Jahre versteckt gelebt haben sollte und das große Wiedersehen nun inszeniert haben sollte, war eine in meinen Augen völlig hirnrissige Option, da völlig unklar war, ob überhaupt irgendwas vorgefallen gewesen wäre, dass sie dazu bewegt haben könnte, sich derart zu isolieren und es schien auch einfach kein Grund zu bestehen, wieso sie sich da an irgendwem hätte rächen sollen. Gut, die Auflösung beweist schließlich, dass es sogar mehr als einen Grund gegeben hätte, aber während der Handlung wirkt es bis dahin einfach nur wie eine Schnapsidee: Junge Frau seilt sich „einfach so“ von ihrer Clique ab, stellt sich tot, und taucht nach zehn Jahren wieder auf, um den Anderen an den Karren zu fahren?!

Tja, die Gründe… der Schluss von „Frostgrab“ war mir definitiv zu viel: von Anfang an war zwar klar, dass alle irgendwelche Geheimnisse hüteten, aber dass wirklich jeder etwas in genau diesem Zusammenhang verheimlichte?!

„Frostgrab“ hätte einen so tollen in der Snowboarder-Szene angesiedelten Thriller abgeben können; stilistisch hat mir der Roman definitiv auch gefallen, aber insgesamt hat er für mich doch sehr daran gekrankt, dass man hier einfach zu viel Geheimniskrämerei betrieben und so viel wie möglich in die Story hineinzupacken versucht hat. Weniger ist halt manchmal mehr, aber „Frostgrab“ war in meinen Augen einfach eben zu viel Mehr und darum doch deutlich weniger (als erhofft).


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via Vorablesen, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]