Ein guter Einblick in die komplexe Psyche eines Menschen
Schlaft gut, ihr fiesen GedankenAza ist irgendwo ein ganz normaler Teenager auf einer ganz normalen High School mit ganz normalen Freunden. Aber irgendwie ist Aza auch nicht ganz normal, denn sie leidet an einer Zwangsstörung. Sie gibt ...
Aza ist irgendwo ein ganz normaler Teenager auf einer ganz normalen High School mit ganz normalen Freunden. Aber irgendwie ist Aza auch nicht ganz normal, denn sie leidet an einer Zwangsstörung. Sie gibt aber ihr bestes irgendwie normal zu sein. Sie will eine gute Freundin sein, eine gute Tochter, eine gute Schülerin, aber das ist gar nicht so einfach, wenn die eigenen Gedanken sich nicht steuern lassen. Trotzdem gibt sie ihr bestes, als Daisy unbedingt den verschwundenen Milliardär finden will, dessen Sohn mal Azas Kindheitskumpel gewesen ist. Die beiden treffen also wieder aufeinander und Dank dem Verschwinden, lustigen Echsen und einer echt gemeinen Zwangsstörung ist das Durcheinander natürlich perfekt. Es geht in diesem Buch um Aza, einen Teenager, der es echt nicht einfach hat in seinem Leben, und wir begleiten sie durch ihre täglichen struggles mit ihrer Gesundheit, ihren Freunden, ihrer Familie und jetzt auch noch dem Verschwinden von Pickett Senior und der Wiederbegegnung mit Pickett Junior. Alles gar nicht so einfach, wie man sich vielleicht vorstellen kann.
Ich habe zu diesem Buch eine leicht geteilte Meinung, das schon mal vorab. Tatsächlich musste ich mich erst mit Sophia austauschen, um mir einigen Gedankengängen klar zu werden und Ordnung reinzubekommen. Das Ergebnis davon könnt ihr nun hier lesen :)
Zunächst einmal zu den Sachen, die ich an dem Buch mochte. John schafft es in Turtles, eine großartige und realistische Repräsentation von mentalen Störungen und ihren Auswirkungen auf Beziehungen und das "normale" Leben zu basteln. Dabei fasst er insbesondere die Beziehung zwischen Aza und Daisy und zwischen Aza und ihrer Mutter ins Auge. Grade die Mutter-Tochter Beziehung finde ich super gelungen und sehr wichtig. Eltern spielen eine große Rolle im Leben ihrer Kinder und dem Prozess, der mentale Störungen nun mal ausmacht. Die ganze Familie ist davon betroffen, aber leider rutscht das in den meisten Büchern (nicht nur über mental health) unten durch. Nicht hier.
Des weiteren profitiert das Buch von gut ausgearbeiteten, diversen Charakteren. Jeder von ihnen ist anders, hat einen anderen Hintergrund und eine eigene Persönlichkeit. Dazu steckt in jedem von ihnen ein kleines bisschen von John und seiner Persönlichkeit oder seinen Freunden und seiner Familie. Ob das nun (in diesem Fall Star Wars) Fanfiktion, die echt Zucker war, star gazing oder OCD selbst ist, ist völlig egal. Jeder seiner Charaktere hat ein Stückchen in sich und es hat mir ganz besonders viel Spaß gemacht, diese Puzzleteile aufzuspüren und zusammen zu setzen.
Ganz ganz großer persönlicher Bonus war dann für mich letztendlich auch, dass Davis Aza nicht retten konnte und sie nicht plötzlich von ihren Zwangsgedanken und Gedankenspiralen heilt. Denn so sind psychische Störungen nicht. Man ist nicht plötzlich geheilt, nur weil man geliebt wird. Man kann sich nicht entscheiden, nicht mehr in seinen Gedanken hängen zu bleiben und man kann sich nicht entscheiden, plötzlich besser zu werden. John selbst kennt das und bringt es in diesem Buch auch für Menschen ohne diese Probleme spürbar auf eine reale Art und Weise näher und nach dem Buch hab ich das Gefühl, dass ich auch meiner Mom das Buch geben könnte (wohl nur besser auf Deutsch) und sie ein besseres Verständnis von dem ganzen Gewusel in meinem Kopf hätte, auch wenn Azas Störungsbild ganz anders als meins ist. Trotzdem zeigt Turtles halt, was für einen Einfluss gewisse Dinge auf uns haben können, wie sie uns beeinflussen und was sie in uns auslösen können, ohne dass wir das wollen und auch wenn es von außen vielleicht als total irrelevant abgestempelt wird.
Zum Schluss kommen wir noch einmal kurz zum Schreibstil. Wer John kennt weiß, dass er eine sehr bildliche, metaphorische Art hat sich auszudrücken. Das kommt hier auch wieder sehr schön zum Tragen. Sogar öfter als in den anderen Büchern werden Gedichte, Referenzen, Songtexte und Blogposts an passenden Stellen in den Text eingefädelt. Sie geben dem ganzen einen sehr lebendigen Touch und geben das gewisse Etwas, über das man auch hinterher noch nachdenkt und das hängen bleibt.
Leider muss ich auch ein, zwei Abstriche machen. Wie ihr dem Klappentext bereits entnehmen könnt, ist ein Millionär verschwunden, dessen Sohn Davis Aza von früher kennt. Versprochen wird uns eine spannende Storyline zu der die mental health Sache in einem Subplot hinzu addiert wird. Wir bekommen aber eine mental health Story mit einem unnötigen Billionär-Verschwinde-Subplot, den man sich echt hätte schenken können. Es wirkt an den Haaren herbei gezogen und ist lange sehr unverständlich. Der einzige scheinbare Grund, warum das mit drin ist, ist, um Davis wieder in Azas Leben zu bekommen. Und eventuell hat irgendjemand im Verlag die Idee mit der OCD-Story und dem Beziehungsaspekt gut gefunden, wollte aber auf dem letzten Meter noch eine "richtige" Story drin haben. Das wäre nicht nötig gewesen und, durch den Fokus des Klappentextes darauf, wartet man als Leser sehr lange auf den Start der Story und eine mehr investigative Herangehensweise, die halt versprochen aber nicht gehalten wird. Das wars aber auch schon an Negativem.