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Veröffentlicht am 02.12.2017

Horror vom Feinsten!

Palast der Finsternis
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Ein Buch wie dieses habe ich, glaube ich, noch nie gelesen. 
"Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann kommt in seinem typischen Diogenes-Design und mit dem Untertitel "Roman" ganz brav daher, aber es ...

Ein Buch wie dieses habe ich, glaube ich, noch nie gelesen. 
"Palast der Finsternis" von Stefan Bachmann kommt in seinem typischen Diogenes-Design und mit dem Untertitel "Roman" ganz brav daher, aber es ist ein Horror-Roman, der, wenn man über die nötige Vorstellungskraft verfügt, viele Horrorfilme in den Schatten stellt.
Wir begleiten Anouk, die trotz ihres zarten jugendlichen Alters Kunstgeschichte studiert und schon viele Teile der Welt für längere Zeit bereist hat. Wir merken schnell, dass sie eine einsame Außenseiterin ist und selbst von ihrer Familie gemieden wird - warum erfährt man erst sehr spät im Laufe der Geschichte. 
Sie wird gemeinsam mit vier weiteren Jugendlichen für eine besondere Mission ausgewählt, scheinbar weil sie hochbegabt ist. Sie sollen einen unterirdischen Palast aus der Zeit der Französischen Revolution erforschen, der erst kürzlich in Frankreich entdeckt wurde. 
Achtung Spoiler ab hier:
Sie werden mit Privatjet eingeflogen und mit viel Luxus empfangen - doch das hört bald auf: Nach dem Abendessen bekommen sie eine Kapsel zu essen, die sie bewusstlos macht. Als sie wieder erwachen liegen sie in einem stockdunklen engen Spiegel-Raum. Anouk erwacht als erste, sie kann die anderen rechtzeitig wecken und dazu bringen dem Raum zu entkommen - alle, bis auf Hayden, der nicht aufwacht. Als sie aus ihrem sicheren Versteck beobachten, wie die Leute, die sie für ihre "Mission" hergebracht haben, in den Raum eindringen und Hayden kurzerhand grausam ermorden (!) erkennen sie, dass nichts so ist, wie vorher behauptet wurde. Von da an sind sie auf der Flucht vor ihren Verfolgern durch den labyrinthischen unterirdischen Palast, der in vielen Räumen tödliche Fallen bereithält. Es geschehen immer abstrusere Sachen, sie treffen auf einen Mann, der ihnen helfen will zu entkommen, tödlich verwundet ist und angeblich schon seit dem 18. Jahrhundert hier lebt. Außerdem werden auch viele ihrer Verfolger von fremder Hand getötet. Wer ist die unheimliche dritte Partei? Werden sie je wieder entkommen? Und warum sind sie wirklich hier?
All das will ich noch nicht vorweg nehmen. Lest selbst, das Buch ist wirklich lesenswert, wenn man einigen Grusel verträgt!

Insgesamt war ich zuerst geschockt, wie sehr ich mich in meiner ersten Meinung über das Buch (immerhin nach einer 100-seitigen Leseprobe) getäuscht hatte. Es war kein harmloses Fantasy-Abenteuer sondern waschechter Horror. Aber ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen, so spannend war es! Der Text ist wundervoll geschrieben, man kann sich gut in die Erzählerin Anouk hineinversetzen, obwohl sie einen recht seltsamen Charakter hat, fühlt man intensiv mit ihr mit und erlebt jeden Augenblick der Geschichte mit den Jugendlichen so, als wäre man dabei.
Ein wirklich bemerkenswertes Buch, das man nicht nach seinem Äußeren beurteilen darf!

Veröffentlicht am 02.12.2017

Spannend, unterhaltsam und lehrreich

Thabo. Detektiv & Gentleman 3. Der Rinder-Dieb
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"Thabo - Detektiv und Gentleman - der Rinder-Dieb" ist der dritte Teil der neuen Kinderbuch-/Kinderkrimi-Reihe von Kirsten Boie.
Thabo, der Protagonist des Buches - und der ganzen Reihe - ist ein Junge, ...

"Thabo - Detektiv und Gentleman - der Rinder-Dieb" ist der dritte Teil der neuen Kinderbuch-/Kinderkrimi-Reihe von Kirsten Boie.
Thabo, der Protagonist des Buches - und der ganzen Reihe - ist ein Junge, der einmal ein waschechter Detektiv werden will und dabei immer darauf bedacht ist, ein Gentleman zu bleiben. Er erzählt die Geschichte auf seine ganz eigene Weise. In der Ich-Form lässt er uns an seinen Gedanken und Vermutungen teilhaben und spricht uns Leser oft direkt an - das ist am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig wie die ganze Sprache des Buches (auch im wahrsten Sinne des Wortes, denn es werden einige Grundvokabeln von Thabos Sprache eingeflochten). Er macht beispielsweise oft Bemerkungen, wie "das ist bei uns so, das wird in Ihren Ländern auch nicht anders sein". Manchmal (eher selten) hat er damit Recht, viel öfter offenbart er dadurch aber, wie sehr er in seiner Welt und Lebensweise steckt und sich gar nicht vorstellen kann, dass es anderswo nicht so ist. 


So viel zu unserer Hauptfigur und ihrem Erzählstil. Das Buch handelt davon, dass unsere jungen Detektive, Thabo, zusammen mit seiner Freundin Emma, die eigentlich in England ins Internat geht und nur in den Ferien zu Hause ist, und Sifiso, einem einheimischen Jungen, der seine Eltern verloren hat und sich und seine Geschwister selbst versorgen muss, viele verschiedene Fälle zu lösen haben: Bei einer einsamen Ansiedlung sind alle Hütten abgebrannt, das sieht verdächtig nach Brandstiftung aus, es werden überall in der Gegend Rinder gestohlen und verschwinden, eine dubiose Filmcrew fährt mit dem umlackierten Laster einer Fleischerei durch die Gegend und, als ob das nicht schon genügen würde, verschwindet auch noch Emmas Tante! Natürlich üssen unsere drei Helden alle diese Fälle aufklären, bekommen aber auch Unterstützung von der Polizei, die gar nicht so unbrauchbar ist, wie sie dachten.


Insgesamt ein wirklich schönes Kinderbuch. Die Erzählweise ist ganz anders als normal und gefiel mir gut. Man kann sich dadurch sehr gut in Thabos Welt hineinversetzen und ich glaube, dass Kirsten Boie diese Welt, die sie auch selber durch ihre Unterstützungsprojekte kennenlernen durfte, gut darstellen kann. Ich glaube, dass es unseren Kindern gut tut, einmal zu erfahren, dass es z.B. in anderen Ländern nicht selbstverständlich ist, dass man sich einfach neue Kleidung kaufen kann, oder jeder eine Decke hat, wenn er in der Nacht friert. Auch, dass man Worte der einheimischen Sprache lernt, hat mir sehr gefallen, obwohl diese Wörter, besonders auch für Kinder, nicht einfach zu lesen sind. 
Auch die Geschichte, die am Anfang eher dahinplätschert, weil die Kinder mal in diese Richtung, dann wieder in die andere ermitteln, wird schnell spannen und hat am Ende einen richtigen Showdown.


Das einzige, was mich gestört hat, ist die Geschichte mit der Lobola. Ich weiß, dass es in vielen afrikanischen Ländern ganz normal ist, dass ein Mann seine Ehefrau kaufen muss, und dass es diese App zur Berechnung des Brautpreises wirklich gibt. Aber mir war es einfach nicht genug, dass die reiche verwöhnte Emma, die eher in der englischen als in der einheimischen Kultur lebt, die einzige ist, die etwas gegen dieses System sagt. Ich hatte gehofft, dass gerade ein Gentleman wie Thabo am Ende zu dem Schluss kommen müsste, dass ein solches System frauenfeindlich und erniedrigend ist. Das tut er leider nicht und bis zum Ende bleibt das ganz normal für ihn. Deswegen kann ich dem Buch nur vier Sterne geben, obwohl ich es wirklich für ein sehr lesenswertes Kinderbuch halte, bei dem man viel lernen kann.

Veröffentlicht am 02.12.2017

Gemüsig lecker

Gemüseliebe
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"Gemüseliebe" von Tina Ganser ist ein Kochbuch, das Gemüsefans in ihrem Glauben bestätigt und Gemüseverweigerer dazu bringt, es doch noch einmal miteinander zu versuchen.


Das Buch ist großformatig und ...

"Gemüseliebe" von Tina Ganser ist ein Kochbuch, das Gemüsefans in ihrem Glauben bestätigt und Gemüseverweigerer dazu bringt, es doch noch einmal miteinander zu versuchen.


Das Buch ist großformatig und wunderschön, mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Es gibt genügend große und appetitanregende Fotos, zu jedem Rezept, mindestens eine Seite Abbildung. Außerdem ist der Text intelligent und einheitlich konzipiert, denn zu jedem Rezept gibt es am Rand eine Spalte mit zusätzlichen Tipps und eine Kopfzeile oben mit den wichtigsten Anfangsinfos, wie Schwierigkeitsgrad, Zubereitungszeit und Hauptgemüsezutat. 


Das Kochbuch unterteilt sich in die folgenden Kapitel: Snacks und kleine Gerichte, Tinas 30-Minuten-Küche, Moderne Klassiker, Aufgetischt, Die Nachhaltigen, All-In-One, To Go und Süße Schmankerln mit Gemüse. Zusätzlich gibt es noch einige einleitende und informative Kapitel und außerdem am Ende Register, um die richtigen Rezepte zu finden und ein Glossar, um sich von den österreichisschen Begriffen nicht verwirren zu lassen. Das habe ich auch manchmal gebraucht, obwohl ich mit meinem Bayerisch nicht so weit davon weg bin. :)


Insgesamt hat mir das Kochbuch sehr gut gefallen, sowohl als Bilder- und Lesebuch, als auch beim Nachkochen. Alles hat gut geklappt, wenn man sich genau an die Angaben hält, nur manchmal darf man ein bisschen stärker würzen, aber das ist ja Geschmackssache. 


Ich habe nur einen einzigen Kritikpunkt: Ich finde, dass bei den Rezepten oft zu viele Arbeitsschritte in einen Unterpunkt gepackt wurden. Ich bin jemand, der schon nach der Reihenfolge im Rezept kocht, und dann denkt, dass man alles, was unter einem Abschnitt steht, auch in einem Rutsch erledigen kann, aber das würde hier sehr stressig. Aber wenn man alles in Ruhe, schön nacheinander macht, dann klappt alles wunderbar.

Veröffentlicht am 02.12.2017

Der Geschichte auf den Grund gehen ist gefährlich...

In tiefen Schluchten
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Das Buch "In tiefen Schluchten" von Anne Chaplet trägt den Untertitel "Ein Kriminalroman aus dem Süden Frankreichs". Dieser Untertitel passt fast überhaupt nicht zu dem Buch, das ändert aber nichts daran, ...

Das Buch "In tiefen Schluchten" von Anne Chaplet trägt den Untertitel "Ein Kriminalroman aus dem Süden Frankreichs". Dieser Untertitel passt fast überhaupt nicht zu dem Buch, das ändert aber nichts daran, dass es wunderschön zu lesen, unterhaltsam und auch spannend ist.

Anne Chaplet entführt uns in einen grandiosen Landstrich, in das fiktive Dörfchen "Belleville" in der ansonsten realen Gegend der Cevennen und der Ardeche. Hier angekommen fühlt man sich durch ihre Beschreibungen sehr wohl und wie im Urlaub. Ich hatte bis jetzt noch nie das Bedürfnis, in Frankreich Urlaub zu machen, weil ich kein Französisch kann, aber nach diesen Beschreibungen von Wanderungen, Höhlen und Restaurants zieht es auch mich dorthin.
Dabei erzählt uns die Autorin eigentlich eine tragische Geschichte: Ihr Chef hat Viktoria, genannt Tori, einen Heiratsantrag gemacht - nicht, weil er sie liebt, sondern, damit sie die Anwaltskanzlei ohne viel Bürokratie übernehmen kann, wenn er stirbt. Er leidet an einem Gehirntumor und weiß nicht, wie lange er noch zu leben hat. Das unglaubliche passiert: Die beiden heiraten und verlieben sich danach tatsächlich ineinander. Sie verbringen wunderschöne Monate, gehen nach Südfrankreich um mehr über seine Vorfahren herauszufinden. Aber natürlich geschieht das Unvermeidliche: Er stirbt und seitdem ist Tori wie in Trance, macht fast nichts mehr außer schlafen. Sie braucht eine neue Aufgabe. Sie versucht weiter, etwas über die hugenottischen Vorfahren ihres Mannes herauszufinden und ist dabei schon mitten unter den Einheimischen und ihren Gewohnheiten angekommen. Doch je mehr sie nachforscht, desto verschlossener werden alle. Nur ihr Freund Nico hilft ihr. Es verschwinden und sterben immer mehr Leute, die etwas zu wissen scheinen - doch was? "Unsere Schande", war das einzige, was ihr ein alter Mann verriet, bevor er sterben musste. Ich will hier natürlich nicht alles verraten, lest lieber selbst! 

Die Geschichte wird spannend und anschaulich erzählt, nebenbei erhält man viele Infos über die Geschichte der Hugenotten und auch wunderschöne Wander- und Landschaftsbeschreibungen. Tori kommt auch auf den Hund, der die ganze Geschicht zwischendurch auflockert. Auch lernt Tori neue Männer kennen, wobei ich gestehen muss, dass für mich am Ende leider der Falsche "gewinnt"... 

Insgesamt ein schöner Roman, der tolle Stimmungen erzeugt. Definitiv kein Kriminalroman, erst gegen Ende werden die Verbrechen und die (polizeiliche) Ermittlung Hauptthema. 

Ich hätte mir insgesamt gewünscht, dass das Ganze am Ende etwas mehr aufgelöst wird - denn obwohl sich die Polizei mit dem Thema befasst hat, bleibt am Ende noch einiges in der Schwebe, um den Dorffrieden nicht zu stören. Das hat mir nicht so gut gefallen. Außerdem bin ich mit Toris Männerwahl nicht zufrieden - aber das ist ihre Entscheidung.

Veröffentlicht am 02.12.2017

Alles bestens in QualityLand...

QualityLand
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Das neue Buch von Marc-Uwe Kling, "QualityLand" wäre ein sehr lustiger Zukunftsausblick - wenn wir nicht im Alltag schon sehen könnten, dass wir unaufhaltsam auf so etwas Ähnliches zusteuern! Deswegen ...

Das neue Buch von Marc-Uwe Kling, "QualityLand" wäre ein sehr lustiger Zukunftsausblick - wenn wir nicht im Alltag schon sehen könnten, dass wir unaufhaltsam auf so etwas Ähnliches zusteuern! Deswegen ist es zusätzlich zu seinen sehr humorvollen Elementen auch ein warnendes Beispiel, was aktuell schon schief läuft und wo wir es nicht zu weit treiben dürfen. 

Wir werden als Touristen und stumme Beobachter in die neue Zeit und Welt QualityLand geführt, in der alles nicht gut oder sehr gut, sondern perfekt ist, schon von Gesetzes wegen. Wir begleiten Peter Arbeitsloser (die Nachnamen erhält man nach dem Beruf der Eltern) bei seinem halbherzigen Kampf gegen das System und den Präsidentschaftskandidaten John of Us in seinem Wahlkampf - er ist der erste Androide in der Politik. 
Dazwischen wird das Geschehen von Werbeeinblendungen und Nachrichten-Posts unterbrochen, die sehr dazu beitragen, dass man sich die Welt besser vorstellen kann. Bei diesem Teil des Buches wird auch interessant ob man ein helles oder dunkles Buch gekauft hat, denn diese unterscheiden sich nicht in der Handlung, sondern nur in den Einblendungen. Am Ende des Buches bekommt man einen Link unter dem man die Einblendungen der jeweils anderen Ausgabe lesen kann. Diese verschiedenen Ausgaben passen perfekt in das Konzept von QualityLand, in dem alles so personalisiert und berechnet ist, dass man, z.B. nichts mehr bestellen muss, sondern das, was man sich wünscht automatisch geliefert bekommt. 

Leider bekommt "QualityLand" von mir aber trotz allem nur 4 statt 5 Sterne. Ich finde die meisten Bestandteile dieses Buches sehr gut: die Grundidee, den logischen Aufbau der Welt, die Erzählweise, die Werbe-Einblendungen und die grafische Gestaltung des Buches. Doch das wichtigste - die Handlung - gerät für mich etwas zu sehr in den Hintergrund. Neben dem Aufbau der schillernden neuen Welt bleibt am Ende doch das Gefühl, dass es nur wenig Entwicklung gab und wir, trotz einiger - mehr oder weniger halbherziger - Versuche etwas zu verändern, wieder genau da sind, wo wir begonnen haben. Das hat mich am Ende etwas enttäuscht. 
Ich habe bei Büchern, die ein für mich so unerwünschtes Bild von der Zukunft zeigen, immer die Hoffnung, dass am Schluss alles in sich zusammenbricht und eine "normalere" Welt einkehren kann. Das ist hier überhaupt nicht der Fall. Das System wurde zwar infrage gestellt und kritisiert - trotzdem ändert sich nichts und keinen scheint es zu stören. 

Alles in allem ist "QualityLand" ein sehr gelungener Zukunftsroman, der satirisch die aktuellen technischen Entwicklungen und Personalisierungsbestrebungen, die den Nährboden für das, was in QualityLand Realität ist, bilden, aufs Korn nimmt. Absolut lesenswert - aber hinterher ist man ein bisschen paranoider als zuvor.