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Veröffentlicht am 27.04.2022

Stadt der Fragen ohne Antworten

Das Geheimnis von Granada
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„Diego ist mein morgen. Und mein übermorgen und alles, was danach kommt ebenso. Für den Rest meines Lebens!“

„Das Geheimnis von Granada“ ist ein historischer Liebesroman von Emma Wagner. Er erschien am ...

„Diego ist mein morgen. Und mein übermorgen und alles, was danach kommt ebenso. Für den Rest meines Lebens!“

„Das Geheimnis von Granada“ ist ein historischer Liebesroman von Emma Wagner. Er erschien am 12. April 2022 im Tinte und Feder Verlag von Amazon Publishing und ist in sich abgeschlossen.
Granada, 1974: Spanien zur Zeit der Franco-Ära. Die Menschen leben vielfach in Armut, Angst und Unterdrückung. Mina und ihr Freund Diego versuchen eine gemeinsame Zukunft aufzubauen, doch die Umstände scheinen gegen ihre Liebe sein…
Deutschland, heute: Die junge Ärztin Marisol bricht überstürzt nach Spanien auf. Ihr Großvater ist krank und sie möchte ihren Großeltern beistehen. In Spanien angekommen, lernt sie den mysteriösen Fabio kennen, der sie einerseits irgendwie ängstigt, andererseits aber auch unglaublich anzieht. Was verbirgt er und was steckt hinter Marisols Familiengeschichte?

Endlich wieder ein neuer Roman von Emma Wagner! Ich hatte mich so darauf gefreut und, was soll ich sagen, meine Erwartungen wurden voll und ganz erfüllt!
Die Geschichte wird auf zwei Handlungs- und Zeitebenen erzählt, wobei die heutige Zeit aus der Ich-Perspektive, die Vergangenheit aus personaler Erzählperspektive beschrieben wird. Durch die Perspektivwechsel und die jeweiligen Kapitelüberschriften kann man also sehr gut zwischen den Zeiten unterscheiden und kommt nicht durcheinander. Diese Abgrenzung hat mir sehr gut gefallen. Zunächst sind zwischen den Zeitsträngen natürlich keinerlei Verknüpfungen erkennbar, diese ergeben sich erst nach und nach und erst mit der Lösung des Rätsels, werden sämtliche Verbindungen aufgelöst.
Das Grundrätsel des Romans konnte ich mir hierbei relativ schnell denken, dies lag allerdings daran, dass ich erst vor Kurzem ein Buch zu ebendiesem Thema gelesen habe und denke, dass man ansonsten eher nicht daraufkommt. Doch obwohl ich schon recht früh eine Idee hatte, worauf es hinauslaufen könnte, hat dies der Lesefreude keinerlei Abbruch getan!
Marisol, die junge Ärztin aus der heutigen Zeit, hat mir als Figur sehr gut gefallen. Sie ist sympathisch und hilfsbereit, gleichzeitig weiß sie aber auch, was sie nicht will. Sie hat in ihrem Leben schon einiges durchmachen müssen und ihr Entschluss trotz allem nach Spanien zu reisen imponiert mir sehr. Ihr Umgang mit dem mysteriösen Fabio und der folgenden Suche nach ihrem Familiengeheimnis gefällt mir ebenfalls sehr. Die Liebesgeschichte rückt dabei ein wenig in den Hintergrund, rundet die Handlung aber insgesamt ab. Letztlich ist es aber so, dass mir die Figuren in der Vergangenheit deutlich mehr ans Herz gewachsen sind. Die Geschichte von Mina und Diego ist unglaublich emotional und nicht nur einmal habe ich mit den Tränen gekämpft. An vielen Stellen war ich sehr betroffen von den Ereignissen und habe stark mit den Figuren mitgefiebert. Gerades Minas Stärke hat mich dabei sehr begeistert. Sie ist eine unglaublich mutige Frau, die für ihre Familie einsteht und mit allen Mitteln für sie kämpft.
Historische Begebenheiten der Franco-Ära werden mühelos in die Handlung eingearbeitet und bringen dem Leser eine Zeit näher, über die ich bisher tatsächlich noch nichts wusste. Auch machen mich einige beschriebene Fakten tatsächlich sprachlos – mehr kann ich aber nicht sagen, ohne zu spoilern!
Die bildlichen Beschreibungen der Handlungsorte bringen einem gerade Granada sehr nahe und machen Lust auf eine Reise in die offenbar wunderschöne Stadt.
Gefallen haben mir zudem die passenden Zitate jeweils am Kapitelanfang! Und auch der Schreibstil der Autorin ist wieder einmal wunderbar. Locker, leicht und flüssig; an den richtigen Stellen dramatisch und mitreißend.

Mein Fazit: „Das Geheimnis von Granada“ ist ein emotionaler und spannender historischer Roman. Er verbindet brillant Liebesgeschichte mit historischen Fakten und Familiendrama - ist man erst einmal in die Handlung eingestiegen, lässt sie einen nur schwer wieder los. Ich habe ihn unglaublich gern gelesen und vergebe 5 von 5 Sternen!

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Veröffentlicht am 18.04.2022

Selbstständigkeit

Ursula und die Farben der Hoffnung
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„Ich möchte zeichnen, malen, irgendwas erschaffen. Ich will ich sein. So dunkelblau und rosenrot, wie ich nun mal bin.“

„Ursula und die Farben der Hoffnung“ ist der zweite Band der Familiensaga „Eine ...

„Ich möchte zeichnen, malen, irgendwas erschaffen. Ich will ich sein. So dunkelblau und rosenrot, wie ich nun mal bin.“

„Ursula und die Farben der Hoffnung“ ist der zweite Band der Familiensaga „Eine Familie in Berlin“. Er erschien im Februar 2022 im Aufbau Verlag und kann unabhängig von Band 1 gelesen werden. Sollte Band 1 aber ebenfalls gelesen werden wollen, würde ich empfehlen, die Reihenfolge einzuhalten, da man sich sonst selbst spoilert.
Ursula ist ein stilles und zurückhaltendes junges Mädchen. Schon immer interessiert sie sich mehr fürs Zeichnen als für andere Dinge, der Zeichenblock ist ihr ständiger Begleiter. Doch erst als sie Vera Dehmel, deren Künstlerfamilie und -freunde kennenlernt, beginnt sie eine entsprechende Ausbildung anzustreben. Doch der erste Weltkrieg steht bevor und eine schwierige Zeit für alle beginnt…

Nachdem ich den ersten Band der Buchreihe in weiten Teilen recht zäh und langatmig fand, hatte ich vor dem zweiten Teil natürlich ein wenig Respekt und war nicht sicher, ob er mir wirklich gefallen würde. Zum Glück stellte sich aber schnell heraus, dass ich diesmal viel besser in die Handlung einsteigen und mit Ursula mitfiebern konnte!
Ursula ist eine interessante junge Frau. Sie interessiert sich eigentlich nur für das Zeichnen und ist dabei dennoch offen und freundlich. Früh beginnt sie Standesdünkel und Gesellschaftsunterschiede zu hinterfragen und erkennt, dass es für weniger wohlhabende Menschen nicht immer leicht ist. Durch die Bekanntschaft und schließlich Freundschaft zu Vera Dehmel und ihrer Familie lernt sie dann auch andere Gesellschaftskreise kennen und merkt schnell, dass sie bei den „Künstlern“ zu Hause ist. Die etwas lockereren, aber vor allem moderneren Sitten sowie die politischen und künstlerischen Diskussionen liegen ihr sehr und bald fühlt sie sich bei den Dehmels Zuhause.
Durch die Dehmels wird Ursula auch darin bestärkt, eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule zu machen und einen künstlerischen Beruf auszuüben. Dies ist ein großer Wunsch von ihr, denn sie möchte nicht eines Tages mittellos dastehen, sondern ihr Leben selber ohne Mann finanzieren können.
Die Autorin greift mit diesem Thema die gesellschaftliche Entwicklung in Hinblick auf die Frauenbewegung auf und zeigt deutlich, dass eine Zeit begonnen hat, in der auch Frauen eigenständig sein können und wollen.
Doch auch der Liebe begegnet Ursula auf ihrem Weg, denn obwohl sie selbst eigentlich erst einmal nur ihre Ausbildung im Sinn hat, werben so einige Herren um sie. Ihr Herz gehört jedoch nur einem – Heinrich Dehmel – und dieser scheint unerreichbar. Als der erste Weltkrieg schließlich naht, bekennen die beiden aber ihre Gefühle und für Ursula beginnt eine Zeit der Angst und der Hoffnung…
Erneut finde ich, dass der Klappentext des Buches nicht ganz dem eigentlichen Inhalt entspricht. Für mich liegt der Fokus des Romans nicht, wie dort assoziiert, auf der Liebesgeschichte zwischen Ursula und Heinrich, sondern vielmehr auf Ursulas persönlicher Entwicklung. Wir begleiten sie zwischen den Jahren 1911 und 1917 und können beobachten, wie sich aus dem unbedarften Mädchen eine selbstbewusste Frau mit eigenen Wünschen und Zielen entwickelt. Außerdem treffen wir natürlich Paula Dehmel, die Protagonistin aus Band 1 wieder und begleiten auch sie ein weiteres Stück ihres Lebens.
Anders als bei Paulas Geschichte, die sich über mehrere Jahre zog, umfasst dieser Roman also nur sechs Jahre. Die kürzere Zeitspanne hat mir persönlich aber sehr gut gefallen, da man deutlich mehr über die Figuren erfährt und dichter an ihrem Leben dran ist. Die personale Erzählperspektive aus Ursulas Sicht vermittelt Gefühle und Gedanken der jungen Frau sehr gut. Anders als im vorherigen Band gibt es kaum Briefe oder Gedichte, die die Erzählung unterbrechen, was mir beim Lesen deutlich besser gefallen hat!
Ulrike Renks Schreibstil ist flüssig, die Beschreibungen bildgewaltig und die Charakterisierung der Figuren authentisch und interessant. Sie versteht es, individuelle Charakterzüge hervorzuheben und keine Person gleichförmig zu einer anderen darzustellen. Sehr gefallen hat mir zum Beispiel Ursulas Großmutter, die zunächst sehr konservativ wirkt und handelt, später dann aber mit einigen sehr überraschenden Ansichten und Entscheidungen überrascht.
Auch historische Ereignisse werden brillant in die Handlung eingewoben, sodass man noch einiges über die damalige Zeit lernen kann.

Mein Fazit: Ursulas Geschichte war für mich deutlich flüssiger, interessanter und damit leichter lesbar als der erste Band der Buchreihe. Ich mag sie als Person und finde ihre Entwicklung sowie ihre Ansichten spannend und gut dargestellt. Ich bin sehr gespannt, wie ihre Geschichte, die auf einer realen Figur basiert, weitergeht und vergebe für diesen Teil 4,5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 17.04.2022

Zwänge

Die Birken der Freiheit
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„Zwang hat noch selten dazu geführt, Menschen zu motivieren.“

„Die Birken der Freiheit“ ist ein historischer Roman von Christine Kabus. Er erschien im Februar 2022 im Aufbau Verlag und ist der zweite ...

„Zwang hat noch selten dazu geführt, Menschen zu motivieren.“

„Die Birken der Freiheit“ ist ein historischer Roman von Christine Kabus. Er erschien im Februar 2022 im Aufbau Verlag und ist der zweite Band der Estland-Saga der Autorin. Die Bücher können aber unabhängig voneinander gelesen werden.
1914: Luise reist als Zofe der adligen Wilhelmine von Deutschland nach Estland. Wilhelmine soll in Estland ihren seit langem versprochenen Ehemann heiraten, doch die Liebe verläuft nicht immer nach Plan und so kommt alles anders als gedacht und auch der drohende erste Weltkrieg vereinfacht die Lage nicht…
1989: Merike hat schon immer das Gefühl, dass sie im kommunistischen System deutlich mehr unter Beobachtung steht als andere. Warum? Das kann sie sich auch nicht recht erklären, aber nach der unbedachten Aussage ihres Vorarbeiters, keimt in ihr immer mehr der Verdacht auf, dass ihre Familie ein Geheimnis verbirgt…!

Der Roman von Christine Kabus beschäftigt sich historisch mit der Unabhängigkeit Estlands. Das Land wurde im Laufe der Geschichte zweimal eigenständig, beide Zeitebenen werden im Roman dargestellt. Die Zugehörigkeit zu Russland sowie der Kampf um die estländische Identität sind dabei derzeit so aktuell, wie die Autorin es sich beim Schreiben des Romans sicherlich kaum vorstellen konnte. Ich begann das Buch wenige Tage nach dem Kriegsanfang in der Ukraine und hatte an manchen Stellen durchaus unangenehme Gefühle, da ich immer wieder an die aktuelle Situation erinnert wurde und ich nicht ganz in die fiktive Geschichte abtauchen konnte. Entsprechend schwer fiel mir daher leider auch das Lesen, was dazu führte, dass ich zunächst sehr schwer in den Roman hineinkam. Die Handlung dreht sich dabei allerdings keinesfalls hauptsächlich um die „erzwungene Russifizierung“ Estlands, sondern vielmehr um die Familiengeschichten von Luise und Merike.
Die historischen Ereignisse fügen sich gut in die fiktive Handlung ein und runden diese ab. Die Geschichte spielt dabei auf zwei Zeitebenen und wechselt entsprechend zwischen den Figuren. Die Kapitel sind dabei stets mit Jahres- und Ortsangaben versehen, sodass man nicht durcheinanderkommt.
Beide Zeiten haben mir dabei sehr gut gefallen, der Schreibstil ist flüssig und leicht, die Figuren authentisch und sympathisch. Ich hatte tatsächlich keine wirkliche Lieblingsfigur und habe sowohl mit Luise als auch mit Merike mitgefiebert. Jede der beiden Frauen kämpft auf ihre Weise für ihre Zukunft und muss dabei so einigen Widerständen trotzen. Während Luise zunächst hauptsächlich mit gesellschaftlichen Zwängen kämpft, hat Merike es hauptsächlich mit den Widrigkeiten des kommunistischen Systems zu tun. Die Hintergründe werden hier in beiden Zeitebenen brillant dargestellt und wiedergegeben.
Die Verbindung von Luise und Merike habe ich bis zum Romanende kaum erahnen können und war schließlich sehr überrascht über die eingebauten Wendungen. Schneller erkannt hatte ich hingegen die Verbindung zum ersten Band der Buchreihe. Ich freue mich, hier eine Verknüpfung herstellen zu können, diese ist aber so minimal, dass man die Bücher definitiv unabhängig voneinander lesen kann!
Gefallen hat mir im Roman außerdem sehr, dass Gefühle und Hoffnungen gut und authentisch transportiert werden. Ich habe sehr mit den Figuren gelitten und zum Beispiel lange gehofft, der erste Weltkrieg möge ausbleiben, obwohl mir ja klar war, dass dies nicht geschehen würde…
Sehr gemocht habe ich zudem die Entwicklung Merikes. Diese wirkt zunächst wie eine junge Frau, die unbedingt ins kommunistische System passen möchte und darauf bedacht ist, bloß nicht anzuecken oder aufzufallen, kurzum ist sie eher schüchtern und zurückhaltend. Im Laufe der Geschichte jedoch erkennt sie, was es mit ihrer Familiengeschichte auf sich hat und traut sich schließlich, ihre eigenen Wünsche durchzusetzen und auch mal entgegen dem Willen anderer zu handeln oder zu ihrer Meinung zu stehen.

Mein Fazit: Insgesamt schreibt Christine Kabus erneut einen guten und unterhaltsamen historischen Roman. Ich kannte die meisten historischen Hintergründe bisher nicht und habe mich gefreut, etwas Neues zu lernen. Die Geschichte ist mitreißend und spannend und wurde für mich nur durch die dramatische Aktualität etwas zäh und schwierig zu lesen. Von mir gibt es aber dennoch 4,5 von 5 Sternen und ich freue mich auf weitere Bücher der Autorin!

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Der Traum vom Horizont

Der Traum vom Horizont
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„Wenn wir es nur wollen, können wir aus den gesellschaftlichen Zwängen ausbrechen!“

„Der Traum vom Horizont“ ist der erste Band der „Die von Bahlow Saga“ von Alexandra Fischer. Er erschien erstmals im ...

„Wenn wir es nur wollen, können wir aus den gesellschaftlichen Zwängen ausbrechen!“

„Der Traum vom Horizont“ ist der erste Band der „Die von Bahlow Saga“ von Alexandra Fischer. Er erschien erstmals im Januar 2016 und wurde 2022 bei Books on Demand neu aufgelegt. Er ist eine historische Familiensaga, welche hauptsächlich auf Samoa spielt.
Samoa, 1902: Die Familie von Bahlow ist nach Samoa ausgewandert, da sich das Familienoberhaupt Karl hier eine erfolgreiche Karriere als Pflanzer verspricht. Die Lebensumstände auf Samoa sind allerdings deutlich anders als in Deutschland und jede der vier Frauen der Familie steht plötzlich vor ihren eigenen Herausforderungen. Sie lernen die Liebe kennen und plötzlich droht der erste Weltkrieg alles auseinander zu reißen…

„Die von Bahlow Saga“ ist definitiv kein einfacher Roman. Die Autorin schreibt eine Geschichte, in der das wahre Leben kaum brutaler sein könnte. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich einen riesengroßen Hass auf Karl von Bahlow, der absolut arrogant, sadistisch und nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Er behandelt nahezu niemanden respektvoll, seine Familie und seine Angestellten sind für ihn lediglich Mittel zum Zweck. Erfüllt jemand nicht alle seine Wünsche oder handelt entgegen seiner gesellschaftlichen Ansichten, bekommt er die Konsequenzen zu spüren. Unter seinem Regiment leidet die ganze Familie und die Stimmung sinkt stets auf den Nullpunkt, wenn Karl in der Nähe ist. Diese gedrückte Stimmung liegt allerdings auch in Karls Abwesenheit permanent auf der Familie und nimmt auch den Leser ein.
Zusätzlich zu diesem absolut furchtbaren Kerl, haben aber auch die Frauen der Familie Bahlow ihre Ecken und Kanten und irgendwie muss ich zugeben, dass ich keine Figur so richtig in mein Herz geschlossen habe. Alle Charaktere sind auf ihre Art speziell und so manches Mal wollte ich sie packen, schütteln und fragen: „Wie kannst du bloß so handeln?“… Am ehesten gefielen mir noch die jüngste Tochter Martha und die Samoanerin Aveolela. Letztlich sind es aber trotzdem genau diese Figuren, die eben nicht perfekt sind, die die Handlung so genial und spannend machen. Alle Figuren sind einzigartig charakterisiert und gerade die drei Töchter könnten unterschiedlicher kaum sein. Sie sind so individuell und dadurch unglaublich authentisch!
Für mich war die Geschichte zu keiner Zeit vorhersehbar. Ständig passierte etwas, das ich nicht erwartet hatte und das mich stets überraschte. Insgesamt ist die Stimmung im Roman eher gedrückt, selten gibt es wirklich fröhliche Momente. Leider haben die Frauen der Familie Bahlow das Glück nicht wirklich gepachtet und auch die Liebe spielt große ihre Streiche mit ihnen… Im Grunde ist niemand in der Familie richtig glücklich, ein Ausbrechen wagt dennoch niemand - die gesellschaftlichen Zwänge engen sie zu sehr ein….
Durch die wechselnde personale Erzählperspektive sowie die größeren Zeitabstände zwischen den Kapiteln begleitet man die Familie von Bahlow von 1902 bis 1920 und erlebt so einiges mit ihnen.
Der geschichtliche Hintergrund wird dabei brillant in die Handlung eingewoben ohne dominant zu wirken. Die realen Ereignisse und Figuren fügen sich in die fiktive Geschichte ein und runden sie ab. Ich habe so einiges über die Kolonialherrschaft sowie über das damalige „Rassendenken“ der Deutschen gelernt.
Obwohl die Stimmung im gesamten Roman eher gedrückt ist und ich ständig gehofft habe, dass doch nun endlich mal eine positive Wendung eintreten müsste, hat mich der Roman vollständig eingenommen. Alexandra Fischers Schreibstil ist mitreißend und fesselnd, die Geschichte teilweise so dramatisch und irgendwie traurig, dass ich stets weiterlesen musste! Ich konnte das Buch also nur schlecht zur Seite legen und freue mich nun sehr auf den nächsten Band der Buchreihe.

Mein Fazit: „Der Traum vom Horizont“ ist ein unglaublich intensiver historischer Roman über verlorene Träume, Sehnsüchte und Chancen, der einen fasziniert und mitreißt. Von mir gibt es für diesen außergewöhnlichen historischen Roman eine klare Leseempfehlung und 5 von 5 Sternen!

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Zusammen

All die Sterne zwischen uns
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„Wir teilten die Einsamkeit und dadurch war es irgendwie weniger schlimm.“

„All die Sterne zwischen uns“ ist ein New-Adult-Roman von Katharina Olbert. Er erschien im Dezember 2021 bei Books on Demand ...

„Wir teilten die Einsamkeit und dadurch war es irgendwie weniger schlimm.“

„All die Sterne zwischen uns“ ist ein New-Adult-Roman von Katharina Olbert. Er erschien im Dezember 2021 bei Books on Demand beziehungsweise als ebook im Forever Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Clarissa wacht nach einem Selbstmordversuch im Krankenhaus auf, kann sich jedoch weder an die Gründe noch an die Tat selbst erinnern. Um ihre Erinnerungen zurückzubekommen und die offensichtlichen Probleme zu überwinden, begibt sie sich in eine Therapieklinik. Dort lernt sie den verschlossenen Bela kennen und lieben - können die beiden ihre Traumata überwinden?

„All die Sterne zwischen uns“ ist ein bewegender und tiefgehender Roman. Er beschäftigt sich mit nicht gerade leichten Themen - Suizid, Süchte und Traumata spielen eine zentrale Rolle. Zudem wird der Umgang der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen sowie der positive Einfluss von Tieren bei der Genesung aufgegriffen und reflektiert. Alles in allem also kein Friede-Freude-Eierkuchen-Setting, das aber definitiv eine positive Botschaft vermittelt und zum Nachdenken anregt.
Clarissa ist eine sehr sympathische junge Frau. Sie ist hilfsbereit, fröhlich und offen. Sie kümmert sich liebevoll um ihren jüngeren Bruder und zunächst fällt es schwer zu glauben, dass sie sich wirklich selbst verletzen oder gar umbringen wollte. Auch sie selbst kann es sich eigentlich nur schwer vorstellen, doch die Beweise sind nun mal unmittelbar vorhanden… Ihre Entscheidung, eine geschlossene Therapie zu machen, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen, finde ich sehr mutig und bewundernswert. Ich glaube nicht, dass jeder diesen Schritt wagen würde, gerade wenn man sich eigentlich nicht mehr an die Tat erinnert.
Die Klinik überrascht ebenfalls positiv. Sowohl Clary als auch den Leser, denn zumindest ich hatte irgendwie einen sterilen, langweiligen und düsteren Ort erwartet und auch Clary ging es wohl so. Die Einrichtung entpuppt sich dann aber als fröhlich und hell und auch die anderen Patienten nehmen Clary mit offenen Armen auf und schnell entwickeln sich sogar Freundschaften. Gerade zu dem eher abweisenden und zurückgezogenen Bela baut Clary recht schnell eine Verbindung auf. Beide lieben Tiere und kommen sich dadurch näher. Dies ist ungewöhnlich, denn Bela lässt eigentlich kaum jemanden an sich heran. Clary jedoch durchbricht seine persönliche Mauer langsam, aber sicher und kommt dem Grund seiner Therapie immer näher…
Die Annäherung der beiden ist liebevoll und bewegend beschrieben. Gefühle und Gedanken werden durch die wechselnde Ich-Perspektive sehr gut transportiert und dadurch auch nachvollziehbar. Die Probleme und Erlebnisse der beiden werden sehr transparent dargestellt und so, wie die beiden sich gegenseitig besser kennenlernen, erfährt auch der Leser immer mehr über die Charaktere und Erlebnisse der beiden. Sie wirken auf mich sehr authentisch und realistisch, Sorgen für die Zukunft und vorhandene Probleme passen gut zu dem Alter der Figuren und sind auch absolut passend für einen Roman in diesem Genre.
Auch die Charakterisierung der anderen Figuren ist sehr authentisch gelungen. Sympathien und Antipathien werden schnell deutlich und werden sehr gut vermittelt.
Sehr gefallen haben mir zudem die eingebundenen Therapietiere, der lockere und mitreißende Schreibstil sowie die persönliche Entwicklung der Protagonisten.
Bela und Clary können ihre Ängste und Probleme gemeinsam anpacken und unterstützen sich gegenseitig so gut sie können. Sie geben einander Halt und können gut nachvollziehen, wie es dem anderen vermutlich geht. Dass beide Protagonisten in diesem Roman ein so großes Päckchen zu tragen haben, hat mich hierbei nicht gestört. Es rundet die Story ab und macht sie sogar glaubhafter, während es mich in manch anderem Roman auch schon gestört hat, wenn irgendwie jede Figur ein riesiges Problem hat.
Insgesamt ist die Handlung dabei natürlich ein wenig vorhersehbar, gerade die Auflösung von Clarys Selbstmordversuch hat mich dann aber doch sehr überrascht…

Mein Fazit: „All die Sterne zwischen uns“ ist ein bewegender und emotionaler New-Adult-Roman mit wichtiger Botschaft! Man muss seine Probleme nicht alleine lösen, sondern darf um Hilfe bitten! Das sollten wir nie vergessen! Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und vergebe 5 von 5 Sternen.

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