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Veröffentlicht am 14.03.2021

Blind Dates

10 Blind Dates für die große Liebe
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„So war ich früher nicht. Die letzte Woche hat mir gezeigt, wie sehr ich mich von mir selbst entfernt habe.“

„10 Blind Dates für die große Liebe“ ist ein New-Age-Roman von Ashley Elston. Er erschien am ...

„So war ich früher nicht. Die letzte Woche hat mir gezeigt, wie sehr ich mich von mir selbst entfernt habe.“

„10 Blind Dates für die große Liebe“ ist ein New-Age-Roman von Ashley Elston. Er erschien am 31.10.2019 im One Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Sophies Freund trennt sich völlig unerwartet von ihr und für Sophie bricht eine Welt zusammen. Doch ihre Großmutter hat eine Idee: Ablenkung hilft gegen Trübsal. Kurzerhand werden für Sophie 10 Blind Dates arrangiert und das totale Durcheinander bricht aus…

„10 Blind Dates für die große Liebe“ ist ein unglaublich niedlicher und humorvoller New-Age-Roman für kurzweilige Lesestunden.
Ich habe mich in der Geschichte sofort wohlgefühlt und konnte mich gut mit Sophie identifizieren. Diese ist 17 und im Grunde noch auf der Suche nach sich selbst und ihrer Zukunft. Nachdem ihr Freund sich unerwartet von ihr trennt, bricht für sie die Welt zunächst zusammen. Ihre unglaublich große Familie lässt ihr allerdings nicht viel Zeit zum Trauern, denn nachdem sich die Nachricht über die Trennung in kürzester Zeit herumgesprochen hat, sind alle bereit Sophie zu helfen. Sie sind sich einig: Ablenkung ist das Einzige, das bei Liebeskummer hilft. Also werden 10 Blind Dates arrangiert, auf denen Sophie einen neuen Freund finden soll, dabei ist die große Liebe im Grunde gar nicht so weit entfernt…
Sophies Dates sind dabei sowohl gelungen, als auch absolute Katastrophen. Mein Favorit ist der „Hundert-Hände-Harold“ und an so vielen Stellen musste ich herzlich lachen. Der Schreibstil ist enorm flüssig und humorvoll, die Ich-Perspektive von Sophie stellt ihre Gedanken und Gefühle gut dar. Diese sind typisch für eine 17-jährige und zeigen das Weltbild von jungen Erwachsenen sehr gut.
Auf der Suche nach „dem Richtigen“ und in der Umgebung ihrer Familie, die sie eine lange Zeit nicht mehr gesehen hat, lernt Sophie aber auch einiges über sich selbst. Sie erkennt, dass aus der Sophie, mit der man immer Spaß haben konnte, eine sehr organisierte und eher spießige junge Frau geworden ist, die sich zudem extrem von ihren Jugendfreunden entfernt hat.
Ihre Entwicklung und der Umgang ihrer ehemals besten Freunde mit der Situation haben mir sehr gut gefallen. „Die Fantastischen Vier“ halten auch nach der langen Zeit zu Sophie und unterstützen sie, wo und wie sie nur können. Dies hat mir sehr imponiert und ist für mich ein Zeichen von wahrer Freundschaft!
Mit der großen Familie von Sophie und den vielen damit verbundenen Namen hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, habe aber schließlich einfach drüber weggelesen, da es für die Story nicht unbedingt wichtig ist, jedes Familienmitglied eindeutig zuordnen zu können.
Die Charaktere sind insgesamt sehr liebevoll dargestellt und authentisch beschrieben. An manchen Stellen ist die Darstellung etwas überspitzt, dies trägt aber zur lustigen Atmosphäre bei und hat mir daher sehr gut gefallen.
Natürlich ist die Liebesgeschichte insgesamt eher vorhersehbar und wenig spektakulär. Typische Jugenddramen und -konflikte werden eingebaut und behandelt, das Ende ist nicht unbedingt überraschend. Trotzdem haben mir die Umsetzung, der wirklich schöne und flüssige Schreibstil und vor allem die grandiose Idee sehr gut gefallen!

Mein Fazit: Ich vergebe 5 von 5 Sternen für einen kurzweiligen, humorvollen und niedlichen New-Age-/Jugendroman, der einem einige kurzweilige Lesestunden beschert!

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Veröffentlicht am 11.03.2021

Kontrolle

Falling for my Brother's Best Friend (Baileys-Serie 4)
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„Da habe ich gemerkt, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn ich beginne, für mich selbst zu leben statt für alle anderen.“

„Falling for my Brother’s Best Friend“ ist der vierte Band der Baileys-Serie ...

„Da habe ich gemerkt, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn ich beginne, für mich selbst zu leben statt für alle anderen.“

„Falling for my Brother’s Best Friend“ ist der vierte Band der Baileys-Serie von Piper Rayne. Er ist aber in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Teilen gelesen werden. Er erschien am 01.03.2021 im Forever Verlag.
Savannah hat mit dem Familiengeschäft alle Hände voll zu tun. Für sich selbst und für die Liebe bleibt dabei nur wenig oder gar keine Zeit, zudem muss sie darauf achten, was die Bewohner von Lake Starlight von ihr halten – immerhin repräsentiert sie das Geschäft. Eine Beziehung zu dem einige Jahre jüngeren Freund ihrer Brüder, der außerdem noch Tätowierer ist, ist daher ausgeschlossen. Das Knistern zwischen ihnen kann Savannah aber nicht ignorieren und in einer Kleinstadt kann man sich nicht immer aus dem Weg gehen. Schon gar nicht, wenn Großmutter Dori ein Wörtchen mitzureden hat…

Der Einstieg in der vierten Band der Baileys-Reihe fiel mir sehr leicht. Man war sofort wieder mittendrin im Familienchaos und fühlte sich dort auch direkt wieder wohl. Der flüssige und humorvolle Schreibstil des Autorenduos tat sein Übriges dazu. Ich habe Savannahs und Liams Geschichte innerhalb kürzester Zeit gelesen und mich sehr gut unterhalten gefühlt.
Insgesamt ist der Roman eine typische Lovestory. Liam als scheinbarer Bad Boy hat sich für die eine Frau entschieden, die ihn sesshaft werden lassen könnte. Savannah glaubt jedoch nicht daran und bezweifelt, dass es für Liam „die Eine“ überhaupt geben kann. Sie möchte keine seiner Errungenschaften sein und hat im Grunde auch keine Zeit für eine Beziehung. Dennoch knistert es extrem zwischen den beiden und ihr Umgang ist gespickt mit allerlei Neckereien und indirekten Flirtversuchen. Frei nach dem Motto: „Was sich neckt, das liebt sich.“ Mit dieser Beschreibung ist der Roman dann im Grunde sehr vorhersehbar und unspektakulär. Trotzdem sind die Charaktere aber liebevoll und authentisch gezeichnet, die Story definitiv etwas zum entspannten Weglesen. Und auch ein bisschen Tiefgang ist mit von der Partie: Savannah ist seit dem Tod ihrer Eltern die Vernünftige unter den Geschwistern. Sie hat das Familiengeschäft übernommen und mit Austin zusammen auch die Verantwortung über die jüngeren Geschwister. Diese Bürde hat sie hart und beherrscht gemacht. Nur selten gibt sie ihre wahren Gefühle preis, richtig fallen lassen kann sie sich nur selten. Im Grunde hat sie sich ein Stückchen selbst verloren, denn die lebenslustige und selbstbewusste Savannah von früher ist einer kontrollierten und ernsten, aber dabei häufig unsicheren Frau gewichen. Diese Verwandlung erkennen aber nur wenige, denn für ihre Geschwister ist genau dies ihre Art. Liam hingegen erkennt, was hinter Savannahs Fassade steckt, denn im Grunde hat er sich in die Frau von damals verliebt.
Als er die Gelegenheit bekommt, Savannah zu zeigen, dass das Leben auch manchmal Spaß machen kann und dass man durchaus auch mal den Moment kann, ergreift er seine Chance und gibt alles, um Savannahs Herz zu erobern.
Savannahs Entwicklung ist während des Romans deutlich erkennbar. Liams Unternehmungen zeigen ihr, dass das Leben auch noch leichte Seiten hat und dass man nicht immer funktionieren und effizient sein muss. Dies hat mir sehr gut gefallen.
Der Umgang von Savannah und Liam miteinander hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Meistens sind sie sehr ehrlich zueinander und versuchen das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen. Überrascht hat mich dann auch tatsächlich der Plottwist, den ich so nicht erwartete hätte.
Zudem gibt es im Roman immer mal wieder humorvolle Szenen, denn die Baileys sind einfach einzigartig. Gerade Großmutter Dori muss man einfach lieben und ohne sie wäre die Familie auch nur halb so charmant 😉. Ihre Rolle ist einfach genial und bringt einen immer wieder zum Lachen! Auch der typische amerikanische Kleinstadtcharme sowie das Klatschblatt Buzz Wheel werden wieder brillant eingebaut und sorgen für weitere witzige Szenen.
Gefallen hat mir außerdem, dass auch die anderen Familienmitglieder auftauchen und mehr oder weniger große Rollen bekommen. Der Roman kann zwar dennoch einzeln gelesen werden, die Verknüpfung und Fortsetzung der vorherigen Bände sowie die Überleitung auf die noch folgenden Teile gelingt aber sehr gut.

Mein Fazit: Insgesamt ist „Falling for my Brother’s Best Friend“ eine gelungene Fortsetzung der Baileys-Reihe. Die Liebesgeschichte ist insgesamt unspektakulär, aber dennoch solide, liebevoll und amüsant. Ich habe diesen Band sehr gerne gelesen und freue mich auf die weiteren Teile der Reihe. Savannah und Liams Geschichte bekommt 4 von 5 Sternen von mir.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Lügenkonstrukt

Klaras Schweigen
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„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“

„Klaras Schweigen“ ist ein historischer Roman von Bettina Storks. Er erscheint am 08.03.2021 im Diana Verlag und ...

„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“

„Klaras Schweigen“ ist ein historischer Roman von Bettina Storks. Er erscheint am 08.03.2021 im Diana Verlag und ist in sich abgeschlossen.
Als Miriams Großmutter beginnt, sich im Krankenhaus von ihrem Schlaganfall zu erholen, sind ihre ersten Worte Französisch. Diese Sprache hat Klara aber bisher nie gesprochen und wer ist der unbekannte „Pascal“ von dem Klara versucht zu erzählen? Miriam beschließt die Vergangenheit ihrer Großmutter zu erforschen und stößt dabei auf ungeahnte Familiengeheimnisse…

Der neuste Roman von Bettina Storks hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Man ist sofort mitten in der Geschichte und hat das Gefühl alles live zu erleben. Während Miriam beginnt die Vergangenheit ihrer Familie zu erforschen erfährt sie einige Dinge, die nicht gerade leicht zu verarbeiten sind. Sie stolpert über Familienfehden, Vorurteile, Missverständnisse sowie Geheimnisse und Lügen und stellt sich dabei immer wieder die Frage, wieso ihre Großmutter so lange geschwiegen hat.
Der mitreißende und unkomplizierte Schreibstil der Autorin lässt die Buchseiten nur so dahinfliegen. Mir gefällt, dass Bettina Storks ihre Romane sehr gradlinig und präzise aufbaut. Die Handlung ist auf die wichtigsten Aspekte reduziert ohne dabei zu kurz zu wirken. Sie ist schnörkellos, aber gerade dadurch unglaublich gut nachvollziehbar und der rote Faden, der in anderen Geschichten manchmal abhandenkommt, klar erkennbar. Gefühle und Gedanken sind nahezu greifbar und einige Szenen waren wirklich sehr emotional.
Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt, welche sich immer wieder miteinander abwechseln. Die jeweiligen Abschnitte haben eine sehr gute Länge, der Wechsel gelingt fließend und durch entsprechende Kapitelüberschriften eindeutig. Die Geschichte baut sich durch Miriams Suche und die eingebauten Rückblicke auf Klaras Vergangenheit nach und nach auf, bis schließlich alle Familiengeheimnisse aufgedeckt sind und auch Klara mit den Ereignissen in ihrem Leben abschließen kann. Es wird klar, warum Klara während ihres gesamten Lebens geschwiegen hat und was sie zu ihren Handlungen bewogen hat. „Es hängt zu viel dran“ ist dabei ein Satz, der zunächst unlogisch erscheint, sich aber nach und nach besser erklärt und schließlich eindeutig wird.
Beide Protagonistinnen waren mir sehr sympathisch. Ich kann sehr gut verstehen, dass Miriam die Geschichte ihre Familie aufarbeiten will, auch wenn sie damit alte Wunden aufreißt und gerade ihre Tante Lotte verstimmt. Während ihrer Suche stößt sie auf Tatsachen, die ihr Leben in ein anderes Licht rücken und sie zum Nachdenken und Grübeln bringen. Es wird sehr deutlich, wieso Miriam mit manchen Handlungen ihrer Vorfahren hadert, was vermutlich auf viele Menschen der Gegenwart zutrifft, wenn sie sich mit ihrer Familiengeschichte auseinandersetzen würden. Thematisiert wird dabei die Enteignung der Juden zur Zeit des Nationalsozialismus sowie die „Entschädigungen“ die anschließend zu leisten waren, aber auch die Frage, ob unsere Eltern und Großeltern es uns überhaupt schuldig sind von ihrer Vergangenheit zu erzählen.
Der historische Kontext wird anschaulich und authentisch in die fiktive Handlung eingebaut und erläutert ohne dabei langweilig zu wirken. Der Leser erhält realistische Einblicke in die Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg sowie die Ansichten und Weltbilder der damaligen Bevölkerung, was den Roman sehr intensiv und teilweise tragisch macht.
Besonders gefallen haben mir aber auch die bildlichen Beschreibungen der Stadt Freiburg sowie dem Freiburger Umland, da ich selbst Familie in dieser Umgebung besitze und daher einige der Orte zuordnen konnte.

Mein Fazit: „Klaras Schweigen“ ist ein weiterer brillanter und unterhaltsamer historischer Roman aus der Feder von Bettina Storks. Mitreißend und interessant beschreibt er die Suche von Miriam nach ihrer Familiengeschichte und dem Grund für das jahrelange Schweigen ihrer Großmutter. Fiktion und historische Ereignisse werden sehr gut miteinander verknüpft, die Handlung im historischen Kontext anschaulich erläutert. Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und vergebe 5 von 5 Sternen!

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Veröffentlicht am 06.03.2021

Freiheit

Die Frau von Montparnasse
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„War das Glück zugleich auch immer eine Gefahr? Wie konnte sie sich Sartre hingeben – denn nur das bedeutete für sie Liebe – und sich nicht gleichzeitig verlieren?

„Die Frau von Montparnasse“ ist ein ...

„War das Glück zugleich auch immer eine Gefahr? Wie konnte sie sich Sartre hingeben – denn nur das bedeutete für sie Liebe – und sich nicht gleichzeitig verlieren?

„Die Frau von Montparnasse“ ist ein historischer Roman von Caroline Bernard. Er erschien am 15.02.2021 im Aufbau Verlag und gehört zu der Romanreihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“.
Simone de Beauvoir ist anders. Ihr Lebenstraum ist es, ein Buch zu schreiben. Während ihres Studiums lernt sie Jean-Paul Sartre kennen und lieben. Gemeinsam lassen sie sich auf ein ungewöhnliches Bündnis ein: eine offene Beziehung zu einer Zeit, in der bürgerlichen Anschauungen noch sehr konservativ waren und alles außerhalb der klassischen Ehe vollständig abgewertet wurde... Doch was für Simone zunächst einfach klingt, entpuppt sich als echte Herausforderung, denn wie bringt man Liebe, Freiheit und Selbstständigkeit unter einen Hut ohne sich dabei selbst zu verlieren…?

Philosophie, Literatur, Sartre. Das ist Simones Welt. Sie ist anders, anders als die typische Frau zum Ende der 1920er, anders als die typische Frau heute. Sie ist intelligent, unglaublich klug und wissbegierig und daher als „Blaustrumpf“ verpönt. Doch die Schmähungen treffen sie nur bedingt, denn sie ist entschlossen zu lernen. Sie möchte ein Buch schreiben und unterrichten.
Die Ehe? Nur ein bürgerliches Konstrukt und wenig erstrebenswert… Doch dann lernt sie Sartre kennen. Dieser besticht nicht unbedingt durch äußerliche Reize, aber umso mehr durch Intelligenz, Charme und Worte. Im Nu wickelt er Simone um den Finger und eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Zusammen bilden Simone und Sartre eine Einheit, die die anderen ausschließt. Sie verstehen einander, wie es sonst niemand kann. Sie ergänzen ihre Gedanken, diskutieren stundenlang philosophische Fragen und haben einander immer etwas zu erzählen. Aus einer lockeren Beziehung entsteht ein Pakt, eine offene Beziehung, die alles erlaubt, aber dennoch Treue verspricht.
Eine Verbindung, die nicht immer einfach ist, denn auch Simone ist vor Gefühlen nicht gefeit und erschrickt selbst über die Anziehungskraft und die Sehnsucht, die Sartre bei ihr auslöst. Doch trotz ihrer Gefühle ist Simone klar, dass die Ehe für sie nicht tragbar ist. Sie möchte frei sein, sich selbst erfinden und sich vor allem selbst treu bleiben: „Ich werde mir immer treu sein, vor allen anderen.“.
Ihr Vorsatz ist eindeutig und klar, aber nicht immer leicht. Zwischen offener Beziehung, Freunden und Liebhaber*innen reibt sich Simone immer mehr auf. Sie nimmt sich Zeit für andere und deren Sorgen, aber verliert ihr Buchprojekt und sich selbst dabei immer wieder aus den Augen. Sie führt kein leichtes Leben und ist dennoch eine Frau, die ich bewundere.
Ich wusste vor dem Roman nichts über Simone de Beauvoir und bin nun vollkommen begeistert von ihr. Sie lebt ihr Leben so, wie sie es wollte und setzt ihren Traum der Freiheit gegen alle Widerstände durch. Dabei ist sie nur selten egoistisch und hat, im Gegensatz zu Sartre, dabei stets das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen im Auge. Von ihrer eigenen Familie durch bürgerliche Ansichten getrennt, schafft sie sich eine neue Familie, ihre „Familie von Montparnasse“ aus Künstlern, Freigeistern und Schülerinnen. Sie opfert sich für diese auf und kümmert sich um jeden einzelnen…
Der Roman macht deutlich, wie häufig Simone vor Gewissenkonflikten und Problemen stand, die es zu lösen galt. Beständig ist hauptsächlich Sartre, an den sie ihr Herz unwiderruflich verloren hat. Interessant fand ich, dass die sexuelle Leidenschaft der beiden nach und nach erlosch, sie sich aber intellektuell so sehr ergänzten, dass sie ohne einander nicht leben konnten. Simone ist die Frau an Sartres Seite. Sie ist seine Muse, seine Partnerin, seine Lektorin. Ohne, dass sie seine Schriften redigiert hat, konnte keine veröffentlicht werden und obwohl sie selbst einige bedeutsame Werke zur Rolle der Frau geschrieben hat, wird sie auch heute noch als „Frau an der Seite von Sartre“ gesehen und bezeichnet – ein Trauerspiel der Emanzipation. Denn während die damalige Haltung noch nachvollziehbar war, so sollte zumindest heute klar sein, dass Simone eine Frau war, die Großes geleistet hat. Sie sollte nicht im Schatten Sartres stehen, denn ohne sie, wäre er vielleicht nicht das Genie, das wir heute kennen…
Simone de Beauvoirs Geschichte beschreibt eine interessante und großartige Frau, die ihrer Zeit einige Schritte voraus war. Lange Zeit ist Simone unpolitisch und nur auf philosophische Zusammenhänge bedacht, doch nach dem zweiten Weltkrieg beginnt sie mehr und mehr über die Rolle der Frau nachzudenken und schreibt einige wichtige Werke zur Emanzipation. Ihre innere Entschlossenheit sowie ihre zeitweise Verzweiflung und der Kampf mit sich selbst werden brillant dargestellt und vermittelt. Die personale Erzählperspektive stellt die Ereignisse häufig sehr sachlich und philosophisch dar, was aber absolut zu Simones Charakter passt. Mir war diese Schreibweise an manchen Stellen etwas zu abstrakt und gerade zu Beginn des Romans hatte ich leichte Schwierigkeiten mich in den Schreibstil einzufinden. Im Lauf der Handlung legte sich dieses allerdings vollständig, sodass ich mehr und mehr Freude an dem Roman fand.
Historische sowie biografische Aspekte Sartres und Simones sind gut recherchiert und dargestellt. Auch die philosophischen Fragestellungen werden eindrucksvoll beleuchtet und angerissen. Sie fügen sich leicht in die teils fiktive Handlung ein und vermitteln den Lesern einen guten Einblick in die damalige Zeit. Zudem regen sie zum Nachdenken an, ohne dabei den Lesefluss zu erschweren.

Mein Fazit: Caroline Bernard schreibt einen großartigen und interessanten Roman mit biografischen Zügen über Simone de Beauvoir. Eine Frau, die früh den Gedanken der Emanzipation gelebt hat und uns alle lehrt, was es heißt eine selbstbestimmt lebende Frau zu sein. Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen und bin wieder einmal begeistert über diese großartige Buchreihe aus dem Aufbau Verlag!

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Veröffentlicht am 26.02.2021

Liebe macht stark

Die Zeit der Birken
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„Damals hat sie mir einmal anvertraut, dass sie sich auf der Bank unter den Birken zurück nach Estland auf die Insel träumte, auf der sie im Krieg die glücklichsten Monate ihres Lebens verbracht hat. Dort ...

„Damals hat sie mir einmal anvertraut, dass sie sich auf der Bank unter den Birken zurück nach Estland auf die Insel träumte, auf der sie im Krieg die glücklichsten Monate ihres Lebens verbracht hat. Dort wuchsen wohl ebenfalls viele Birken.“

„Die Zeit der Birken“ ist ein historischer Roman von Christine Kabus. Er erschien im Dezember 2020 im Aufbau Verlag und ist in sich abgeschlossen.

Christine Kabus berichtet von zwei jungen Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten leben, aber gar nicht so verschieden sind. Beide möchten ein selbstbestimmtes Leben außerhalb der üblichen Konventionen führen, sind aber dennoch durch ihr Elternhaus eingeschränkt und können nur sehr schwer ausbrechen.
Für Charlotte, deren Geschichte 1938/39 in Estland spielt, gestaltet sich dies allerdings noch deutlich schwerer als für Gesine 1977 in Schleswig-Holstein… Charlotte verliebt sich auf dem Hof ihres Onkels in den Esten Lennart. Eine Beziehung zwischen Deutschbalten und Esten ist jedoch verpönt, werden die Esten doch nach wie vor als „minderwertige Rasse“ und unterhalb des Stands der Deutschbalten angesehen. Die Trennung der jeweiligen Volksgruppen spiegelt sich nahezu im gesamten Land wider und nur in manchen Familien und manchen Orten beginnt langsam ein Umdenken. Leider sind gerade Charlottes Eltern kaum umzustimmen und eine Beziehung zwischen Charlotte und Lennart scheint nahezu unmöglich. Dennoch versuchen die beiden ein gemeinsames Leben aufzubauen, doch der beginnende zweite Weltkrieg und die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung zurück ins Deutsche Reich vereitelt ihre Pläne auf dramatische Weise.
Charlottes Geschichte in der Vergangenheit hat mir sehr gut gefallen. Sie ist ein sympathisches und zuverlässiges junges Mädchen, das sich häufig den Wünschen ihrer Eltern beugt, zuverlässig und folgsam ist. Dennoch hat sie auch eigene Ziele und Träume und möchte vor allem ein Leben führen, dass sie selbst bestimmen kann. Eine Zeit lang gelingt ihr dieses sogar sehr gut, denn sie darf ihre Freundin Zilly auf deren Schauspielreisen begleiten und unterstützen und auch auf dem Hof ihres Onkels ist sie frei in ihren Handlungen. Ihre Liebe zu Lennart ist wunderschön und emotional. Sie wirkt authentisch und ist sehr rührend beschrieben. Beiden ist klar, dass die gemeinsame Zukunft nicht leicht werden wird, dennoch schmieden sie Pläne und glauben fest an ein glückliches Leben. Die grausame Trennung der beiden ist mir sehr ans Herz gegangen und mit absoluter Fassungslosigkeit habe ich die Geschehnisse darum verfolgt. Die eingefahrene Meinung der Menschen gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen finde ich einfach furchtbar, aber auch die Umsiedlung der Deutschen, die schon lange im Ausland lebten und nun „zurückgeführt“ wurden, ging mir sehr nahe. Mir war dieser Aspekt der nationalsozialistischen Zeit noch nicht so bewusst und ich bin unglaublich erschrocken, wie viele Menschen damals aus ihrer Heimat vertrieben wurden, teilweise sogar mehrfach…
Die Verknüpfung von historischen Fakten und der fiktiven Geschichte gelang der Autorin hier wieder sehr gut. Ich habe viel neues erfahren ohne dass die Geschichte dabei langweilig oder zu sachlich wurde. Gerade die eingebauten Ausschnitte aus damaligen Zeitungen haben mir sehr gut gefallen.
Gesine hingegen wächst auf einem Gestüt in Schleswig-Holstein auf. Die Beziehung zu ihrer Mutter ist schwierig, über die Familiengeschichte ihrer Mutter weiß sie so gut wie nichts. Als 1977 ein neuer Bereiter auf den Hof kommt, verliert die junge Frau ihr Herz an den gebürtigen Esten und hat große Angst vor der Meinung ihrer Eltern zu der Beziehung. Als Grigori den Hof plötzlich verlässt, bricht für Gesine eine Welt zusammen, da sich dieses absolut nicht erklären kann. Erst einige Jahre später gelingt es ihr, dass Familiengeheimnis zu lüften und zu verstehen, was damals mit Grigori geschah…
Charlottes Geschichte hat mir insgesamt ein wenig besser gefallen, dennoch ist die Verknüpfung der beiden Frauen sehr gut gelungen und am Ende wunderschön zusammengeführt. Es wird deutlich, wie sich manche Ereignisse aus der Vergangenheit auf die Gegenwart auswirken können und ganze Leben beeinflussen können.
Die Zeitsprünge werden von Kapitel zu Kapitel leichter, die Zusammenhänge bleiben lange Zeit eher unklar, sodass die Spannung tatsächlich bis zum Ende hochbleibt. Ich konnte nur wenige Dinge vorhersehen und habe mich nach einem etwas langatmigen Beginn wunderbar in die Handlung einfinden können. Der Lesefluss war dann ebenfalls leicht und unkompliziert. Ich habe mit beiden Frauen mitgefiebert und -gefühlt. Die wechselnde personale Erzählperspektive aus Sicht von Charlotte und Gesine gibt ihre Gedanken und Gefühle sehr gut wieder und lässt einen die Handlungen sehr gut nachvollziehen.
Gefallen hat mir zudem das wiederholte Aufgreifen des Buchtitels im Roman. Die Birken bekommen immer wieder eine positive Bedeutung und sind allzeit präsent als Erinnerung an glückliche Zeiten. Ebenso gefallen hat mir als Pferdenärrin natürlich der Handlungsort auf dem Gestüt der Familie von Pletten. Die Pferdezucht spielt aber keine Hauptrolle, sodass man auch als Nicht-Pferdeliebhaber den Roman gut lesen kann. Aber auch insgesamt kann sich die bildliche Landschaftsbeschreibung sehen lassen, sodass man sich die wunderschöne Kulisse Estlands und der Ostseeküste unglaublich gut vorstellen kann.

Mein Fazit: „Die Zeit der Birken“ ist erneut ein wunderschöner und gut recherchierter historischer Roman von Christine Kabus. Vergangenheit und Gegenwart werden brillant miteinander verknüpft und der Leser taucht ein in die Geschichte zweier Frauen, die sich gar nicht so unähnlich sind. Ich habe den Roman sehr gerne gelesen und vergebe 4 von 5 Sternen.

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