Stadt der Liebe
Zeit der Pfirsichblüte„Lori lebt nicht mehr, aber ich, und ich möchte mein Leben ausschöpfen, nicht mehr unglücklich sein […]“
„Zeit der Pfirsichblüte“ ist ein Roman von Anja Saskia Beyer. Er ist in sich abgeschlossen und ...
„Lori lebt nicht mehr, aber ich, und ich möchte mein Leben ausschöpfen, nicht mehr unglücklich sein […]“
„Zeit der Pfirsichblüte“ ist ein Roman von Anja Saskia Beyer. Er ist in sich abgeschlossen und erschien am 08. Dezember 2020 im Tinte und Feder Verlag.
Annas beste Freundin Carina schlägt einen gemeinsamen Mädelsurlaub in Barcelona vor, doch alles in Anna sträubt sich gegen diese Stadt. Für sie steht Barcelona für Verlust und Trauer, denn dort verlor sie nicht nur ihre große Liebe, sondern auch ihr einziges Kind. Erst nach langem Überlegen kann sie sich zu dem gemeinsamen Urlaub durchringen, denn vielleicht trügt ihr Eindruck ja doch nicht – könnte ihre Tochter doch noch leben…?
Mit „Zeit der Pfirsichblüte“ entführt die Autorin uns in die wunderschöne Stadt Barcelona. Vor traumhafter Kulisse mit detaillierten und authentischen Beschreibungen der Umgebung gestaltet sie einen Roman, der eine fiktive Handlung mit einem kaum vorstellbaren aber leider realem Hintergrund: gestohlene Babys.
In der Geschichte hat es dies schon mehrfach gegeben, aus der DDR sind zahlreiche Fälle bekannt und auch in Spanien hat es lange Zeit zum Alltag gehört. Kinder wurden den Müttern direkt nach der Geburt weggenommen, die Eltern wurden in dem Glauben gelassen, dass ihr Kind plötzlich verstorben sei.
Anja Saskia Beyer beschreibt dieses traurige und ernste Thema auf sehr geschickte und berührende Art und Weise. Vor- und Nachteile, Schwierigkeiten und Hindernisse werden beschrieben und von mehreren Seiten beleuchtet, was wir mir wirklich gut gefallen hat.
Auch die Protagonistin Anna erleidet dieses Schicksal, oder ist sich zumindest sicher, dass es so gewesen sein könnte. Immerhin waren die Umstände der Geburt ihrer Tochter vor 20 Jahren alles andere als normal, doch seitdem versucht sie krampfhaft, die Vergangenheit zu begraben. Dies gelingt ihr mal besser und mal schlechter, von ihren Freunden weiß im Grunde niemand von ihrem Verlust. Ihr Mann Viktor ist davon überzeugt, dass Anna Gespenster sieht und ist eher wenig für sie da. Als ihre Freundin Carina ihr eine gemeinsame Reise nach Barcelona vorschlägt, sträubt sich alles in Anna gegen diese Reise. Diese Stadt birgt bisher nur schlechte Erinnerungen, dort hat sie ihr Kind und ihre große Liebe verloren und möchte einfach nur vergessen. Schließlich entscheidet sie sich aber doch für die Reise, denn ein erneuter Besuch kann ihr vielleicht helfen die Vergangenheit endlich zu akzeptieren oder vielleicht sogar neue Spuren zu finden.
Nachdem Annas Entschluss steht, ist sie von ihrem Vorhaben kaum noch abzubringen, in Barcelona setzt sie alles daran, herauszufinden, ob ihre Tochter damals wirklich gestorben ist, oder ob sie eben doch noch lebt…
Ihre Suche ist definitiv spannend beschrieben, der lockere und mitreißende Schreibstil lässt die Seiten nur so dahinfliegen. Ich habe mit Anna mitgefiebert und ihr bei der Suche so sehr die Daumen gedrückt. Durch die Rückblicke auf Annas erste Zeit in Barcelona bekommt man einen guten Einblick in die Geschehnisse vor 20 Jahren und entwickelt, wie Anna, eine gewisse Skepsis gegenüber dem angeblichen Tod ihrer Tochter. Trotzdem war ich mir eine lange Zeit nicht sicher, ob sie sich in die Sache verrennt, oder ob sie recht haben könnte. Das Ende war für mich in dieser Hinsicht auch nicht wirklich absehbar.
Die Liebesgeschichten allerdings, die sich parallel entwickeln waren für mich eher keine Überraschung und auch eher vorhersehbar. Annas und Pablos Beziehung hat sich für meinen Geschmack recht schnell entwickelt, blieb dabei aber authentisch, da Anna schon länger nicht mehr zufrieden war und dies erst im Laufe ihrer Reise und mit einigem Abstand von zuhause erkennen konnte. Ihre Entscheidung passt zu ihrer Entwicklung, denn aus der eher unsicheren Frau mit der „man alles machen kann“ wird eine Frau, die bereit ist zu kämpfen und die sich nicht mehr einfach abkapseln lässt. Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen, denn mit der unsicheren und eher negativ eingestellten Anna konnte ich nicht wirklich viel anfangen und hatte daher auch zu Beginn des Romans Schwierigkeiten in die Geschichte einzusteigen.
Weniger nachvollziehbar fand ich die sehr rasante Entwicklung der Beziehung von Annas Freundin Carina. Aus einer Männern eher skeptisch gegenüberstehenden Frau, wird innerhalb kürzester Zeit jemand, der sich zu 100% auf einen fremden Typen einlässt und der sogar sein Leben für sie vollständig auf den Kopf stellt? Für mich ein wenig unrealistisch und einen Tick zu viel „rosarot in Plüsch“, auch wenn es natürlich die Handlung abrundet und Barcelona Paris als „Stadt der Liebe“ definitiv Konkurrenz macht.
Mein Fazit: Insgesamt hat mir der Roman wirklich sehr gut gefallen, die Suche nach der Wahrheit und ihrer verlorenen Tochter ist wirklich spannend und mitreißend geschrieben, der ernste und wirklich furchtbare Hintergrund gut in die fiktive Handlung eingearbeitet und mit vielen Details belegt! Ich vergebe 4 von 5 Sternen für einen Liebesroman mit ernstem und wirklich gut verarbeitetem Hauptthema!