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Veröffentlicht am 09.04.2023

Ein Bakteriologe auf Mörderfang - ungewöhnlich und sehr spannend

Tödlicher Schlaf
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Hamburg 1907 Der Bakteriologe Carl-Jakob Melcher wurde durch sein Vorbild Robert Koch dazu angeregt, seinen jetzigen Berufsweg einzuschlagen. Umso brisanter und erschreckender sind die Andeutungen, die ...

Hamburg 1907 Der Bakteriologe Carl-Jakob Melcher wurde durch sein Vorbild Robert Koch dazu angeregt, seinen jetzigen Berufsweg einzuschlagen. Umso brisanter und erschreckender sind die Andeutungen, die sein alter Schulfreund Ludolf, der schwer krank aus Ostafrika zurückgekommen ist, macht. Als Ludolf unerwartet stirbt, erhalten die Anschuldigungen mehr Gewicht und Melcher nimmt nun an, dass Ludolf ermordet wurde, um einen Skandal zu vermeiden. Schließlich gerät er selbst unter Mordverdacht und die Beweise sprechen eindeutig gegen ihn.

Der Autor lässt den Bakteriologen Melcher , die Geschichte selbst erzählen. Das fand ich spannend, weil ich so an seinen Gedanken und Gefühlen regen Anteil nehmen konnte. Gleichzeitig erhalte ich interessante Informationen aus der Welt der Wissenschaft. Die damalige Forschung war ernsthaft bemüht, Krankheiten zu besiegen. Nur die Mittel, die zum Erfolg führen sollten, waren aus heutiger Sicht manchmal mehr als fragwürdig, spiegeln aber das Wertesystem jener Zeit wider. Für mich waren die Schilderungen der Zustände in den deutschen Kolonien daher weniger überraschend als viel mehr grauenerregend. Weitere historische Details ergaben ein lebendiges und mir zum Teil unbekanntes Bild des Kaiserreichs.

Melcher selbst war mir sehr sympathisch. Sein Willen, dem toten Freund Gerechtigkeit erfahren zu lassen, hat mir gut gefallen.

Eine interessante Nebenfigur war seine Cousine Agatha, die aus London angereist, plötzlich vor der Tür steht. Sie ist unkonventionell, nimmt kein Blatt vor den Mund und engagiert sich für die damals noch junge Frauenrechtsbewegung.

Die Erzählweise des Krimis ist eher bedächtig. Der Autor nimmt sich Zeit, historische Umstände darzulegen. Das tut der Sogwirkung der Handlung aber keinen Abbruch. Im Gegenteil ich konnte mich ganz in die Zeit versenken.

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Veröffentlicht am 06.04.2023

Starke Frauen und ein verstörender Kriminalfall

Die Bahnhofsmission
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Natalie hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben. Sie führte ein Leben am Rande der Gesellschaft und arbeitet nun in der Berliner Bahnhofsmission. Alice ist die wohlbehütete Tochter eines angesehenen ...

Natalie hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben. Sie führte ein Leben am Rande der Gesellschaft und arbeitet nun in der Berliner Bahnhofsmission. Alice ist die wohlbehütete Tochter eines angesehenen Medizinprofessors. Sie träumt von einer Berufsausbildung und einem selbst bestimmten Leben, was 1904 fast undenkbar für eine Frau war. Zufällig entdeckt sie die Bahnhofsmission und beschließt dort hinter dem Rücken der Eltern ehrenamtlich zu arbeiten.

Die Arbeit in der Bahnhofsmission bedeutet nicht nur Hilfe für Schutzbedürftige, sondern auch den Kampf gegen Mädchenhändler, Diebe und die Borniertheit mancher Teile der gehobenen Gesellschaft. Als ein junges Mädchen aus der Obhut Natalies verschwindet, ist die Existenz der Bahnhofsmission bedroht.

Natalie muss sich deshalb ihrer Vergangenheit stellen und gemeinsam versuchen die Frauen den scheinbar übermächtigen Feind zu besiegen.

Von Anfang an war es eine Freude, das Buch zu lesen. Die Autorin erzählt lebendig mit vielen interessanten historischen Details.

Sowohl Alice als auch Natalie waren mir auf ihre Art sympathisch. Dabei habe ich Natalie als die vielschichtigere Persönlichkeit wahrgenommen. Ein Grund dafür ist sicher ihre zwielichtige Vergangenheit. Das zeigt sich deutlich, als sie Kontakt zu alten Bekanntschaften aufnehmen muss. Ich habe ihren Mut, ihr Selbstbewusstsein und ihren starken Wunsch, etwas aus sich zu machen, bewundert. Das Bedürfnis, unabhängig zu sein, verbindet sie mit Alice. Trotz ihrer Lebensunerfahrenheit, stellt Alice sich mit viel Empathie den Herausforderungen, sich in der Bahnhofsmission um Menschen aus den unteren Schichten zu kümmern und sich gegen die starren Regeln der Eltern aufzulehnen.

Stehen zu Beginn des Romans die Schilderungen der Bahnhofsmission und der Lebensumstände von Alice und Natalie im Vordergrund, nimmt gegen Ende die Krimihandlung immer mehr Raum ein. Diese Mischung fand ich sehr gelungen, weil sich der Spannungsbogen langsam aufbaut , um sich in einem furiosem Finale zu lösen.

Für mich war es ein toller Roman, der sehr gut unterhält und viele Aspekte der damaligen Zeitgekonnt in die fesselnde Handlung einbezieht.

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Veröffentlicht am 03.04.2023

Machtkampf zweier Familien

Florentia - Im Glanz der Medici
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Florenz 1469 Die Medici haben das Sagen in Florenz, wenn auch offiziell die Entscheidungen in der Verantwortung der Signoria liegen .

Das ist den Passi, die zweitmächtigste Familie in der Stadt ein Dorn ...

Florenz 1469 Die Medici haben das Sagen in Florenz, wenn auch offiziell die Entscheidungen in der Verantwortung der Signoria liegen .

Das ist den Passi, die zweitmächtigste Familie in der Stadt ein Dorn im Auge. Sie sind der festen Überzeugung, dass nur ihnen die Herrschaft über Florenz zusteht. Sie nutzen jede Gelegenheit, um die Medici zu stürzen. Intrigen, geheime Absprachen mit dem Papst sind nur ein Teil der Mittel, um das Ziel zu erreichen.

Als das Oberhaupt der Medici, Piero, stirbt und sein Erbe Lorenzo, gerade 20 Jahre alt ist glauben die Passi , kurz vor dem Ziel zu sein. Doch auch Lorenzo ist gewillt, die Macht der Familie zu erhalten. Unterstützung erfährt er von seinem jüngeren Bruder Guglielmo, der immer im Schatten seines Bruders steht.

Zu Beginn meiner Lektüre hatte ich ein wenig Probleme mit der Vielzahl an Personen, die meine Aufmerksamkeit auf sich lenkten. Das hat sich nach wenigen Kapitel gelöst und ich konnte in die Welt der Machtkämpfe, Allianzen und auch Liebe eintauchen. Florenz muss zu jener Zeit eine Pracht entfaltet haben, die ich mir heute kaum vorstellen kann.

Was auch schnell klar war, meine Sympathien waren eindeutig auf der Seite der Medici. Dagegen habe ich die Passi mit ihrem hinterhältigen Verhalten einfach nur verabscheut. Besonders Francesco, der Guglielmo aus verletztem Stolz bis aufs Blut hasst, war mir ein Gräuel. Natürlich sind die Medici nicht nur selbstlose Menschenfreunde, sondern auch auf ihren Machterhalt bedacht . Ich hatte aber den Eindruck, dass ihnen auch um das Wohl der Stadt geht.

Was mir sehr gut gefallen hat, ich durfte Botticelli, Leonardo da Vinci und die Malerin Fioretta, die stellvertretend für all die begabten Frauen jener Zeit steht, die keine Anerkennung erfahren durften, näher kennenlernen.

Neben der packenden Handlung, die zuweilen einem Krimi ähnelt, gibt mir die Autorin interessante Einblicke in die historischen Ereignisse im damaligen Florenz. Ihre Erzählweise ist lebendig und so anschaulich, dass ich den Eindruck hatte, ich würde alles miterleben.

Wirklich eine Geschichtsstunde der besonders unterhaltsamen Art !

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Veröffentlicht am 26.03.2023

ein Roman zum Träumen und Wohlfühlen

Sommernächte im Bistro Romantico (Verliebt in Italien)
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Mariella, gerade von ihrem sizilianischen Ehemann geschieden, erbt unverhofft das Haus ihrer Nonna Maria, obwohl sie wegen eines Familienstreites seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Da Mariella nicht ...

Mariella, gerade von ihrem sizilianischen Ehemann geschieden, erbt unverhofft das Haus ihrer Nonna Maria, obwohl sie wegen eines Familienstreites seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Da Mariella nicht wirklich einen Plan für ihr weiteres Leben hat, beschließt sie eher aus Verlegenheit, den Laden ihrer Nonna mit selbst hergestellten Delikatessen weiter zu führen.

Per Zufall lernt sie den Koch Celio kennen und von Anfang an sprühen die Funken zwischen den beiden. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, entscheidet sich Mariella dazu, zusätzlich ein Bistro zu eröffnen. Durch unerwartete Probleme ist sie ein paarmal fast so weit, alles hinzu schmeißen. Eines ihrer Probleme ist Celio, der ihr mehr bedeutet, als sie zugeben will.

Erneut entführt mich die Autorin in die Toskana. Mariella steht an einem Scheideweg in ihrem Leben. Das Erbe ihrer Nonna bietet ihr , wie es scheint, vorübergehend einen Ausweg. Die Autorin beschreibt das ererbte Haus so anschaulich, dass auch ich Lust bekam, es mir anzusehen und das Gefühl hatte, man könnte da heimisch werden.

Obwohl Mariella keine Vorkenntnisse hat, stürzt sie sich mit Elan in das Abenteuer Selbstständigkeit. Ich bezweifle, dass ich den Mut dazu gefunden hätte.

Der gutaussehende Celio war mir erst auf den 2. Blick sympathisch. Er erschien mir zu dominant und übergriffig. Die Wortgefechte zwischen ihm und Mariella waren für mich das Salz in der Suppe und ich musste oft schmunzeln. Zu meiner großen Freude traf ich auf alte Bekannte aus dem Roman "Hotel Toscana Mare " - muss man zum Verständnis nicht unbedingt gelesen haben - wie den griesgrämigen Gianpolo, was für mich den Wohlfühlfaktor noch erhöht hat.

Die Geschichte ist kurzweilig, voller italienischem Flair, sympathischen Figuren und lädt zum Träumen ein.

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Veröffentlicht am 25.03.2023

Eine junge Frau sucht ihren Weg

Die Töchter von Gestüt Brightlead – Schicksalszeiten
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Die 17jährige Lady Amelie erzählt mir ihre Geschichte. Ihr Vater, ein Earl, betreibt eine Pferdezucht. Amelie liebt Pferde und verbringt viel Zeit in den Ställen, was ihre Mutter als nicht standesgemäß ...

Die 17jährige Lady Amelie erzählt mir ihre Geschichte. Ihr Vater, ein Earl, betreibt eine Pferdezucht. Amelie liebt Pferde und verbringt viel Zeit in den Ställen, was ihre Mutter als nicht standesgemäß missbilligt. Wie 1914 üblich ist Amelie in erster Linie Heiratsware. Ihre Wünsche und Träume zählen nicht. So ist es völlig normal, dass sie, als das Gestüt in finanzielle Schieflage gerät, an den reichen Richard verschachert wird. Amelie ist verzweifelt, denn sie liebt nicht nur die Pferde, sondern auch den Stallburschen Ted, ihren Vertrauten und Freund aus Kindertagen. Eine Heirat mit ihm ist eine undenkbare Mesalliance. Dann bricht der 1. Weltkrieg aus und Richard, Ted und Amelies Bruder Robert kämpfen in Frankreich.

Mir war Amelie sehr sympathisch. Ich konnte ihre Träume und Wünsche gut nachvollziehen, denn es sind die Hoffnungen, die jedes junge Mädchen in dieser oder ähnlicher Form hat. Um so mehr war ich entsetzt, wie die damalige Stellung von Frauen war, die keine Chance auf ein selbst bestimmtes Leben hatten. Ich kann mir nicht vorstellen, einen Mann zu heiraten, den ich nicht kenne und der mich wie eine Ware kauft.

Dabei fand ich Richard bei näherer Betrachtung wirklich anziehend. Er bemüht sich aufrichtig um Amelies Zuneigung, jedoch ohne Erfolg. Amelies Herz gehört Ted., den ich selbst eher als farblos empfunden habe. In dieser verfahrenen Situation bricht der 1. Weltkrieg aus. Und es mag zynisch klingen , für Amelie und für viele andere Frauen war es insoweit ein Glücksfall, als alte Gesellschaftsnormen zwangsläufig ihre Gültigkeit verloren. So kann Amelie ihren Pferdeverstand beweisen und die Achtung ihres Vaters erringen, schlichtweg weil der Erbe Robert nicht da ist.

Ich fand es bewundernswert , wie Amelie sich von alten Geboten befreit und immer mehr Selbstbewusstsein entwickelt und dadurch ein selbst bestimmtes Leben führen kann.

Die Geschichte liest sich kurzweilig und spannend und gibt dabei interessante Einblicke in die Welt des Adels.

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