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Veröffentlicht am 17.02.2022

Ost trifft West und ein spannender Kriminalfall

Im Schatten der Wende
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Tobias Falck, wohnhaft in Dresden, waren Recht und Ordnung schon immer wichtig. Deshalb entscheidet er sich für den Beruf des Polizisten.
Als die Mauer fällt, hat er gerade den Lehrgang für Kriminalisten ...

Tobias Falck, wohnhaft in Dresden, waren Recht und Ordnung schon immer wichtig. Deshalb entscheidet er sich für den Beruf des Polizisten.
Als die Mauer fällt, hat er gerade den Lehrgang für Kriminalisten beendet und wird dem Kriminaldauerdienst zugeordnet. Dort trifft er auf die ihm bereits bekannten Kollegen Schmidt, an den er keine guten Erinnerungen hat und Steffi Bach.
Die Arbeit gestaltet sich eher langweilig, bis die Westkollegin Suderberg auftaucht und Amtshilfe bei der Aufklärung einer ihrer Fälle einfordert. Welten treffen aufeinander, was die Zusammenarbeit nicht erleichtert.
Als Falck die richtigen Schlüsse zieht, hängt das Leben seiner Kolleginnen bereits am seidenen Faden.
Ich lerne Falck kennen, als er noch Volkspolizist in der DDR ist. Er steht fest zu den den Grundsätzen der sozialistischen Republik und kann nicht verstehen, dass man unbedingt in den Westen, den Staat der Ausbeuter, will. Was mich aber für ihn eingenommen hat, sind seine Träume von Familie und eigener Wohnung, sein Gespür für Menschen, seine Empathie und Hartnäckigkeit.
Der Mauerfall ist erstmal ein Schock für ihn. Zum Glück kann er seine Arbeit behalten, wenn auch der Umgang mit den neuen alten Kollegen nicht einfach ist. Schmidt ist mir noch von seinem Auftreten in der DDR her unsympathisch. Er war in meinen Augen brutal und nicht unbedingt an der Aufklärung seiner Fälle interessiert. Kollegin Bach ist sehr darauf bedacht, dass es im Team zu keinen Konflikten kommt. Ich mochte sie, schon allein schon deswegen und weil sie sich um die Aufspürung von Sexualstraftätern bemüht - einer Tätergruppe, die es in der DDR offiziell nicht gab.
Turbulent wird es, als die westdeutsche Kollegin auf der Bildfläche erscheint. Beide Seiten sehen ihre Vorurteile gegenüber dem jeweils anderen bestätigt und arbeiten eher gegen als miteinander. Das führt zu einigen humorvollen Szenen, über die ich mich wunderbar amüsiert habe. Der Fall selbst wird immer verworrener und die Beamten geraten mehrfach in große Gefahr.
Die Lösung des Falles fand ich überzeugend und hat mir auch deshalb gefallen, weil bei allen Unterschieden es eben auch Gemeinsamkeiten gibt.

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Veröffentlicht am 15.02.2022

Auf Glückssuche im Uhrenland

Die Uhrmacher der Königin
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Im 19.Jahrhundert waren Schwarzwalduhren in ganz Europa ein Begriff, besonders auch in England. Die Uhren wurden von den Bauern in Heimarbeit hergestellt und der Verdienst war ein willkommenes und notwendiges ...

Im 19.Jahrhundert waren Schwarzwalduhren in ganz Europa ein Begriff, besonders auch in England. Die Uhren wurden von den Bauern in Heimarbeit hergestellt und der Verdienst war ein willkommenes und notwendiges Zubrot. So auch auf dem Fallerhof. Durch das Schicksal gezwungen, suchen die beiden Fallerbrüder Erwin, der jüngerer der beiden und ein begnadeter Uhrmacher und Johannes, der durch einen Unfall einige körperliche Beeinträchtigungen hat, ihr Glück in England.

Doch die Dinge gestalten sich nicht wie erhofft und das Scheitern ist wahrscheinlicher als der Erfolg. Da kommt der Zufall zu Hilfe. Sophia, ein Kindermädchen im Palast der Königin Viktoria, vermittelt den Brüdern die Möglichkeit, eine Uhr als Geburtstagsgeschenk für die Königin zu fertigen. Abermals stellt das Schicksal die Weichen neu. Die beiden Brüder werden Zeugen eines Attentates auf Ihre Majestät. Sophia, die mit den Brüdern befreundet ist, gerät in Lebensgefahr und Johannes zögert keinen Moment, sie zu retten.

Das Buch hat mir erlaubt, in das Leben der Schwarzwaldbauern einzutauchen und nimmt mich anschließend mit nach England, das damals als das Gelobte Land für Uhrmacher erschien.

Die Geschichte beginnt sehr gemächlich mit den Jugendjahren der Brüder. Mir hat das gut gefallen, denn so erfahre ich viel über die damaligen Lebensbedingungen und lerne die Brüder und den Rest der Familie näher kennen. Durch Ernst mache ich Bekanntschaft mit der Faszination des Uhrenhandwerks und durch Johannes lerne ich schmerzhaft, wie schnell Träume zerplatzen können.

In England soll nun alles besser werden. Doch die goldenen Zeiten für die Schwarzwälder Uhrenmacher sind vorbei und so geht es auch hier nur darum, zu überleben.

Interessant fand ich, dass einmal in England einzelne Kapitel des Romans im Palast der Königin spielen. Ich erhalte Kenntnis über Viktorias Privatleben und wie es in der königlichen Kinderstube zuging.

In meinen Augen war es ein dicker Pluspunkt, dass der Autor fiktive und historische Personen so überzeugend miteinander agieren lässt , dass bei mir keine Zweifel an der tatsächlichen Möglichkeit des Geschehen aufkamen.

Höhepunkt ist das Attentat auf die Königin, das dramatische Auswirkungen auf alle Beteiligten hat .

Ich habe das Buch mit einem zufriedenen Lächeln und auch Bedauern zugeklappt, weil ich einige sehr unterhaltsame, interessante, lehrreiche und bewegende Lesestunden hatte, die gerne noch hätten andauern können.

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Veröffentlicht am 07.02.2022

Privatdetektiv Andy Mückes erster Fall

Andy-Mücke-Reihe / Ende einer Lesereise
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Auf ihrer Lesereise durch die Provinz wird die exzentrische Schriftstellerin Mona de la Mare ermordet. Da sie mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hielt und durch unkonventionelle Methoden ihr Bankkonto ...

Auf ihrer Lesereise durch die Provinz wird die exzentrische Schriftstellerin Mona de la Mare ermordet. Da sie mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hielt und durch unkonventionelle Methoden ihr Bankkonto auffüllte, gibt es eine nicht geringe Anzahl an Verdächtigen, darunter auch ihr Bruder Frank. Um Frank zu entlasten, beauftragt Monas Vater Andy Mücke mit der Suche nach dem Täter. Es ist Andys erster Fall und gemeinsam mit dem Leser stellt er sich dieser Herausforderung.

Wer eine rasante Mörderjagd erwartet, wird den Krimi vielleicht nach ein paar Kapiteln enttäuscht zur Seite legen. Wer es aber liebt, wenn sich die Dinge bedächtig entwickeln und es schätzt auch das private Umfeld der Personen kennenzulernen, wird das Buch am Ende zufrieden zuklappen.

Das Opfer hat alle Eigenschaften, die es zu einem perfekten Hassobjekt machen und mein Bedauern über ihr Ableben hielt sich sehr in Grenzen.

Andy Mücke stolpert mangels Berufserfahrung etwas durch die Ermittlungen, was ihn aber sehr menschlich und sympathisch macht. Parallel dazu gilt seine Aufmerksamkeit den beiden Ex-Frauen und den beiden Kindern, um die er sich fürsorglich kümmert. Dass es zudem eine neue Frau in seinem Leben gibt, macht es zwar schöner, aber nicht wirklich einfacher.

Ein neues Spannungselement kommt hinzu, als der Autor den Täter in Einschüben zu Wort kommen lässt. Das hat meine Vermutungen stark befeuert. Die Person des Täters ist am Ende keine wirkliche Überraschung mehr und ergibt sich aufgrund logischer Schlussfolgerungen. Das ist mir persönlich aber lieber als wenn ein Verdächtiger aus dem Hut gezaubert wird.

Insgesamt hat mich der Krimi gut unterhalten, wenn ich mir persönlich auch an einigen Stellen etwas weniger Familienleben gewünscht hätte.

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Eine bewegende Geschichte, die zum Nachdenken anregt

Dschinns
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Hüseyin stirbt in dem Moment, in dem sich sein Lebenstraum erfüllt - eine Wohnung in Istanbul. Seine Frau Emine und die vier Kinder machen sich von Deutschland aus auf den Weg in die Türkei zur Beerdigung.
Der ...

Hüseyin stirbt in dem Moment, in dem sich sein Lebenstraum erfüllt - eine Wohnung in Istanbul. Seine Frau Emine und die vier Kinder machen sich von Deutschland aus auf den Weg in die Türkei zur Beerdigung.
Der Tod des Ehemanns und Vaters bedeutet eine tiefe Zäsur und führt dazu, dass sich alle Beteiligten mit ihrem bisherigen Leben auseinander setzen.
Der jüngste Sohn Ümit, ein Teenager, muss sich mit seiner sexuellen Orientierung beschäftigen.
Die älteste Tochter Sevda kann ihren Eltern und besonders der Mutter nicht verzeihen, dass man sie in ein Leben gedrängt hat, das sie nicht wollte.
Peri ist die Vorzeigetochter, die studiert. Längst hat sie sich ihren Eltern entfremdet und ist auf der Suche nach der eigenen Identität.
Der älteste Sohn Hakan fühlt sich als Versager und hat alles getan, um den Vater nicht zu enttäuschen und darüber seine eigene Persönlichkeit verloren.
Emine ist nie in Deutschland angekommen. Sie findet Halt in der Religion. Sie und Hüseyin haben sich auseinandergelebt und sie kann sich dennoch ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.
Auf den ersten Blick erscheint das Buch , die Geschichte einer typischen Gastarbeiterfamilie zu erzählen, wie sie zu tausenden in den 60ziger Jahren nach Deutschland gekommen sind . Das stimmt nur für den Teil, wenn es sich um die Vorurteile handelt, mit denen Menschen mit Migrationshintergrund konfrontiert werden.
Besonders Hakan leidet darunter, dass er mit dem Etikett dumm, gewaltbereit und Drogen abgestempelt wird. Wie soll er mit dieser Bürde den Erwartungen des Vaters gerecht werden ?
Nachdrücklich berührt hat mich Sevdas Schicksal. Ihr Vater holt sie erst mit 13 nach Deutschland. Sie besucht keine Schule und wird mit 18 zur Heirat gedrängt. Trotz der widrigen Umstände emanzipiert sie sich und sucht ihren eigenen Weg.
Darüber hinaus gibt es Gemeinsamkeiten mit jeder beliebigen Familie. Hüseyin arbeite hart, um die Familie zu versorgen. Gleichzeitig verzichtet er auf alle Annehmlichkeiten, um Geld zu sparen, damit er seinen Traum verwirklichen kann. Leben und sich ausruhen will er , wenn er in Rente ist. Doch dazu kommt es nicht mehr.
Ich glaube, wenn wir ehrlich sind, trifft diese Beschreibung auf viele von uns mehr oder weniger zu. Und versuchen wir nicht auch, der Welt da draußen ein bestimmtes, von uns entworfenes Bild zu zeigen und neigen dazu, Dinge, die uns nicht passend erscheinen, zu ignorieren und aus unserem Gedächtnis zu streichen ?
Insoweit hält die Autorin uns allen einen Spiegel vor. Gleichzeitig ist der Roman brillant geschrieben, fesselnd und unterhaltsam

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Veröffentlicht am 31.01.2022

Jedes Leben zählt

Das Leben in unseren Händen
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Hannah und Ada Rosenbaum, in letzter Minute der Vernichtungsmaschinerie der Nazis entkommen, könnten unterschiedlicher nicht sein.

1939 landen sie in New York . Hannah ist ausgebildete Krankenschwester ...

Hannah und Ada Rosenbaum, in letzter Minute der Vernichtungsmaschinerie der Nazis entkommen, könnten unterschiedlicher nicht sein.

1939 landen sie in New York . Hannah ist ausgebildete Krankenschwester und träumt davon , Ärztin zu werden. Liebe ? Nein, danke !

Die schöne Ada erhofft sich eine vorteilhafte Ehe. Liebe ? Muss nicht unbedingt sein. Ein Hindernis gilt es noch zu überwinden. Ada ist schwanger. Das Kind kommt zu früh auf die Welt und soll , den damaligen Gegebenheiten geschuldet, sterben und damit aus Adas Leben verschwinden.

Durch Zufall lernt Hannah, die ihre Nichte von der ersten Minute an liebt, Martin A. Couney kennen, der sich gegen die herrschende Meinung stemmt und versucht, so viele Frühchen zu retten. Da Ada ihr Kind weiterhin ablehnt, muss Hannah eine folgenschwere Entscheidung treffen mit all ihren Licht- und Schattenseiten.

Die Geschichte beginnt auf Ellis Island, wo sich schon viele Auswanderträume erfüllt oder zerplatzt sind. Schnell wird klar, Amerika ist nicht nur das Gelobte Land, wie es sich viele ersehnen. Die jüdischen Flüchtlinge werden zum Teil misstrauisch beäugt, denn auch Amerikaner sind nicht frei von Vorurteilen.

Ada und Hannah müssen nun ihren neuen Platz im Leben finden.

Ada war mir nicht sympathisch. Zu oberflächlich, zu Ich bezogen, zu sehr auf ihren Vorteil bedacht und sie ignoriert zu meinem Unverständnis ihre Tochter vollkommen. Hannah dagegen ist sehr empathisch, stets bemüht, es allen recht zu machen, auch wenn sie eigene Bedürfnisse und Wünsche zurückstellen muss. daher ist es keine Überraschung, dass sie zur Lebensretterin von Adas Tochter wird. Während Ada im Licht zu stehen scheint, ist Hannahs Weg steinig. Sie beginnt die Ausbildung zur Ärztin und sieht sich mit den weltweit herrschenden Voreingenommenheit gegen Frauen, die besser hinter dem Kochtopf bleiben sollen, konfrontiert.

Auch die Liebe ist kompliziert. Da ist zum einen Aaron, ein Flüchtling wie sie, dem sie schon auf Ellis Island begegnet ist, der aber eine feste Bindung ablehnt. An ihrem Arbeitsplatz trifft Hannah den sympathischen Arzt Nathan, der sie in ihrem Berufswunsch bestärkt und ein verlässlicher Freund ist.

Die Autorin hat mir mit ihrem Buch den Blick in eine mir bis dahin unbekannte Welt ermöglicht. Ich kannte nur die funkelnde Fassade Amerikas und war abwechselnd wütend und traurig wegen der Schwierigkeiten auf Hannahs Weg.

Was mich erschüttert hat, war der Umgang mit den Frühgeborenen - nicht nur in Amerika -, die man einfach sterben lässt. Meine Bewunderung gilt Männern wie Couney, die sich auf ihrem Weg nicht beirren lassen.

Die Autorin hat ein sehr einfühlsames Buch geschrieben, das mich bewegt und zugleich gut unterhalten hat.

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