Platzhalter für Profilbild

Leseigel

Lesejury Star
offline

Leseigel ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Leseigel über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2021

Auf Mördertour durch Schwaben

Schwabens Abgründe
0

22 Kurzkrimis bedeuten 22mal Kurzweil und spannende Unterhaltung auf hohen Niveau. Die 22 ausschließlich weiblichen Autorinnen morden sich munter durch das Schwabenland. Die Reise startet in Stuttgart, ...

22 Kurzkrimis bedeuten 22mal Kurzweil und spannende Unterhaltung auf hohen Niveau. Die 22 ausschließlich weiblichen Autorinnen morden sich munter durch das Schwabenland. Die Reise startet in Stuttgart, macht Halt in Oberschwaben, geht weiter durch den Schwarzwald, um dann wieder in Stuttgart zu enden. So unterschiedlich die Autorinnen sind, so abwechslungsreich sind die Krimis.

Gleich die erste Geschichte empfand ich als sehr bedrückend und ich hatte eher Mitleid mit dem Täter als dem Opfer. Mit einer gewissen Häme hat mich die Geschichte "Der Enkeltrick " erfüllt und führte zu der Erkenntnis, dass man alte Leute nicht unterschätzen sollte.

Herzlich lachen konnte ich über "Die Patin von Bad Wildbad", in der ein Schwesternpaar eine endgültige Lösung für ihr Problem sucht. Ans herz gegangen ist mir "Täter ", eine berührende Geschichte über eine Mutter, die um das Sorgerecht für ihr Kind kämpft. Für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt dann die letzte Geschichte, wenn auch nicht so wie vom Gesetzgeber vorgesehen.

Zwar sind mir diese Krimis besonders im Gedächtnis geblieben, was nicht bedeutet, dass die restlichen nicht spannend und lesenswert sind. Doch die Geschmäcker sind verschieden und so bleibt als Fazit . Die Mördertour durch Schwaben lohnt sich auf jeden Fall. Jeder Krimi hat seinen eigenen Stil, der mal mehr , mal weniger fesselt. Was mir auch sehr gut gefallen hat, ich habe durch die Anthologie einige neue Autorinnen für mich entdeckt, von denen ich sicher mehr lesen werde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.04.2021

Gelungene Mischung aus Krimi und Gesellschaftsroman

Dampfer ab Triest
0

1907 Triest ist der Hafen zur Welt für die Donaumonarchie.. Von hier startet das mondäne Kreuzfahrtschiff "Thalia" zu seiner Jungfernfahrt ins Mittelmeer. Auch Bruno Zabini, wahrer Triestiner und engagierter ...

1907 Triest ist der Hafen zur Welt für die Donaumonarchie.. Von hier startet das mondäne Kreuzfahrtschiff "Thalia" zu seiner Jungfernfahrt ins Mittelmeer. Auch Bruno Zabini, wahrer Triestiner und engagierter Kriminalbeamter, geht an Bord. Er soll den Grafen Urbanau, Spross des Hochadels und ehemaliger Mitarbeiter des Außenministeriums, vor einem möglichen Anschlag schützen. Derweil sich die illustre Gesellschaft ganz den harmlosen und manchmal pikanten Vergnügungen an Bord widmet, versucht Zabini den Attentäter zu entlarven.

Ich habe den Roman mit großem Vergnügen gelesen. Ein wenig scheue ich mich, das Buch als Krimi zu bezeichnen, da zwar einige Verbrechen passieren, für mich aber der Focus auf dem munteren Treiben der Passagiere lag. Der Autor entwirft ein anschauliches und in einigen Bereichen enthüllendes Tableau der besseren Gesellschaft der Donaumonarchie. Gut gefallen hat mir dabei, dass die Sprache der damaligen zeit entspricht. Ich hatte oft das Gefühl, mit am Tisch zu sitzen. Zabini habe ich als engagierten Polizisten mit moderner Arbeitsweise kennengelernt. Was sein Verhältnis zu Frauen betrifft, würde ich ihn als Hallodri bezeichnen. Überhaupt bin ich froh, dass ich als Frau zur damaligen Zeit nicht gelebt habe mit seinen arrangierten Ehen, ohne Mitspracherecht so wohl in gesellschaftlichen als auch persönlichen Fragen. Was mich deshalb etwas überrascht hat, war das muntere Treiben in den nicht immer ehelichen Betten.

Die Krimihandlung tritt durch die ausführlichen und interessanten Schilderungen des Bordlebens etwas in den Hintergrund. Gegen Ende des Buches kommt sie aber dann nochmals zu ihrem recht und Zabini kann sein Können als gewiefter Ermittler zeigen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2021

Geschichte einer Zwangsadoption

Geteilte Träume
0

Ingke wächst behütet und glücklich bei ihren Eltern in der DDR auf. Kurz vor ihrem Abitur erfährt sie, dass sie adoptiert wurde. Eine Welt bricht für sie zusammen. Nun will sie ihre richtige Mutter, die ...

Ingke wächst behütet und glücklich bei ihren Eltern in der DDR auf. Kurz vor ihrem Abitur erfährt sie, dass sie adoptiert wurde. Eine Welt bricht für sie zusammen. Nun will sie ihre richtige Mutter, die im Westen lebt, kennenlernen. Will wissen, was damals passiert ist, Sie frägt die verschiedenen Familienmitglieder nach ihren Erinnerungen, aus denen sich ein Bild der damaligen Ereignissen ergibt.

Das Buch hat mich sehr betroffen gemacht. Natürlich hatte ich schon von Zwangsadoptionen und den Bespitzelungen durch die Stasi gehört. Ich habe es auch als großes Unrecht empfunden. Doch es waren eher abstrakte Begriffe für mich. Die Autorin hat es geschafft, diese Begriffe mit Leben und Emotionen zu erfüllen. Ich konnte Ingkes Wut und Hilflosigkeit gut verstehen, als sie erfährt, dass ihre vermeintlichen Eltern, sie belogen haben. Wie konnten sie in Ingkes Augen so herzlos sein und sie ihrer wahren Mutter weg nehmen ? Dann beginnt Ingke nachzufragen. Sie will verstehen, wie all das passieren konnte. Und so wie Ingke erkennt, dass es kein schwarz-weiß gibt, habe auch ich dazu gelernt. Für mich war es unvorstellbar, wie leicht man in den Blickfang der Stasi geraten konnte. Ingkes Adoptivmutter wird als Jugendliche rekrutiert, in dem man ihr mit massiven Nachteilen für ihre Eltern droht. Sie soll ihren Bekanntenkreis ausspähen. ich kann nur erahnen, was für eine seelische Belastungdas bedeutet haben muss. Genauso schockierend fand ich das Prinzip der Sippenhaft. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist Ingkes richtige Oma. Die Kinder ihren Eltern wegzunehmen war sicher Unrecht. aber die neuen Eltern waren keine Monster. Sie haben ihre Kinder geliebt. Nach der Wende muss das für die betroffenen Familien dramatisch gewesen sein. Auch das wird im Buch gut heraus gearbeitet - die Verletzungen, Hoffnungen und Ängste auf beiden Seiten.

Trotz des wichtigen und belastenden Themas liest sich der Roman sehr unterhaltsam. Das Buch bekommt von mir eine Leseempfehlung, weil es ein schwieriges Kapitel der DDR unterhaltsam aufbereitet und Verständnis für alle Beteiligten weckt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.04.2021

Spannend, berührend, lesenswert !

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein ewiger Traum
0

Nach einem schweren Schicksalsschlag verlässt Magda Fuchs ihre Heimatstadt Hildesheim, um in Berlin als Polizeiärztin zu arbeiten. Völlig unvorbereitet wird sie mit dem Elend der Arbeiterfamilien konfrontiert. ...

Nach einem schweren Schicksalsschlag verlässt Magda Fuchs ihre Heimatstadt Hildesheim, um in Berlin als Polizeiärztin zu arbeiten. Völlig unvorbereitet wird sie mit dem Elend der Arbeiterfamilien konfrontiert. Besonders die Kinder leiden unter dem Mangel an Nahrung und Fürsorge. Magda trifft die engagierte Fürsorgerin Ina. Beide nehmen den Kampf gegen die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Kinder auf.

Celia ist in einer arrangierten Ehe gefangen. Sie wäre gerne Ärztin geworden wie ihr Vater. Ihr Mann verbietet ihr das Studium.

Die junge Verkäuferin Doris will in Berlin ihr Glück machen und Schauspielerin werden und zahlt einen hohen Preis.

Die Frauen müssen lernen, dass sie auf die Unterstützung der Männer nicht hoffen dürfen, die in ihnen nur schmückendes Beiwerk und die Mutter ihrer Kinder sehen.

Der Roman beginnt mit einer schlimmen Erfahrung für Magda, die ihr Leben komplett auf den Kopf stellt und sie und den Leser in das Berlin der zwanziger Jahre entführt. Magdas Arbeit als Polizeiärztin bringt sie in Kontakt mit der unteren sozialen Schicht. Ich war mindestens genau so entsetzt über die Zustände, unter denen Menschen leben. Besonders die Kinder erleben Gewalt, Hunger und sexuellen Missbrauch. Kinderhandel ist an der Tagesordnung. Der Staat schaut weg. Ich habe Magda bewundert für ihren Willen, sich im beruf und in der Großstadt durchzusetzen. Sie verliert ihre Empathie nicht, sondern in ihr wächst der Wille, die Dinge zu ändern. Eine Mitstreiterin findet sie in der Fürsorgerin Ina, die durch Magda wieder den Mut findet, sich gegen die Flut des Elends zu stemmen. Auch Ina war mir - trotz, oder gerade wegen - ihrer manchmal zynischen Art sympathisch. Bedeutend schwerer habe ich mich mit der gut situierten Celia getan. ie verharrt in der verhassten Ehe, bemitleidet sich selber, findet aber nicht den Mut etwas zu ändern, denn dann müsste sie ihre Komfortzone verlassen. Durch einen tragischen Zwischenfall ist Celia dann gezwungen, ihr Leben neu zu ordnen und hat sich dadurch meinen Respekt verdient.

Parallel zu den gesellschaftlichen Konflikten gibt es im Roman auch eine Krimihandlung. Magda versucht die tragischen Ereignisse in Hildesheim aufzuklären, deren Ursprung in Berlin zu liegen scheinen. Und sie möchte einen kleinen Jungen wieder finden, dessen Schwester ihr ans Herz gewachsen ist. Dazu muss sie sich in das Milieu des Kinderhandels begeben. Hier erhält sie Unterstützung vom jungen Kommissar Kuno Mehring. Unter all den bonierten Männern ist er eine wahre Lichtgestalt mit einer modern anmutenden Einstellung gegenüber Frauen. Er war mir von Anfang an sympathisch mit seiner offenen Art.

Das Buch erweckt das Berlin der zwanziger Jahre zum Leben mit all seinen Schattenseiten, dem Glitzer und den wohlhabenden mit Dünkel behafteten Großbürgertum. Die Autoren schildern die Gegebenheiten so realistisch, dass ich meinte, gemeinsam mit Magda durch die Straßen zu laufen. Durch die Krimihandlung wird das soziale Elend erträglicher, da so Spannung in die Geschichte kommt und ich das Gefühl hatte, dass es so etwas wie Gerechtigkeit doch noch gibt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.04.2021

Packende Familiengeschichte eingebettet in die Glaubenskriege im 16.Jh.

Die Stadt der Tränen
3

Die Hugenottin Minou Reydon erhält eine Einladung zur Hochzeit zwischen dem Hugenottenkönig Heinrich von Navarra und der Katholikin Margarete von Valois. Zusammen mit ihrem Mann Piet und den beiden Kindern ...

Die Hugenottin Minou Reydon erhält eine Einladung zur Hochzeit zwischen dem Hugenottenkönig Heinrich von Navarra und der Katholikin Margarete von Valois. Zusammen mit ihrem Mann Piet und den beiden Kindern machen sie sich auf den Weg diesem hoffnungsvollen Ereignis, das den Frieden zwischen den Religionen herstellen soll, beizuwohnen. Doch die Gegner der Hugenotten haben andere Pläne und es kommt zur blutigen Bartholomäusnacht. Mit Hilfe der Niederländerin Cornelia van Raay können Minou und Piet gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn fliehen. Doch sie lassen ihre kleine Tochter Marta zurück, die am Tag zuvor verschwunden ist. Minou und Piet bauen sich in Amsterdam ein neues Leben auf. Aber Minou kommt nicht über den Verlust der Tochter hinweg. Viele Jahre später behauptet ein guter Freund in einem Brief, er habe eine junge Frau gesehen, die Minou verblüffend ähnlich sehe. Voller Hoffnung, doch noch die verlorene Tochter zu finden, kehren Minou und Piet nach Frankreich zurück. Gleichzeitig ist Piet entschlossen, sein ihm zustehendes Erbe anzutreten, das ihm von seinem größten Feind und Cousin, dem Kardinal Vidal, streitig gemacht wird und der Piet und seine Familie mit dem Tode bedroht.
Dies ist bereits der 2. Band , der die Familiengeschichte von Minou und Piet erzählt. Obwohl ich den 1. Band nicht kenne, habe ich gut in die Geschichte gefunden. Wichtige Informationen , die für das Verständnis notwendig sind, lässt die Autorin an der entsprechenden Stelle einfließen. Der Rahmen der Familiengeschichte bilden die damaligen Glaubenskriege. Besonders schockiert haben mich die Schilderungen der Bartholomäusnacht und deren Gräueltaten. Ich musste Minou und Piet bewundern, für ihre Kraft nach ihrer Flucht nach Amsterdam, neu zu beginnen. Eine neue Umgebung, eine neue Sprache, eine neue Existenz aufbauen, Parallelen zu heutigen Flüchtlingsschicksalen drängen sich auf. Auch die private Geschichte von Minou und Piet ist voller tragischer Ereignisse. Beide haben Elternteile früh verloren und dann der Verlust der Tochter, der zu einer Entfremdung der Eheleute führt. Obwohl mich die Schilderungen fasziniert haben, habe ich dennoch keine wirkliche emotionale Bindung zu Minou aufgebaut. Sie blieb mir fremd. Vielleicht lag es daran, dass ich sie als kalt empfunden habe. Ganz anders war es mit ihrem Gegenspieler Vidal, den ich von Herzen verabscheut habe. Sein Hass und seine Leidenschaft ließen ihn in meinen Augen zumindest menschlich erscheinen. Genau so erging es mir mit Marta, die mir sehr sympathisch war und über deren Jahre im Dunkel, ich gern mehr wüsste.
Der Roman gibt ein farbenprächtiges und packendes Bild der damaligen Zeit wieder. Mir waren die schweren Verwerfungen, die die Teilung der katholischen Kirche zur Folge hatten, so nicht bewusst. Durch die Familiengeschichte der Reydons füllt die Autorin nackte Tatsachen mit Leben und macht Geschichte auf unterhaltsame Weise erlebbar.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Thema