Profilbild von Leselaunen

Leselaunen

Lesejury Profi
offline

Leselaunen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Leselaunen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2019

Deutsche Gedicht hübsch verpackt

Des Sommers letzte Rosen
0

100 deutsche Gedichte aus einem Zeitraum von fast tausend Jahren (1901 – 1999) hat Dirk Ippen in diesem Band zusammengetragen. Die schönsten Werke berühmter Dichter wie Goethe, Schiller und Heine finden ...

100 deutsche Gedichte aus einem Zeitraum von fast tausend Jahren (1901 – 1999) hat Dirk Ippen in diesem Band zusammengetragen. Die schönsten Werke berühmter Dichter wie Goethe, Schiller und Heine finden hier ebenso Platz wie die moderne Lyrik von Brecht oder Rilke. So ist eine breite Sammlung beliebter Gedichte entstanden. Des Sommers letzte Rosen wurde in der 11. Auflage 2018 im Verlag C.H. Beck veröffentlicht.

Über den Verlag selbst bin ich auf diesen Gedichtbank aufmerksam geworden und freue mich, so wieder einmal in den Genuss des Lyrischen gekommen zu sein. Im Buch finden sich sehr viele Gedichte wieder, die ich aus meiner Schulzeit kenne, was sicher vielen, die den Band lesen, so ergehen wird. Das Cover ist sehr ansprechend und seinem Titel gerecht werdend gestaltet und gibt dem Ganzen einen romantisch-verspielten Charakter, was sehr mit dem Inhalt harmoniert. Die bunte Mischung macht Des Sommers letzte Rosen für all jene zu einem besonderen Erlebnis, welche Gedichten etwas abgewinnen können.

Fälschlicherweise von mir angenommen sind die Gedichte nicht die beliebtesten unter der deutschen Bevölkerung, sondern jene, welche am Häufigsten in Anthologien des 20. Jahrhunderts gedruckt worden sind. Der Titel erscheint mir somit etwas sperrig, weil es sich ja nicht zwangsläufig um die populärsten Gedichte handeln dürfte. Nichts desto trotz ist eine doch schöne Sammlung entstanden, die Liebhaber der Lyrik sicher bereichern wird.

Johann Wolfgang von Goethe ist mit den meisten Gedichten vertreten, was aufgrund seiner Bedeutung für deutsche Lyrik sicher nicht weiter verwundern dürfte. Auch ich mag seine Werke sehr. Persönlich hätte ich mir dennoch weitere Dichter gewünscht, die es leider nicht in diesen Band geschafft haben. Darunter z.B. Joachim Ringelnatz. Die elfte Auflage erscheint mir nach dem Sichten seiner Vorgänger besonders reizvoll, vor allem wegen seiner rosigen Aufmachung.

Ein zu großen Teilen gelungener Sammelband deutscher Poesie, der durch ein sehr ansehnliches Cover, sowie anmutige und nachdenkliche Texte besticht.

Veröffentlicht am 02.11.2019

True-Crime

Sadie
0

"Sadie – Stirbt sie, wird niemand die Wahrheit erfahren" ist ein Thriller der Kanadierin Courtney Summers. Veröffentlicht wurde dieser im Februar 2019 im Beltz-Verlag. Die Geschichte thematisiert den Mord ...

"Sadie – Stirbt sie, wird niemand die Wahrheit erfahren" ist ein Thriller der Kanadierin Courtney Summers. Veröffentlicht wurde dieser im Februar 2019 im Beltz-Verlag. Die Geschichte thematisiert den Mord an der kleinen Mattie und schildert wie sehr ihre Schwester Sadie darunter leidet und Rache nehmen will.

Sadie lebt in Cold Creek, einer kleinen Stadt in Colorado, USA. Das Stadtbild ist aufgrund des großen Wegzugs seiner Bewohner und der vielen leer stehenden Gebäude äußerst trostlos. Die Mutter von Sadie und Mattie, Claire, leidet seitdem die Kinder denken können unter Alkohol- und Drogenproblemen, weshalb May Beth, eine Art Ersazugroßmutter sich den Mädchen angenommen hat, nachdem die Mutter ihre Kinder von einem Tag auf den anderen verlässt. Nach dem Tod von Mattie und den ergebnislosen Polizeiermittlungen macht sich Sadie selbst auf die Suche nach dem Mörder ihrer Schwester. Der Journalist West McCray erstellt einen Podcast welcher Mattie und Sadie gewidmet ist und möchte bei der Aufklärung des Falls behilflich sein.

„Spannend, fesselnd und besser als eine Netflix-Serie“ – so wird der Thriller vom Tagesspiegel und einer Nutzerin der Buch-Community Vorablesen angepriesen. Auch mich hat das Buch aufgrund des Klappentextes sehr neugierig gemacht. Die Kapitel wechseln von Fließtext zu Podcast-Dialogen, was die Geschichte lebendig hält und den Nerv der Zeit trifft. Sadie ist neunzehn Jahre alt, hat lockige Jahre und stottert stark. Sie ist eine direkte, starke und eigenwillige junge Frau die den Tod ihrer kleinen Schwester nicht verkraftet hat und glaubt, im Stiefvater und ehemaligen Partner ihrer Mutter den Schuldigen zu finden. Deshalb begibt sie sich allein auf die Suche und gilt seitdem als verschwunden.

In seinem Podcast The Girls thematisiert Radiomoderator West MCray den Tod von Mattie und die Suche nach Sadie und möchte gleichsam den Fall aufklären. Dafür kontaktiert er Menschen, denen Sadie bei der Suche nach dem Mörder ihrer Schwester begegnet ist und versucht so, mehr über die junge Frau und ihren Plan herauszufinden. In den Gesprächen erfährt McCray mehr über die Kindheit von Mattie und Sadie, über die Vergangenheit der seit langem verschwundenen Mutter Claire und dem Aufwachsen der Mädchen bei May Beth.

Summers hat eine klare, kräftige und fesselnde Sprache, die dem Thriller seine Würze verleiht. Die abwechslungsreichen Abschnitte und die gut konstruierte Story tun ihr Übriges um den Leser in seinen Bann zu ziehen. Die Figuren werden für meine Begriffe nicht immer ausreichend klar charakterisiert, was mir besonders bei Mattie aufgefallen ist. Auch wenn diese nicht mehr am Leben ist, so spielt sie für die Geschichte eine doch tragende Rolle, weswegen eine intensivere Beschreibung zur Person der Geschichte sicher gut getan hätte.

Der Thriller hat mich immer wieder gefesselt und neugierig auf seine Aufklärung gemacht. Erstaunlicherweise werde ich aus dem Ende aber nicht schlau und so bleiben für mich persönlich zu viele Fragen offen. So ist Sadie – Stirbt sie, wird niemand die Wahrheit erfahren es eine solide Geschichte, die durch eine fesselnde Erzählweise, einen ansteigenden Spannungsaufbau und einen True-Crime-Podcast punkten kann, aber gegen Ende große Schwächen zeigt.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Musik und Liebe

Blinde Liebe
0

"Blinde Liebe" ist ein Roman von William Boyd, erschienen im März 2019 im Kampa Verlag. Die Geschichte spielt im Zeitraum von 1894 – 1906 an verschiedenen Orten Europas und thematisiert die große Liebe ...

"Blinde Liebe" ist ein Roman von William Boyd, erschienen im März 2019 im Kampa Verlag. Die Geschichte spielt im Zeitraum von 1894 – 1906 an verschiedenen Orten Europas und thematisiert die große Liebe eines schottischen Klavierstimmers zu einer russischen Sopranistin und lässt die Leidenschaft für klassische Musik nicht zu kurz kommen.

Brodie Moncur stammt aus dem schottischen Edinburgh und ist eines von sechs Kindern eines herrschsüchtigen Vaters. Er hat das absolute Gehör und gilt unter den Klavierstimmern deshalb als wahres Ausnahmetalent. Brodie kehrt – nicht nur aus beruflichen Gründen – seiner schottischen Heimat den Rücken und lebt zunächst in Paris um sich dort einen Namen zu machen. Dort lernt er den bekannten Pianisten John Kilbarron kennen, eine schwierige Persönlichkeit. Durch ein gemeinsames berufliches Projekt profitieren beide voneinander und genießen zeitweise ein triumphales Leben in Sankt Petersburg.

Der wahre Hintergrund für seine begeisternde Arbeit mit dem Iren Kilbarron liegt aber weniger an seinem neu gewonnenen Luxus und des musikalischen Talents Kilbarrons, sondern viel mehr an der Geliebten des Klaviervirtuosen, Lika. Obwohl eine Liebe zwischen beiden unmöglich scheint, riskiert Brodie nicht zuletzt sein Leben, um mit Lika zusammen sein zu können. Dabei führt es ihn neben Russland und Frankreich auch nach Italien, Österreich und Indien.

Das Leben für Brodie ist verheißungsvoll und intensiv. Er lernt verschiedene Sprachen, ist erfolgreich in seiner Tätigkeit als Klavierstimmer und lässt sich von der unbequemen Persönlichkeit seines Vaters nicht einschüchtern. Zwischen Brodie und Lika bahnt sich bereits kurz nach dem ersten Aufeinandertreffen eine Liebesbeziehung an. Da Lika aber die Gefährtin von Brodies Geschäftspartner Kilbarron ist, müssen beide ihre Gefühle füreinander und ihre und Treffen geheim halten. Zu allem Überfluss ist da noch Malachi, der Bruder John Kilbarrons, der den Verliebten das Leben schwer macht und Brodies Tuberkulose, die er alsbald nur noch schwerlich in den Griff bekommt.

Ein einzelnes Leben bildet den Mittelpunkt dieser Geschichte. Das Leben eines jungen Mannes, der zwar nicht die besten Augen, dafür aber ein umso besser funktionierendes Gehör besitzt. Das Leben von Brodie Moncur; strebsam, ehrgeizig und liebeskrank. Der flüssige Schreibstil und die berührende, lebendige Erzählung machen den Roman zu einem kurzweiligen Erlebnis, auch wenn das Buch mit seinen über 500 Seiten keine knappe Lektüre ist. Die Charaktere hat Boyd aus meiner Sicht gebührend verkörpert und mitsamt dem Ende ein beeindruckendes Werk geschrieben.

Eine insgesamt sehr berührende Geschichte die große Momente birgt und in einer ereignisreichen Zeit spielt.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Falscher Glanz

Liebwies
0

"Liebwies" ist ein Satire-Roman und gleichsam das Debüt der österreichischen Jung-Autorin Irene Diwiak. Erschienen ist das Buch im Diogenes-Verlag im Februar 2019. Diwiak erzählt die Geschichte zweier ...

"Liebwies" ist ein Satire-Roman und gleichsam das Debüt der österreichischen Jung-Autorin Irene Diwiak. Erschienen ist das Buch im Diogenes-Verlag im Februar 2019. Diwiak erzählt die Geschichte zweier Frauen zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg. Gisela und Ida könnten unterschiedlicher nicht sein und dennoch kreuzen sich ihre Wege. Es geht um falsche Schönheit, die Leidenschaft für die Musik und den Hunger nach Ruhm.

Gisela ist eine junge, gut aussehende Sängerin aus dem kleinen, unbedeutenden Örtchen Liebwies. Sie entstammt einer einfachen, wenig gebildeten Familie, weshalb sie das Schreiben nie ganz erlernte. Sie lässt sich vor allem durch ihre grenzenlose Naivität charakterisieren, die den Herren der Schöpfung, welche durch Giselas Aussehen geblendet sind, weitläufig verborgen bleibt. Obwohl ihre Schwester Karoline eine weitaus talentiertere Sängerin ist, bekommt Gisela die Möglichkeit, eine Gesangskarriere anzustreben.

Ida Padinsky, spätere Gussendorf, lebt mit ihrer wenig liebevollen Mutter Katharina und ihren Brüdern Wilhelm und Florian in besseren Verhältnissen. Sie ist unscheinbar, fällt durch ihre zierliche Gestalt und ihre winzige Nase auf und ist dafür bekannt, kaum zu sprechen. In ihr schlummert eine große Leidenschaft und ein ebenso großes Talent für das Komponieren.

Die Geschichte beginnt mit dem arbeitslosen Lehrer Köck, welcher von seiner Frau verlassen wurde und nun sein Heimatdorf verlässt, um anderswo eine Anstellung und sein Glück zu finden. So landet er in einem Kaff mit dem Namen Liebwies, wo ihm alsbald die fast blinde, aber stimmlich begabte Karoline über den Weg läuft, für die er in der Dorfkirche St. Anna ein Lied komponiert. Um ihr zu einer Gesangskarriere zu verhelfen, stellt er sie seinem ehemaligen guten Freund Wagenrad vor, der aber nur Augen für Karolines hübsche Schwester Gisela hat, die ihn an seine geliebte, inzwischen verstorbene Frau Ilona erinnert.

Wagenrad nimmt Gisela statt Karoline mit sich und geht mit ihr nach Wien. Dort leben sie gemeinsam mit Wagenrads Haushälterin Emma zusammen, die zunächst wenig von Gisela hält und sie das spüren lässt. Gisela aber ist zu naiv um zu verstehen, dass Emma sich die verstorbene Frau Wagenrad zurück wünscht. Aufgrund ihrer blendenden Schönheit und einer unrühmlichen Erpressung, wird Gisela schließlich am Konservatorium angenommen und dort ausgebildet.

Ida ist inzwischen mit dem wesentlich älteren August Gussendorf verheiratet, welcher durch seine egozentrische und launische Art auffällt. Die Ehe langweilt Ida, sodass ihre einzige Freude darin besteht, sich mit der Haushälterin Rosl über deren Leidenschaft fürs Kochen zu unterhalten und selbst Musik zu komponieren. August Gussendorf ist ein wenig erfolgreicher Dichter, der Gisela mit seiner Oper zum Durchbruch verhelfen soll. Diesen Auftrag bekommt er von Wagenrad persönlich. Durch diese Chance euphorisiert, muss Gussendorf aber schnell feststellen, dass er nicht in der Lage ist, ein Stück zu komponieren, dass ein Erfolg werden kann. Deshalb bedient er sich kurzerhand an der Komposition seiner Frau Ida.

Liebwies feiert jene, die es nicht verdienen und umgibt sie mit falschem Glanz, während es die wirklich Begabten in den Schatten stellt. Diwiak erschafft Charaktere, die so egozentrisch sind, dass sie sich vor allem für sich selbst interessieren und sich zu verkaufen wissen. Der Roman könnte also genau so auch in der heutigen Zeit spielen. Große Täuschungen, untalentierte Figuren mit geringer Moralvorstellung und verborgene Genies machen die Geschichte aus.

Die Autorin versteht es ein Buch zu schreiben, das von menschlichen Abgründen lebt und ihre Figuren in Szene zu setzen, sodass es nur konsequent ist, das den wahren Helden ihrer Erzählung das Glück verwehrt bleibt. Für den Leser irgendwie tröstlich, dass es am Ende dann gar keine Gewinner gibt.

Veröffentlicht am 02.11.2019

Unheimlich böse, unheimlich spannend

Mörder
0

Auf seinen ersten Band "Mörderinnen" folgt Veikko Bartels Mörder, welcher das männliche Pendant darstellt. Bartel ist ehemaliger Strafverteidiger, der in seinen Büchern von realen Fällen aus der Praxis ...

Auf seinen ersten Band "Mörderinnen" folgt Veikko Bartels Mörder, welcher das männliche Pendant darstellt. Bartel ist ehemaliger Strafverteidiger, der in seinen Büchern von realen Fällen aus der Praxis berichtet. Mörder erschien im Februar 2019 im Mosaik-Verlag aus dem Hause Randomhouse.

Veikko Bartel hat rund 40 Tötungsfälle in seiner aktiven Zeit als Strafverteidiger vor Gericht vertreten. In seinem zweiten Buch erzählt er von den Beweggründen, die Männer zum Töten verleiten. Sechs Fälle sind es diesmal an der Zahl und genau wie in Mörderinnen schreibt Bartel auch hier in Romanform. Und auch diesmal stellt der Autor die Frage nach der Gerechtigkeit. Spannend und informativ gewährt Veikko Bartel Einblicke in sein Berufsleben.

Die allumfassende Frage mit der sich das Buch beschäftigt ist die nach dem Tatmotiv. Warum töten Menschen? Die Fälle haben mich insgesamt sehr schockiert und nachdenklich gemacht. Dennoch oder gerade deswegen konnte ich das Buch schwer aus der Hand legen, denn trotz unmenschlicher Vergehen ist Mörder unterhaltsam und interessant geschrieben. Neben den Fällen selbst ist es die große Antipathie gegen seinen Berufsstand den Bartel thematisiert. Dabei bedient er sich einiger Anekdoten aus seiner beruflichen Vergangenheit.

Besonders die ersten beiden Fälle haben mich sehr bewegt und mir ein ums andere Mal Gänsehaut beschert. Dabei geht es um einen Finanzbeamten welcher aus Affekt seine Frau tötet und einen Mann der auf der Suche nach einem geregelten Leben in einer Drückerkolonne landet und am Ende keinen Ausweg als das Morden sieht. Es sind neben Unverständnis und großer Abscheu aber auch Gefühle wie Mitleid und Bedauern, die beim Lesen geweckt werden.

Das Cover, das möchte ich unbedingt hervorheben ist unaufdringlich und schlicht gestaltet was auch bei seinem Vorgänger der Fall war. Auch im Buch selbst gefällt mir die einfach, aber dennoch ansprechende Formatierung sehr gut. Der Schreibstil ist dem Thema entsprechend flüssig und animiert durch seine faktenreichen Zeilen stets zum Weiterlesen.

Auch der zweite Band von Veikko Bartel konnte mich überzeugen. Die mit vielen Fakten gespickten Berichte über die Leben seiner Angeklagten bis hin zu deren Taten gehen nah.