Von Liebe, Verlust und dem Versuch Loszulassen
Und plötzlich warst du fortIn einer kleinen amerikanischen Stadt der 90er-Jahre lebt die 13-jährige Sally zusammen mit ihren Eltern und der großen Schwester Kathy, die sie liebt und vergöttert und insgeheim auch für Kathys Freund ...
In einer kleinen amerikanischen Stadt der 90er-Jahre lebt die 13-jährige Sally zusammen mit ihren Eltern und der großen Schwester Kathy, die sie liebt und vergöttert und insgeheim auch für Kathys Freund und Draufgänger Billy schwärmt. Nachdem Kathy bei einem tragischen Unfall verunglückt, bleibt Sally ratlos und einsam zurück. Durch nächtliche Chats und Telefonate entwickelt sich zwischen ihr und Billy eine zarte Freundschaft, die auch der Zeit zu trotzen scheint, aber nie mehr sein darf.
Sprachlich findet man einen guten Einstieg in den Roman und reist zusammen mit Sally durch die Zeit und komische, traurige und lustige Erinnerungen und versucht Abschied von der großen Schwester zu nehmen. Gewöhnungsbedürftig ist zunächst das Fehlen der klassischen Kapitelaufteilung, die vier Abschnitte sind jeweils sehr lang, thematisch und zeitlich aber mehr oder weniger klar abgegrenzt. Schön umgesetzt ist dabei das sprachliche "Erwachsen werden" der Ich-Erzählerin in diesem etwas anderen Coming-of-Age-Roman. Espach versucht auf eine federleichte Art und Weise doch so schwere Themen wie Verlust, Schuld, Sehnsucht, Neuanfänge und die Macht der Liebe aufzugreifen, wobei Sally zu sehr in der Vergangenheit und im Schatten ihrer Schwester zu leben scheint und auch über die Jahre hinweg immer wieder in die alten Muster fällt und so doch recht wenig persönliche Entwicklung durchmacht. Im Gegensatz dazu sind die Auseinandersetzung mit Billys inneren Dämonen und auch der Kampf der Eltern mit dem Verlust der Tochter dabei sehr roh und schmerzvoll dargestellt.
Insgesamt konnte mich "Und plötzlich warst du fort" nicht vollends überzeugen, sprachlich zwar sehr kunstvoll, konnte mich der Verlauf und insbesondere das Ende nicht richtig abholen. Anstelle einer emotionalen Achterbahn liegt über dem Roman eine unangenehme Schwere ohne eine abschließende und so dringlich notwendige Katharsis.