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Veröffentlicht am 02.11.2023

Großartig!

Vladimir
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VLADIMIR
Julia May Jones

Unsere namenlose 58-jährige Literaturdozentin lehrt an einem kleinen amerikanischen Collage im Fachbereich Literatur. Sie war schon immer autark, beliebt und intelligent, doch ...

VLADIMIR
Julia May Jones

Unsere namenlose 58-jährige Literaturdozentin lehrt an einem kleinen amerikanischen Collage im Fachbereich Literatur. Sie war schon immer autark, beliebt und intelligent, doch hat sie seit Neuestem ein großes Problem mit dem Älterwerden. Und das spiegelt sich auch in ihrer Ehe mit Ehemann John, der am selben Collage unterrichtet, wieder. Beide führen eine "offene Ehe, was nie ein Problem darstellte, schließlich hat ihr Ehemann ein größeres Interesse an sexuellen Aktivitäten.
Doch dann lernt sie ihren neuen, jüngeren Kollegen Vladimir kennen und ihre sexuelle Energie erwacht. Zeitgleich droht John eine Suspendierung: Mehrere weibliche Studierende haben den Professor wegen sexueller Übergriffe beim Dekan angezeigt. Daraufhin wurde eine Anhörung eingeleitet.

Wer jetzt denkt, dass Vladimir eine kitschige Liebesgeschichte ist, den muss ich hier direkt an dieser Stelle enttäuschen.
Obwohl es hauptsächlich um ein alterndes und lang verheiratetes Ehepaar geht (die offensichtlich gerade in einer Lebenskrise stecken), so werden Themen wie Depressionen, Drogenkonsum und Missbrauch im Kontext angesprochen.
Ich habe so ein feines Buch, was so unglaublich schön vom Sprachstil ist und mich gefühlt in das Wohnzimmer vom Ehepaar Hustvedt/Auster katapultiert hat, nicht erwartet - eine unglaubliche Überraschung.
Ein Buch, das zum Ende eine ganz andere, nicht vorhersehbare Wendung bekommt und noch einmal richtig aufdreht.

Fazit:
Ein Wahnsinnsdebüt! Stark aus dem Amerikanischen von Eva Bonné übersetzt.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Spannend

Der Blutkünstler (Tom-Bachmann-Serie 1)
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DER BLUTKÜNSTLER
Chris Meyer

Hier kommt eine große Leseempfehlung für alle, die es spannend mögen:

Die Galeristin Selma wird über Nacht selbst zu einem Kunstprojekt: Ihre Kollegin findet sie am Morgen ...

DER BLUTKÜNSTLER
Chris Meyer

Hier kommt eine große Leseempfehlung für alle, die es spannend mögen:

Die Galeristin Selma wird über Nacht selbst zu einem Kunstprojekt: Ihre Kollegin findet sie am Morgen in Einzelteile zerlegt und auf einer Leinwand drapiert. Mit ihrem Blut hat der Mörder zuvor noch ein Kunstwerk erschaffen. Auffällig ist nicht nur ihr blondes Haar, das der „Blutkünstler“ zu Zöpfen flocht, sondern auch das gelbe Kleid, welches er ihr nachträglich anzog. Beides lässt auf einen Serientäter schließen, der bereits in anderen Großstädten mehrere grausame „Kunstwerke" hinterließ.

Tom Bachmann, der bekannte Profiler, wird zu den Ermittlungen des BKAs hinzugezogen. Er ist dafür bekannt, Psychopathen tief in die Seele schauen zu können.
Bachmann muss sich beeilen, denn der Blutkünstler hat noch viele Ideen für „größere Werke“ und wird nicht lange warten, diese bald umzusetzen.

Wow, das war spannend. Auch wenn Thriller nicht mein bevorzugtes Genre ist und ich „Schisshase“ hinter jeder Tür den Mörder erwarte, konnte mich dieses Buch von Beginn an einfangen. In nur zwei Nachmittagen habe ich dieses Buch durchgesuchtet -
es hat einfach alles, was ein Thriller braucht.

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Veröffentlicht am 26.10.2023

Genial mit Abstrichen

Lektionen
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LEKTIONEN
Ian McEwan

1959:
Roland Baines wächst in Libyen auf, wo sein Vater als Armeeoffizier stationiert ist. Mit 11 Jahren wird er in ein britisches Internat eingeschrieben, wo er den Highschool-Abschluss ...

LEKTIONEN
Ian McEwan

1959:
Roland Baines wächst in Libyen auf, wo sein Vater als Armeeoffizier stationiert ist. Mit 11 Jahren wird er in ein britisches Internat eingeschrieben, wo er den Highschool-Abschluss absolvieren soll. Doch es kommt anders:
Seine Klavierlehrerin Miriam Cornell verführt den Jungen im Alter von 14 Jahren und aus diesem Grunde trifft Roland eine Entscheidung, die sein ganzes Leben verändern wird.

1996:
Jahre später wacht Roland eines morgens auf und findet den Abschiedsbrief seiner Frau Alissa neben sich. Mit den Worten. „Ich habe das falsche Leben gelebt“ verlässt sie nicht nur ihn, sondern auch ihren vier Monate alten Sohn, Lawrence.
Roland, der nie einen richtigen Beruf erlernte, widmet sich fortan der Kindeserziehung.

In nicht immer chronologischen Rückblicken, doch konsequent mit einem roten Faden, erzählt uns Roland aus seinem Leben. Er nimmt uns mit in die Kuba-Krise, wir erleben ein weiteres Mal Tschernobyl und er erzählt detailliert die Lebensgeschichten seiner Freunde und Verwandten. So treffen wir Mitglieder der Weißen Rose, gehen noch einmal durch den Checkpoint Charly und reisen in die DDR und sind dabei, wenn die Mauer fällt. Selbst im Corona Lockdown leisten wir ihm Gesellschaft.
Dabei steht Roland immer im Mittelpunkt, wir begleiten ihn, trauern und freuen uns gemeinsam.

Ich bin nicht die Erste, die darauf kommt, dass der Protagonist Roland sehr viele Parallelen zu unserem Autor McEwan hat. Ob einige Passagen aus dem Buch autobiografisch sind, vermag ich jetzt nicht zu klären, was ich aber mit Bestimmtheit sagen kann ist, dass das Buch viele Lebensweisheiten - hier schlicht Lektionen genannt, beinhaltet. Auch wenn ‚Lektionen', ein kleines bisschen hinter McEwans früheren Werken wie 'Abbitte', 'Saturday' und 'Kindeswohl' zurücksteht, ist es dennoch für mich ein Meisterwerk (mit kleineren Längen), das eine Wortgewandtheit aufweist und kaum zu übertreffen ist.

Mein Lieblingszitat:
„Er hatte jene Lebensphase erreicht - mit Ende dreißig nicht ungewöhnlich -, in der die Eltern anfangen abzubauen. Wer sie waren, was sie taten, war bis dahin ganz allein ihre eigene Sache gewesen. Nun aber verloren sie kleine Stückchen ihres Lebens, die von ihnen abfielen oder so plötzlich abgerissen wurden wie der Rückspiegel vom Wagen des Majors. Später lösten sich größere Brocken ab und mussten von ihren Kindern eingesammelt oder im Flug aufgefangen werden. Ein langer Prozess. (S. 158)

Fazit:
Wunderbar erzählt. Literatur vom Feinsten.
5-/ 5

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Skurril und anders

Nightbitch
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NIGHTBITCH
Rachel Yoder

Bevor sie Mutter wurde, war die Frau Galeristin. Sie liebte ihren Beruf und ging voll in ihm auf. Nie wollte sie etwas anderes sein - Mutter werden war nie ein Thema.
Doch dann ...

NIGHTBITCH
Rachel Yoder

Bevor sie Mutter wurde, war die Frau Galeristin. Sie liebte ihren Beruf und ging voll in ihm auf. Nie wollte sie etwas anderes sein - Mutter werden war nie ein Thema.
Doch dann wurde sie schwanger und bekam den Sohn. Anfänglich gab sie ihren Beruf nicht auf. Andere Frauen schafften das ja schließlich auch! Aber Tatsache war, dass die Mutter den Spagat zwischen Muttersein und Berufstätige nicht gelang. Immer öfter war sie überfordert - diese schlaflosen Nächte mit anschließenden harten Arbeitstagen waren schlichtweg nicht mehr zu bewältigen - also gab sie ihren Beruf auf. Für den Sohn! Und warum auch nicht? Ihr Mann verdiente schließlich viel Geld und jetzt hatte sie endlich genug Zeit, um sich um den Sohn zu kümmern.
Doch warum wollten sich jetzt keine Mutterfreuden einstellen? Wieso konnte sie den Tag mit dem Sohn nicht einfach genießen?
Der Sohn forderte und quengelte den ganzen Tag und gab nie Ruhe. Sie fand keine Zeit zum Waschen und Putzen, und wann sie zum letzten Mal geduscht hatte, wusste sie auch nicht mehr.
Ihr Mann, der sich Alltags auf Geschäftsreise befand, war auch keine Hilfe. Und mit den anderen Muttis, die alle in ihrer „Muttirolle" aufblühten, konnte sie auch nichts anfangen.
Und genau zu diesem Zeitpunkt, als sie kurz davor war durchzudrehen, passierte es:
Ihr Körper veränderte sich. Hinten in ihrem Nacken wuchs ein Büschel Haare und auf einmal hatte sie Gelüste auf rohes Fleisch. Verwandelte sie sich zu einem Hund? Anfänglich versuchte sie das zu verheimlichen. Wie sollte sie das auch ihrem Mann erklären?
Der Einzige, der ihre Verwandlung mochte, war der Sohn. Der fand das Spiel, in einer Hundebox zu schlafen, ein Halsband zu tragen und zum Frühstück rohes Fleisch zu essen, ganz wunderbar.
Wie die Geschichte weitergeht und was die anderen Muttis zu dem ganzen sagen, müsst ihr allerdings selber lesen.

Mitreißend, skurril und zynisch erzählt Rachel Yoder von einem Muttidasein, das so ganz anders ist, als wir es kennen. Und auch wenn ich mich damals nach der Geburt meiner Tochter nicht zum Hund verwandelt habe, so konnte ich doch diverse Parallelen zwischen mir und Nightbitch erkennen. Ich habe das Buch abwechselnd gelesen oder gehört. Die Sprecherin des Hörbuches, Jana Kozewa hat Nightbitch eine unglaublich passende Stimme gegeben.
80 % des Buches habe ich richtig gerne gelesen/gehört, lediglich das Ende konnte mich nicht überzeugen. Schade, da hätte sich die Autorin etwas anderes einfallen lassen müssen.

Wie dem auch sei, trotz des unbefriedigenden Endes möchte ich allen Nicht-Vegetariern dieses ganz andere, skurrile Buch ans Herz legen, denn es ist wirklich lesenswert.
3½/ 5

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Veröffentlicht am 23.10.2023

Spannend

Endstation Malma
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ENDSTATION MALMA
Alex Schulman

Im Zug nach Malma sitzen unterschiedliche Personen:
Die verschüchterte Henrietta mit ihrem Vater - er ist ein schweigsamer und jähzorniger Mann, dem man besser aus dem ...

ENDSTATION MALMA
Alex Schulman

Im Zug nach Malma sitzen unterschiedliche Personen:
Die verschüchterte Henrietta mit ihrem Vater - er ist ein schweigsamer und jähzorniger Mann, dem man besser aus dem Wege geht. Nach der Trennung von seiner Frau teilte sich das Ehepaar die zwei Töchter untereinander auf.
Ein Ehepaar, das kurz vor der Trennung steht - sie möchte ihm unbedingt etwas in Malma zeigen und außerdem ist da noch Yana, eine einsame junge Frau, die nach Malma reist, um endlich die Wahrheit über ihre Familie herauszufinden.
Auf dieser Reise erfahren wir in Rückblicken mehr über diese Personen und deren Leben. Dabei sind alle Personen und Schicksale miteinander verwoben.

Alex Schulman ist ein Meister des Geschichtenerzählens. Langsam spinnt er seine Fäden und zieht diese immer straffer zusammen, dabei spannt er uns bis zur letzten Seite auf die Folter, wo alles in einem großen Knall endet.
Dieser Roman ist nichts für schwache Nerven und wer einen Wohlfühlroman sucht, der sollte besser zu einem anderen Buch greifen.
Psychische Gewalt und toxische Beziehungen stehen auch dieses Mal wieder im Vordergrund.
Ich hatte mich auf diesen dritten Schulman sehr gefreut und wurde auch dieses Mal nicht enttäuscht. Wie wir es von den anderen Büchern gewohnt sind, lässt er uns wieder staunend mit offenem Mund und Augen zurück.
Absolute Leseempfehlung
4/ 5

Aus dem Schwedischen von Hanna Granz

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