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Veröffentlicht am 04.09.2021

Wenn der Alkohol alles zerstört

Shuggie Bain
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Glasgow, in den 80er Jahren: Shuggie Bain, Lieblingskind von Agnes, der Trinkerin, wächst hier im Arbeiterviertel in Armut auf. Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit prägen das Leben der Arbeiter in ...

Glasgow, in den 80er Jahren: Shuggie Bain, Lieblingskind von Agnes, der Trinkerin, wächst hier im Arbeiterviertel in Armut auf. Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit prägen das Leben der Arbeiter in Glasgow. Huggies Vater hat schon lange die Flucht ergriffen: Anfänglich von Agnes Schönheit geblendet, hat er längst begriffen, dass er ihr nicht helfen kann. Unterhalt zahlt er nicht - und so landen Agnes, ihre zwei Kinder aus erster Ehe und dem gemeinsamen Kind Shuggie in der Sozialwohnungssiedlung. Agnes versäuft das Geld von der Stütze am ersten Tag nach Erhalt und für Essen bleibt den Kindern nichts mehr. Wenn das Geld alle ist, macht Agnes sich schön, pflegt sich, zieht ihren schönen Pelz aus alten Tagen an (der Pfandleiher wollte den nicht haben) und macht sich auf dem Weg um einen Mann zu suchen, der ihr einen Drink spendiert.
Shuggies ältere Geschwister Kath und Leek ziehen aus, und so ist es an Shuggie sich um seine Mutter zu kümmern. Er, der anders ist als andere Jungs, feminin mit weichem Gang, versucht auf seine Mutter aufzupassen. Er schwänzt die Schule, beschützt sie vor aufdringlichen Männern die an die Tür klopfen, wischt ihr Erbrochenes auf und bringt sie ins Bett. Doch Shuggie gibt nicht auf: Das Wohlbefinden seiner Mutter ist für Ihn das erste Gebot…

Es ist ein Buch über bedingungslose Liebe, Sucht und Abhängigkeit und deren Auswirkungen auf alle Familienmitglieder.

Shuggie Bain ist der Romandebüt von Douglas Stuart, der hier die eigene Geschichte seiner alkoholkranken Mutter erzählt, ausgezeichnet mit dem Booker Preis 2020.

Mir persönlich hat die tieftraurige Geschichte gut gefallen, lesenswert, aber nicht mein Lesehighlight des Jahres. Der Sprecher hat mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Geschichte im schönen alten Land

Der Himmel ist hier weiter als anderswo
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Ein schöner Titel mit einem schönen Cover!

Der Klappentext liest sich gut. Aber da ich selber aus Hamburg komme, habe ich mich natürlich sofort gefragt, ob man einfach ins Alte Land bei Hamburg ziehen ...

Ein schöner Titel mit einem schönen Cover!

Der Klappentext liest sich gut. Aber da ich selber aus Hamburg komme, habe ich mich natürlich sofort gefragt, ob man einfach ins Alte Land bei Hamburg ziehen kann? Werden die 'Alteingesessenen' nicht immer auf die 'alleinerziehende Zugezogene' missbilligend gucken?

Die 40-Jährige Felicitas ist eigentlich Geigerin, aber seitdem vor 2 Jahren ihr Mann gestorben ist, kann sie ihre Geige nicht mehr anfassen. Zu groß ist ihr schlechtes Gewissen. Während sie auf der Bühne stand und ihr großes Solo spielte, bekam ihr Mann Zuhause einen Herzinfarkt. Sie kann es sich einfach nicht verzeihen, nicht an seiner Seite gewesen zu sein - nein, schlimmer: Obwohl sie wusste, dass ihr Mann sich krank fühlte sagte sie ihr Konzert nicht ab...

Aber es kommt noch schlimmer: Der Vermieter kündigt ihnen die Wohnung und zusätzlich verliert sie Ihren Job als Musiklehrerin.

Eine neue Wohnung ohne Job mit vier Kindern ist nicht zu bekommen. Die einzige Option ist es, ein altes Gasthaus im Alten Land zu kaufen.

Kurzentschlossen Der Himmel hier ist weiter als anderswo

und anfänglich gegen den Willen ihrer ältesten Tochter kauft 'Fee' das Gasthaus.

Die Kinder leben sich schnell ein und gegenüber wohnt der gut aussehende Jesco, der seit kurzem wieder Single ist.

Es könnte alles so einfach sein, wenn es da nicht Katharina gäbe, die selbst ein Auge auf Jesco geworfen hat, wenn das Gasthaus nicht plötzlich sanierungsbedürftig wäre und wenn die Dörfler sie freundlicher aufnehmen würden..

Alle Versuche die Fee und ihre Kinder auf sich nehmen, Teil der Dorfgemeinschaft zu werden, scheitern und dann passiert auch noch ein Unfall...

Der Schreibstil ist flüssig und die Autorin schafft es, dass man wirklich ein Bild von dem Haus und dem Garten im Kopf hat.

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Veröffentlicht am 23.08.2021

Eine Geschichte aus dem Leben

Wir für uns
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Josie ist 41 Jahre alt und von einem verheirateten Mann schwanger. 9 Jahre hat sie bereits ein Verhältnis mit Bengt, der weder das Baby, noch seine Frau verlassen möchte.

Kathi ist 70 Jahre alt. Ihren ...

Josie ist 41 Jahre alt und von einem verheirateten Mann schwanger. 9 Jahre hat sie bereits ein Verhältnis mit Bengt, der weder das Baby, noch seine Frau verlassen möchte.

Kathi ist 70 Jahre alt. Ihren Mann hat sie gerade beerdigt und sie weiss nicht recht wie es weitergehen soll.
Ihren kleinen Lebensmittelladen musste sie vor Jahren schliessen. Dieser hatte kaum noch Geld zum Leben abgeworfen, als sich im nächsten Dorf eine Filiale einer grossen Supermarktkette niederließ.
Am liebsten würde sie sich um ein Enkelkind kümmern, doch in der Ehe ihres Sohnes kriselt es gewaltig.
Wie soll es weiter nun weitergehen?

Durch einen Zufall lernen sich Josie und Kathi kennen.

Ich hatte zu Beginn mit beiden Charakteren meine Schwierigkeiten. Josie ist verpeilt, chaotisch und träumt sich ihr Leben schön und Kathi ist eher introvertiert und empathielos,
Die Begegnung der beiden Frauen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, ist positiv. Beide unterstützen sich und fördern Charakterzüge der anderen.

Barbara Kunraths Roman packt wichtige Themen wie Trisomie 21, Risikoschwangerschaften, Homosexualität sowie Konflikte und Generationsprobleme zwischen Eltern und Kindern an.
Ihr Schreibstil ist flüssig, die Geschichte wird abwechselnd von Josie oder Kathi erzählt.

Was ich hier an diesem Hörbuch nicht mochte, war die Sprecherin: Die Stimme war zu schrill und immer gehetzt,. Dafür gibt es hier aber keinen Punktabzug.

Eine gelungene, zeitgenössische Familiengeschichte.

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Mittelmäßig

Die Stadt und ihre ungewisse Mauer
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DIE STADT UND IHRE UNGEWISSE MAUER
Haruki Murakami

Unser namenloser 17-jähriger Ich-Erzähler verliebt sich unsterblich in ein Mädchen ohne Namen. Sie fühlen sich als Seelenverwandte und glauben jede Menge ...

DIE STADT UND IHRE UNGEWISSE MAUER
Haruki Murakami

Unser namenloser 17-jähriger Ich-Erzähler verliebt sich unsterblich in ein Mädchen ohne Namen. Sie fühlen sich als Seelenverwandte und glauben jede Menge Zeit zu haben.
Doch eines Tages eröffnet ihm das Mädchen, das sie eigentlich nur der Schatten ihrer selbst sei und das ihr wahres Ich in einer Stadt hinter einer hohen Mauer lebe. Eine Stadt, wo man beim Eintreten seinen Schatten abgeben muss und wo es Uhren ohne Zeiger gäbe, denn Zeit hätte dort ihre Bedeutung seit langem verloren.
Aus dieser Stadt kehre man nie zurück.
Als das Mädchen ohne Ankündigung verschwindet und unser Protagonist sie auch nach längerer Suche nicht finden kann, beschließt er in diese geheimnisvolle Stadt zu reisen.
Dort angekommen beginnt er in einer Bibliothek zu arbeiten, eine Bibliothek, die aus Träumen besteht und dort trifft er seine Freundin wieder, jedoch erkennt sie ihn nicht mehr.
Wie dieser Roman von Murakami weitergeht und ob beide eine gemeinsame Zukunft haben, müsst ihr selber herausfinden …

Leider muss ich sagen, dass dieser Murakami mich ein wenig unzufrieden zurückgelassen hat.
Viele Wiederholungen, langsames Tempo und detaillierte Unwichtigkeiten bestimmen das Buch. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob es am Hörbuch lag - an der langsamen Erzählstimme des Sprechers. Oder hätte ich es auch so empfunden, wenn ich das Buch gelesen hätte?
Der erste Teil zog sich in die Länge, erst ab dem zweiten Teil konnte mich der Autor streckenweise einfangen.

Fazit:
Für mich war es nicht der beste Murakami, trotzdem hätte ich ihn auch nicht missen wollen.
3½ / 5

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Veröffentlicht am 17.05.2024

Anders als erwartet

Martha und die Ihren
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MARTHA UND DIE IHREN
Lukas Hartmann


Martha und ihre fünf Geschwister, die alle vor dem Ersten Weltkrieg geboren wurden, wachsen in armen Verhältnissen auf. Als dann ihr Vater einen schweren Unfall hat, ...

MARTHA UND DIE IHREN
Lukas Hartmann


Martha und ihre fünf Geschwister, die alle vor dem Ersten Weltkrieg geboren wurden, wachsen in armen Verhältnissen auf. Als dann ihr Vater einen schweren Unfall hat, erst bettlägerig wird und kurz darauf stirbt, kann die Mutter ihre sechs Kinder nicht mehr ernähren. Die sozialen Zuschüsse in der Schweiz wären nicht genug, selbst wenn die Mutter einen Job als Büglerin annähme.
Die Verwaltung lässt nicht lange auf sich warten und nimmt der Mutter alle Kinder weg - sie werden zu sogenannten „Verdingkinder", was nichts anderes bedeutet, als das sie bei fremden Familien aufwachsen, fremderzogen und ihren Lebensunterhalt selbst erarbeiten müssen. Martha wird ihre Mutter nur drei weitere Male in ihrem Leben treffen und ihre Geschwister nie wieder sehen.
Doch das weiß sie zu diesem Zeitpunkt nicht.
Martha, die zweitjüngste, kommt zu einer gläubigen Familie mit vielen Kindern. Für die Arbeiten, die keiner machen möchte, ist sie zukünftig verantwortlich. Am Tisch ist die Schale mit Essen meist leer, bevor sie bei Martha ankommt. Liebe oder ein freundliches Wort erfährt sie nicht.
Obwohl sie Klassenbeste ist, wird ihr die höhere Schule verwehrt, doch Martha ist zäh und mit Fleiß und Ehrgeiz schafft sie es später zu einem bescheidenen Wohlstand.
Martha hat es nie gelernt, Gefühle oder Schwächen zu zeigen. Umarmungen, Lob oder Liebkosungen waren ihr ganzes Leben Fremdwörter und so prägt diese soziale Inkompetenz nicht nur ihr Leben, sondern auch das ihrer zwei Söhne …

Die Verdingkinder sind ein schwarzer Fleck in der Schweizer Geschichte.
Oft wurden Kinder zu Unrecht den Eltern weggenommen. Scheidungen oder Arbeitslosigkeit reichte aus, dass Eltern ihr Kinder nie wieder sahen.
Die Kinder wurden als billige Arbeitskraft ausgebeutet, oft seelisch und körperlich missbraucht. Bis in die späten 1960er-Jahre gab es in der Schweiz Verdingkinder.

Ich habe das Buch gerne gelesen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass Marthas Zeit als Verdingkind ausführlicher beschrieben gewesen wäre. Ihren Part fand ich besonders berührend, während mich der narzisstische und pedantische Sohn eher auf die Palme trieb.
Der Schreibstil war eher sachlich kühl, was durchaus zum Inhalt passt. Herzlichen Dank Lukas Hartmann für einen tiefen Einblick in seine Familienchronik mit Großmutter Martha.
3½ / 5

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