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Veröffentlicht am 22.03.2022

Super

Die Wut, die bleibt
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Die Wut, die bleibt
Mareike Fallwickl
Gelesen von Marie-Isabel Walke & Ulrike Kapfer

Helena steht während des gemeinsamen Abendessens auf, geht auf den Balkon und springt in den Tod.
Zurück bleiben ihr ...

Die Wut, die bleibt
Mareike Fallwickl
Gelesen von Marie-Isabel Walke & Ulrike Kapfer

Helena steht während des gemeinsamen Abendessens auf, geht auf den Balkon und springt in den Tod.
Zurück bleiben ihr Mann Johannes, ihre zwei kleinen Söhne und ihre 15-Jährige Tochter Lola aus erster Ehe.

Nachdem die Schockstarre und die erste Trauer vorbei sind, bemerkt die Familie schnell, wie und wo die Mutter überall fehlt. Der Vater ist komplett überfordert, findet keine Kindergartenplätze für die Kleinen und die dreckige Wäsche füllt die ganze Badewanne. Helenes beste Freundin Sarah springt kurzerhand ein.
Doch bei diesem einem Mal bleibt es nicht. Sarah wird mehr und mehr zur Babysitterin, Putz- und Waschfrau, während sich Johannes immer weiter von seiner Pflicht zurückzieht.

Abwechselnd erzählen Lola und Sarah ihre Geschichten:
Sarah, Bestsellerautorin, wohnt mit ihrem jüngerem Freund zusammen. So richtig will er sich nicht binden und ein Kind mit ihr will er schon gar nicht. Ihre Vorzüge, mit dem guten Einkommen und dem großen Haus, nimmt er aber gerne mit.
Helene und sie kennen sich bereits aus dem Kindergarten. Sie kennt alle ihre Geheimnisse, aber warum hat Helene ihr nichts von ihrer Überforderung erzählt?
Lola, die selbst kaum mit ihrem Leben und Teenie-Dasein zurechtkommt, ist Sarah keine Hilfe. Als sie von einem Jungen überfallen wird, möchte sie nie wieder Opfer sein und schlägt eine ganz andere Richtung ein.

Mir hat das Hörbuch unglaublich gut gefallen. Es hat mich regelrecht in seinen Bann gezogen und die Sprecherinnen sind toll!
Ja, Lola war oft nicht einfach zu ertragen und ich hätte sie gerne ein paar Mal gerüttelt und ihr gesagt: „Hey wach auf, da kümmert sich jemand um dich und diejenige ist nicht dein Feind“ und Sarah dich habe ich bewundert: Dass du dich nicht einfach umgedreht hast und weggegangen bist!
Aber hätte Lola auf mich gehört? Nein, eher nicht.

Fazit:
Man muss durch das Teenie-Alter durch und springt als Mutter nicht vom Balkon! (An dieser Stelle: Gruß an meine Tochter ;)
4½ Sterne und eine Lese/Hörempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Leider nicht meins

Ewiges Licht
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Ewiges Licht
Francis Spufford
Aus dem Englischen von Jan Schönherr

Der Klappentext liest sich spannend:
Am 25. November 1944 schlägt eine deutsche V2 in ein Londoner Kaufhaus ein. 168 Menschen verlieren ...

Ewiges Licht
Francis Spufford
Aus dem Englischen von Jan Schönherr

Der Klappentext liest sich spannend:
Am 25. November 1944 schlägt eine deutsche V2 in ein Londoner Kaufhaus ein. 168 Menschen verlieren binnen Sekundenbruchteilen ihr Leben, die meisten sind Frauen und Kinder. Francis Spufford macht aus dem Epitaph für die Getöteten einen Anfang. Er erzählt von fünf ungelebten Leben: Da sind die Zwillingsschwestern Jo und Val. Val, die Lebenslustige, verliebt sich in den Falschen, landet im Gefängnis und tut ein Leben lang Buße. Jo, die Hochbegabte, geht nach Amerika, aber für eine Frau ist in der Musikindustrie nur die Rolle als Freundin des Stars vorgesehen. Vern, der von keinem Geliebte, macht Geschäfte, er triumphiert und scheitert und geht dabei über Leichen. Alecs Leben verläuft in den vorbestimmten Bahnen seiner Klasse – bis der Umbruch der Thatcherjahre alle Gewissheiten zerschlägt. Und dann ist da Ben, der Bedrohteste von allen, sein Lebensleid scheint beinahe unerträglich, aber am Ende wartet auf ihn das hellste Glück, das ein Autor sich einfallen lassen kann.
Ein Roman, so unvorhersehbar wie das wahre Leben, erfüllt von großem Leid und von der Hoffnung, dass allen Menschendingen am Ende doch ein Sinn innewohnt. Eine bewegende Lektüre, fesselnd, erheiternd und zu Tränen rührend.

Leider konnte mich die Geschichte nicht fesseln und zu Tränen rühren.
„All das Hätte, Könnte, Würde der kommenden Jahrzehnte“ (Tolino S.17) konnte mich so gar nicht überzeugen.
Der Einstieg war für mich schwer. Der Autor berichtet in großen Zeitsprüngen und in kleinen Zeitfenstern über die jeweilige Person.
Gefühlt ist dies ein Roman mit Kurzgeschichten: Die Protagonisten befinden sich jeweils in einer andern/neuen Lebenssituation und kaum hat man sich mühsam eingelesen, ist diese Sequenz auch schon wieder vorbei.
Schade, ich hatte große Erwartungen an dieses Buch.

2 Sterne.

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
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Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Christian Huber

‚‚Ich erinnere mich noch, dass mit einem Mal kein Prasseln mehr zu hören war. Das seltsamerweise das Erste, was mir einfällt, ...

Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Christian Huber

‚‚Ich erinnere mich noch, dass mit einem Mal kein Prasseln mehr zu hören war. Das seltsamerweise das Erste, was mir einfällt, wenn ich an diesen Tag zurückdenke. Und wie eigenartig sich der Morgen anfühlte. Die Dämmerung. Verschobene Konturen, als blickte man durch Wasser.
Verzerrt von oben und erst dann klarer zu erkennen, wenn man schließlich untertaucht und unter Wasser die Augen öffnet.
Damals, an diesem 31. August 1999.
Da sind wir.
Jacky. Viktor. Ich.
Eine Freundschaft.
Eine Liebe.
Und ein Tod.
Und das ist die Geschichte.’'
(Tolino S.9)

Krüger ist 15 Jahre alt, ein wenig ‚verpicht' und Stubenhocker.
Er hasst den Sommer und früher wäre er bei dieser Hitze ins Freibad gegangen, aber heute geht das nicht mehr, denn er hat ein Geheimnis und deshalb kann er auch nicht mehr schwimmen gehen.
Also hilft er seinem besten Freund Viktor Zeitungen auszutragen, hängt ein wenig im klimatisierten Drogeriemarkt ab und wird ‚bäääääng‘ von einem rothaarigem Mädchen umgerannt, die mit einem frisch geklauten Nokia 3210 die Beine in die Hand nimmt.
Eigentlich könnte Krüger das egal sein, aber bei dem Sturz hat sich das Mädchen auch noch seinen Eastpak geschnappt.
Als sie dann das Mädchen finden und diese vor der Polizei warnen können, beginnt eine Freundschaft, die nur noch Stunden andauern wird.


Der Roman, der flüssig zu lesen ist, konnte mich meistens in seinen Bann ziehen.
Krügers Geschichten sind wunderbar: ’Der Junge und der Moloch’ war so ergreifend, dass ich ein kleines Tränchen wegblinzeln musste. Der Spannungsbogen war gut aufgebaut und das Ende gefiel mir sehr.
Allerdings hatte ich das Gefühl, das sich der Autor in der Zeit vergriffen hatte: 1999 und eine Polaroid-Kamera? Da hatten wir doch schon alle eine Spiegelreflex. Hollywood-Schaukel? Das waren doch eher die 70er…
Leider kam bei mir kein Flashback auf.

Fazit: Ein ‚verpichter' Roman, der ein wenig hinter meinen hohen Erwartungen blieb, wo ich mir aber vorstellen kann, dass er viele Leser begeistern wird. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 15.03.2022

Bewegendes Buch

Wodka mit Grasgeschmack
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Ich habe euch ja bereits erzählt, dass ich nie die Buchbeschreibungen auf der Rückseite lese und als mich der Autor Markus Mittmann anschrieb, ob ich seinen Roman

Wodka mit Geschmack
Markus Mittmann

lesen ...

Ich habe euch ja bereits erzählt, dass ich nie die Buchbeschreibungen auf der Rückseite lese und als mich der Autor Markus Mittmann anschrieb, ob ich seinen Roman

Wodka mit Geschmack
Markus Mittmann

lesen und rezensieren möge, dachte ich, nach dem Cover zu schließen, es handle sich hier um einen ‚Coming of Age-Roman‘, einen Roman, mit wenig Tiefgang, wenngleich unterhaltsam.
Weit gefehlt! Hier verbirgt sich ein Roman mit Tiefgang. Es geht um Vergangenheitsbewältigung von einst vertriebenen Deutschen aus Schlesien.

Zu viert machen sie sich auf den Weg: Unser Protagonist mit seinem älteren Bruder und deren Eltern. Und obwohl sie das gleiche Ziel haben, fahren die Jungs nach Polen, während die Eltern gefühlt zurück in ihre Heimat nach Schlesien aufbrechen.

Der Vater, schon fast 90 Jahre alt, wollte nie zurück - hatte immer Angst davor zurückzukehren in das Land, das ihn nicht mehr haben wollte:
Zweimal ist er geflohen und hat sich versteckt - erst vor den Nazis, dann vor der Roten Armee. Aber er ist jedes Mal zurückgekehrt. 1946 konnte er nicht schnell genug fliehen und so haben sie ihn mit seiner Familie und vielen anderen Deutschen in einen Zugwaggon verfrachtet.Tagelang mussten sie zusammengepfercht in dem Waggon bleiben. Erst in Salzgitter durften sie aussteigen.
Als Vertriebener abgereist, als Flüchtling angekommen, einst Großgrundbesitzer, jetzt Aussätziger.

Und so fahren sie zurück, an genau jenen Orten, damit die Geschichten noch einmal erzählt werden.

,,Ich wollte sehen, wie alte Türen zufallen und es für meine Eltern eine Erleichterung gibt. Ich hatte mir ausgemalt, dass unsere Reise eine Versöhnung mit der Vergangenheit wird, dass irgendwelche Räume mit dunklen Inhalten geschlossen werden.'' (Seite 122)

Markus Mittmann schreibt in einer wunderbaren Sprache ein Stück Zeitgeschichte auf. Er hat hier ein eindringliches Buch über die Vertreibung der Deutschen in Schlesien, die ich so noch nicht kannte, geschrieben. Die Geschichten der Eltern haben mich sehr berührt.

Was ich weniger gelungen finde, ist der Titel und das Cover (obwohl ich das Cover für einen anderen Roman gemocht hätte). Es passt so überhaupt nicht zu einer Nachkriegsgeschichte. Ich glaube ein Cover mit einer Schwarz-Weiss Fotografie der Zeit hätte dem Erscheinungsbild des Buches gut getan. Ein weiteres Manko: Ich konnte nicht herausfinden, wann die Familie diese Reise unternommen hat. "Ford Taunus und VW Bora“... (waren das nicht die 80er?), "SMS geschrieben“ (jetzt sind wir Anfang 2000, oder?) und auf einmal berichtet der Autor von der Flucht des Vaters, welche vor 70 Jahren geschehen sein sollte - hiernach befänden wir uns im Jahr 2016, wo doch keiner mehr SMS schickt bzw. einen Bora auf der Strasse entdeckt. Verwirrend!

Dennoch eine absolute Leseempfehlung von mir für diejenigen, die Nachkriegsgeschichten lieben und mehr über die Vertreibung aus Schlesien erfahren möchten.
4 Sterne.

Ein Zitat, aktueller denn je: „Ich schaue meine Eltern an. Wie kann eigentlich jemand vom Gewinnen eines Krieges sprechen? Gewalt kommt immer zurück, trifft jeden und fragt nicht nach Schuld. Es gibt nur Opfer. Und nicht Deutsche, Polen oder Russen erlebten den Krieg, sondern Menschen mit gleichen Empfindungen. Die Welt von Ängsten, Trauer oder Wut kannte auch damals keine Grenzen. In allem lag die Zerstörung. Nur Leid und Verlust“. (Seite 219)

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Veröffentlicht am 10.03.2022

Starke Frauen, starkes Buch

In all deinen Farben
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In all meinen Farben
Bolu Babalola
Übersetzerin: Ursula C. Sturm

Meine guten Vorsätze für das neue Jahr, erst mal keine Rezensionsexemplare zu lesen, haben genau so lange angehalten, bis ich dieses tolle ...

In all meinen Farben
Bolu Babalola
Übersetzerin: Ursula C. Sturm

Meine guten Vorsätze für das neue Jahr, erst mal keine Rezensionsexemplare zu lesen, haben genau so lange angehalten, bis ich dieses tolle Cover - und dann auch noch vom EISELE Verlag - gesehen habe.
Angefragt - runtergeladen, und dass, obwohl ich gar nicht so gerne Kurzgeschichten mag. Zu wenig Tiefgang und wenn die Story gerade richtig beginnt, endet sie auch schon wieder.
Vielleicht werde ich ja eines Besseren belehrt?!

Hier sind es 10 Liebesgeschichten:
Bolu Babalola nimmt uns mit. Sie führt uns in die Welt der ganz Armen und sehr Reichen, ins Königreich von 1001 Nacht. Sie schickt die Götter des Olymp in die Moderne, wo diese sich Kurznachrichten schicken. Babalola bedient sich der Namen von Nofretete, Echnaton und Isis aus der ägyptischen Mythologie und führt uns, gemeinsam mit ihnen, ins organisierte Verbrechen. Meist sind ihre Geschichten romantisch, nicht immer mit Happy End.
Geschichten über starke Frauen, die sich auch mal über das ihr zugedachte Schicksal hinwegsetzen.

Fazit:
Die meisten Geschichten haben mich angesprochen, wie die zum Beispiel von Scheherazade, Yaa und Naleli. Und dann ertappe ich mich doch wieder dabei, dass ich gerne mehr erfahren hätte.
Die einzelnen Geschichten würde ich mit 3-5 Sternen bewerten.
Ein großartiges Buch für Frauen, die Liebes- und Kurzgeschichten mögen.

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