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Veröffentlicht am 15.05.2024

Wiedersehen in North Bath

Von guten Eltern
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VON GUTEN ELTERN
Richard Russo

Wir sind zurück in North Bath, welches gerade von seinem langjährigen ewigen Konkurrenten Schuyler Springs eingemeindet wurde. Wobei „eingemeindet" eine schöne Beschreibung ...

VON GUTEN ELTERN
Richard Russo

Wir sind zurück in North Bath, welches gerade von seinem langjährigen ewigen Konkurrenten Schuyler Springs eingemeindet wurde. Wobei „eingemeindet" eine schöne Beschreibung ist, denn eigentlich fühlt es sich so an, als hätte Schuyler North Bath förmlich verschluckt: Die Verwaltung, wie das Rathaus, die Müllabfuhr und auch die Polizei wurden in North Bath schlicht abgeschafft - was wiederum in der bereits seit Jahren kränkelnden Kleinstadt einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge hat.
Einige Lehrer und Polizisten durften sich in Schuyler bewerben und so kam es dazu, das unsere alte Bekannte Charice aus North Bath den Posten des Chiefs in Schuyler erhalten hat. Die alteingesessenen Polizisten aus Schuyler sind dementsprechend wenig begeistert - sie fühlen sich übergangen und eine schwarze Frau als Vorgesetzten wollten sie schon gar nicht.
Und genau in dieser unruhigen Zeit findet man in dem verkommenen alten Hotel, was seit Jahren leer steht, eine verweste Leiche.

Peter Sullivan sieht sich nach dem Tod seines Vaters für gewisse Leute in Bath verantwortlich. Und als wenn das noch nicht genug Beschäftigung wäre, taucht auch noch sein Sohn Thomas in Bath auf. Ihn hatte Peter seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen und was sich zu Beginn als ganz harmlos anfühlt, wächst schnell zu einem riesen Problem heran.
Aber natürlich treffen wir auch unsere alten, etwas skurrilen Bekannten aus der kleinen Stadt wieder. Ich könnte euch jetzt berichten, wie es diesen Personen in der Zwischenzeit ergangen ist, außerdem könnte ich noch etwas über Rassismus und Polizeigewalt erzählen, aber lest das Buch doch einfach am besten selbst.

Da ist er: Der dritte Band, der uns erneut in das Upstate New York schickt.
Ich denke, dass man dieses Buch auch lesen kann, ohne die vorherigen zwei Bücher gelesen zu haben - vieles wird zu Beginn wiederholt - dennoch empfehle ich euch natürlich die chronologische Reihenfolge einzuhalten (die Bücher sind einfach zu gut, um weggelassen zu werden).
Auch wenn dieses Buch kleinere Längen hat, habe ich es gerne gelesen. Leider muss ich aber sagen, dass ich Sully mit seinem trockenen und leicht zynischen Humor schmerzlich vermisst habe.
Insgesamt bleibt dieser Band hinter seinen Vorgängern, ich hätte es aber auch nicht missen wollen.
4 -/ 5

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Veröffentlicht am 07.05.2024

Einfach toll!

Ein einfaches Leben
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EIN EINFACHES LEBEN
Min Jin Lee

1910:
Sunja ist die Tochter eines einfachen Fischers und dessen Frau im von Japan annektierten Korea. Als diese korrupten neuen Herrscher wieder einmal die Pachten und ...

EIN EINFACHES LEBEN
Min Jin Lee

1910:
Sunja ist die Tochter eines einfachen Fischers und dessen Frau im von Japan annektierten Korea. Als diese korrupten neuen Herrscher wieder einmal die Pachten und die Steuern erhöhten, nahmen die Eheleute Logiergäste auf, um die zusätzlichen Abgaben zu leisten. Drei Männer, die am Tage schliefen und nachts arbeiteten und drei weitere, die dann arbeiteten, wenn die anderen schliefen. Die Eltern arbeiteten hart und waren fleißig.
Als der Vater starb, gab es nur noch Sunja und ihre Mutter. So gut es ging, versuchten sie die Lücke, die ihr Vater gerissen hatte, zu stopfen.

Eines Tages wurde Sunja auf dem Markt von vier jungen Japanern bedrängt. Wenn ihr nicht der angesehene Händler Hansu zur Hilfe gekommen wäre, hätte dieser Marktbesuch für sie ein schlechtes Ende genommen.
Sunja und Hansu kommen sich näher und verlieben sich ineinander. Erst als Sunja ihm glücklich eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwartet, erfährt sie, dass Hansu bereits eine japanische Frau und drei Töchter in Osaka hat. Hanus Angebot, seine koreanische Geliebte zu werden, ihr ein Haus zu kaufen und für alle Kosten aufzukommen, lehnt sie ab - lieber nimmt sie die Schande in Kauf, zukünftig im Dorf ignoriert zu werden.

Der Zufall kommt ihr zu Hilfe, indem ein weiterer Logiergast namens Pastor Isak, der sich auf dem Wege nach Osaka befindet, um Unterkunft bittet. Dieser Mann erkrankt in der ersten Nacht an Typhus. Aufopferungsvoll pflegen Sunja und ihre Mutter ihn gesund.
Als dieser wieder genesen ist, bittet er um Sunjas Hand. Nach der Hochzeit reisen sie gemeinsam nach Osaka, wo es nicht so wird, wie sie es sich erhofft haben.

Min Jin Lee schickt uns nach Japan, wo wir Zeuge werden, wie koreanische Einwanderer behandelt werden:

„Niemand vermietet gern an Koreaner. Als Pastor haben sie Gelegenheit, zu sehen, wie die Koreaner hier leben. Es ist unvorstellbar: zwölf in einem Raum, der für zwei geeignet ist, Männer und Familien, die schichtweise schlafen. Schweine und Hühner im Haus. Kein fließend Wasser. Keine Heizung. Die Japaner halten die Koreaner für schmutzig, aber die Koreaner können nicht anders, als im Schmutz leben. Ich habe Adlige aus Seoul gesehen, die nichts mehr hatten, kein Geld für die Badeanstalt, nur in Lumpen gekleidet und barfuß, und sie bekommen nicht einmal Arbeit als Träger auf dem Markt. Sie haben keine Möglichkeiten, Unterkunft zu finden. Selbst diejenigen, die Arbeit und Geld haben, finden keine Wohnung.“ (S. 146)

Wir begleiten fünf Generationen, die mit Ausgrenzung und Diskriminierung zu tun haben, und das, obwohl sie in Japan geboren wurden und seit mehreren Jahrzehnten dort leben.
Wunderbar ist auch beschrieben, wie sich die Rolle der Frau - vermeintlich das schwächste Glied der Familie, jedoch am Ende der Fels in der Brandung - verändert hat, während die Rolle des Mannes bis heute stagniert.

Nachdem ich „Gratisessen für Millionäre" von Min Jin Lee im letzten Jahr verschlungen habe, wollte ich unbedingt ein weiteres Buch von ihr lesen.
Diese Geschichte hat die Autorin fast dreißig Jahre begleitet, wurde diverse Male umgeschrieben und erschien erstmals auf Deutsch 2018 im dtv-Verlag.
Für mich ist dieses Buch eine ganz besondere Perle und wird in meine Highlights einziehen. Ein Buch, das man trotz des Tiefgangs einfach so weg liest, dabei einen tiefen Eindruck in die Familienaufstellung der Koreaner erhält und zusätzlich einen umfangreichen historischen Einblick erfährt.

Fazit:
Grandios, eindringlich, einfach toll!
5+/ 5

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Veröffentlicht am 03.05.2024

Er ist ein Meister der Erzählkunst!

Ein Mann der Tat
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EIN MANN DER TAT
Richard Russo

Wie auch im letzten Buch „Ein grundzufriedener Mann“ schickt uns Richard Russo nach North Bath, Upstate New York, wo wir erneut die „etwas speziellen“ Einwohner der Kleinstadt ...

EIN MANN DER TAT
Richard Russo

Wie auch im letzten Buch „Ein grundzufriedener Mann“ schickt uns Richard Russo nach North Bath, Upstate New York, wo wir erneut die „etwas speziellen“ Einwohner der Kleinstadt treffen.

10 Jahre ist es her, dass Sully seine 3er Wette gewonnen hat. Erst dachte er, dass es ein einmaliger warmer Regen sei, doch dann hielt die Glückssträhne an und bescherte weitere Geldregen.

Eine Glückssträhne zu besitzen kann in Bath jedoch nicht jeder von sich behaupten:
Carls Firma ist mittlerweile bankrott, seine Frau ist ihm davongelaufen und gerade hat er eine Prostata Operation hinter sich, die ihm wiederum sein bestes Stück "außer Gefecht“ gesetzt hat.
Derweil beschäftigt sich Chief Raymer mit ganz anderen Dingen: Er trägt stets einen Garagenöffner mit sich herum - immer in der Hoffnung, die dazu passende Garage zu finden, die sich mit diesem öffnen lässt. Erst dann weiß er, mit wem ihn seine Ehefrau betrogen hat.
Janeys gewalttätiger Ex ist aus dem Gefängnis entlassen und will nicht begreifen, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben will.
Ach, ich könnte euch jetzt noch etwas von Schlangen, Grabschändung, Ehebruch, Blitzeinschlägen, Scheidungen und einem abgerissenen Ohr erzählen, aber liest dieses Buch doch am besten selbst!

Russo ist ein Meister der Erzählkunst.
Mit leicht sarkastischen Humor und unglaublich detailverliebt beschreibt er das Leben in einer Kleinstadt.
Ich habe mich ein weiteres Mal bestens unterhalten gefühlt und kann es kaum erwarten, bis der neue Russo „Von guten Eltern“ am 15. Mai erscheint, in dem ich hoffentlich Sully und Co in North Bath erneut treffen werde.

Große Leseempfehlung für diejenigen, die große Erzählkunst schätzen.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Trauerbewältigung!

Bevor ich es vergesse
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BEVOR ICH ES VERGESSE
Anne Pauly

Anne steht mit ihrem Bruder am Krankenhausbett und packt die wenigen Sachen ihres gerade verstorbenen Vaters zusammen.
Dabei gehen ihr Tausende Fragen im Kopf herum. Hätte ...

BEVOR ICH ES VERGESSE
Anne Pauly

Anne steht mit ihrem Bruder am Krankenhausbett und packt die wenigen Sachen ihres gerade verstorbenen Vaters zusammen.
Dabei gehen ihr Tausende Fragen im Kopf herum. Hätte sie sich öfter oder intensiver um ihn kümmern müssen?

Ihr Vater war ihr nah. Sie empfand ihn als gerecht, sensibel, als einen nachdenklichen und schweigsamen Mann. Man konnte sich bei ihm sicher fühlen - zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als sich die Gewalt und der Alkohol bei ihm einschlichen.
Andere sagen, dass sie sich ihren Vater schön redet, dass er es im Leben übertrieben hätte, dass er nicht immer gut war. Ja, das stimmt, aber zwischen seinen Besäufnissen nahm er sie in den Arm.

Anne organisiert die Beerdigung und versucht das Haus ihres verstorbenen Vaters auszuräumen, dabei muss sie sich ihren Gefühlen stellen. Viele Dinge, die sie bereits vergessen glaubte, kommen zurück in ihr Bewusstsein.
Schöne Lebenssituation, aber auch Begebenheiten, die besser verborgen geblieben wären.

Es ist eine Geschichte über Trauer und deren Bewältigung.

Ich durfte das Buch lesen und hören und möchte direkt vorab die ganz wunderbare und passende Stimme von Wiebke Puls erwähnen.
Der Schreibstil der Autorin gefiel mir sehr, nur selten war er mir zu minutiös.

Ich hatte mit Rückblicken in das Leben ihres Vaters gerechnet - einem Potpourri aus bunten Geschichten und Erinnerungen.
Das ich mit Anne gemeinsam eine Beerdigung organisieren, an dem ausführlichen Gottesdienst für ihren Vater teilnehmen und im Anschluss mit ihr ein ganzes Haus entrümpeln würde, war mir vorher nicht bewusst.
Mein Fehler - vielleicht sollte ich endlich beginnen, mehr als nur die ersten zwei Sätze der Buchbeschreibung zu lesen.

Doch nur weil ich falsche Erwartungen hatte und der Inhalt des Buches nicht zu einhundert Prozent meins war, heißt es nicht, dass dies ein schlechtes Buch ist und deshalb gebe ich gerne eine Leseempfehlung für alle, die Trauergeschichten mögen.

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Veröffentlicht am 26.04.2024

Highlight!

Close to Home
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CLOSE TO HOME
Michael Magee

Obwohl der 22-jährige Sean einen Bachelor in englischer Literatur hat, findet er keine Arbeit. Er wäre schon mit einem Job in einem Café zufrieden, doch der Arbeitsmarkt in ...

CLOSE TO HOME
Michael Magee

Obwohl der 22-jährige Sean einen Bachelor in englischer Literatur hat, findet er keine Arbeit. Er wäre schon mit einem Job in einem Café zufrieden, doch der Arbeitsmarkt in Nordirland ist tot. Und so hängt er ab - wohnt in einer verschimmelten Wohnung, die eh bald zwangsgeräumt wird, zieht sich Koks-Linien rein und besäuft sich mit seinen Kumpels fast täglich.
Das ganze eskaliert, als er einen jungen Mann bewusstlos und krankenhausreif prügelt und vor Gericht kommt.

Die Nachwirkungen des Nordirlandkonflikts sind in Belfast allgegenwärtig: Väter und Mütter sind seit Jahren arbeitslos, die häusliche Gewalt und der Alkoholmissbrauch sind enorm. Selbst die junge Generation, die den Konflikt wenn überhaupt nur am Rande miterlebt hat, ist ohne Perspektive. Schlecht bezahlte Aushilfsjobs ohne Krankenversicherung und Urlaubsanspruch, Drogenexzesse und Kneipeneskalationen sind an der Tagesordnung.

„Ich hatte es selbst gesehen, aber ich hätte niemals vor irgendwem ein Wort darüber verloren, selbst wenn er es wüsste oder genauso gesehen hätte. Denn wenn man über die Ma oder den Da von jemanden redet und von den Nöten, die sie oder er mit sich rumträgt, dann redet man über sie alle, und meistens auch über die eigenen, und schlimmer, als den Da von irgendwem an der Ecke vor dem Schnapsladen rumlungern zu sehen, wo er auf jemanden wartet, der für ihn reingeht, weil er Hausverbot hat, oder die Ma von jemanden um drei Uhr nachmittags hinten in einen aufgemotzten Supra steigen und ein paar Stunden später so wiederkommen zu sehen, dass sie kaum noch stehen kann, ist nur, es als das zu hinzunehmen, was es ist, und nicht als etwas, was man hin und wieder aus dem Augenwinkel sieht und ignoriert, so gut es geht“. (S. 195)

Es geht um das trostlose Leben in Nordirland, wo nicht nur Arm und Reich die Gesellschaft spalten, sondern auch die Nachwirkung mit all seinen Traumata, die die IRA mit dem Nordirlandkonflikt hinterlassen hat, und um den Weg, den man finden muss, um dort herauszukommen.

Ob Sean den Weg findet, müsst ihr selbst herausfinden.

Wow, was für ein weiteres großartiges Buch aus dem Hause Eichborn. Ich muss es ja zugeben, aber das Cover hat mich abgeschreckt. Niemals hätte ich vermutet, dass sich ein Highlight hinter diesem Gebiss verbirgt.
Michael Magee hat ein erschütterndes und eindringliches Debüt geschrieben. Dabei hat er die Charaktere und das Set so gnadenlos ehrlich gezeichnet, dass ich gefühlt auf jeder Party dabei war.
Für mich hätte das Buch noch gerne 500 Seiten mehr haben dürfen, zu gerne hätte ich Sean weiter begleitet.

Supergroße Leseempfehlung von mir! Und alle, die Shuggie Bain geliebt haben, werden dieses Buch verschlingen.
5+/ 5

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