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Veröffentlicht am 03.03.2017

Die Schatten der Vergangenheit

Tod in den Karawanken
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Simon Rosner ist in seinem zweiten Krimi eigentlich auf Entziehungskur. Als aber die Tochter eines Freundes nach einer Busreise nicht wie geplant bei ihrer Mutter ankommt, wird Rosner beauftragt, das Mädchen ...

Simon Rosner ist in seinem zweiten Krimi eigentlich auf Entziehungskur. Als aber die Tochter eines Freundes nach einer Busreise nicht wie geplant bei ihrer Mutter ankommt, wird Rosner beauftragt, das Mädchen zu finden und stößt dabei auf die Schatten der Vergangenheit.

Meine Meinung:
Wieder ist es Andrea Nagele gelungen, hervorragende Charakterstudien der Akteure auf Papier zu bringen. Zugegeben, nicht alle sind mir sympatisch, aber es sind Menschen aus Fleisch und Blut, mit Tiefgang und keine platten Stereotype.

Da ich auch schon andere Krimis der Autorin kenne, bin ich auch von den Querverbindungen sehr angetan. Lilo, die Mutter des Mädchens, wohnt nämlich zeitweise in Grado, wo die Kommissarin Degrassi in "Grado im Regen" und bald auch "Grado im Dunkeln" ermittelt. Für das Verständnis des vorliegenden Buches ist das aber nicht notwendig. Weitere Schauplätze des Buches sind Klagenfurt und die Karawanken.

Die vier verschiedenen Erzählperspektiven lockern den Lesefluss auf. Interessanterweise erzählt gerade Lilo in der ersten Person, was eine gewisse Nähe zu ihr vermittelt. Auf der anderen Seite ist gerade Lilo die Person, die mir im Laufe des Buches immer unsympatischer wurde. Dieses Pendeln zwischen Sympathie und Antipathie finde ich äußerst gelunden.

Die Beziehungen von Rosner, Lilo und ihrem Mann Hanno reichen bis in die Schulzeit zurück und waren schon damals nicht ungetrübt. Man erfährt auch manches über Rosner und seine auch damals schon vorhandene Neigung zum Alkohol. Natürlich wird auch auf die Beziehung zu Alice und Simone, seiner Ex-Frau eingegangen.

Die Handlung selbst war für mich anfangs sehr spannend. Unbedingt wollte ich wissen, ob das Mädchen gefunden wird. Leider war dann bald diese Spannung weg, für mich war da die Luft raus. Natürlich wollte ich wissen, wer der anonyme Mann ist und was es mit den Briefen an Lilo auf sich hat. Das Ende verknüpft gekonnt alle Personen miteinander, das kann Andrea Nagele wie kaum eine andere.

Wegen dem Spannungsabfall in der Mitte vergebe ich für dieses Buch mit den hervorragenden Charkterstudien leider nur 4,4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.02.2017

Dorfidylle vs. Schandfleck

Schandfleck
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Das real erdichtete Obergassen könnte es nicht nur im Allgäu wirklich geben. Schmucke Häuser, blinkende Autos und Traktoren, fleißige, saubere und anständige Leute sind die Standards. Da wird sogar der ...

Das real erdichtete Obergassen könnte es nicht nur im Allgäu wirklich geben. Schmucke Häuser, blinkende Autos und Traktoren, fleißige, saubere und anständige Leute sind die Standards. Da wird sogar der Gehweg naß gewischt. Nur einer tanzt aus der Reihe - Manfred Garzinger. Und gerade der wird eines Tages tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden, über und über voll mit roter Farbe. Kommissar Eike Hansen ermittelt im mittlerweile fünften Fall in einer Dorfidylle und stößt auf eine Mauer des Schweigens.

Meine Meinung:
Kann man mit dem fünften Band einer Reihe starten? Hier kann man das auf jeden Fall. Vorkenntnisse sind nicht notwendig, Dialektausdrücke kommen zwar vor, aber eher selten. Kater Ignaz bekommt hier auch wieder seine speziellen Auftritte.
Der Fall ist ziemlich verzwickt, Hansen und sein Team ermitteln unaufgeregt in der Dorfgemeinschaft und darüber hinaus bei den Paintball-Freunden des Opfers. Die Dorfidylle wird so bildreich geschildert, dass ich diesen Ort Obergassen direkt vor Augen habe. Die Bewohner könnte es auch tatsächlich so geben. Die Charaktere sind so treffend beschrieben. Ich habe immer wieder geschmunzelt oder mich auch aufgeregt, wenn z. B. der eine Mann seine Frau nur den Haushalt machen lässt, aber mit der Polizei reden braucht sie nicht, sie hätte ja eh nichts zu sagen. Dass das Opfer kein einfacher Mann war, sondern eher ein unsympatischer Schmarotzer, hat eine gewisse Distanz zu ihm erzeugt. Meine Sympathien lagen da mehr bei seiner Tante, die vom Täter genau beobachtet wird.

Dass die Dorfgemeinschaft etwas zu verbergen hat, wird vor allem deutlich in den Passagen, die aus der Perspektive eines Anonymen (=Täter?) erzählt wird. Lange habe ich gerätselt, wer der Täter sein könnte und sein Motiv. Die Lösung hat mich dann überrascht, war sehr schlüssig und hat den Bezug zum Titel hervorragend hergestellt.
Hansen und sein Team sind mir ans Herz gewachsen. Wie Hansen als gebürtiger Hannoveraner im Allgäu zurecht kommt, ist schon bewundernswert. Hanna ist für mich der heimliche Star. Auch von Rosie will ich gerne mehr lesen, aber das kommt ja hoffentlich noch, nach der Hochzeit.

Das Titelbild finde ich sehr gelungen. Stattlicher Hof, Gans und Kuh sind wichtig für die Geschichte.

Alles in allem ist "Schandfleck" bei weitem kein Schandfleck für Jürgen Seibold - ganz im Gegenteil! Das Buch bekommt von mir 5 Sterne und eine Leseempfehlung für Krimiliebhaber von unblutigen Regionalkrimis.

Veröffentlicht am 14.02.2017

Chiemsee-Krimi mit angenehm bairischem Ermittler

Chiemsee Blues
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Ausgerechnet am Karfreitag wird Kommissar Hattinger (seinen Vornamen Alfons mag er nicht) zu einem Einsatz gerufen, den er so schnell nicht vergessen wird. Eine tiefgefrorene Hand wurde von zwei Urlaubern ...

Ausgerechnet am Karfreitag wird Kommissar Hattinger (seinen Vornamen Alfons mag er nicht) zu einem Einsatz gerufen, den er so schnell nicht vergessen wird. Eine tiefgefrorene Hand wurde von zwei Urlaubern in einem Aussichtspavillon bei Prien am Chiemsee gefunden. Der Täter scheint eine Art Schnitzeljagd mit der Ermittlern zu machen, denn immer wieder werden weitere Leichenteile gefunden. Doch wer ist der oder die Tote?
In akribischer Detailarbeit gelingt es Hattinger und seinem Team Verbindungen zu sehen, aber wer gewinnt das Katz und Maus Spiel?

Meine Meinung:
Der Kommissar Hattinger hat bei mir sofort alle Sympathien bekommen. Sein Dialekt ist wie er auch authentisch, echt und direkt.
Wie er mit anderen Menschen umgeht, zeigt eine gewisse Größe. Mit seiner Tochter bzw. mit seiner Freundin läuft nicht alles glatt, aber er findet immer einen guten Weg.

Nicht nur aus Sicht der Ermittelnden, auch aus der Sicht des Täters wird die komplette Geschichte erzählt. Dies gibt dem Leser einen Wissensvorsprung vor der Polizei und macht die Handlung noch interessanter.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, ein spannender Showdown, ein Happy End und dann noch ein paar Weißbier schließen das Buch gekonnt ab.
Die "Kleine Sprachkunde" am Ende ist das Tüpfelchen auf dem i. Die Beschreibung des Bayern an sich ist sehr, sehr treffend - und so ist eben auch der Hattinger ein richtiger Bayer, weil Thomas Bogenberger den Bayern so gut auf den Mund und ins Herz geschaut hat.

Mein Fazit:
Für Bayern-Fans, für Krimi-Fans ein Muss!

Veröffentlicht am 14.02.2017

Was ist Wahrheit, was ist Lüge?

Das Buch der Spiegel
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E. O. Chirovici (sprich Kirowitsch) stammt aus einer rumänisch-ungarisch-deutschen Familie aus Transsilvanien und hat nach seinem Umzug nach England sein erstes Buch auf Englisch geschrieben, das ausgezeichnete ...

E. O. Chirovici (sprich Kirowitsch) stammt aus einer rumänisch-ungarisch-deutschen Familie aus Transsilvanien und hat nach seinem Umzug nach England sein erstes Buch auf Englisch geschrieben, das ausgezeichnete Pressestimmen bekommen hat und Ende Februar 2017 auch auf Deutsch erscheint.

Worum geht es?
Der Literaturagent Peter Katz erhält Teile eines Manuskripts von Richard Flynn, der mehr als 20 Jahre nach dem Mord an dem Psychologie-Professor Joseph Wieder den Mörder zu kennen glaubt. Leider stirbt Richard, bevor Peter ihn wegen der Fortsetzung kontaktieren kann und das Manuskript ist nicht aufzufinden. Aber Peter ist bleibt dran und engangiert John Keller, der in Wieders Umfeld Befragungen durchführt. Allerdings ist es nicht einfach, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden und Manipulationen aufzudecken.

Meine Meinung:
Das Buch wird als Roman eingestuft, beschäftigt sich aber mit der Aufklärung eines Mordfalls, könnte also auch ein Kriminalroman sein.
Sehr gelungen fand ich die Einführung mit dem dem Manuskript. Richard ist mir sehr sympatisch und was er sagte, habe ich gerne für wahr gehalten. Im zweiten Abschnitt werden andere Personen befragt, die manche Aussagen Richards in einem anderen Licht erscheinen lassen. Ich stand nun vor der Frage, wem ich glauben solle. Das Thema "psychologische Experimente zum Gedächtnis und Erinnerungsmanipulationen" steht nahezu permanent im Raum. Dass die Sätze und die Sprache dabei eher einfach - normal sind, war für mich dabei sehr hilfreich, denn dadurch konnte ich gut über den reinen Text hinaus denken und mein Kopfkino laufen lassen.
Anfangs gewöhnungsbedürftig waren für mich die Perspektivwechsel zu John Keller und später zu einem Polizisten, aber nur so konnten auch verschiedene Personen befragt werden aus unterschiedlichen Perspektiven.
Das Ende hat mich nicht ganz zufriedengestellt, es blieben ein paar offene Fragen, aber das kann jeder anders empfinden.
Für mich gibt es für dieses Leseerlebnis 4 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 14.11.2016

Komplexer Thriller in vielen Ländern und Zeitebenen, klasse umgesetzt!

Der Nostradamus-Coup
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Von Gerd Schilddorfer hatte ich schon verschiedene andere Bücher gelesen, darunter auch "Heiß" oder auch "Narr", das er zusammen mit David G. Weiss geschrieben hat. Deshalb war ich jetzt umso neugieriger ...

Von Gerd Schilddorfer hatte ich schon verschiedene andere Bücher gelesen, darunter auch "Heiß" oder auch "Narr", das er zusammen mit David G. Weiss geschrieben hat. Deshalb war ich jetzt umso neugieriger auf sein neues Werk, das nun endlich vorliegt - und wurde nicht enttäuscht. Die Vorkenntnisse aus den ersten beiden Bänden um John Finch sind für das Verständnis nicht wichtig, Neueinsteiger können gut mit dem dritten Band starten.Gleich die ersten Kapitel rissen mich mit: Schauplätze in Europa und Afrika, unterschiedliche Zeitebenen, alte Bekannte und neue Schurken und Helden werden in einem flotten Tempo präsentiert. Wer hier noch denkt, das Buch könne man so nebenbei lesen, wird bald unzufrieden sein. Konzentration ist angesagt, das Buch ist Anti-Aging-Training für graue Zellen. Denn nur wer ganz genau aufpasst, wird das ganze Vergnügen an der komplexen Geschichte haben. Die Protagonisten sind wieder klasse. Der Pilot John Finch darf eine alte DC3 und auch einen Hubschrauber fliegen - tolle Action. Mit dabei sind seine loyalen Freund Amber und Llewellyn und natürlich Papagei Sparrow. Neue Protagonisten wie der Meisterdieb Rebus oder die Computerfreaks im Auftrag Gottes sind weitere Highlights. Von mir gibt es für dieses Lesehighlight 5 von 5 Sternen, Gerd Schilddorfer ist der neue Dan Brown!!!