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Veröffentlicht am 10.03.2024

Fesselnd

Der Stich der Biene
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"Der Stich der Biene" ist ein fesselnder irischer Roman, der die turbulenten Zeiten der Familie Barnes einfängt, als ihr Autogeschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Aus der Sicht der einzelnen ...

"Der Stich der Biene" ist ein fesselnder irischer Roman, der die turbulenten Zeiten der Familie Barnes einfängt, als ihr Autogeschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder wird erzählt, wie die Familie in diese Situation geraten ist und nun damit umgeht.

Da ist Dickie Barnes, der Geschäftsführer und Inhaber des Autohauses, der sich immer weiter in die Natur zurückzieht, anstatt sich den Problemen seines Unternehmens zu stellen. Imelda, seine Frau, versucht, mit ihrer Vorliebe fürs Shoppen umzugehen. Die achtzehnjährige Cassie, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang der Familie, indem sie sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag betrinkt. Ihr Bruder PJ hingegen plant, von zu Hause wegzulaufen, um sich mit einem Fremden aus dem Internet zu treffen.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte nach wenigen Seiten einen Sog entwickelt, sodass man unbedingt erfahren muss, welche weiteren Schichten der Probleme es in der Vergangenheit und Gegenwart der Familie Barnes zu entdecken gibt. Insgesamt ist der Ton entgegen der Verlagsankündigung vor allem melancholisch bzw. stellenweise auch resignativ. Angesichts der thematischen Schwere der Probleme der Familie - Rezession, Klimawandel, Eheprobleme, Gewalt usw. - ist das aber nur realistisch. Geärgert hat mich stellenweise die Übersetzung: So wird erst spät klar, dass mit „Fußball“ gälischer Fußball, ein Mix aus Rugby und Fußball, gemeint ist, außerdem wird bei jedem Familienmitglied konsequent von „Backen“ statt „Wangen“ gesprochen, hier hätte ich z.B. in den Kapiteln aus der Sicht des Viellesers Dickie Barnes eine gewähltere Wortwahl erwartet. Zudem sollte man wissen, dass die Kapitel aus Imeldas Sicht ohne Satzzeichen geschrieben sind, wodurch man Imeldas Gedankenfluss besonders nahe kommt. Beides, Übersetzung und formale Gestaltung, haben bei mir aber keine negativen Auswirkungen auf den positiven Gesamteindruck des Romans gehabt.

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Veröffentlicht am 08.03.2024

Niedrigschwellig

Mit Kindern über Diskriminierungen sprechen
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Das Sachbuch "Mit Kindern über Diskriminierungen sprechen" ist eine wertvolle Ressource für alle erziehenden Menschen, die das wichtige Thema der Diskriminierung mit Kindern ansprechen möchten. Die Autorinnen ...

Das Sachbuch "Mit Kindern über Diskriminierungen sprechen" ist eine wertvolle Ressource für alle erziehenden Menschen, die das wichtige Thema der Diskriminierung mit Kindern ansprechen möchten. Die Autorinnen bieten gemeinsam mit Expert:innen wie Raúl Krauthausen und Melodie Michelberger praktische Ratschläge und Strategien, um Kinder und Jugendliche für Vorurteile, Abwertung und Ausgrenzung zu sensibilisieren und sie davor zu schützen.

Damit das Sachbuch vielfältig unterstützt, ist die Vielfalt der behandelten Diskriminierungsformen, von Gewichtsdiskriminierung über Rassismus und Antisemitismus bis hin zu Diskriminierung aufgrund von Religion oder Behinderung, ebenfalls groß. Durch diese breite Perspektive erhält man einen Überblick, wobei jedes Kapitel auch allgemeine Tipps zur Verfügung stellt. Am besten haben mir die zahlreichen Empfehlungen zu Kinder- und Jugendbüchern am Ende jedes Kapitels gefallen, die dabei unterstützen, diese schwierigen Themen auf eine altersgerechte Weise anzusprechen.

Die Erklärungen im Buch sind einführend, weshalb sie mir teilweise zu unkonkret und oberflächlich waren. Für Leserinnen und Leser mit bereits vorhandenem Wissen über Diskriminierung mag dies dazu führen, dass sie weniger Neues erfahren. Dennoch ist wichtig zu betonen, dass die niedrigschwellige Erklärung der verschiedenen Diskriminierungsformen es auch Menschen mit weniger Vorkenntnissen ermöglicht, sich dem Thema anzunähern.

Insgesamt ist "Mit Kindern über Diskriminierungen sprechen" ein wichtiger Leitfaden für erziehende Menschen. Es bleibt zu hoffen, dass viele Erziehende dieses Buch lesen und die darin enthaltenen Ratschläge und Strategien aktiv in ihrer Erziehung umsetzen, sei es zu Hause, in der Kita oder in der Schule.

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Veröffentlicht am 06.03.2024

Jüdisches Leben in Dänemark

Annas Lied
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"Annas Lied" ist ein historischer Roman, der ab den späten 1920er Jahren zuerst in Kopenhagen und dann später wegen einer Heirat in Frankreich spielt. Die Geschichte von Protagonistin Hannah Koppelman ...

"Annas Lied" ist ein historischer Roman, der ab den späten 1920er Jahren zuerst in Kopenhagen und dann später wegen einer Heirat in Frankreich spielt. Die Geschichte von Protagonistin Hannah Koppelman entfaltet sich in einer lebendigen Atmosphäre, in der das Zuhause der Koppelmans in Kopenhagen mit Trubel, Gesprächen und Musik erfüllt ist. Als jüngstes Kind der Familie träumt Hannah davon, Pianistin zu werden, gleichzeitig wird ihr Leben vom Leben im Viertel und in der jüdischen Großfamilie bestimmt.

Als Hannah älter wird, wird ihr innerer Konflikt zwischen den Erwartungen ihrer Familie und ihren eigenen Träumen dargestellt. Die Liebesgeschichte zwischen Hannah und dem Kommunisten Aksel fügt eine weitere Ebene zu Hannahs Geschichte hinzu, die von ihrem Traumberuf der Pianistin, von verbotener Liebe und den Herausforderungen der Kriegszeit geprägt ist. Wird Hannahs Mutter eine gemeinsame Zukunft mit Aksel erlauben?

Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie der Roman das jüdische Leben im historischen Dänemark einfängt. Durch die detaillierten Beschreibungen und die authentischen Anekdoten habe ich viel über diese Zeit und die Herausforderungen, mit denen jüdische Familien konfrontiert waren, gelernt. Über das Leben im Exil in Frankreich wusste ich bereits mehr.

Die Erzählweise ist geprägt durch Wechsel zwischen ruhigen, reflektierenden Passagen und spannenden, mitreißenden Momenten. Die Liebe zur Musik zieht sich als roter Faden durch die Geschichte. Insgesamt erzählt der Autor einfühlsam aus Hannahs Perspektive, da er sich anscheinend auf die eigene Familiengeschichte beziehen kann.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Emotional packend

Leute von früher
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Marlene ist Ende zwanzig und hat soeben ihr Studium in Hamburg beendet, wo sie sich ein Leben mit guten Freunden und losen Partnerschaften aufgebaut hat. Um die Entscheidung, was sie nach dem Studium aus ...

Marlene ist Ende zwanzig und hat soeben ihr Studium in Hamburg beendet, wo sie sich ein Leben mit guten Freunden und losen Partnerschaften aufgebaut hat. Um die Entscheidung, was sie nach dem Studium aus ihrem Leben machen will, noch ein wenig aufzuschieben, wird sie Saisonarbeiterin im historischen Erlebnisdorf auf der Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer, wo die Zeit scheinbar stillzustehen scheint.

Die detaillierte Beschreibung von Kleidung, Handwerk und Bräuchen auf der Insel lässt den Leser tief in die Atmosphäre eintauchen und wirkt sehr authentisch. Besonders gelungen ist die Darstellung des Erlebnisdorfes, das reiche Touristen anlockt und gleichzeitig das Leben der Saisonkräfte, wie Marlene, in einfachen Verhältnissen bestimmt. Diese Kluft zwischen Schein und Realität bildet einen zentralen Konflikt im Roman. Protagonistin Marlene, eine junge Frau am Scheideweg zwischen Vergangenheit und Zukunft, wird zum Spiegelbild der ambivalenten Welt von Strand.

Die Begegnung zwischen Marlene und Janne, einer Inselbewohnerin mit einem geheimnisvollen Hintergrund, ist dann der Ausgangspunkt für eine Liebesgeschichte, die zugleich von Geheimnissen und düsteren Ereignissen durchzogen ist. Höller gelingt es, die Spannung zu steigern, indem für Marlene zunächst undurchschaubare Dinge auf der Insel passieren und sie zugleich Verliebtheit und Nähe mit Janne ganz neu entdecken kann.

Besonders gefallen hat mir Höllers melancholischer und poetischer Schreibstil, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Sie entfaltet in ihrem Roman eine glaubwürdige Kulisse, in der Tradition und Moderne aufeinandertreffen - ich empfehle unbedingt, die Geschichte der Insel Strand im Verlauf des Romans einmal nachzuschlagen, ohne hier zu viel verraten zu wollen. Das emotional mitreißende Ende machte den Roman für mich schließlich zu dem, was Kafka als „Axt […] für das gefrorene Meer in uns“ bezeichnet hat. Große Empfehlung!

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Veröffentlicht am 26.02.2024

Genialer Roman

Yellowface
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"Yellowface" ist ein Roman, der nicht nur wahnsinnig fesselnd und sowohl gut geschrieben als auch passend übersetzt ist, sondern auch auf intelligente Weise mit aktuellen Diskursen spielt. Der Sog dieses ...

"Yellowface" ist ein Roman, der nicht nur wahnsinnig fesselnd und sowohl gut geschrieben als auch passend übersetzt ist, sondern auch auf intelligente Weise mit aktuellen Diskursen spielt. Der Sog dieses Romans hat mich wie so viele andere Leser:innen nach wenigen Seiten erfasst. Alles beginnt damit, dass June Hayward das Manuskript der plötzlich verstorbenen Athena Liu stiehlt und die Geschichte des chinesischen Arbeiterkorps unter ihrem eigenen Namen veröffentlicht. Und schon beginnt sich die Empörungsspirale des Internets über kulturelle Aneignung und geistigen Diebstahl zu drehen - wird man June aber tatsächlich auf die Schliche kommen?

Besonders beeindruckend ist, wie der Roman subtil mit verschiedenen gesellschaftlichen Diskursen jongliert. Da wird sich mal ganz nebenbei darüber lustig gemacht, wie eine alte weiße Autorin sich rühmt, in ihrer Romantasy subalterne Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Spivaks „Can the subaltern speak?“ also völlig verdreht. Auch die Beschreibung der linken Studentin, die natürlich auch noch einen BDS-Pin angesteckt hat, war treffend übertrieben - um dann als Leserin mit Junes Kommentar „Ich meine, wir sind hier alle Liberale. Aber mal ehrlich“ die eigenen Vorurteile vorgeführt zu bekommen. Herrlich!

Ein weiterer Aspekt, der den Roman so lesenswert macht, ist die Entwicklung der Protagonistin June im Strudel von öffentlicher Empörung und digitalem Pranger auf social media. Zwar erscheinen ihre Ansichten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Diebstahl des fremden Manuskripts, als moralisch verwerflich. Doch im Verlauf des Romans werden auch ihre Gedanken und Überlegungen, insbesondere die Frage nach der Möglichkeit, in der Literatur andere Perspektiven einzunehmen und Empathie zu zeigen, als durchaus bedenkenswert dargestellt. Gleichzeitig wird dann aber immer wieder deutlich, wie wenig June in der Lage ist, ihre Privilegien zu reflektieren.

Insgesamt ist "Yellowface" ein Roman, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Die gelungene Verknüpfung von spannender Handlung, intelligenten Diskursen und ambivalenten Charakteren macht diesen Roman zu einem echten Highlight.

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