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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2024

Fantasievoll

Cato und die Dinge, die niemand sieht
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"Cato und die Dinge, die niemand sieht" ist ein bemerkenswerter Jugendroman, der durch die Mischung aus Melancholie und Fantasie sehr besonders ist. Die Geschichte dreht sich um Cato, ein Mädchen, das ...

"Cato und die Dinge, die niemand sieht" ist ein bemerkenswerter Jugendroman, der durch die Mischung aus Melancholie und Fantasie sehr besonders ist. Die Geschichte dreht sich um Cato, ein Mädchen, das in einem Haushalt voller Traurigkeit und Verlust aufwächst. Mit ihrem depressiven Vater als einziger Begleitung ist sie auf der Suche nach Antworten, insbesondere bezüglich ihrer Mutter, die sie nie kennengelernt hat.

Die Handlung nimmt Fahrt auf, als Cato eine geheimnisvolle Visitenkarte findet, die sie zu Frau Kano und ihrem unkonventionellen Kino führt. Dort entdeckt sie die Möglichkeit, durch besondere Filme eine Verbindung zu ihrer Mutter herzustellen. Die Idee von "Filmen, die nirgends laufen, die du aber schon immer sehen wolltest" fesselt nicht nur Cato, sondern auch die Leser:innen, und eröffnet eine Welt voller Magie und Hoffnung. Die Beschreibungen sind einfühlsam und poetisch, es gibt jedoch auch immer wieder sehr spannende Passagen.

Obwohl der Roman insgesamt einfallsreich ist, kommt das Ende sehr plötzlich und wirkt etwas zu leicht gelöst im Vergleich zu der emotionalen Tiefe, die zuvor aufgebaut wurde. Dennoch: Wer sich auf eine melancholische, aber gleichzeitig faszinierende Geschichte einlassen möchte, wird von diesem Roman sicherlich nicht enttäuscht sein.

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Veröffentlicht am 16.03.2024

Wild poetisch

Zuleika
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"Zuleika" ist ein faszinierendes, wildes und poetisches Versepos, das den Leser in eine fiktive Welt des römischen Londons um 200 n. d. Z. entführt. Die ungewöhnliche Erzählform in Versen, die eine Mischung ...

"Zuleika" ist ein faszinierendes, wildes und poetisches Versepos, das den Leser in eine fiktive Welt des römischen Londons um 200 n. d. Z. entführt. Die ungewöhnliche Erzählform in Versen, die eine Mischung aus Slang, aktuellen Anspielungen, hochgestochener Sprache der Oberschicht und Latein ist, macht beim Lesen großen Spaß und wirkt trotz der großen Künstlichkeit erstaunlich leichtfüßig und authentisch. Ich bin mir sicher, dass die Übersetzerin hier ganze Arbeit geleistet hat. Tipp: Ich musste tatsächlich ab und zu lateinische Vokabeln nachschlagen, Grundkenntnisse des Lateinischen schaden also bei der Lektüre definitiv nicht. Dennoch ist der Mix aus Altem und Aktuellem der für mich faszinierendste Aspekt des Romans.

Die Hauptfigur, Zuleika, ist eine fesselnde Protagonistin, die als Schwarzes Mädchen in den Straßen des multikulturellen Londons lebt. Als ihr Vater sie im Alter von elf Jahren an einen reichen Patrizier verheiratet, lernt sie zwar finanzielle Sicherheit kennen, sie fühlt sich aber bald eingesperrt und beginnt, inspiriert durch die Lektüre der griechischen Klassiker, selbst zu schreiben - die Versuche sind eher naiv, aber durch diesen Kontrast wirkt die Erzählweise des Romans dann noch einmal umso interessanter. Den Kontakt zum Leben jenseits der Konventionen verliert Zuleika durch ihre Freundinnen nicht, besonders gut hat mir hier die queere Figur der Venus gefallen. Und schließlich findet Zuleika durch die Begegnung mit dem römischen Kaiser auch noch Leidenschaft - doch wie lange wird die Affäre gut gehen?

Die Geschichte von Zuleika ist geprägt von Widerspenstigkeit, Schlagfertigkeit und wilder Schönheit. Die Autorin hat es geschafft, eine Inter Welt zu erschaffen, die mich sprachlich als auch inhaltlich in ihren Bann gezogen hat und der man die Freude der Autorin am Schreiben anmerkt. Das war mein erster Roman der Autorin, aber definitiv nicht mein letzter!

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Veröffentlicht am 15.03.2024

Warmherzige Sicht auf Außenseiter

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
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"Mein ziemlich seltsamer Freund Walter" ist ein Comicroman von Sibylle Berg, illustriert von Julius Thesing. Die Geschichte folgt Lisa, einer Schülerin, die sich von ihrem traurigen Alltag durch ihre Begeisterung ...

"Mein ziemlich seltsamer Freund Walter" ist ein Comicroman von Sibylle Berg, illustriert von Julius Thesing. Die Geschichte folgt Lisa, einer Schülerin, die sich von ihrem traurigen Alltag durch ihre Begeisterung für Astronomie ablenkt. Als ein Raumschiff im Wald hinter ihrem Haus landet und Walter, ein außerirdischer Reisender, zurückbleibt, verändert sich Lisas Leben. Walter stammt von einem Planeten, auf dem Werte wie Zuneigung und Gemeinschaft im Mittelpunkt stehen, im Gegensatz zu Lisas Umgebung auf der Erde, wo sie zu Hause und in der Schule eine isolierte Außenseiterin ist.

Im Roman geht es um Themen wie Mobbing, Freundschaft und Selbstfindung. Durch Walters warmherzige Sicht auf Lisa und seine Bemühungen, ihr zu helfen, werden diese Themen sensibel behandelt, ohne zu sehr einen erhobenen Zeigefinger zu haben. Dennoch sind die Botschaften recht einfach, sodass der Roman auch schon für jüngere Kinder geeignet ist. Für die Zielgruppe ab 10 Jahren sind manche Lösungen eventuell etwas zu einfach, Kinder in diesem Alter werden schon erkennen, dass die Realität komplexer ist. Dennoch kann der Roman auch diese Kinder zum Nachdenken über ihre Werte anregen. Die Entscheidung, die Geschichte als Comicroman zu präsentieren, verleiht der kurzen Geschichte zusätzlich Witz und liebevolle Details, die entdeckt werden können und die auch erwachsene Leser:innen zu schätzen wissen.

Insgesamt ist "Mein ziemlich seltsamer Freund Walter" eine kurzweilige Geschichte, die wichtige Botschaften vermittelt und sowohl junge als auch erwachsene Leser anspricht. Sibylle Berg und Julius Thesing haben zusammen einen Comicroman geschaffen, das durch seine originelle Handlung und die ansprechende Gestaltung überzeugt.

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Veröffentlicht am 14.03.2024

Intensive Freundschaft

Malnata
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"Malnata" ist ein italienischer Roman, der von Beginn an eine intensive thematische und atmosphärische Dichte aufweist und einen in seinen Bann schlägt. Francesca, die junge Ich-Erzählerin, beschreibt ...

"Malnata" ist ein italienischer Roman, der von Beginn an eine intensive thematische und atmosphärische Dichte aufweist und einen in seinen Bann schlägt. Francesca, die junge Ich-Erzählerin, beschreibt das Jahr, in dem sie eine besondere Freundschaft aufbaut und lernt, die starre italienische Gesellschaft ihrer Stadt zu durchschauen. Während Francescas Mutter einerseits modisch modern sein möchte, halten ihre Familie und die traditionellen Erziehungsvorstellungen Francesca in einem engen Korsett gefangen. Diese Spannung zwischen Tradition und Moderne spiegelt sich in Francescas Suche nach Selbstentfaltung wider, die sie sogar zu selbstverletzendem Verhalten führt. Schließlich baut sie eine Freundschaft zur sogenannten Malnata auf, einem Mädchen, dass als gesellschaftliche Außenseiterin in Armut aber dafür nach ihren eigenen Regeln lebt.

Die politische Situation des faschistischen Italiens und die patriarchale Gesellschaftsstruktur, die Gewalt gegen Frauen duldet, bilden eine bedrohliche Kulisse für die Geschichte der Kinder. Es ist beunruhigend zu beobachten, wie der Faschismus langsam in den Alltag eindringt und diejenigen, die dagegen sind, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden. Beide Thematiken gewinnen angesichts aktueller politischer Entwicklungen eine zusätzliche Relevanz und unterstreicht die Dringlichkeit einer eigenständigen Denkweise, wie sie von Charakteren wie der Malnata verkörpert wird. Ich könnte mir vorstellen, dass der Roman auch deshalb in Italien so ein Erfolg war.

Der poetische und dennoch klare Stil, in dem Francescas Perspektive geschildert wird, hat mir gut gefallen. Die Figurenentwicklung, insbesondere die Entwicklung von Francesca, ist fesselnd zu beobachten. Während sie anfangs noch stark von ihrer Umgebung beeinflusst wird, beginnt sie zunehmend selbstständig zu denken und zu handeln. Mich hat der Roman in Tonfall und Thematik an Elena Ferrantes neapolitanische Saga erinnert, insbesondere in Bezug auf die enge Freundschaft zweier Mädchen und die Auseinandersetzung mit Armut und mangelnder Empathie in der Gesellschaft. Insgesamt ist "Malnata" ein Roman, der mit seiner eindringlichen Erzählweise und seinen vielschichtigen Charakteren zum Nachdenken über Selbstbestimmung und Solidarität anregt. Wenige unglaubwürdige Entscheidungen in Bezug auf den Handlungsverlauf habe ich schnell überlesen.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Fesselnd

Der Stich der Biene
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"Der Stich der Biene" ist ein fesselnder irischer Roman, der die turbulenten Zeiten der Familie Barnes einfängt, als ihr Autogeschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Aus der Sicht der einzelnen ...

"Der Stich der Biene" ist ein fesselnder irischer Roman, der die turbulenten Zeiten der Familie Barnes einfängt, als ihr Autogeschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder wird erzählt, wie die Familie in diese Situation geraten ist und nun damit umgeht.

Da ist Dickie Barnes, der Geschäftsführer und Inhaber des Autohauses, der sich immer weiter in die Natur zurückzieht, anstatt sich den Problemen seines Unternehmens zu stellen. Imelda, seine Frau, versucht, mit ihrer Vorliebe fürs Shoppen umzugehen. Die achtzehnjährige Cassie, die immer die Klassenbeste war, reagiert auf den Niedergang der Familie, indem sie sich bis zu ihrem Abschluss jeden Tag betrinkt. Ihr Bruder PJ hingegen plant, von zu Hause wegzulaufen, um sich mit einem Fremden aus dem Internet zu treffen.

Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte nach wenigen Seiten einen Sog entwickelt, sodass man unbedingt erfahren muss, welche weiteren Schichten der Probleme es in der Vergangenheit und Gegenwart der Familie Barnes zu entdecken gibt. Insgesamt ist der Ton entgegen der Verlagsankündigung vor allem melancholisch bzw. stellenweise auch resignativ. Angesichts der thematischen Schwere der Probleme der Familie - Rezession, Klimawandel, Eheprobleme, Gewalt usw. - ist das aber nur realistisch. Geärgert hat mich stellenweise die Übersetzung: So wird erst spät klar, dass mit „Fußball“ gälischer Fußball, ein Mix aus Rugby und Fußball, gemeint ist, außerdem wird bei jedem Familienmitglied konsequent von „Backen“ statt „Wangen“ gesprochen, hier hätte ich z.B. in den Kapiteln aus der Sicht des Viellesers Dickie Barnes eine gewähltere Wortwahl erwartet. Zudem sollte man wissen, dass die Kapitel aus Imeldas Sicht ohne Satzzeichen geschrieben sind, wodurch man Imeldas Gedankenfluss besonders nahe kommt. Beides, Übersetzung und formale Gestaltung, haben bei mir aber keine negativen Auswirkungen auf den positiven Gesamteindruck des Romans gehabt.

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