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Veröffentlicht am 11.04.2020

Ein taumelnder Detektiv

Der Ruf des Kuckucks
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250 Seiten hat es gedauert, bis ich mit diesem Buch warm geworden bin. Zugegeben, wenn das Buch von einer anderen Autorin oder einem anderen Autor geschrieben worden wäre, hätte ich ihm vermutlich nicht ...

250 Seiten hat es gedauert, bis ich mit diesem Buch warm geworden bin. Zugegeben, wenn das Buch von einer anderen Autorin oder einem anderen Autor geschrieben worden wäre, hätte ich ihm vermutlich nicht so viel Zeit gegeben. Ich habe es immer wieder zurück auf meinen Lesestapel gelegt, um es dann irgendwann wieder hervorzuholen.

Aber ich denke, dass mein Problem mit dem Anfang des Buches vor allem durch Eines kam: Ich hatte es nicht ausgesucht, weil ich den Klappentext vielversprechend fand, sondern nur, weil ich die Autorin so sehr mag. Normalerweise hätte mich das Setting des Romans nicht sehr interessiert, da es mir nicht atmosphärisch genug erschienen wäre.

Somit sagen meine Probleme mit dem Anfang des Romanes wohl nicht unbedingt etwas über die Qualität desselben aus, sondern vor allem darüber, dass ich ihn mir nicht aus den richtigen Gründen gekauft hatte.

Aber dennoch: Nachdem ich mit dem Setting warmgeworden war und endlich einen Durchblick über all die unterschiedlichen Figuren bekommen hatte, war das Buch sehr schnell verschlungen. Für die ersten 250 Seiten brauchte ich fast zwei Jahre, für die restlichen knapp 400 Seiten keine 24 Stunden.

»… durch seine Größe und beträchtliche Körperbehaarung, gepaart mit einem deutlichen Bauchansatz, erinnerte seine Erscheinung an einen Grizzly. Er hatte ein angeschwollenes blaues Auge; unter der Augenbraue befand sich ein Schnitt.«

Das angesagte Topmodel Lula Landry stirbt bei einem Sturz von ihrem Balkon. Was zuerst nach Selbstmord aussieht, wird bald von einigen ihrer Angehörigen in Frage gestellt. Die Gerüchte häufen sich. Hatte Lula vor ihrem Tod Streit mit ihrem ebenfalls berühmten Freund? Haben ihre leiblichen Eltern etwas mit ihrem Tod zu tun, oder war gar ihre Adoptivfamilie darin verwickelt? Mit ihrem Tod hinterlässt das Model mehrere Millionen und eine Menge ungeklärter Fragen.

Auch das Leben, wie es sich der Detektiv Cormoran Strike vorgestellt hatte, ist vorbei: Die Trennung von seiner Verlobten, die Amputation seines Beines nach seiner Zeit beim Militär, die finanziellen Schwierigkeiten, die ihn auf einer Campingliege in seinem Büro schlafen lassen.

Als ihn John Bristow, der Adoptivbruder des verstorbenen Models Lula Landry, aufsucht, strahlt Cormoran Strikes hellster Stern nicht. Doch der Vorschuss für die Übernahme der Ermittlungen ist groß und ein Kindheitsfreund, ebenfalls ein Adoptivbruder von John Bristow, verbindet die Männer miteinander. Zu seinem neuen Fall bekommt Cormoran auch eine neue Sekretärin ins Haus, die sich schon bald als überaus fleißig und begabt entpuppt.

Und so begibt sich Cormoran Strike für seine Ermittlungen in die Welt des Blitzlichtgewitters und die vielen, miteinander verwobenen Schichten des Romans falten sich vor dem Leser oder der Leserin auf.

Der Ruf des Kuckucks war das erste Buch, das ich von J. K. Rowling gelesen habe – die hier unter dem Pseudonym Robert Galbraith schreibt –, das nicht zum Harry Potter-Universum zählt. Und ich habe lange gebraucht, um zu verdauen, dass in Der Ruf des Kuckucks niemand mit Zauberstäben aufeinander los geht. Natürlich weiß ich, dass Schriftsteller unterschiedliche Welten erschaffen können: Doch J. K. Rowling war durch meine Kindheit hindurch so stark mit Harry Potter verknüpft, dass ich es für diesen Roman wieder neu lernen musste.

Eines der großen Talente von Robert Galbraith und J. K. Rowling ist ihr Gespür für Menschen, die Wirren ihrer Beziehungen und die Glaubwürdigkeit ihrer Emotionen. Der Ruf des Kuckucks entwickelt sich nach und nach zu einem Kriminalroman, in dem die Taten und Wünsche der verschiedenen Figuren so fein miteinander verwoben sind, dass der Roman ein stimmiges Gesamtbild ergibt.

Nun, vielleicht habe ich Der Ruf des Kuckucks aus den falschen Gründen angefangen zu lesen, aber sicherlich habe ich ihn aus den richtigen Gründen zu Ende gelesen: Die Verstrickungen und die organische Entwicklung der unterschiedlichen Figuren in ihren Beziehungen zueinander hat mir keine andere Wahl gelassen. So hat sich für mich auch das Ende überaus stimmig angefühlt und mir große Lust gemacht, diese Reihe trotz meiner Startschwierigkeiten weiter zu lesen.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Von Wünschen, Freundschaft und Entscheidungen

Goldene Flammen
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Von klein auf haben die Waisenkinder Alina und Mal einen Wunsch: beieinander zu sein. Sie leben in einer Welt, in der Krieg und Magie herrschen und die zum Teil durch eine riesige Schattenflur überzogen ...

Von klein auf haben die Waisenkinder Alina und Mal einen Wunsch: beieinander zu sein. Sie leben in einer Welt, in der Krieg und Magie herrschen und die zum Teil durch eine riesige Schattenflur überzogen ist. Und die Freundschaft der beiden wird auf die Probe gestellt.

Waise, Kartenzeichnerin und meistens fehl am Platz: Alina Starkov fühlt sich selten wohl in ihrer Haut. Auch unter Menschen scheint sie selten dazuzugehören – nur bei ihrem besten Freund Mal kennt sie dieses Gefühl.

Doch als die beiden älter werden und Mal sich zu einem attraktiven jungen Mann entwickelt, hat er nur Augen für andere Frauen. Alina, auch »Besenstiel« genannt, kann dabei nur zusehen.

Als die beiden Kindheitsfreude im Zuge ihrer Ausbildungen zur Kartenzeichnerin und zum Fährtenleser die von Volkra bewohnte Schattenflur durchqueren müssen, verändern sich die Leben der beiden grundlegend: Alina schützt ihren Freund Mal durch Kräfte, die sie bislang nicht einmal erahnt hat. Sie verlassen die Schattenflur wieder und Alina Starkov wird einem Mann übergeben, der sich »Der Dunkle« nennt. Er ist der Anführer der Grisha und zählt zu den mächtigsten Männern im Reich.

»Die Volkra waren blind, weil sie seit Generationen auf der Schattenflur lebten und jagten, aber sie konnten Menschenblut angeblich schon aus weiter Ferne wittern.«

Und ausgerechnet die als mager und hässlich verlachte Alina, mit ihren dunklen Augenringen und den hageren Ärmchen soll Kräfte besitzen, für die sich ein solcher Mann interessiert? Nicht, wenn man Alinas Einschätzung ihrer selbst glauben darf.

Doch der Dunkle macht sich ein eigenes Bild von ihr und wird zu ihrem Mentor. Sie reisen zum Hof des Zaren und Alina wird in die Reihen der Grisha aufgenommen: wunderschöne Frauen und Männer, die der Magie mächtig sind. Ein Blick in den Spiegel genügt für sie, um das Gefühl zu haben, dass sie wieder nicht hineinpasst. Bis zu dem Tag, als ihre Kräfte wieder aus ihr hervorbrechen.

Mit Goldene Flammen schafft Leigh Bardugo den Auftakt zu einer Fantasy-Reihe um die Legenden der Grisha, der von der ersten Seite an mitreißt und den Figuren Leben einhaucht. Dabei ist die phantastische Welt, die sie schafft, erfrischend klischeefrei. Was zu Beginn schwarz und weiß scheint, verliert bald an Klarheit. Die Ziele und Pläne der Figuren überschneiden und verwischen sich.

Bardugo macht es ihren Figuren nicht leicht, sie treibt sie wiederholt zum Äußersten und lässt nicht für einen Moment Langweile aufkommen. Und doch überschlagen sich die Ereignisse mitunter so schnell, dass auch der Leser herumgewirbelt wird, bis nur noch Eines klar ist: Der nächste Band muss so schnell wie möglich erscheinen.

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Veröffentlicht am 15.03.2020

Von Soldaten, Cyborgs und der Menschlichkeit

Neon Birds
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Ihre Leben sind mit dem Tod verwoben. Flover Nakamura und Okijen Van Dire, weil sie in ihrem kurzen Leben bereits zu viel töten mussten. Andra und Luke, weil sie alles und jeden, den sie in ihrem Leben ...

Ihre Leben sind mit dem Tod verwoben. Flover Nakamura und Okijen Van Dire, weil sie in ihrem kurzen Leben bereits zu viel töten mussten. Andra und Luke, weil sie alles und jeden, den sie in ihrem Leben kannten, verlieren mussten.

KAMI, ein künstlich erschaffener, technischer Virus, macht Menschen und Tiere, die sich mit ihm infizieren, zu Mojas: Cyborgs, die von KAMI gesteuert Menschen angreifen. Weggesperrt in Sperrzonen sind sie aus dem Alltag der Menschen verschwunden. Doch während die Menschen sich in den Gebieten eingerichtet haben, die ihnen noch bleiben, schläft KAMI nicht – es lernt.

»Die Älteste sagte, dass das, was hinter den Mauern schlummerte, das Kind und gleichzeitig der Untergang der Menschheit sei. Geschöpfe, von ihnen selbst erschaffen, gekommen, um über sie zu richten.«

Was sagt es über eine Welt, in der die gefeiertsten Soldaten kaum 20 Jahre alt und doch schon müde sind? Mechanische Tiere tummeln sich auf den Straßen und in den Wohnungen, die oftmals über und über mit Pflanzen dekoriert sind, um sich von ihnen zu ernähren.

Soldaten werden im Kampf gegen die Mojas ausgebildet, die mit jedem verstreichenden Jahr stärker und intelligenter zu werden scheinen. An den Mauern zu den Sperrzonen wohnen noch vereinzelt Stämme, die ihren eigenen Gesetzen folgen, oder Menschen, die das Leben in den Zonen nicht hinter sich lassen können. Sie warten und hoffen, dass das, was hinter den Mauern existiert, irgendwann wieder so sein wird, wie sie es kannten.

»Die Tore der Zone waren das Größte, was sie jemals gesehen hatte. Die Gewalt, die allein von den Mauern ausging, war unfassbar für sie gewesen. Wie mächtig musste dann erst das sein, was sie in sich bargen?«

Doch von jenen, die sich hinter die Mauern trauen, kommen nur die wenigsten zurück. Und während KAMI in den Mauern gedeiht, werden außerhalb der Mauern Entscheidungen getroffen.

»Außerhalb der Mauern erzählen die Menschen einander eine Geschichte. Eine Geschichte von Sicherheit und davon, dass sie durch Ausgrenzung erreicht werden könnte. Sie neigen dazu, alles, was sie nicht kennen, von sich fernzuhalten, aus Angst, es könnte ihnen schaden.«

Die Charaktere von Neon Birds, dem Auftaktband zur Trilogie von Marie Graßhoff, sind ebenso besonders, wie es die Welt ist, die Graßhoff erschafft. Weder Flover noch Okijen entpuppen sich als bloße Abziehbilder eines Soldaten, auch Andra ist kein hilfloses Mädchen, das ständig gerettet werden muss. Männliche wie weibliche Charaktere nehmen die unterschiedlichsten Positionen in der Welt von Neon Birds ein.

In dieser Welt, die von Kybernetik, künstlicher Intelligenz und Fortschritt geprägt ist, zeichnen sich die Figuren vor allem durch eines aus: Menschlichkeit.

»Die Welt stand vor dem Ende. Er hatte dieses Gefühl gehabt, seit er denken konnte. Das Gefühl, dass es endete.«

Diese besonderen, ans Herz wachsenden Figuren machen es leicht, die Einladung in die Trilogie um Neon Birds anzunehmen, obwohl der Sog der Gesamterzählung, der mich förmlich zwang, das Buch bis zum Ende zu lesen, erst im späteren Verlauf des Romans einsetzte. Mit jedem weiteren Kapitel wird bei Neon Birds eines sicherer: Man darf auf die beiden Folgebände Cyber Trips und Beta Hearts mehr als gespannt sein.

»Supersoldaten kämpfen gegen Zombie-Cyborgs«, lautete Graßhoffs Danksagung im Roman zufolge die ursprüngliche Plotidee zu Neon Birds. Und es ist wirklich erstaunlich, was die Autorin aus dieser Idee erschaffen hat: Eine Empfehlung, nicht nur für Science Fiction-Fans.

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Von vielköpfigen Trollen und weißen Bären.

Die schönsten norwegischen Märchen
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Auf über 200 Seiten hat Hans-Jürgen Hube sie gesammelt: die schönsten norwegischen Märchen. Sie sind voll von mutigen Prinzen, entführten Prinzessinnen, liebenswerten Helfern und rollenden Trollköpfen. ...

Auf über 200 Seiten hat Hans-Jürgen Hube sie gesammelt: die schönsten norwegischen Märchen. Sie sind voll von mutigen Prinzen, entführten Prinzessinnen, liebenswerten Helfern und rollenden Trollköpfen. Missgünstige Brüder, die den jüngsten nicht mitnehmen wollen und sich über ihn lustig machen, finden ebenso Einzug in die Geschichten wie Stiefmütter, die sich der verhassten Stiefsöhne entledigen wollen.

Eingeleitet werden die einzelnen Geschichten von der vertrauten Märchen-Formel »Es war einmal«, doch geschlossen nur selten von der altbekannten »Und wenn sie nicht gestorben sind«-Formel.

Neben bekannten Märchen-Elementen, wie dem Raub der schönen Prinzessin, finden sich viele, den norwegischen Märchen eigene Elemente, wie die vielköpfigen Trolle und den bösartigen Trollhexen.

»Als Lillekort ein Weilchen gewandert war, traf er ein altes, krummes buckliges Weib, das nur ein Auge hatte.«

Zudem variieren die einzelnen Märchen erheblich in ihrer Länge. Während manche Geschichten kaum eine Seite lang sind, erstrecken sich wieder andere auf ein halbes Dutzend Seiten. Unter den Elementen, von denen sich einige immerfort zu wiederholen scheinen, fallen doch jene Geschichten besonders auf, die eigenere Inhalte erzählen.

Unter meinen liebsten norwegischen Märchen dürfen sowohl der Weißbär König Valemon, die Mühle auf dem Meeresgrunde, Lillekort als auch Allschwarz und Allweiß nicht fehlen.

Auf jeden Fall zähle ich Die schönsten norwegischen Märchen schon jetzt zu den Büchern, die ich in diesem Jahr gelesen habe und deren Cover mir mit am meisten gefallen hat.

Ich finde, dass das Cover die Stimmung der Geschichten wunderbar einfängt und große Lust macht, das hübsche und handliche Büchlein wieder und wieder in die Hand zu nehmen.

»Es waren einmal zwei Brüder, der eine hieß Treu, der andere Ungetreu; und Treu war stets gut und aufrichtig, Ungetreu aber böse und voller Lügen; niemand konnte sich auf ihn verlassen. Ihre Mutter war eine arme Witwe, die nur wenig zum Leben hatte …«

Wer sich für Märchen interessiert, sollte, obwohl auch ein paar der Märchen durch die sich wiederholenden, jedoch märchentypischen Elemente eintönig wirken können, doch auch einmal einen Blick auf norwegische Märchen werfen, unter denen sicherlich der eine oder andere Liebling gewonnen werden kann.

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Veröffentlicht am 01.02.2020

Vom Ende und vom Anfang der Götter.

Nordische Mythen und Sagen
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Spätestens seit der Verfilmung der Marvel-Comics sind Thor, Loki, Odin und weitere Vertreter der nordischen Götter wieder im Bewusstsein von vielen.

Doch schon mit der Edda liegen literarische Werke ...

Spätestens seit der Verfilmung der Marvel-Comics sind Thor, Loki, Odin und weitere Vertreter der nordischen Götter wieder im Bewusstsein von vielen.

Doch schon mit der Edda liegen literarische Werke vor, die in altisländischer Sprache über die Götter und Helden erzählen: von Odin, Loki, Balder und vielen weiteren, zum Teil heute noch bekannten Figuren der Welt der nordischen Mythen.

Zwischen den Schriften der Edda und den Comics von Marvel liegen viele, viele Jahrhunderte. Wie lange die mündliche Überlieferung der Geschichten der nordischen Götter zuvor bereits existiert hat, weiß vielleicht nur Odin selbst. Doch auch in den Jahrhunderten zwischen der Verschriftlichung der Edda und der Wiederauferstehung der nordischen Götter durch Tom Hiddleston, Chris Hemsworth und Anthony Hopkins war es um die Götter nicht still.

Myths of the Norsemen: Retold from the Old Norse Poems and Tales von Roger Lancelyn Green, erschienen im Jahre 1960, und Werke des 1941 geborenen Autors Kevin Crossley-Holland über die nordische Mythologie haben nicht nur Neil Gaiman tief beeindruckt.

Es gibt selten Bücher, bei denen ich mich bereits in die Einleitung verliebt habe. Neil Gaiman ist das mit seinen Nordischen Mythen und Sagen gelungen. Eine Wirkung, die auch im Verlauf des knapp 250 Seiten langen Buches nicht nachließ.

»Odin und Vili und Ve töteten den Riesen Ymir. Es musste geschehen, denn es gab keine andere Möglichkeit, die Welten zu erschaffen. Dies war der Anfang von allem, der Tod, der alles Leben möglich machte.«

Neben der Wiedergabe der alten, nordischen Geschichten gelingt es Gaiman, weit mehr als den Inhalt der Geschichten wiederzugeben: Er gibt die Faszination für sie weiter. Möglichst zugänglich, spannend und greifbar geschrieben, können die Geschichten der alten Götter durch ihn Leser von heute ohne Vorwissen und besondere Sprachkenntnisse erreichen und abholen in eine Welt, die noch anderen Gesetzen folgte.

»Thor sagte nichts. Er dachte an den vergangenen Abend, daran wie er mit dem hohen Alter gerungen und den Ozean getrunken hatte. Er dachte an die Midgardschlange.«

Neil Gaiman legt mit Nordische Mythen und Sagen keine historisch-kritische Version der Edda vor, sondern eine Nacherzählung von Geschichten, die spannend sein und unterhalten will, und dennoch den alten Göttern der nordischen Welt nah bleibt. Von Ymir bis zu Ragnarök und über all die Gestalten, die ihre Welt bevölkern.

= :spoiler:
Einige der 15 Geschichten des Buches zeichnen sich durch Witz und Humor aus, wie die Geschichten, wie Sif ihr Haar verliert oder Thor seinen Hammer. Andere hingegen werden durch Spannung und Tragik getragen, wie die Geschichten, wie Höd seinen Bruder verliert oder Tyr seine Hand.

»Die Tatsache, dass diese Welt und ihre Geschichten enden würden, und die Art, wie sie eines Tages enden und neu entstehen sollten, machte die Götter und die Riesen und alle anderen Figuren zu tragischen Helden und zu tragischen Schurken.«

Doch eines eint die Geschichten von Neil Gaiman, obwohl ihnen allen eine Art Ende innewohnt: Sie sind voller Leben und begeistern für Nordische Mythen und Sagen.

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