Starke Frauen, tolle Geschichten und der Beginn des Radios
Radio GirlsLondon, Mitte der 1920er Jahre – die junge Maisie erhält eine Stelle als Sekretärin bei der neugegründeten Rundfunkanstalt BBC. Für Maisie, ein schüchternes Mädchen die in ihrer Kindheit als Maisie-Maus ...
London, Mitte der 1920er Jahre – die junge Maisie erhält eine Stelle als Sekretärin bei der neugegründeten Rundfunkanstalt BBC. Für Maisie, ein schüchternes Mädchen die in ihrer Kindheit als Maisie-Maus gehänselt wurde und sich nicht einmal traut eine Frage zu stellen, beginnt ein völlig neues Leben. Nicht nur, hat sie erstmals genug Geld zum Leben, sondern sie geht auch vollkommen in der trubeligen, flirrenden Atmosphäre der BBC auf. Bald arbeitet sie auch für Hilda Matheson, die Programmdirektorin für die Vortragsserie bei der BBC, die für Maisie eine Mentorin wird, und je tiefer Maisie in die Welt der BBC eindringt, desto weniger bleibt von dem verhuschten, schüchternen Mädchen übrig. Doch als Maisie und Hilda Informationen erhalten, die auf eine gefährliche Verschwörung hindeuten müssen sie sich entscheiden, wie weit sie als Frauen gehen können und wollen um die Wahrheit aufzudecken.
Ich hatte mich bisher noch garnicht mit der Geschichte des Radios, der BBC und insbesondere auch nicht mit der Stellung von Frauen in diesen Branchen beschäftigt. Umso wichtiger finde ich dieses Buch und die Entwicklung, die insbesondere die Protagonistin Maisie macht. Zu Beginn des Buches war ich teilweise wirklich erschüttert, was für ein Bild die Frauen von sich selbst hatten: Da musste dem Mann nach dem Mund geredet werden um ihm zu gefallen, da wird die Hochzeit mit einem (gut situierten) Mann als einziges Ziel im Leben der Frau dargestellt. Arbeitende Frauen waren die Seltenheit, nach der Hochzeit war an eine Arbeit kaum noch zu denken und das Frauenwahlrecht war noch nicht eingeführt.
Hier war ich begeistert, über die Person der Hilda Matheson, die als Frau in einer leitenden Position im Radio genau diesem Bild entgegentreten wollte. Als Vortragsdirektorin war sie erpicht darauf, zu informieren, Frauen wie Männer, über Literatur und Kultur genauso wie über Politik. Sie wollte die Frauen nicht mehr nur als „Beiwerk“ des Ehemannes wissen und die positive Resonanz die sie erhielt, zeigte ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war. Sie war eine starke Frau die kein Blatt vor den Mund nahm und für ihre Ideen einstand und vor allem – sie war eine ganz hervorragende Netzwerkerin. Eine Eigenschaft, die ja heute noch vielfach unterschätzt wird.
Aber auch die anderen weiblichen Figuren fand ich sehr stark – da ist Phyllida, eine Schreibkraft die sich politisch engagieren möchte, oder Beanie, eine junge Frau aus adligem Hause, die nur zu gerne aus der Etikette ausbricht um ihre Standpunkte zu vertreten. Aber wie gesagt, die größte und aus meiner Sicht beeindruckendste Entwicklung vollbringt Maisie. Hier zeigt sich, was Informationen und Bildung bewirken können – es kommt nicht darauf an, woher jemand kommt oder welche Ausbildung jemand hat – allein durch Interesse und Information kann man schon Berge versetzen.
Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, wobei ich sagen muss, dass die ersten 150 Seiten durchaus seine Längen hatten. Es war sicher wichtig, um eine Einführung in die Atmosphäre der damaligen Zeit und in die BBC und die Radiowelt zu erhalten, aber es hat mich einiges an Durchhaltevermögen gekostet. Umso besser wurde es im Anschluss bis ich zum Schluss das Buch kaum mehr aus den Händen legen konnte. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse und das Buch entwickelte eine Spannung, die ich ihm nicht zugetraut hatte.
Der Schreibstil war gut zu lesen, wobei ich auch hier gerade am Anfang teilweise so meine Schwierigkeiten hatte – so richtig bin ich nicht in das Buch reingekommen – aber das kann auch, wie oben beschrieben, am Inhalt liegen.
Insgesamt fand ich das Buch sehr informativ und für all diejenigen, die sich für starke Frauen interessieren genau das Richtige. Aus meiner Sicht ist das Buch heute noch genauso aktuell wie damals – auch wenn sich natürlich das Umfeld geändert hat. Das Thema Netzwerk und Mentorentätigkeit ist aber heute noch genau wichtig wie damals – gerade für Frauen.