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Veröffentlicht am 09.08.2023

Russische Seele

Das Pferd im Brunnen
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‚Komm, Kleine, Süße, Zuckersüße...‘
Tanja mit ihrer Urenkelin, sie haben alle jung Kinder bekommen. Sie geht mit der Kleinen zu Nachbarinnen und das Kind tapst denen auf dem Rücken herum, gegen deren Schmerzen… ...

‚Komm, Kleine, Süße, Zuckersüße...‘
Tanja mit ihrer Urenkelin, sie haben alle jung Kinder bekommen. Sie geht mit der Kleinen zu Nachbarinnen und das Kind tapst denen auf dem Rücken herum, gegen deren Schmerzen… Wie praktisch. Alles war praktisch organisiert in der UdSSR, dem Land des Mangels. Man pflanzte selbst an. Man half sich wie es ging. Man hielt Hühner und züchtete die auch selbst. Ob wirklich ein Pferd in den Brunnen gefallen war, ist nicht sicher. Genauso wenig ob es wirklich ein Brunnen ist, was da mit viel Holz verrammelt liegt...
Die Erzählung berichtet von der heimlichen Taufe, von der Todestruhe der Urgroßmutter (in der ihr Todeshemd, die Schuhe und ein Kissen ruhen, wo sie alle Haare von ihr sammelte…in dem sie dann später Nina tatsächlich beerdigte...)

Ossip Mandelstam sagte, in Russland werde die Dichtung geachtet, weil die Literaten erschossen werden. So kann Valery Tscheplanowa froh sein, dass sie im Westen lebt. Und so kann sie von der schwermütigen russischen Seele erzählen… und eine jede, die auch Spuren dieser Seele in sich trägt, kann nachforschen, wie viel davon noch in ihr steckt…

Tanja, Nina, Lena (daneben noch so ein wenig Micha, Walja, Jura, Slawa der Einbeinige, die Kranken, die Nachbarinnen...). In kurzen Kapitel entrollt sich ein brutales Leben, geprägt von Kargheit, Schlangenstehen, Weggehen, Verlassen, Radieschensalat und diesem angeblichen Pferd in einem eventuellen Brunnen.
Man hilft sich gegenseitig, man hilft sich selbst. Das Leben ist kein Rosengarten, das Leben lässt nur die Starken überleben und Nina will stark sein. Ihr Kirschmündchen zieht sie an wie die Motten das Licht, doch dann wirft sie Nina wieder aus dem Haus. Sie ist brutal, aber sie überlebt...

Die russische Seele...(von der ich auch ein wenig in mir trage).

Das vor Freude, Farbe und Lebensgier strahlende Titelbild hat mich angezogen. Orange grün. Und auf den Titel war ich neugierig. Zum Glück nur 192 Seiten, sonst wäre ich depressiv geworden.

Die Autorin ist Schauspielerin, heißt es auf dem Klappentext. Die Sprache ist prosaisch, teilweise wie Gedichte.

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Veröffentlicht am 09.08.2023

Tür - Schlossgespenster

Zippel macht Zirkus
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Was für eine tolle Idee - Geschichten um zwei klitzekleine Türschlossgespenster. Schlossgespenster existieren ja so viele, aber Türschlossgespenster?

Frau Wilhelm, ganz oben unterm Dach, hat Quokel bei ...

Was für eine tolle Idee - Geschichten um zwei klitzekleine Türschlossgespenster. Schlossgespenster existieren ja so viele, aber Türschlossgespenster?

Frau Wilhelm, ganz oben unterm Dach, hat Quokel bei sich in Türschlössern wohnen. Und da ist noch Zippel. Paul von unten, der beide Schlossspenster gut kennt, verhindert mit Oma Wilhelm, dass sie entdeckt werden. Bei Frau Wilhelm steht so ein alter Schrank mit nur Schlössern drin. Wie praktisch für Schlossgespenster. Der quicklebendige Morgengeist Zippel flitzte durch die Regenrinne, hat alle Teelöffel geklaut und erst die Dusche von Paul bringt ihm von seinem Morgenlärm weg.
Allein der Einstieg ist so mitreißend. Doch dann folgen die Abenteuer mit dem Zirkus in Italien. Die Türschlossgespenster besuchen mit Paul und seiner Nachbarin den Zirkus Giacometti. Der Zirkus muss vor dem Zauberer Burlesconi gerettet werden.

Die Illustrationen von Axel Scheffler ergänzen die Geschichte von Alex Rühle einfach auf eine tolle Art. Dazu ein kunterbuntes Titelbild, was die Fantasie anregt. Und dann natürlich ‚Awachsanaquatsch‘ und ‚Abajetztmachendlich‘ und ‚Kanne ohni‘ und ‚Kanne mit‘. Auch die italienischen und österreichischen Wortfetzen passen zu der gesamten Geschichte. Doch am Besten setzt man sich mit dem Kind zusammen und erklärt dann diese ihm eher unbekannte Worte. Daraus lassen sich dann wieder eigene Wortspiele bilden… auch Fantasieanregend! Einfach ein herzallerliebstes Kinderbuch (und schon, wie es heißt, das dritte seiner Art).

"Zippel macht Zirkus", Alex Rühle / Autor, Axel Scheffler / Illustrator
dtv Verlag, 15 Kapitel, 136 Seiten

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Veröffentlicht am 01.08.2023

'Schokolade ist Liebe, aber ohne Liebe ist Schokolade nichts'

Salz und Schokolade (Die Halloren-Saga 2)
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Liebe und Schokolade, zwei der schönsten Dinge im Leben. Eine Saga um die älteste Schokoladenfabrik in Deutschland samt einzelnen Mitgliedern der Familie, real existierenden und fiktiven. Dazu das historische ...

Liebe und Schokolade, zwei der schönsten Dinge im Leben. Eine Saga um die älteste Schokoladenfabrik in Deutschland samt einzelnen Mitgliedern der Familie, real existierenden und fiktiven. Dazu das historische Ambiente um Halle an der Saale (mir völlig unbekannt, aber solche Romane machen Lust auf die Örtlichkeiten!).

In dem Roman, der im Heimatort der Hallorer Kugeln spielt, ein Ostkultprodukt, wird Realität und Fiktion geschickt miteinander verbunden.
Es geht – natürlich – um Schokolade, Herstellung, Rezepte, Verfeinerungen, um die Salzsieder, die Halloren und ihre Brüderschaft, um Unternehmungen, um Wünsche der Nachkommen, um Liebe und um Unmögliches. Ein Sittenbild der Zeit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts. Und nicht zuletzt macht der Roman Lust auf Pralinen und Schokolade aus Halle...
Im Prolog liegen zwei Brüder, Julius und Friedrich, 1915 im Schlachtfeld an der Westfront, Erster Weltkrieg. Beide rechnen mit dem Schlimmsten, doch wenn es vorbei ist, was machen wir dann besser, was machen wir mit unserem Leben?
Das Buch beginnt mit dem Jahr 1905 und spielt in Halle an der Saale. Julius, der Chocolatier ist und großartige Pralinenkreationen erschafft, charmant, gutaussehend, doch gefangen im Netzwerk seiner Familie – es geht nur um die Schokoladenfabrik. Schokolade oder Liebe...

Der andere Teil der Schokoladenunternehmer, die Familie David, möchte die Töchter entsprechend gut verheiraten. Diese haben sich aber anderweitig bereits orientiert und kämpfen um ihren Willen. Wie wird es weiter gehen? Bekommen sie das, was sie wollen? Väter und Mütter wollen Töchter und Söhne gewinnbringend vermählen, entsprechend ihrem gesellschaftlichem Status. Doch Töchter und auch die Söhne der Familien haben andere Pläne. Dann kommt der Krieg und alles, aber auch wirklich alles ändert sich.
Doch der Einstieg in den Roman beginnt gleich mit dem entsetzlichen Klassenempfinden der Vorkriegszeit. Das Personal wird durch die Gegend gehetzt. Ein Klassengesellschaft mit einem ziemlichen Standesdenken.

Sehr gut lesbarer Text. Ich lernte sehr viel zur Schokoladenproduktion. Das regt den Appetit auf Pralinen und Schokolade enorm an.
Das nostalgisch gestaltete Umschlagsbild führt natürlich gleich in die richtige Richtung, die Zeit um den Beginn des 20. Jahrhunderts. Lediglich die junge Dame im historischen Kleid lässt darauf hinweisen, dass es in erster Linie um die Töchter, oder eine, Cici, geht. Das stimmt so nicht. Insofern ist das Titelbild etwas irreführend.

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Veröffentlicht am 01.08.2023

Zwei Leben (16.Jhdt. / 21. Jhdt)

Marschlande
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'Dies ist ein weiblicher Text, geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.'
Ein Geist in der Kehle, Doireann Ni Ghriofa

Dieses voran gestellte ...

'Dies ist ein weiblicher Text, geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.'
Ein Geist in der Kehle, Doireann Ni Ghriofa

Dieses voran gestellte Zitat drückt genau das aus, was auch meine Gedanken zu dem Roman Marschlande sind:

Zwei Stränge - die historischen Ereignisse um Abelke Bleken und um Britta 500 Jahre später.
Abelke, die Kämpferin, die so mies und hinterhältig bestohlen wurde. Und der letztendlich sogar das Leben gestohlen wurde. Ich danke den Frauen in der Hamburger Gegend, die an sie erinnern. (Obwohl ich Geschichte in HH studierte, hatte ich damals nie von ihr gehört).

Es macht mich sehr traurig, dass es damals so schlimm, so ekelhaft war. Es macht mich traurig, dass es heute noch immer so schlimm und ekelhaft ist wie Frauen behandelt werden. Frauen haben so viel Kraft, aber es sind immer noch zu wenig Frauen, die sich auflehnen. Wir sind 50 % der Bevölkerung eines jeden Landes!

Danke Jarka Kubsova für eine starke Erzählung. Der Titel passt exzellent - einfach nur ein regionales Wort; auch das Umschlagsbild - ein schlichtes Bild, was so viel sagt. So lange Autorinnen wie J. Kubsova schreiben, geht die Hoffnung auf Veränderung nicht verloren... Frau - Leben - Freiheit!

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Veröffentlicht am 01.08.2023

Fawn Creek Abenteuer

Irgendwo wartet das Leben
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Dieses langweilige, kleine Nest, auch schon mal 'Yawn Creek' genannt, weil so absolut nichts passiert. Und jeder jeden kennt. Dinge, die einem kleinen Kind passierten, hängen selbst in der siebten Klasse ...

Dieses langweilige, kleine Nest, auch schon mal 'Yawn Creek' genannt, weil so absolut nichts passiert. Und jeder jeden kennt. Dinge, die einem kleinen Kind passierten, hängen selbst in der siebten Klasse noch an. Die beiden Unternehmerfamilien Crawford und Kingsley - samt ihrem Nachwuchs - beherrschen den Ort. (Restaurant, Angelerladen). Wer nicht dazu gehört - wird zum Außenseiter abgestempelt, auch oder gerade von den Jugendlichen.
Greyson hat kein Interesse an den typisch männlichen Dingen, er würde gerne nähen und Kleider entwerfen. Für sein Idol Kate Middleton, die Prinzessin von Wales. Selbst sein eigener (dämlicher) Bruder nennt ihn seine kleine Schwester.

Doch dann kommt eines Tages diese so ganz andere Orchid Manson in die Schule geschneit: In einem weißen Kleid, wirren roten Haaren und einer Blume im Haar.
Greyson findet sie toll, vom ersten Moment an. Und er überzeugt auch seine Freundin Dorothy - die Schüchterne, der sofort der 'rote Schreck' über den Hals kriecht, wenn sie mit Unvorhersehbarem konfrontiert wird. Die Drei werden eine Gruppe in einer Klasse (und sogar Schule), wo es nur Gruppen gibt. Greyson und Didi (Dorothy) waren bislang die Außenseiter.
Die Aufmerksamkeit der Klasse richtet sich sofort auf die Neue... Neugierde plagt viele, eigentlich alle. Eifersucht andere... Vor allem die Bullies, diejenigen die gerne andere dominieren und einschüchtern.

Dieses Jugendbuch ist ein großartiges 'Gemälde' einer Kleinstadt in Louisiana. Mit ihren Sonnen- und vor allem den Schattenseiten. Wer anders ist hat in so einem Gefüge kaum Entwicklungsmöglichkeiten (gelobt seien die Städte, wo doch mehr Freiheit möglich ist...). Es ist aber auch wieder ein tolles Mutmacherbuch. 'Irgendwo wartet das Leben'. Die Entwicklung von Greyson und Didi ist wunderbar, sie trauen sich. Doch das Dreierteam muss schlimme Entwicklungen ertragen.

Während des Lesens habe ich mit den Außenseitern gelitten und mich gefreut über jeden Schritt, der sie zu mehr Aufmüpfigkeit führte. Einfach großartig, dass nun solche Bücher geschrieben werden. Laßt Euch nicht unterkriegen!
Die Sprache ist wunderschön und poetisch. Ein wirklicher Lesegenuss, auch für Ältere.




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