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Veröffentlicht am 02.11.2017

Tiroler Witz mit kalter Spur

Veilchens Rausch
1

Valerie Mauser ist eine "etwas andere" Polizistin, die scheinbar häufiger über die gängigen Methoden der Polizei hinweg sieht und ihr eigenes Ding macht. Dies hat ihr schon in der Vergangenheit einigen ...

Valerie Mauser ist eine "etwas andere" Polizistin, die scheinbar häufiger über die gängigen Methoden der Polizei hinweg sieht und ihr eigenes Ding macht. Dies hat ihr schon in der Vergangenheit einigen Ärger eingebracht. 
Mit ihrer schrägen Familie, ihrem Freund und ihrem Partner geben die Charaktere ein amüsantes und nicht alltägliches Bild ab. Die vielen Nebenschauplätze drängen meiner Meinung nach häufig die tieferen Beschreibungen von Gefühlen und auch von Umgebung und Handlung zurück. Dies ist sehr schade, da das Buch mit dem genialen Humor des Tiroler Volks einen immer wieder zum Schmunzeln bringt und man sich in diesen Momenten die beschriebene Gesellschaft besser vorstellen kann. 
Valerie muss einen Mord an einer jungen Frau aufklären, die bei der Festivität einem Immobilien-Anlage-Unternehmen von der Kellnerin zur protestierenden Gegnerin des Unternehmens mutiert. Dabei kämpft Valerie gegen die Innsbrucker Presse und auch allerlei Größen in der Politik. Auch hierbei sind für mich einige Handlungsstränge nicht rund in die Geschichte eingefügt. Viele Nebenhandlungen wirken isoliert und nicht an die Hauptgeschichte angebunden. 
Positiv anzumerken ist, dass es dem Autor gelingt, den Täter bis zum Schluss vor mir geheim zu halten. Ich hatte nicht einmal eine Vermutung. Im Schlussteil des Buches konnte ich wieder mehr Details zu den Handlungen feststellen, ebenso wie es auch schon zu Beginn der Geschichte war. 
Fazit: Das Beste am Buch ist die "böse Souffleuse" von Valerie und die trockenen, urkomischen Parts im Tiroler Jargon. Die Hauptgeschichte ist gut, überzeugt mich jedoch nicht umfassend. Die vielen Nebenhandlungen waren für mich "too much". 
Allerdings habe ich dieses Buch gelesen, ohne die vorigen der Reihe zu kennen. Vielleicht wären die Nebenschauplätze in anderem Fall schöner zu verstehen und zu verfolgen.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Jahreshighlight

Berühre mich. Nicht.
6

Von Beginn an bannt Laura Kneidl ihre Leser mit einem wunderbar flüssigen Schreibstil. Flüssig, in sich schlüssig und gut durchdacht führt sie in die Charaktere und es gelingt, wichtige Informationen von ...

Von Beginn an bannt Laura Kneidl ihre Leser mit einem wunderbar flüssigen Schreibstil. Flüssig, in sich schlüssig und gut durchdacht führt sie in die Charaktere und es gelingt, wichtige Informationen von Beginn an in die Geschichte einzubinden. So entsteht glücklicherweise nicht der Eindruck eines konstruierten Anfangs, um die Charaktere und die Umgebung zu beschreiben. Feinheiten und Vergangenes werden wie selbstverständlich in das aktuelle Geschehen eingebunden und zur richtigen Zeit gebracht.
Sage und Luca sind Charaktere, die man von Beginn an gern hat. Sie haben Ecken und Kanten, aber nicht im Übermaß, so dass man sie tatsächlich unter uns finden könnte. Die Nebencharaktere April, Gavin und weitere Kommilitonen bleiben Randfiguren, werden jedoch so gut beschrieben, dass man sie wie selbstverständlich mit in den Geschichtenverlauf einbindet.
Die schweren psychischen Probleme von Sage spielen zwar eine führende Rolle, jedoch wird der Leser nicht überfordert mit diesen Inhalten. Man wird aufmerksam, ist betroffen, hat aber weiter Spaß am Lesen und wird mitgerissen von dem Mut und Engagement, das Sage an den Tag legt, um ihrer Vergangenheit zu entkommen. Als sie dann auch beginnt, diese aufzuarbeiten, wird man wieder mehr auf die Thematik der Angststörungen hingestoßen. Dies ist jedoch ebenfalls nicht hinderlich für den Lesefluss. Im Gegenteil: Ich habe diese Hintergründe und diesen Handlungslauf erwartet und mich genau darauf gefreut. Es ist einfach eine Geschichte, wie sie das Leben schreiben könnte.
Laura Kneidl ist es überragend gut gelungen, eine schwere, erschreckende und traurige Thematik in eine wundervoll rührende Geschichte ohne Kitsch und Klischee zu betten. Sowohl die Charaktere als auch die Handlung wirken realistisch, der flüssige Schreibstil unterstützt den Spaß am Lesen und die ebenfalls realistisch beschriebenen Emotionen verleiten zum unkontrollierten lächeln, heulen und seufzen.
Dieses Buch ist ohne Frage eines meiner Lesehighlights 2017 und der zweite Band steht mit Erscheinungsdatum ganz oben auf der Einkaufsliste.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Dramaturgie
  • Figuren
  • Gefühl
  • Geschichte
Veröffentlicht am 25.09.2017

Der Weg einer Frau in die Freiheit entgegen aller Intrigen!

Zeis
1

Freya, eine junge Mutter, die sich nach und nach emanzipiert und schrittweise in ihre eigene Unabhängigkeit geht, wird durch ein unglaublich hinterhältiges Spiel um ihre erste große Liebe gebracht. Das ...

Freya, eine junge Mutter, die sich nach und nach emanzipiert und schrittweise in ihre eigene Unabhängigkeit geht, wird durch ein unglaublich hinterhältiges Spiel um ihre erste große Liebe gebracht. Das Buch ist mit so viel Herz geschrieben, dass ein autobiographischer Hintergrund naheliegt.

Freya hat ihren Schulfreund geheiratet und lebt in einer glücklichen Familie. Wenn man jedoch in ihre Gefühlswelt sieht, wird deutlich, dass das Glück sie längst verlassen hat bzw. ich denke eher, dass sie es nie hatte.

In ihrem Job lernt Freya einen Mann kennen. Sie schreiben sich täglich und sie verliebt sich in diesen Mann. Ob er diese Gefühle erwidert ist für sie unklar, da sich das Verhältnis außerhalb der Handyunterhaltung plötzlich verändert. Ganz sicher wird sie sich über die Gefühle des Mannes zunächst nicht. Ihre Liebe wird auf eine harte Probe gestellt und durch Intrigen beinahe alles zerstört. Unbekannte Personen mischen sich in Freyas Leben ein. Immer wieder gibt es für sie neue Wahrheiten, die sie verkraften muss. Immer wieder stellt sich heraus, dass alles nicht so ist wie es scheint. Ob es ein Happy End gibt, werde ich hier nicht verraten.

Das Buch ist allein deshalb lesenswert, weil Pauline van Basten es gelingt, die Gefühlswelt von Freya so anschaulich und direkt zu beschreiben, dass man kaum anders kann als mitzufühlen. Verzweiflung, grenzenloser Schmerz, Hoffnung und Glück verpackt die Autorin in wundervolle Worte. Ebenso bleibt die Handlung stets spannend, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Es gibt viele Wendungen, mit denen man nicht rechnet und besonders am Ende wird man in so manchem Menschenbild sehr geschockt.

Die Geschichte ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Vom Überfliegen rate ich ab, denn man verpasst schnell wundervolle Szenen mit viel Gefühl. Ein ganz kleines Manko hat das Buch für mich persönlich, in dem manchmal unrunden Schreibstil und Druckfehlern. Allerdings habe ich entgegen meiner bisherigen Gewohnheiten die Autorin grade auch dadurch liebgewonnen. Das Buch wirkt wie direkt vom Herzen "abgeschrieben", da macht so manche Stilblüte Pauline nur noch sympathischer. Zudem ist der Schreibstil immer eine sehr subjektive Sache und davon sollte sich jeder selbst ein Bild machen.

Freyas Geschichte geht tief unter die Haus, versetzt einen in eine andere Welt und zog mich vier Tage in seinen Bann. Man beginnt nachzudenken und vielleicht die ein oder anderen Gewohnheiten zu hinterfragen. Die Bedeutung von Freundschaften wird einem wieder in Erinnerung gerufen. Ganz besonders aber macht Pauline van Basten deutlich, dass man seinem Herzen trauen kann und genau hinhören sollte!

Veröffentlicht am 29.08.2017

Auch der zweite Teil überzeugt

Bourbon Sins
0

Ebenso wie schon Bourbon Kings haben ich den zweiten Teil in kürzester Zeit verschlungen.
Bourbon Sins knüpft zeitlich direkt an seinen Vorgänger an. Lizzy und Lane sind glücklich vereint, der verhasste ...

Ebenso wie schon Bourbon Kings haben ich den zweiten Teil in kürzester Zeit verschlungen.
Bourbon Sins knüpft zeitlich direkt an seinen Vorgänger an. Lizzy und Lane sind glücklich vereint, der verhasste Vater tot. Nahtlos geht die Geschichte um die Reichen und Schönen weiter.
Bei dem Versuch, die Bradford Bourbon Company vor dem Untergang zu bewahren, deckt Lane immer weitere Lügen und Katastrophen auf, die die Existenz der Familie zu zerstören droht. Immer unterstützend an seiner Seite ist Lizzy, die mit ihrer bodenständigen Art und Zuversicht, ihrem Partner den Rücken stärkt.
Ebenso geht die Geschichte um Lanes älteren Bruder Edward weiter. Er lebt abgeschieden in einem Rennstall und ist dem Alkohol verfallen, nachdem er für eine Lösegelderpressung gekidnapped wurde. Wie schon im ersten Teil wird sein Schicksal geschüttelt und gerührt und die Wendungen in seinem Leben lassen einen teilweise erschaudern. Gin, die einzige Tochter, zeigt ihre menschliche Seite und plötzlich versteht man ihre überhebliche und kalte Art, die schon im ersten Teil beinahe erschreckend war, ein wenig besser.
Alle Figuren im Buch haben ihre ganz eigene Tragik, die man zwar mit den Luxusproblemen der Reichen sehen kann, aber eben auch durch die Augen von Menschen, die in matieriellen Überfluss, aber auch in emotionale und soziale Armut hineingeboren werden.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Klischee mit viel Liebe; wunderschön!

Funkenflieger
1

Rita Falk schafft es nicht nur mit ihren Provinzkrimis, mein Herz zu erobern. Allein der Titel in Kombination mit der Autorin löste den unbändigen Kaufzwang bei mir aus .
In ihrer üblichen trockenen und ...

Rita Falk schafft es nicht nur mit ihren Provinzkrimis, mein Herz zu erobern. Allein der Titel in Kombination mit der Autorin löste den unbändigen Kaufzwang bei mir aus .
In ihrer üblichen trockenen und liebevollen Art zu schreiben, stellt Rita Falk das Umfeld und die Probleme einer alleinerziehenden Mutter mit drei Kindern dar. Schlechtes Umfeld, asozialer Umgang, entsprechende Lebensläufe. Jedoch spürt man in jedem Kapitel - von Anfang an - die Liebe, mit der Rita Falk ihre Geschichten schreibt. Zumindest fühlt es sich für mich so an. Man "lernt", dass der Erzähler Marvin aka "Locke" und seine Geschwister gar nicht so verkorkst sind, wie das Klischee, in das sie hineingeschrieben wurden. Marvin berichtet über allerlei Probleme: Der eine Bruder von einer Schlägergang als Mobbingopfer misshandelt, der andere gemeinsam mit seiner schwangeren türkischen Freundin in einem leerstehenden Casino versteckt.
Und plötzlich kommt eine Schippe Glück! Jedoch nicht so plump konstruiert, dass man es vorausahnt und wieder vom Klischee erfasst wird. Nein, Rita Falk schreibt eben so nicht! Durch Zufälle, wie sie das Leben schreibt, bekommt die Mutter der drei Jungs eine Hand gereicht, die sie aus ihrem hoffnungslosen Alltag und aus der Lethargie nimmt. Sie kämpft sich durch ihre Schwierigkeiten und findet nach und nach zurück ins Leben jenseits des TV-Geräts. Kevin - der älteste - hält zu seiner Freundin und beide halten gegen das strenge Regime von Aichas Mutter, die die türkische Familie schon lange tyrannisiert. Robin - der mittlere - wehrt sich gegen seine Gang und Marvin, der im Lauf der Geschichte seinen besten Freund verliert, findet seine erste Liebe.
Rita Falk versetzt ihre Leser in die Realität und zerstört wunderbar liebevoll die Illusion der Klischees, in die sie ihre Geschichte stellt. Sie zeigt auf, dass jeder die Chance auf Veränderung hat, wenn er will. Hoffnung gibt es wenn man dafür kämpft. Und als Funkenflieger, die wir alle sind, kann man seine Flugrichtung selbst bestimmen, wenn man nur will.