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Veröffentlicht am 01.06.2021

»Na servas.« – Mord in der Kaiserzeit

Der Offizier der Kaiserin
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Der Polizeiinspektor Pospischil hat’s nicht leicht. Er wird zu einem Mordfall nach Schloss Hof gerufen. Tomas Andic, ein schneidiger Offizier, liegt erschossen im Wald. Und es passierte ausgerechnet dann, ...

Der Polizeiinspektor Pospischil hat’s nicht leicht. Er wird zu einem Mordfall nach Schloss Hof gerufen. Tomas Andic, ein schneidiger Offizier, liegt erschossen im Wald. Und es passierte ausgerechnet dann, als Kaiserin Sisi und Graf Andrassy im Schloß nächtigten. Sein Chef sitzt ihm im Nacken, hätte den Fall lieber heute als morgen geklärt. Pospischil stehen im neunzehnten Jahrhundert nur begrenzt kriminaltechnische Mittel zur Verfügung. Zudem versteht sich von selbst, dass man Hochwohlgeborene nicht so einfach zu einem Mordfall befragen darf. Und freilich darf der Schuldige kein Adeliger sein, geht gar nicht. Obwohl Andic eine Liebschaft mit einer Gräfin hatte und der Ehemann derselben über kein Alibi verfügt.

Was für eine ungewöhnliche Geschichte! Die Autorin ließ mich tief in das Ende des neunzehnten Jahrhunderts eintauchen. Ins österreichische Kaiserreich, als die Spanne zwischen arm und reich unendlich weit auseinanderklaffte und sich die Obrigkeit sehr viele Freiheiten herausnehmen durfte. Gemächlich wird die Story aufgebaut, da ist die Irmi, die sich Hals über Kopf in den Offizier Andic verliebt und sich zu einem Schäferstündchen überreden lässt. Und Rosi, ihre beste Freundin, Tochter der Wirtsleute, deren Vater plötzlich der Kaplan sein soll und nicht der Wirt? Jede der Nebenfiguren hatte ihren Platz und wurde mit Liebe ausgearbeitet, sie erstanden vor meinen Augen in einer Lebendigkeit, dass sie fast aus dem Buch herauskrabbelten.
Die Dorfbewohner werden aus ihrer Ruhe gerissen, als Kaiserin Elisabeth sich zu Besuch auf Schloss Hof ansagt. Zusätzliche Dienstkräfte werden benötigt und zur Arbeit angetrieben. Ich fühlte mich mittendrin im Geschehen, die Autorin verstand es, die Atmosphäre so hautnah zu schildern, dass ich Angst hatte, man würde auch mir einen Putzkübel in die Hand drücken. Der Mord an Offizier Andic soll ohne großes Aufsehen aufgeklärt werden. Doch als sich herausstellt, dass das Opfer adoptiert worden war und der leibliche Vater ein ungarischer Aufständischer ist, sinken sein Ansehen und das Interesse an der Wahrheit rapide. Die wenigen Beweisstücke verschwinden auf geheimnisvolle Weise und die Türen der ›Hochwohlgeborenen‹ schließen sich vor dem Polizeiinspektor.
Mit Inspektor Pospischil schuf die Autorin eine faszinierende Figur. Er will nicht so schnell aufgeben, resigniert letztlich aber doch - die österreichische Mentalität von damals. Auch der spezielle österreichische Charme und der kleine feine Tic von Humor fehlen in dieser Story nicht. Beispielsweise wenn Pospischil das herzhafte Essen seiner Schwester Gerti genießt und hofft, dass sie keinen ›Bettgänger‹ aufnehmen müssen, sollte das Geld zu knapp werden. Oder wenn er sich bei der Übernachtung auf Schloss Hof mit einer trächtigen Ratte anfreundet, die er Luna tauft. Oder wenn ihn ausgerechnet während der Audienz beim Kaiser die Blase drückt. Köstlich.
Berührend gelingt es der Autorin auch, die Missstände aufzuzeigen, wenn sich beispielsweise die Ehefrau eines Internisten (!) mit Wissen ihres Gatten (der sie regelmäßig untersucht) ein Zubrot mit Gefälligkeiten verdienen muss. Wie wenig wert die arbeitende Bevölkerung zu dieser Zeit war, egal welchen Beruf sie ausübten!
Die Sprache ist dem vorletzten Jahrhundert angepasst, für spezielle Ausdrücke gibt es ein Glossar. Dennoch war die Geschichte flüssig zu lesen.
Es hat Spaß gemacht in die Geschichte einzutauchen und ich bin so richtig von Herzen froh, dass ich heute lebe und nicht vor 150 Jahren. Eine klare Leseempfehlung für alle, die gerne gut recherchierte historische Krimis lesen.

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Veröffentlicht am 06.05.2021

Nichts ist, wie es scheint

Die zweite Schwester
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Als ihre jüngere Schwester Siu-Man sich mit fünfzehn Jahren aus dem Fenster stürzt, weil sie die Mobbing-Attacken in ihrer Schule nicht mehr aushält, verlangt Nga-Yee eine Aufklärung der Hintergründe. ...

Als ihre jüngere Schwester Siu-Man sich mit fünfzehn Jahren aus dem Fenster stürzt, weil sie die Mobbing-Attacken in ihrer Schule nicht mehr aushält, verlangt Nga-Yee eine Aufklärung der Hintergründe. Doch die Polizei hat keine Ressourcen frei, daher gibt der Onkel einer Arbeitskollegin Nga-Yee den Tipp sich an den geheimnisvollen N zu wenden. Der soll herausfinden, wer hinter den Attacken steckt. Zuerst möchte er Nga-Yees Auftrag nicht annehmen, schließlich verlangt er ihr gesamtes Vermögen, das sie ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, überschreibt. Doch seine Nachforschungen bringen Dinge zutage, die Nga-Yee nie für möglich gehalten hätte und sie selbst vor einige Gewissensfragen stellen …

Ich kam nicht ganz leicht in die Geschichte hinein. Der Autor verrät die Lebensgeschichte von Ngy-Yee, die nach dem Verlust ihrer Eltern nun auch ihre kleine Schwester verliert. Die für mich fremdklingenden Namen, zudem noch mit ähnlichen Buchstaben, erschwerten mir den Einstieg. Doch mit zunehmenden Lesen gelang es mir, in die andersartige Welt einzutauchen. Eine Welt, in der beispielsweise eine Wohnung weggenommen werden kann, weil man als Einzelperson keinen Anspruch auf großen Wohnraum hat. Es war interessant, wie der Autor seine Figuren mit der Handlung reifen lässt. Wie eine Zwiebel, die geschält wird, erfährt man immer mehr und mehrfach drehte sich das Bild, die Mosaiksteinchen vervollständigen sich erst ganz zum Schluss zum gesamten Bildnis. Ich wurde oft in die Irre geführt und flog nur so durch die 590 Seiten des Buches.
Die formvollendete Sprache beeindruckte mich genauso, wie die Geschichte selbst, dem Autor gelang es, den Spannungsbogen hochzuhalten. Man erfährt bereits nach zwei Drittel der Handlung, wer hinter dem Cyber-Mobbing steckt. Doch das »Warum« hielt mich noch mehr in Atem. Nga-Yee steht auf einmal vor schwierigen Entscheidungen und ich fragte mich unwillkürlich, was ich selbst an ihrer Stelle getan hätte.
Ein atemberaubend spannender Thriller in einem fremdländischen Lebensbereich, hochinteressant und für alle Internet-Freaks sehr zu empfehlen. Aber auch andere, die nicht wirklich viel von der digitalen Welt verstehen (wie ich), werden an dem Buch ihre Freude haben. Absolut empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Was geschah am Weinberg?

Bewährungsprobe. Lorenz Lovis ermittelt
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Eigentlich soll Lorenz Lovis ermitteln, wer die Pferde auf dem Perwanger-Hof vergiftet hat. Doch dann entschließt sich Jasmin Oberegger, ihr Pferd lieber auf dem Hof von Lorenz Lovis unterzustellen, kurze ...

Eigentlich soll Lorenz Lovis ermitteln, wer die Pferde auf dem Perwanger-Hof vergiftet hat. Doch dann entschließt sich Jasmin Oberegger, ihr Pferd lieber auf dem Hof von Lorenz Lovis unterzustellen, kurze Zeit später folgt Schönling Liam. Er ist der Ex von Angelika, Lorenz’ Angebeteter, die ihm auf dem Hof aushilft. Lorenz muss zusehen, wie der ›Hollywood-Verschnitt‹ um Angelika herumscharwenzelt, aber von Jasmin scheint er ebenfalls etwas zu wollen. Kurze Zeit später wird Jasmin erschlagen in Lorenz Lovis’ Weinberg aufgefunden und sowohl er selbst, als auch Knecht Paul geraten in Verdacht. Zu diesem Zeitpunkt logiert zusätzlich eine deutsche Urlaubsfamilie am Hof, und in Mutter Hanne erwachen kriminalistische Neigungen. Tatsächlich findet sie einige Dinge heraus …

Ich war gleich wie beim ersten Band wieder mittendrin in den Südtiroler Weinbergen. Die Autorin schafft es, dass sämtliche Figuren im Kopf lebendig werden, ihre spritzigen Dialoge und amüsanten Fettnäpfchen, in die Lorenz Lovis immer wieder tritt, sind köstlich. Der Schreibstil ist locker und leicht, ich las das Buch in einem Rutsch durch.
Viele Verdächtige sind es am Anfang. Und Lovis vergisst schnell die vergifteten Pferde, denn er hat natürlich einen ganz triftigen Grund, hier mitzumischen: Sein Knecht Paul wird eingesperrt und er möchte ihn zurückhaben, allein kann er den Hof nicht bewirtschaften. Hilfe erhält er wieder von vielen Seiten, die drei cleveren Mittelschüler mischen erneut mit, die sind so erfrischend, die muss man einfach ins Herz schließen. Auch als Babysitter haben sie sich bewährt. In Urlauberin Hanne, die ihm zuerst nur lästig fällt, deren überraschend zielsichere Aktionen ihn später jedoch beeindrucken, weil sie wirklich Dinge zutage fördert, konnte ich mich gut hineinversetzen.
Angelika und Lorenz, ein Endlosspiel. Er traute sich, nichts zu sagen und ich fragte mich schon, werden die jemals zueinanderfinden oder – eben nicht?
Die Auflösung war für mich überraschend und ist gut gelungen.
Humor, spritzige Dialoge, authentische Figuren, das Südtiroler Setting und eine Hauptfigur, die alles andere als perfekt ist, machen die Story zu einem hinreißenden Lesevergnügen, das ich uneingeschränkt weiterempfehlen kann und muss.

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Veröffentlicht am 24.03.2021

Ich wollte, dass sich in diesem Sommer alles verändert.

Vielleicht war es Liebe
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Isy ist Lehrerin und und mietet in den Sommerferien eine Hütte im Nirgendwo, sprich in einem kleinen Dorf. Sie möchte in Ruhe über ihr Leben nachdenken und eventuell die Weichen in eine andere Richtung ...

Isy ist Lehrerin und und mietet in den Sommerferien eine Hütte im Nirgendwo, sprich in einem kleinen Dorf. Sie möchte in Ruhe über ihr Leben nachdenken und eventuell die Weichen in eine andere Richtung stellen. Bereits am ersten Tag begegnet sie Lenn und dann immer wieder, schließlich bewohnt er die Nachbarhütte. Sie lernt Leute aus dem Ort kennen und genießt die leckeren Kuchen aus der Bäckerei. Isy und Lenn fühlen sich zueinander hingezogen, sie weicht ihm jedoch aus, denn sie hat einen guten Grund, keine Beziehung einzugehen. Dennoch ergeben sich gemeinsame Unternehmungen, Ausflüge, Picknicks und Gefühle lassen sich schwer dirigieren und so passiert das Unvermeidliche …

Ich kenne die Autorin bereits und daher waren meine Erwartungen sehr hoch. Wer einen Actionroman möchte, der ist hier falsch. Es ist eine Geschichte, aus dem Leben gegriffen. Sie beginnt leise und die wachsende Liebe zwischen Lenn und Isy auf einfühlsame Weise beschreibt. Ihr anfängliches Wehren dagegen, fast ein Kampf, brachte mir die Protagonistin unheimlich nahe. Lange Zeit bleibt man im Dunkeln, warum sie sich so verhält, ganz bewusst lässt A.D. Wilks den Fokus auf Lenn und Isy. Lenn erzählt von seiner Vergangenheit, die er Isy bald offenbart. Als auch Isy ihre Karten aufdeckt, ist es auf einmal zu spät für beide.
Interessant sind die Blickwinkel, die die Autorin gewählt hat, jeweils in Ich-Form geschrieben. Den Hauptteil sieht man aus den Augen Isys. Den anderen Part bestreitet eine Person, die ich nicht erwartet hätte. Dadurch gewinnt die Story, ich fühlte mich mittendrin und konnte mich in die Figuren hineinfühlen.
Manchmal ist das Leben so. Ich hätte an vielen Stellen anders gehandelt, als die Protagonisten. Aber jeder Mensch verhält sich anders und geht auf eigene Weise mit Problemen um.
Ich habe diesen Roman sehr genossen und musste über einiges nachdenken. Der Schreibstil der Autorin ist wundervoll flüssig und an manchen Stellen berührend treffend. Jede Münze hat zwei Seiten und das Leben so viel mehr, manchmal geht man mit Menschen ein Stück, die einen an der nächsten Wegbiegung wieder verlassen. 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die gefühlvolle Romane mit Tiefgang lieben.

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Veröffentlicht am 10.03.2021

Und auf einmal ist die Welt nicht mehr in Ordnung

Guilty - Zeit der Vergeltung
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Emilia ist Staatsanwältin und glücklich mit Immobilienmakler Nicolas verheiratet. Ihr großes Vorbild ist ihr Vater Charlie, ein pensionierter Richter, zu dem sie ein liebevolles Verhältnis hat. Außerdem ...

Emilia ist Staatsanwältin und glücklich mit Immobilienmakler Nicolas verheiratet. Ihr großes Vorbild ist ihr Vater Charlie, ein pensionierter Richter, zu dem sie ein liebevolles Verhältnis hat. Außerdem ist sie gut vernetzt im Freundeskreis. Doch schleichend gerät ihre Welt ins Schleudern: Sie gewinnt zwar einen aufsehenerregenden Prozess, hat jedoch Presse und landläufige Meinung gegen sich, denn die Angeklagte hatte ihren gewalttätigen Mann getötet. Nicolas erscheint ihr auf einmal bedrohlich und unheimlich. Als sie auch noch das Smartphone einer vermissten Prostituierten bei ihm findet, packt sie ihre Sachen und fährt zu ihrem Vater. Es ergibt sich keine Gelegenheit, mit ihm allein zu sprechen, und am nächsten Tag ist es zu spät. Charlie erschießt sich genau an dem Platz, an dem ihre Mutter vor zehn Jahren verunglückte. War es Selbstmord? Emilia weiß nicht, wem sie trauen kann, ihrem Mann auf jeden Fall nicht mehr ...

Durch den angenehm flüssigen Schreibstil der Autorin war ich auch in diesem Buch wieder mittendrin. Es beginnt beschaulich, friedlich – jedoch spürt man fast von Anfang an, dass da etwas nicht stimmt. Dass Nicolas ein falsches Spiel treibt, ist klar, aber was hat er vor? Die Charaktere sind undurchsichtig und bald schon hatte ich jeden im Verdacht. Emilias Verhalten konnte ich oft nicht nachvollziehen, sie schweigt zu lange und manövriert sich dadurch aus eigener Schuld in gefährliche Situationen hinein, oft hatte sie schlichtweg Glück. Aber Menschen in Ausnahmesituationen verhalten sich nicht immer logisch und nach Plan. Ich habe diesen Thriller fast in einem Zug durchgelesen und war überrascht über die zahlreichen Kurven, die der Roman genommen hat.
Der Schluss hätte etwas länger ausfallen können, da könnte man wieder allerhand hineininterpretieren. Auch haben ein paar Figuren aus früheren Bänden ihren Auftritt, was mir sehr gut gefiel. Unter dem Strich war es wieder einmal ein rasant spannendes Lesevergnügen.

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