Ein Genremix, der mich begeistert
Der letzte Mord am Ende der WeltDer letzte Mord am Ende der Welt von Stuart Turton
„Die größten Errungenschaften waren schon immer mit den größten Risiken verbunden. (…) Beginne deinen Countdown, Abi. In vier Tagen haben wir entweder ...
Der letzte Mord am Ende der Welt von Stuart Turton
„Die größten Errungenschaften waren schon immer mit den größten Risiken verbunden. (…) Beginne deinen Countdown, Abi. In vier Tagen haben wir entweder die Welt verändert oder sind bei dem Versuch zu Grunde gegangen.“
Über diese Prämisse musste ich schmunzeln. Denn der durchaus skurrile Satz bedeutet zwei Dinge:
Erstens - wir haben es mit einem typischen Turton zutun - skurril, rätselhaft und neuartig. 2. Den Figuren bleibt nicht viel Zeit, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Beste Voraussetzungen also für ein richtig cooles Buch. Ich mag Turtons nebulösen Stil eh, er lässt den Leser bis zum Schluss im Unklaren. Von daher habe ich auch nicht erwartet, allzu viel sofort zu verstehen. Und tatsächlich. Ich fand mich in einem Dorfidyll wieder, wurde an die Hand genommen, lernte die Bewohner und ihre Rollen kennen, traf die Wissenschaftler - und war auf einmal mitten drin.
Stuart Turton gibt dem Leser nur Häppchenweise Informationen über das Dorf und die Insel - und vor allen Dingen, was es damit auf sich hat. Warum geistert ein Nebel um die Insel? Und was geschieht des Nachts? Und Mittendrin - während wir Antworten auf diese durchaus wichtigen Fragen suchen, geschieht ein grausamer Mord, der eigentlich gar nicht sein darf, denn auf der Insel gibt es keine Verbrechen. Wir müssen von da an also mit zwei „Messern“ jonglieren (mir persönlich hat das viel Spaß gemacht!).
Die Dorfbewohnerin Emory bekommt den Auftrag, Ermittlungen über den Mord anzustellen. Zur Seite stehen ihr dabei ihre Tochter Clara und ihr Vater Seth - sie haben alle drei nicht das beste Verhältnis zueinander, doch die Zeit drängt. Für mich waren die Diskrepanzen, die unter den Dreien herrschten, das Salz in der Suppe. Es würzte die Beziehung und verlieh den Figuren Substanz. Ihre unterschiedlichen Ziele und Träume und Rachegelüste.
Der Ich-Erzähler war für mich das Highlight. Ich will gar nicht zu viel vorweg nehmen. Aber den Ich-Erzähler erst mal auszumachen und herauszufinden, wer und was er eigentlich ist, hat mir schon mal viel Spaß gemacht. Generell stellen sich zu Beginn viele Fragen, die erst im Laufe der Zeit beantwortet werden - und die wieder neue Fragen um die Existenz und die Daseinsberechtigung der Lebensformen aufwerfen. Manchmal tönten für mich auch deutliche politische Stimmen durch die Zeilen.
Ich habe auch immer wieder gern auf die Karte und das Personenverzeichnis am Anfang zurückgegriffen!
Turton hatte Mut zur Lücke. Manchmal jagten wir förmlich durch die Stunden und Tage, die uns noch blieben. Auf der einen Seite fand ich den Stilbruch über weite Strecken cool - ich hatte wirklich zu tun, dass ich mitgekommen bin und alle Informationen verarbeiten konnte. Auf der anderen Seite hätte ich mir ein paar mehr Infos gewünscht.
Ein dystopischer Endzeitkrimi, der Laune macht! 4,5 Sterne