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Veröffentlicht am 23.02.2023

Verrückter Trip in die Hölle

Wer die Hölle kennt
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Was macht Alex Stern, wenn ihr Freund und Mentor Darlington im wahrsten Sinne des Wortes zur Hölle gefahren ist bei ihrem letzten Abenteuer? Richtig - nicht die Hände in den Schoß legen, sondern ein Team ...

Was macht Alex Stern, wenn ihr Freund und Mentor Darlington im wahrsten Sinne des Wortes zur Hölle gefahren ist bei ihrem letzten Abenteuer? Richtig - nicht die Hände in den Schoß legen, sondern ein Team aus Mördern rekrutieren, den Weg in die Unterwelt finden und die Seele einfach wieder zurückstehlen - und dabei möglichst auch noch ihre Kurse in Yale bestehen und die Aufträge für die magische Studentenverbindung Lethe erledigen. Nichts leichter als das, oder?

Schnallt euch lieber an. Dieser Trip in die Hölle und zurück wird blutig, holprig und verstörend - und für mich ziemlich genial. Aber Achtung - greift euch den ersten Band und lest ihn, denn ansonsten könnt ihr gleich an den Campustoren wieder umkehren - Zutritt nur für eingeweihte.
Die Protagonistin Alex Stern verschwendet nicht viel Zeit darauf, die Situation zu erklären oder noch mal alles zu wiederholen, was im ersten Band passiert ist. Warum auch? Sie hat viel zu viel damit zu tun, in der Bibliothek zu recherchieren, wie man in die Hölle (und zurück!!) kommt, Cosmo (Darlingtons Katze) zu füttern und plausibel zu erklären, wo er steckt. Kurzum - sie hat viel zu tun - und während ich mit Alex durch Bibliotheken und Kurse und Wohnheime hastete, bekam ich sehr viel vom dunklen Yale Flair mit - und genauso, dass Alex von ihren Freunden (ja, sie hat im Gegensatz zu ihrer Ansicht im ersten Teil Freunde gewonnen, die ihr selbst in die Hölle folgen würden!) geliebt und gebraucht wird. Ich habe die Wärme gespürt, die von den Gesprächen zwischen ihr und Mercy oder Dawes ausgingen oder ihren halben Streitereien mit Turner, dem Polizist, der sie widerwillig zu Mordfällen hinzuzieht, denn mit ihrer Fähigkeit Geister zu sehen, hat sie ihm gegenüber einen klaren Vorteil. Sie kann die Toten fragen, was geschehen ist.

Die Darstellung der Geister - der Grauen - fand ich sehr gelungen. Bardugo vermittelt immer das Gefühl, dass Geister nicht besonderes wären. Für Alex, aus deren Perspektive wir ein Großteil der Geschichte erleben, sind sie das ja auch nicht - sie sieht sie schließlich immer. Sie sind (grausiger) Alltag.

Generell lebt das Buch von seiner Atmosphäre - ich habe das Campusleben gespürt, ich habe das düstere, dämonische gespürt und die Abgründe, die in Alex durch ihre Vergangenheit gerissen wurden, gelebt. Bardugos Charakere (alle auf ihre eigene Art mit einer Leiche im Keller) tragen viel zur düsteren Atmosphäre bei. Jede Figur hatte seinen Platz in Alex’ Dunstkreis, selbst das Kaninchen auf dem Cover. Jeder hatte mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, doch keiner kämpfte wirklich allein. Alex’ Sarkasmus ist eine hervorragende Waffe gegen allzu viel Trauer und Lethargie und Leigh trifft die Figuren mit ihren Beschreibungen bis ins Mark. Ihre Wünsche,, Ängste, Träume und Abgründe - deshalb habe ich sie alle so ins Herz geschlossen.

„Wer die Hölle kennt“ ist kein flockiger College-Roman, seid gewarnt. Er ist blutig, moralisch zweifelhaft und folgt nicht immer einem linearen Plot. Aber durch Bardugos Stil, der so gut in die Yale-Welt passte, bin ich dem Kaninchen gern in gewundenen Schlangenpfaden in seinen Bau gefolgt und habe mich hinter jeder neuen Biegung orientiert, nur um den roten Faden vor mir leuchten zu sehen.

Während Alex in der ersten Hälfte noch mit der Planung beschäftigt ist und die Spannung nur hintergründig brodelt, zieht sie in der zweiten Hälfte merklich an. Na, ihr wisst schon, wohin es dann wahrscheinlich geht. Doch auch für die Unterwelt hat sich die Autorin einiges ausgedacht.

Am Ende wartet ein Cliff, der sich gewaschen hat. Und das von mir, die eigentlich keinen Schmerz damit hat, 100 Meter hoch über dem Abgrund zu baumeln. Doch hier? Nun - ich wüsste schon gern, wie es weitergeht!

„Wer die Hölle kennt“ ist nicht für schwache Nerven oder Mägen. Ich liebe Alex’ Art, all diese Höllen zu durchqueren und dabei trotzdem den Kopf oben zu behalten und freue mich auf den nächsten Band.

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Düsterer Mix aus Glaube und Krieg

Der Paria
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Alwyn ist ein Ausgestoßener, der bei einer Diebesbande das Stehlen, Morden und Betrügen lernt, bis die Bande einen Coup plant, der eine Nummer zu groß für sie ist. Alwyn schwört Rache und muss sich von ...

Alwyn ist ein Ausgestoßener, der bei einer Diebesbande das Stehlen, Morden und Betrügen lernt, bis die Bande einen Coup plant, der eine Nummer zu groß für sie ist. Alwyn schwört Rache und muss sich von nun an in einer Welt zwischen Glauben, Kriegen und Verschwörungen behaupten.

Auf diesen ersten Band der neuen Reihe von Anthony Ryan habe ich sehnsüchtig gewartet. Ihr kennt das, wenn ihr jubelt, wenn das Päckchen bei euch zu Hause wartet, oder? Ich kenne seinen anderen Reihen und wusste, dass ich mich auf ein raues Klientel einstellen musste. Wenn ich ein eher raues (

highfantasy ) Buch lese, müssen für mich die Figuren stimmen. Und

anthonyryan hat mit Alwyn einen Charakter erschaffen, dem ich Sympathie entgegen bringen kann. Er erzählt die Geschichte und spricht den Leser auch des Öfteren an. Alwyn hat seine Prinzipien, scheut sich aber auch nicht davor Morde zu begehen oder die Beine in die Hand zu nehmen. Natürlich - er muss ja schließlich in der Diebesbande, in der die Hackordnung mit dem Messer festgelegt wird, überleben und sich behaupten. Trotzdem fühle ich eine unwillige Verbundenheit mit der Truppe. Sie ist raubeinig und jeder ist sich selbst der nächste, trotzdem sind sie eine verschworene Gemeinschaft. Ich mag solche komplexen sozialen Konstrukte. Und diese Diebesbande verleiht dem Roman ein gewisses #robinhood Feeling 🤣🤣 natürlich stehlen sie nicht für die Armen und scheuen sich auch nicht vor Mord und Betrügereien, doch diese Vibes, die im ersten Viertel des Buches vorherrschen, haben mich praktisch durch die Seiten fliegen lassen. Ryans Schreibstil hat mich noch dazu in diese Welt eintauchen lassen. Er kann es einfach, eine Szenerie erschaffen, die ihr mit Spannung und Interesse mustert! Sein Stil reißt mit und trägt durch die Seiten. Das ging mir bei seinen anderen Büchern ganz genauso.

Aber ich sprach vom ersten Viertel des Buches, oder? Nun, dann geschieht ein Plottwist, der eigentlich große Spannung verheißt. Doch mich hat Alwyn mit steigender Seitenzahl immer mehr verloren. Wir begleiten ihn über viele Jahre hinweg durch eine Welt, die genauso gut im deutschen, französischen oder englischen Mittelalter hätte angesiedelt sein können. Die Fantasyelemente waren rar gesät, gut, ich bemühe wieder den Vergleich zur Rabenschatten Trilogie und stelle fest, dass die Fantasyelemente dort auch sparsam, aber gekonnt eingesetzt waren. In „Der Paria“ kamen sie mir einfach zu spät und zu hastig - eine Hexe hier, ein mysteriöser Gegenstand da, die locker in Verbindung stehen. Mir hat die Einzigartigkeit der Welt gefehlt, was entweder durch genauere Beschreibungen oder durch ein paar fantastische Konstrukte zu realisieren gewesen wäre. Leider hatte ich das Gefühl die Welt, die Burgen und die Schlachtfelder wären austauschbar - und das trug zu meinem Frust bei.

Die Religion und der Glauben nehmen viel Raum in dem Roman ein, Märtyrer, Seraphilen und Heilige - die leider für mich genauso austauschbar wie die Welt sind. Denn die Religion ähnelt dem Christentum sehr stark. Wenn zu Beginn das Fundament gelegt worden wäre für die Religion, wenn ein paar Glaubensgrundsätze verankert worden wären, wäre der plötzliche Fokus auf den Glauben und auf zwei sehr wichtige Figuren für mich spannender gewesen. So stand ich nur daneben und habe genickt, während Alwyn seine Entwicklungen durchlief und eigentlich den Glauben nur als Mittel zum Zweck gesehen hat, jedoch trotzdem den Führern hinterhergelaufen ist wie ein Hündchen.

Ryans Stil bringt einen Fokus und detailverliebte Beschreibungen von diversen Kämpfen und Schlachten mit sich. Das muss man mögen, ich mochte es zu Beginn, da ich hier noch richtig mit Alwyn mitfühlen konnte. Doch nach und nach, als Alwyn und seine Freunde (Toria, eine Diebin, war übrigens mein absoluter Lieblingscharakter. Ich habe sie und ihre Flüche wirklich gefeiert) durch die Lande zogen und Gedärme und gespaltene Schädel im Matsch hinterließen, wurde es langweilig. Zu wenig soziale Interaktion in all der minutiösen Beschreibung des Schlachtengetümmels. Das Rachemotiv, zu Beginn so stark, gerät dabei immer wieder aus dem Fokus.

Lichtblicke verschafften mir einige Szenen, in denen Alwyns Charakter wirklich glänzte und in denen ich etwas „Besonderes“ zu sehen bekam. Natürlich habe ich mich über diese Momente besonders gefreut, da er hier mit seinen Freunden zusammen war und nur halb so sprunghaft rüber kam, wie wenn er auf sich allein gestellt war.

Ich habe eine düstere Mixtur aus Glaube und Krieg gelesen, die mich zu Anfang richtig abgeholt und genauso schnell wieder verloren hat. Meine anfängliche Begeisterung konnte „Der Paria“ leider nicht aufrecht erhalten.

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Veröffentlicht am 04.02.2023

Komplexes und actionreiches Finale

Der Schlüssel der Magie - Die Götter
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Lässt sich der dritte und finale Teil der Founders Trilogie ebenso mit Schokolade vergleichen, wie ich den Vergleich mit meiner Lieblingssüßigkeit für die ersten beiden Teile gezogen habe? Nun, in „Die ...


Lässt sich der dritte und finale Teil der Founders Trilogie ebenso mit Schokolade vergleichen, wie ich den Vergleich mit meiner Lieblingssüßigkeit für die ersten beiden Teile gezogen habe? Nun, in „Die Götter“ begegnete mir eher die dunkle herbe Schokolade, bittersüß, aber immer noch in weiten Teilen unwiderstehlich.

Acht Jahre sind vergangen, acht Jahre in denen Sancia, Berenice und Clef gemeinsam mit ihren Verbündeten Krieg gegen die Wesenheit geführt haben, die ihre Welt und ihr gesamtes Dasein bedroht. Sie haben sich eine Rebellennation aufgebaut und müssen dieses fragile Konstrukt beschützen. Gleichzeitig befindet sich die Wesenheit auf dem Vormarsch. Sancia und ihre Freunde sehen nur noch einen verzweifelten Schachzug, um sie aufzuhalten.

Verzweifelt ist wohl der richtige Terminus, um den Gemütszustand von Sancia und ihren Freunden zu beschreiben. Jeder ihrer Schritte ist von Verzweiflung geprägt. Es ist kaum noch etwas übrig von der Tollkühnheit und dem sprühenden Esprit, der die Gruppe in Tevanne zusammengeschweisst hat. Nein, sie sind erwachsen geworden - und der Humor ist Zynismus gewichen, bitter, doch trotzdem reizt er zum Lachen. Die gestohlenen Momente voller Emotion und Zärtlichkeit zwischen Berenice und Sancia sind rar gesät, dafür umso schöner. Bisweilen können Autoren auch Scheusale sein, so viel steht zum Ende hin fest. Ich habe manchmal die alte Zeit in Tevanne vermisst, muss ich zugeben. Die Lockerheit fehlt dem Buch, es ist anders strukturiert, kriegs- und schlachtenlastiger. Es ist über die Truppe hinausgewachsen, so wie es nicht mehr nur eine Truppe von wenigen Leuten ist, sondern eine ganze Armee, die nach Disziplin und Ordnung und Führung verlangt.

Robert Jackson Bennett geizt nicht mit Ideen. Wenn ich dachte, gewaltiger als im letzten Band geht es kaum mehr, schüttelt er Kadenzen und neuartige Zwillingsskriben aus dem Ärmel und skizziert Nationen, die auf Schwarmintelligenzen basieren, und das alles in sich so logisch, dass man sich ernsthaft die Frage stellt, warum man da nicht früher drauf gekommen ist.

Clef, der einen besonderen Platz in meinem Herzen hat, wird in diesem Teil mit seiner Vergangenheit konfrontiert, zum großen Finale hin werden immer öfter Erinnerungsfetzen eingeschoben - was ich richtig spannend fand. Diese Fetzen kreuzen sich mit Actionszenen mit Blockbusterqualitäten - bis hin zur unausweichlichen furiosen finalen Schlacht, die sich listenreich und realitätsbeugend zugleich präsentiert, wie generell der gesamte Roman.

Nach dem Epilog saß ich mit feuchten Augen auf der Couch, die ich während des Buches überhaupt nicht eingeplant hatte! So war das nicht gedacht!

Das Ende der Reihe präsentiert sich actiongeladen, taktisch und verzweifelt, dunkel, wie Bitterschokolade eben. Vielleicht hat mir auch dieses kleine Quäntchen sahnige Süße am letzten Band gefehlt. Diese Leichtigkeit und diese Freche unter guten Freunden, wie sie in den ersten zwei Bänden vorhanden war. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass dass meckern auf hohem Niveau ist. Robert Jackson Bennett hat meinen Heißhunger nach Fantasy unglaublich gut bedient. Und egal welche Schokoladensorte ihr am Liebsten mögt, in dieser Reihe werdet ihr sie sicher finden.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Emotional und packend von der ersten Seite

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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Kai, du hast es mal wieder geschafft, mich mit einer gar nicht so fernen Zeit in den Bann von alten Büchern, von Druckerschwärze und Binderleim, von Antiquariaten und von Menschen, die durch ihre Schattierungen ...

Kai, du hast es mal wieder geschafft, mich mit einer gar nicht so fernen Zeit in den Bann von alten Büchern, von Druckerschwärze und Binderleim, von Antiquariaten und von Menschen, die durch ihre Schattierungen aus den Seiten hervorgetreten sind, zu faszinieren. Ich habe mich wirklich in das Buch über Bücher verliebt.

Es spielt zum Teil zu den Zeiten des Nationalsozialismus, was nicht unbedingt meine präferieret Zeit ist, über die viele Bücher in meinem Regal stehen. Einige wenige fand ich wirklich spannend. Jetzt wandert Kais zu den Büchern (sie werden sich freuen! Endlich Zuwachs!) - weil das Buch nicht über die Zeit berichtet, sondern eine wirklich spannende Story in der Zeit unterbringt. Über Bücher, über brennende Städte und die Suche nach der Wahrheit und nach dem Gefühl der Zugehörigkeit.

Ich war schon auf den ersten Seiten gefangen von dem Schicksal des kleinen Jungen, der keinen Namen hatte und aus seinem brennenden Gefängnis befreit wird. Sein Schicksal ging mir ans Herz! Genauso wie die Freundschaft im MonteChristo zwischen Jakob und Grigori. - 10 Jahre zuvor und herrlich bissig, wenn sie zusammen gegen ihre Antagonisten vorgehen oder sich gegenseitig über ihre Liebe vorjammern.
Der dritte Erzählstrang ist nicht weniger spannend, spielt aber Jahrzehnte später, als der des namenlosen Jungen herangewachsen ist. Robert und Marie sind Bücherjäger, lösen Privatbibliotheken auf - und stoßen plötzlich auf einen dünnen Faden, der in Roberts Vergangenheit führt. Die beiden echt ein klasse Team!

Die richtige Prise Mystik hat er ebenfalls verstreut. Ich habe ständig gegrübelt, ob der Roman nun „nur“ historisch ist, oder in die Mystikschiene fällt. Meine Antwort: beides. Und ich finds genial!

Kai Meyer hat den richtigen Ton für die Geschichte getroffen. Unglaublich spannend an manchen Stellen, einfühlsam an anderen und manche Zitate haben mich wirklich ins Herz getroffen. Wer seine alten Romane wie die Alchemistin kennt und liebt, der wird sich in dem Buch wirklich verlieren können!

Ganz großen Applaus für das Hörbuch und die drei Sprecher. Sie haben dem Buch eine wunderbare atmosphärische Stimme verliehen.

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Veröffentlicht am 23.01.2023

Ein Ausflug ins 19. Jahrhundert

Anatomy
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Edinburgh im Jahre 1817? Da bin ich doch sowas von dabei, insbesondere wenn es um die im Aufbruch befindliche anatomische Wissenschaft, um die Ausbildung, die Irrtümer und die Gräultaten, die zu der Zeit ...

Edinburgh im Jahre 1817? Da bin ich doch sowas von dabei, insbesondere wenn es um die im Aufbruch befindliche anatomische Wissenschaft, um die Ausbildung, die Irrtümer und die Gräultaten, die zu der Zeit im Namen der Wissenschaft verübt wurden.
Lady Hazel, die Protagonistin, war schlagfertig und wusste, was sie wollte. Unbedingt Anatomy studieren! Koste es die Kleidung ihres verstorbenen Bruders oder ihren Ruf. Hazel und ihr Drahtseilakt zwischen zwei Welten fand ich bewundernswert. Sie wusste sich stets zu helfen und ging unbeirrbar ihren Weg, jedoch erschien sie mir nie wirklich verbohrt oder stur. Jack, der Auferstehungsmann gräbt Leichen aus und verkauft sie an die Anatomie der Stadt zu Lehr und Forschungszwecken. Es hört sich makaber an, ist jedoch für Jack der Weg, sich seinen Unterhalt zu verdienen. Ich mochte ihn! Er wusste, was er will und die Chemie zwischen ihm und Hazel stimmte ziemlich gut. Ich mochte die beiden zusammen und habe nur zwei, drei mal die Augen verdreht. Ich schwöre es! Immerhin wusste ich, worauf ich mich einlasse - auf eine Liebesgeschichte! Die Liebesgeschichte zwischen den der Upperclass Lady und Leichengräber war gesetzt. Doch Hazel empfand noch zu etwas anderem eine brennende Leidenschaft und zwar zu Lehre und Forschung des menschlichen Körpers. Der Aspekt wurde im Buch gut dargestellt - die Einschübe aus (fiktiv)wissenschaftlichen Büchern, Korrespondenzen und Zeitungsartikeln lockerten die Geschichte auf und machten sie für mich spannender.

Ich bin Hazel gern durch Edinburgh gefolgt, in die Unterrichtsräume und ins Theater, zu Teegesellschaften und auf den Friedhof, hätte mir aber dann doch ein bisschen mehr gewünscht. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr nur ein winziges Stück vom Kuchen bekommen, es euch aber nach mehr gelüstet. So ging es mir mit Anatomy. So richtig wollte der letzte Funke nicht überspringen, trotz der historischen und anatomischen Fakten. Ich als Histo-Girl wäre gern noch tiefer abgetaucht.

Das Ende nahm dann schließlich eine Wendung, wo Gevatter Zufall und die fiktionale Kraft für meinen Geschmack zu sehr ihre unnachahmliche Würze hinzugeben und kräftig umgerührt haben. Das klingt jetzt schlechter, als ich das Buch eigentlich fand.
s
Anatomy hat mich gut, streckenweise sehr gut unterhalten, und für alle, die einen historischen Jugendroman, gespickt mit Wissen über die Wissenschaft aus dem 19. Jahrhundert und einem winzigen fantastischen Touch lesen möchten, dem lege ich dieses Buch wärmstens ans Herz. (Seid vorsichtig, dass es euch nicht aus dem Leib geschnitten wird!)

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