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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2024

Mix aus Fakt & Fiktion mit Augenzwinkern

Eine kurze Geschichte queerer Frauen
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Das Cover hat mich direkt angesprochen, allerdings wirkt das Buch damit auf den ersten Blick seriöser als der darin verpackte Inhalt.
In einem Mix aus Fakten und Fiktion erzählt Kirsty Loehr die mehr oder ...

Das Cover hat mich direkt angesprochen, allerdings wirkt das Buch damit auf den ersten Blick seriöser als der darin verpackte Inhalt.
In einem Mix aus Fakten und Fiktion erzählt Kirsty Loehr die mehr oder weniger bekannten Lebensgeschichten queerer Frauen von der Steinzeit bis heute. Dabei kommt eine ordentliche Portion Sarkasmus zum Einsatz, was das Buch zu einem unterhaltsamen und gut lesbaren Einführungswerk macht. Kommentiert wird all das mithilfe einer persönlichen Ebene, die für meinen Geschmack aber etwas zu viele s3xuelle Anspielungen enthielt.
Dieses kurze Büchlein möchte auf wenigen Seiten sehr viel. So kam es, dass ich anfangs hellauf begeistert war, irgendwann aber von Namen erschlagen wurde. Dazu kam die etwas wirre Erzählstruktur. Da ich im akademischen Bereich arbeite, ist mir vor allen der – bewusst gewählte – Verzicht auf Nachweise aufgefallen.
Während ich viele Details wie die eingebauten zeitgenössisch inspirierten Selbsttests grandios fand, stoßen mir manche Punkte doch etwas übel auf. Beispielsweise, wenn vom Aussehen einer Person auf deren S3xualität geschlossen wird. Außerdem bleibt natürlich die Frage, inwieweit moderne Geschlechtsidentitäten sich auf die Menschen der Vergangenheit übertragen lassen.
Doch nicht nur mutmachende, augenöffnende oder erschreckende Einzelschicksale spielen eine Rolle: Es geht auch um eine wütende Abrechnung mit dem Patriarchat und dessen heteronormativen Wertvorstellungen, Rassismus sowie Konflikte innerhalb der queeren Community. Ein hochaktuelles Werk also, dessen Fokus aber eindeutig auf der Unterhaltung der Lesenden liegt und das Interesse an der weiteren Beschäftigung mit den genannten Personen wecken möchte. Beides ist in jedem Fall gelungen.
Insgesamt ein wichtiges Buch mit vielversprechenden Ansätzen, dennoch werde ich mich wohl in Richtung der etwas seriösen Literaturvorschläge orientieren. Wer sich auf mitreißende Art und Weise mit queerer Geschichte beschäftigen möchte, sollte jedoch unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 16.05.2024

David gegen Goliath

Lockvogel
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Das Cover ist ein echter Eyecatcher und passt durch seine graphischen Bestandteile ebenso wie durch seine wilde Unangepasstheit perfekt zum Inneren.
Worum geht‘s? Es ist ein heißer Sommer in Tel Aviv und ...

Das Cover ist ein echter Eyecatcher und passt durch seine graphischen Bestandteile ebenso wie durch seine wilde Unangepasstheit perfekt zum Inneren.
Worum geht‘s? Es ist ein heißer Sommer in Tel Aviv und Jasmin Schechter, Tochter einer der einflussreichsten Familien des Landes, verschwindet spurlos. Ihr Ehemann engagiert seine alte Jugendfreundin Masi Morris, Ex-Polizistin und mittlerweile Privatdetektivin, mit der Suche. Kann Masi es mit den Mächtigen aufnehmen und Jasmin finden?
Für dieses Jahr hatte ich mir vorgenommen, geographisch über meinen bisherigen Lesehorizont hinauszublicken. Dieses Buch war mein erster Versuch. Da ich mich noch nie intensiv mit der israelischen Kultur befasst hatte, fiel mir der Einstieg entsprechend schwer. Dazu hat auch der etwas abgehakte, von Dialogen geprägte und sehr nüchterne Schreibstil beigetragen. Die wendungsreiche Handlung konnte mich aber rasch so sehr fesseln, dass ich das Buch vor lauter Miträtseln und bösen Vorahnungen kaum noch aus der Hand legen konnte.
Mit Masi begegnet uns eine äußerst eigenwillige, knallharte Protagonistin, die man wohl in mehr als einer Hinsicht als lasterhaft bezeichnen könnte. Für einen Krimi noir ist sie allerdings die perfekte Besetzung. Ihre vermeintlichen Schwächen lassen sie menschlich erscheinen und im Verlauf der Handlung lernt man ihre Lebensgeschichte und damit sie selbst besser kennen, weshalb ich ein zunehmend größeres Verständnis für sie entwickelt habe. Sympathisch war sie mir mit ihrem selbstbewussten Auftreten und dem Streben nach Gerechtigkeit jedoch von Beginn an. Mit ihren Geschwistern und Detekteimitarbeitern begegnen uns außerdem zwei liebenswürdige Nebencharaktere.
Bei den meisten Krimi kann ich die Auflösung schnell erahnen, nicht so in diesem Fall, was mir besonders gut gefallen hat. Das letzte Drittel ist einer Abwärtsspirale gleich außerdem vielen Actionfilmen ebenbürtig. Die Spannung und Düsternis des Kriminalfalls werden durch das explosive Setting noch zusätzlich verstärkt. So ermöglicht das Buch fast nebenbei einen gesellschaftskritischen, mitunter von dunklem Humor durchzogenen, aber dennoch faszinierenden Blick auf die israelische Großstadt. Einzig das Ende wirkte auf mich dann doch etwas arg gehetzt.
Insgesamt habe ich mit diesem Buch einen zeitgemäßen Kriminalroman ganz nach meinem Geschmack finden können, den ich allen Krimi noir Fans empfehlen kann.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.04.2024

Anspruchsvolle Shakespeare-Neuinterpretation

Der Rabengott
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Das Cover hat mich sofort magisch angezogen. Es verströmt eine düstere Atmosphäre und lädt so gelungen zum Blick hinter den Umschlag ein.
Zum Inhalt: Der Rabengott wacht über Vastai – im Austausch gegen ...

Das Cover hat mich sofort magisch angezogen. Es verströmt eine düstere Atmosphäre und lädt so gelungen zum Blick hinter den Umschlag ein.
Zum Inhalt: Der Rabengott wacht über Vastai – im Austausch gegen ein Menschenopfer, sobald der aktuelle Vogel stirbt. Als Mawat nach Hause zurückkehrt, erwartet er, das Erbe seines Vaters als neuer Statthalter anzutreten, findet aber stattdessen seinen Onkel auf dem Thron vor und schwört auf Rache.
Der Schreibstil wirkt dank der neutralen Du-Perspektive einzigartig, erschwert dadurch aber sowohl den Einstieg ins Buch als auch das Einfühlen in die Charaktere. Die High Fantasy Geschichte erfordert außerdem viel Konzentration und selbstständige Schlussfolgerungen von den Lesenden. Zu Beginn habe ich mich etwas desillusioniert gefühlt, wurde dann aber immer mehr in den Bann politischer Intrigen gezogen.
Ein Großteil der Handlung wird von weitschweifigen sprachphilosophischen Überlegungen und der Reflektion über das komplexe Glaubenssystem eingenommen, was in einem langsamen Erzähltempo und vielen inneren Monologen resultiert. Ein actiongeladenes Epos sollte man hier also nicht erwarten. Stattdessen verfolgt man die Zuspitzung schleichenden Unheils und obwohl wir es hier nicht mit einem Schlachtenepos zu tun haben, ist der Showdown dennoch beeindruckend.
Da die Charaktere so wenig Raum einnehmen, fällt es mir schwer, sie einzuschätzen. Sie bleiben bedingt durch die Erzählperspektive schlicht fremd. Was mir allerdings sehr gefallen hat, ist die ungezwungene Diversität der ProtagonistInnen.
Obwohl ich etwas anderes erwartet habe, konnte mich das Buch nach einer längeren Eingewöhnungsphase doch noch für sich einnehmen und ich werde es sicher irgendwann noch einmal lesen. Wer sowohl anspruchsvolle High Fantasy als auch die Eigenarten klassischer Literatur mag und auf der Suche nach einem Buch zum Entschleunigen und langsamen Lesegenuss ist, sollte hier einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 11.04.2024

Wertvolle Aufklärungsarbeit

Endometriose – Alles, was du wirklich wissen musst
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Das Cover ist vielleicht nicht mein Favorit, passt durch seine Schlichtheit aber gut zum Sachbuch-Genre und soll durch die Farbwahl sicherlich die Zielgruppe ansprechen.
Da der Titel bereits deutlich macht, ...

Das Cover ist vielleicht nicht mein Favorit, passt durch seine Schlichtheit aber gut zum Sachbuch-Genre und soll durch die Farbwahl sicherlich die Zielgruppe ansprechen.
Da der Titel bereits deutlich macht, worum es geht, verweise ich für weitere Infos zum Inhalt nur auf den Klappentext.
Bereits das Vorwort hat dafür gesorgt, dass ich den Tränen nahe war. Es hat mich als von Endometriose Betroffene direkt abgeholt. Sich ernstgenommen und verstanden fühlen ist sehr viel wert und das schafft die Autorin hier allemal. Das gesamte Buch ist anschaulich und vor allem verständlich geschrieben. Hin und wieder scheint sogar eine Prise Humor durch. Ergänzt wird all das durch hilfreiche Illustrationen.
Da die Autorin selbst Gynäkologin ist, stehen medizinische Themen im Vordergrund des Sachbuchs. Was genau ist Endometriose? Was sind mögliche Symptome? Außerdem wird der mitunter steinige Weg bis zur Diagnose ebenso beleuchtet wie Therapiemöglichkeiten und Praxistipps, die den Umgang mit der Erkrankung im Alltag erleichtern können.
Es sind keine Vorkenntnisse nötig, um in dieses Sachbuch einzutauchen. Das heißt jedoch im Umkehrschluss, dass das Buch womöglich eher geeignet ist, wenn der Verdacht auf Endometriose besteht oder wenn man – wie ich – am Anfang der Begegnung mit der chronischen Krankheit steht. Außerdem können auch Verwandte und Freunde viel aus der Lektüre mitnehmen, nicht zuletzt, um wünschenswerte Aufklärung über die Krankheit zu leisten.
Ich wünschte, ich hätte dieses Buch schon während meines jahrelangen Ärztemarathons gehabt und kann die Lektüre allen, die sich mit der Krankheit beschäftigen wollen, nur ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Für Fans klassischer Krimis

Die Medici-Morde
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Cover und Titel sind mir dank der auffälligen Farbgebung sofort ins Auge gesprungen und haben gelungen neugierig gemacht.
Worum geht‘s?
Der berühmte TV-Historiker Marmaduke Godolphin wird während seines ...

Cover und Titel sind mir dank der auffälligen Farbgebung sofort ins Auge gesprungen und haben gelungen neugierig gemacht.
Worum geht‘s?
Der berühmte TV-Historiker Marmaduke Godolphin wird während seines aktuellen Projekts, der Untersuchung zweier Morde von Medici-Familienmitgliedern, ermordet. Dukes für die Fernsehserie einbestellte Gäste scheinen von seinem Tod nicht sonderlich betroffen und dennoch haben sie alle einiges zu verbergen.
Gleich zu Beginn des Krimis wurde mir klar: Dieses Buch ist keine Lektüre für nebenbei, sondern erfordert Ruhe und Konzentration beim Lesen. Das liegt vor allem an dem getragenen, schwelgerischen Schreibstil, den der Blick unseres Erzählers, eines pensionierten Archivars, und dessen Bewunderung für Venedigs Flair mit sich bringt. Alle im Geschichtsbereich Tätigen werden sich ihm womöglich direkt verbunden fühlen. Mir ging es jedenfalls so und selten habe ich mir in einem Buch so viele Textstellen markiert. Ich habe mich beim Lesen allerdings immer gefragt, wie vertrauenswürdig unser Erzähler wirklich ist. Dadurch wurde für mich ein recht gelungener Spannungsbogen aufgebaut, auch wenn ich einige ausufernde Schachtelsätze mehrmals lesen musste.
Arnold, unser Erzähler, war mir grundsätzlich sympathisch. Mit all seiner Lebenserfahrung und Spuren der Verbitterung blickt er auf vergangene Tage zurück. Seine Melancholie wird dabei durch seinen immer vor Energie sprühenden, italienischen Freund Luca und die knallharte, intelligente Ermittlerin Valentina aufgebrochen.
Dieses Buch hat mich mehr als einmal an klassische britische Krimis und Serien wie Death in Paradise erinnert. Von Beginn an begegnet uns ein Kreis fester Verdächtiger, inklusive Enthüllung vor großem Publikum. Das führt dazu, dass sich die Handlung auch mal etwas im Kreis dreht. Dieser Krimi besticht weniger durch Action, als durch seine Anregung zum Nachdenken über die Vergangenheit und alltägliche Begegnungen mit Trauer und Schuld. Somit passt das winterliche Venedig-Setting perfekt zum recht düsteren Handlungsinhalt.
Insgesamt wurde ich gut unterhalten, weil meine Erwartungen quasi punktgenau erfüllt wurden. Geschichtsinteressierte, Kulturbegeisterte, Foodies und Fans klassisch-britischer Krimis sollten hier einmal reinlesen.

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