Ich habe mir nie wirklich Gedanken über Organtransplantationen gemacht. Ich kam damit einfach nicht in Berührung. Klar, man geht Blut spenden und hört auch manchmal etwas in den Nachrichten darüber, aber so richtig, nein... nicht wirklich.
Die Geschichte von Maggie O'Hara begründet genau auf diesem Aspekt. Maggie hat ein Herz bekommen und ein anderes Mädchen ist demnach gestorben. Irgendwie hab ich mir nach dem Klappentext etwas anderes vor gestellt. Weder positiv noch negativ anders. Einfach anders. Und nun sitze ich hier mit einer Box voller Taschentücher und mein Herz schmerzt.... Aber nun von Anfang.
Maggie's Leben ist gerade eine richtig schlimme Klärgrube. Fass hinein und du bekommst immer das Gleiche. Mit ihren 34 Jahren wurde sie von ihrem Mann verlassen und lebt nun wieder in einer Mietwohnung. Sie ist unglücklich, hat keinen Kontakt mehr zu ihrem Bruder John Joe und vertreibt sich die Zeit lieber damit eine wandelnde Alkoholleiche abzugeben. Maggie braucht dringend einen Neustart! Und der kommt ausgerechnet durch die Wunschliste von Lucy Harte - dem verstorbenen Mädchen, dessen Herz sie in sich trägt.
Zu Beginn trifft man auf eine Frau, die ihre zweite Chance nicht gerade zu schätzen weiß. Maggie ist egoistisch, maßlos und ziemlich selbstzerstörerisch drauf. Es gab sogar zwei Momente, in denen ich ihr das Buch an den Kopf werfen wollte um sie wach zu rütteln. Und dann beginnt sie eine Reise, die aus Maggie O'Hara einen ganz neuen Menschen machen soll. Sie breitet ihre Flügel aus um zu fliegen, spürt wieder Lebensenergie und Freude und wandelt sich so dermaßen, dass es mir einfach die Sprache verschlagen hat.
Es war ein Erlebnis diesen Weg vom tiefsten Punkt bis zum höchsten Glücksgefühl mit ihr zu gehen. Von Seite zu Seite leiden wir erst so stark mit der Protagonistin, dass die Verzweiflung greifbar ist. Doch dann öffnet sich die junge Frau für sich selbst, ihre Umwelt und vor allem dafür, sich selbst zu lieben und Liebe in welcher Form auch immer zu zu lassen. Sie lernt, wie kostbar Zeit ist, vor allem wenn sie rar gesäht ist. Und sie lernt die kleinen Dinge zu schätzen und zu genießen.
Diese 10 Wünsche zeigen Maggie was wirklich wichtig ist im Leben und ich muss ehrlich gestehen: Emma Heatherington hat Recht! Sie erinnert mich an Lebensweisheiten, die jeder beherzigen sollte. Egal ob krank oder gesund, ob alt oder jung... Man sollte versuchen mit offenen Augen zu leben und seine Zeit so gut wie möglich nutzen. Damit man am Ende nicht plötzlich anfängt zu bereuen, und man sollte die Dinge einfach besser überdenken.
Die Schreibweise der Autorin ist flüssig und wortgewandt, aber manchmal doch etwas komplexer im Satzbau. Sie versucht oftmals viel in einem Satz unterzubringen. Mich persönlich stört das gar nicht, denn ich liebe es mich in langen, malerischen Erzählungen mit aussagekräftigen Beschreibungen wieder zu finden. Und das kann sie! Ob das grüne Irland, das verrückte Nashville oder das atemberaubende Ambiente in Frankreich, ich habe das Setting vor meinem inneren Auge gesehen und war mit Maggie auf Reisen.
Zu Beginn macht es uns Emma Heatherington nicht leicht die Prota zu mögen, aber ich konnte sie emotional immer nachvollziehen. Im Laufe der Handlung beginnt aber die ganze Atmosphäre positiver zu werden und man spürt auch den neuen Funken in Maggie. Die Gefühle, in jeglicher Form, reißen einfach mit und auch der Hauptcharakter wuchs mir mehr und mehr ans Herz.
Und die Nebencharaktere sind mir unheimlich sympathisch. Man lernt so unterschiedliche, ausdrucksstarke Menschen kennen. Ich war regelrecht hingerissen von der Reinheit in den Personen. Es gibt wirklich keinen, der dem anderen gleicht und sie sind so tiefgründig, genauso authentisch wie Maggie und es dürfte keiner fehlen. Ob Flo, die beste Freundin, die immer an ihrer Seite steht. Oder Sylvia, eine Arbeitskollegin, die mich schon am Anfang überrascht hat. Und natürlich John Joe, Roisin, Tiernan.... oder Gérard, der mein Herz geklaut hat mit seiner selbstbewussten Griesgrämigkeit. Da sind so viele kleine Szenen, die im ganzen ein Werk erschaffen, das einfach phänomenal ist.
》 Schone deine Herz und lass mich dich lieben, solange wir noch Zeit haben.《 (S. 387)
Das Ausmaß zum Schluss ließ mich wie ein kleines schluchzendes Etwas zusammen geknuddelt unter einer Decke zurück, sprachlos und ziemlich aufgewühlt. Vor lauter Schmerz, aus Rührung, Traurigkeit, ja auch Glück und Freude.
Die Thematik der Organspende wird mich gedanklich noch lange beschäftigen. Ich finde die Autorin hat dieses wichtige Thema außergewöhnlich feinfühlig in ein Buch verpackt, das zum Nachdenken anregt und trotzdem mit der Handlung so wahnsinnig berührt. Ich bin beeindruckt!