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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.03.2018

Blinddate

Rozznjogd (Rattenjagd) gezeichnet von Gerhard Haderer
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Bei ihrem ersten Treffen entführt ein Mann seine Angebetete nicht an ein lauschiges schönes Plätzchen, sondern auf eine stinkende Müllhalde. Hier kommen die beiden sich zunächst nicht wirklich näher und ...

Bei ihrem ersten Treffen entführt ein Mann seine Angebetete nicht an ein lauschiges schönes Plätzchen, sondern auf eine stinkende Müllhalde. Hier kommen die beiden sich zunächst nicht wirklich näher und sind sich schnell einig, dass man sich gegenseitig kennen-lernen sollte. Es beginnt eine kompromisslose Abrechnung mit dem bisherigen Leben der beiden...

Der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer hat sich dem skandalträchtigen Stück "Rozznjogd" angenommen und dieses in seinen Bildern wiedergegeben. Das ursprüngliche Stück wurde im Jahre 1967 vom Schriftsteller Peter Turrini geschrieben und 1971 uraufgeführt. Es strotzt vor Gesellschaftskritik und allein durch den Rahmen der Müllhalde erhält das Ganze einen grotesken Rahmen.
Die Geschichte zeigt, wie unpersönlich und gleichgemacht die Menschen daherkommen und sich niemand die Mühe macht hinter die schimmernden Fassaden zu schauen. Hier ist es anders und die beiden Protagonisten wachsen bei ihrem jeweiligen Coming-Out über sich hinaus. Gerhard Haderer hat dies sehr schön mit einer Bildinterpretation aufgefrischt. Das Buch macht einen sehr hochwertigen Eindruck und liefert gleichzeitig eine hoch-deutsche Übersetzung anbei.

Ein Klassiker der österreichischen Literatur erfrischend in neuem Gewand gehüllt. Sicherlich eine aus meiner Sicht sehr gelungene Umsetzung, die ich gerne weiterempfehle und mit guten vier von fünf Sternen bewerte!!!

Veröffentlicht am 26.03.2018

Atmosphärischer Kriminalroman aus Irland

Schweigegelübde (Ein Emma-Vaughan-Krimi 2)
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Bei Inspector Emma Vaughan von der Mordkommission von Sligo läuft es zur Zeit nicht alles nach Plan. Die Probleme türmen sich immer weiter auf, so kämpft sie gegen ihre anhaltenden Schmerzen mit Tabletten ...

Bei Inspector Emma Vaughan von der Mordkommission von Sligo läuft es zur Zeit nicht alles nach Plan. Die Probleme türmen sich immer weiter auf, so kämpft sie gegen ihre anhaltenden Schmerzen mit Tabletten an, was ihrem Chef gar nicht recht ist, ihrem Ex-Mann wird die Beteiligung an terroristischen Taten der IRA angelastet und ihr pubertärer Sohn fühlt sich vernachlässigt. Zudem hat sie dem Gerücht nachzugehen, ein "Todesengel" treibe in Sligos Krankenhaus sein Unwesen. In der letzten Zeit verstarben einige Patienten, nachdem sie eigentlich auf dem Weg der Besserung waren. Während der Ermittlungen wird Emma Vaughan dann auch noch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert...

"Schweigegelübde" ist der zweite Band um die irische Ermittlerin Emma Vaughan. Ich bin als Quereinsteiger in die Reihe gestartet und hatte keinerlei Schwierigkeiten dem Geschehen zu folgen. Die Autorin Barbara Bierach erzählt die Geschichte in einem lebendigen und sehr gut zu lesenden Schreibstil. Es gelingt ihr die spannende Arbeit der Ermittlerin in die faszinierende Umgebung Irlands mit seinen religiösen Problemen zu integrieren. Der Lokalkolorit verleiht dem Buch seinen ganz besonderen Charme. Die Hauptprotagonistin Emma wird als engagierte und sympathische Ermittlerin charakterisiert. Eine Frau, die sicherlich auch einigen Kanten und Ecken hat, aber ihr Herz am recht Fleck trägt. Der Spannungsbogen wird auch über die Hauptprotagonistin getragen. Bei den vordergründigen Ermittlungsarbeiten wurde meine erste Tätervermutung recht schnell bestätigt, aber die Lebensumstände Emmas und ihre Vergangenheit halten die Spannung auf einem hohen Niveau, um dann in einem schlüssigen Finale zu enden. Es bleibt zu hoffen, da noch einige Fragen ungeklärt zurückbleiben, dass es noch weitere Einsätze für die sympathische Ermittlerin aus dem grünen Irland geben wird.

"Schweigegelübde" war für mich ein gelungener Kriminalroman mit viel Atmosphäre und einer interessanten Ermittlerin. Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 24.03.2018

Gerhart Hauptmann und seine Werke

Wiesenstein
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Der 2. Weltkrieg liegt in den letzten Zügen während der Nobelpreis-träger für Literatur aus einem Sanatorium im zerbombten Dresden fliehen muss. Mit seiner kleinen Gefolgschaft macht er sich auf den beschwerlichen ...

Der 2. Weltkrieg liegt in den letzten Zügen während der Nobelpreis-träger für Literatur aus einem Sanatorium im zerbombten Dresden fliehen muss. Mit seiner kleinen Gefolgschaft macht er sich auf den beschwerlichen Weg zu seiner alten Heimat. Es zieht ihn und seine Frau Margarete in das heimische Anwesen Wiesenstein, welches in Schlesien liegt. Ein Gebiet, in dem die russischen Kräfte kurz davor stehen die Widerstandslinien zu durchbrechen. Ist es richtig, in einer schweren Zeit, in der die Angst und Ungewissheit herrscht, den heimatlichen Gefühlen zu folgen?


Hans Pleschinski widmet sich in "Wiesenstein" dem Leben und Werken des berühmten Dramatikers und Schriftstellers Gerhart Hauptmann. Er berichtet über die letzten dramatischen Monate im Leben des Nobelpreisträgers, in denen er sein heimatliches Anwesen aufsucht und vor Ort sein Leben und seine Werke Revue passieren lässt. Der Autor bedient sich in seinem Buch einem sehr anspruchs-vollen und schwer zugängigen Schreibstil. Sicherlich ein geeignetes Stilmittel, um einem herausragenden Schriftsteller gerecht zu werden. Dies führte bei mir allerdings durchaus zu einigen Längen im Buch, die mein Durchhaltevermögen mehrfach auf die Probe stellten. Die hervorragende Beschreibung der bedrückenden und ängstlichen Atmosphäre der damaligen Zeit und der geschickte und wohldosierte Einbezug vieler Werke Hauptmanns ließen mich aber immer wieder aufmerken und weiterlesen. Spannend war die schwierige Nachkriegszeit, in der die Angst umging. Bei vielen Protagonisten fand ein Rückblick im Umgang mit der dunklen Zeit der deutschen Geschichte statt, Leider wurde mir nicht wirklich klar, wie Gerhart Hauptmann, der auch im Nationalsozialismus große Beachtung und Verehrung erfuhr, mit seiner eigenen Schuldfrage ins Gericht ging. Das Verhalten von ihm und seiner Frau war sicherlich geprägt von der ruhmreichen Zeit seines Lebens, so dass er in meinen Augen wenig Sympathiepunkte sammeln konnte.


Das Buch "Wiesenstein" ist aus meiner Sicht eine schwierige und herausfordernde Lektüre, deren Tragweite mir wahrscheinlich zum Teil verschlossen blieb. Wer sich ernsthaft und ausführlich dem großen Dramatiker und seinen Werken widmen möchte, sei dieses Buch ans Herz gelegt. Für mich gab es zu viele Längen und Wiederholungen, so dass der Funke bei mir niemals so ganz überspringen konnte. Meine Bewertung fällt daher mit drei von fünf Punkten rein subjektiv eher ein wenig niedriger aus.

Veröffentlicht am 24.03.2018

Das unberechenbare Ding mit den Gefühlen

Nackt über Berlin
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Jannik ist siebzehn Jahre alt und ein Außenseiter. Aufgrund seiner Körperfülle wird er gerne auch "Fetti" genannt. Sein Bestreben ist es, nicht wahrgenommen zu werden und einsam sein Leben zu leben. Dies ...

Jannik ist siebzehn Jahre alt und ein Außenseiter. Aufgrund seiner Körperfülle wird er gerne auch "Fetti" genannt. Sein Bestreben ist es, nicht wahrgenommen zu werden und einsam sein Leben zu leben. Dies ändert sich als der vietnamesische Tai auf die Schule kommt. Er freundet sich mit Jannik an und der weiß noch nicht so recht, wie er mit seinen aufkommenden Gefühlen umgehen soll. Die beiden verbringen viel Zeit miteinander und Tai ist mit seinem Camcorder immer auf der Suche nach einem guten Filmchen für den YouTube-Kanal. Als die beiden auf den völlig betrunken Schuldirektor treffen, kommt ihnen ein skurriler Gedanke...

Axel Ranisch hat mit "Nackt über Berlin" einen für mich über-raschenden und sehr erfrischenden Roman über die Gefühle Jugendlicher und die Frage von Schuld geschrieben. Er erzählt die Geschichte in einem temporeichen und unkonventionellen Schreibstil. Sein Hauptprotagonist Jannik wird als schüchterner Jugendlicher ohne jegliches Selbstbewusstsein beschrieben. Auch aufgrund seiner offensichtlichen Körperdefizite zählt er zu den Außenseitern und dann muss er auch noch feststellen, dass ihn Jungen mehr interessieren als Mädchen. Eine schwierige Situation, in der ihm Tai mit seiner Anerkennung als Freund die nötige Unterstützung gibt. Aber gerade Tai ist der Junge seiner Begierde. Es beginnt ein Wechselbad der Gefühle und Ungewissheit. Das Buch kann zudem einen gelungen Spannungsbogen aufbauen und ich war als Leser immer mehr in der Welt von Jannik gefangen. Der Verlauf des Buches ist manchmal ein wenig skurril und viele Dinge die anfangs eher humorvoll aufgenommen werden, erlangen nach und nach immer mehr Tiefgang.

Mit "Nackt über Berlin" gelingt dem Autor Axel Ransich ein tolles Debüt, welches mir sehr gut gefallen hat und Hoffnung auf weitere Bücher macht. Ich halte es für sehr lesenswert und bewerte es mit guten vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 22.03.2018

Lügen

Während du schläfst
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Nachdem ihr Mann ein Wochenende in New York verbringt und ihre Kinder bei Freunden sind nimmt Tara eine Einladung ihrer Freundin und Nachbarin an. Sie trifft allerdings nur auf Lee, den Mann ihrer Freundin. ...

Nachdem ihr Mann ein Wochenende in New York verbringt und ihre Kinder bei Freunden sind nimmt Tara eine Einladung ihrer Freundin und Nachbarin an. Sie trifft allerdings nur auf Lee, den Mann ihrer Freundin. Die beiden trinken Wein und unterhalten sich gut. Als Tara am nächsten Morgen in einem fremden Bett erwacht ist sie zunächst geschockt. Dieser Zustand verschlimmert sich aber noch, als sie den toten Lee neben sich entdeckt. Was ist in der letzten Nacht geschehen? Ist sie für den Tod ihres Nachbarn verantwortlich? Warum kann sie sich an nichts erinnern?

Kathryn Croft hat mit ihrem Debüt-Thriller "Während du schläfst" eine spannende Szenerie geschaffen. Die völlig ahnungslose Tara versucht nun den letzten Abend zu rekonstruieren und stößt dabei immer wieder auf neue Hindernisse. Die Umsetzung der Geschichte hat allerdings aus meiner Sicht Potential verschenkt. Die Autorin erzählt den Thriller in einem emotionslosen und nicht wirklich mitreißenden Schreibstil, was eventuell auch auf die Übersetzung zurückzuführen sein könnte. Mir gelang es kaum eine Verbindung zur Hauptprotagonistin Tara aufzubauen, so dass die Spannung auch ein wenig außen vor blieb. Kathryn Croft baut unglaublich viele Wendungen und überraschende Umstände ein, die oft das Salz in der Suppe eines Thrillers sind, in der Menge allerdings wirkte dies auf mich verwirrend und die Geschichte erschien aufgesetzt und konstruiert. So konnte mich das Buch nicht wirklich fesseln und die verheißungsvolle Idee verpuffte in einer Verstrickung von unzähligen Lügen und Intrigen.

Leider konnte mich der Thriller "Während du schläfst" nicht überzeugen. Die Grundidee ist wirklich gelungen, aber der sehr sachliche und zu aufgesetzte Schreibstil wurde dem nicht gerecht. Ich bewerte das Buch daher mit drei von fünf Sternen.