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Veröffentlicht am 22.12.2023

Wie das Leben eben ist

Eine halbe Ewigkeit
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Kinder, wie die Zeit vergeht! Coras Leben steht Kopf, die Kinder haben sich schon lange abgenabelt, auch das letzte Kind geht nun seiner eigenen Wege. Zurück bleibt sie, auch ihre Ehe hat schon bessere ...

Kinder, wie die Zeit vergeht! Coras Leben steht Kopf, die Kinder haben sich schon lange abgenabelt, auch das letzte Kind geht nun seiner eigenen Wege. Zurück bleibt sie, auch ihre Ehe hat schon bessere Tage gesehen. Entrümpeln ist angesagt. Blöd nur, dass der Container voll ist und der mittlerweile vierundfünfzigdreiviertel Jahre alten Cora Hübsch ausgerechnet ihr altes Tagebuch in die Hände fällt.

„Eine halbe Ewigkeit“ ist es her, genauer gesagt fünfundzwanzig Jahre, also ein viertel Jahrhundert, dass sie die Seiten dieses Tagebuches gefüllt hat. Sie blättert darin und lässt ihr Leben Revue passieren. Die Themen eines Lebens – jeder durchlebt sie, bleibt bei dem einen länger haften, während anderes sich schnell wieder verabschiedet. Loslassen ist gar nicht so einfach, wie man es sich hinlänglich vorstellt, denn wenn die eigenen Babys (man könnte sie auch erwachsene Kinder nennen) sich abnabeln, heißt das noch lange nicht, dass auch die Mutter für diesen schmerzhaften Prozess bereit ist. Und der Partner erst – wo sind sie hin, die romantischen Tage und Wochen. Die Beziehung fährt längst nicht mehr so rasant, die eingefahrenen Bahnen ermüden zusehends. Da ist es schon verführerisch, wenn ganz plötzlich der Ex auftaucht. Sie erinnert sich an ihre Freundin Johanna, an eine Schuld, die bis heute an Cora nagt.

Altes verlassen, Neues zulassen. Davon und vom Leben überhaupt erzählt Ildikó vion Kürthy. Und das Beste überhaupt: Die Autorin schlüpft im Hörbuch in die Rolle der Cora Hübsch. Wer, wenn nicht sie, kann sich in ihre Romanfigur besser einfühlen, schließlich und endlich kennen sie sich schon seit dem „Mondscheintarif“.

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Veröffentlicht am 22.12.2023

Eine lebenskluge Geschichte

Dieses schöne Leben
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Auch wenn wir es gerne verdrängen, so gehört der Tod doch zum Leben, denn jeder von uns wird sterben. Die einen erwartet ein langes Leben, für andere ist ihr Lebensweg eher kurz. Clovers Großvater erklärt ...

Auch wenn wir es gerne verdrängen, so gehört der Tod doch zum Leben, denn jeder von uns wird sterben. Die einen erwartet ein langes Leben, für andere ist ihr Lebensweg eher kurz. Clovers Großvater erklärt es der 6jährigen anhand von Streichhölzern. Auch, wenn alle gleich lang sind, so zündet das eine gar nicht erst, ein anderes brennt nur halb herunter, auch brechen manche schon beim Anzünden ab. Äußere Einflüsse spielen eine Rolle – das Beispiel mit den Streichhölzern und dem Vergleich zum Leben und Sterben versteht Clover sofort.

Als Clovers Eltern verunglücken, holt sie ihr Großvater nach New York und als dieser dann stirbt, ist sie zwar erwachsen, aber sie ist alleine. Freunde hat sie keine, sie ist den Mitmenschen gegenüber eher scheu, viel lieber vergräbt sie sich in ihren Büchern, guckt Filme und ist mit ihrem Hund und den Katzen zufrieden. Nach Großvater Tod sieht sie ihre Berufung als Sterbebegleiterin, denn keiner sollte alleine aus dem Leben scheiden. Was leider viel zu oft geschieht. Sie nimmt sich Zeit, geht irgendwann dazu über, die letzten Worte der Sterbenden aufzuschreiben. Sie lässt sich all das erzählen, was noch wichtig scheint. Aus diesen so unterschiedlichen Leben zieht auch sie Kraft, es ist ein Geben und Nehmen. Sie sieht, dass sie als letzte Begleiterin wertvolle Hilfe bietet, Trost spendet, einfach zuhört.

Der wunderbare Erzählstil nimmt diesem gerne verdrängten Thema seine Schwere. Clover ist gut darin, wenn es um die Sterbebegleitung geht - sie ist einfühlsam und geduldig. Ihr Privatleben dagegen sieht vollkommen anders aus. Sie vergräbt sich und lässt sich erst mal widerwillig auf die quirlige Nachbarin ein, die sie einfach mitzieht, sie aus ihrem Schneckenhaus herausholt. Und auch wenn es dauern mag, so passiert im Clovers Leben doch so einiges.

Es ist eine gefühlvolle Geschichte, die Mikki Brammer erzählt. Ein kluges Buch mit einer Protagonistin, der man gerne folgt, die langsam auftaut, die den Weg, ihren Weg in ein erfülltes Leben findet. Selbst das Cover stimmt froh, es zeigt die Fülle des Lebens in den schönsten Farben.

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Veröffentlicht am 22.12.2023

Um drei. In der Sonnenstraße dreiundzwanzig.

Die Wolkengucker
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In ihrer kleinen Wohnung können sie nur dann in den Himmel sehen, wenn sie sich auf den Boden legen. Mia und ihre Mutter haben das oft gemacht, sie haben in die Wolken geguckt und so manche Traumgebilde ...

In ihrer kleinen Wohnung können sie nur dann in den Himmel sehen, wenn sie sich auf den Boden legen. Mia und ihre Mutter haben das oft gemacht, sie haben in die Wolken geguckt und so manche Traumgebilde entdeckt. Nur jetzt ist sie mit ihrem Vater alleine, ihre Mutter ist tot und Matt, Mias Vater, sieht eher viele kleine Wassertröpfchen denn wunderschöne, vorüberziehende, sich immer neu formatierende Wolkenbilder.

„Herzliche Einladung zum 1. offiziellen Treffen der Wolkengucker! Am Sonntag um 15:00 Uhr in der Sonnenstraße 23!“

Das Plakat finden Mia und ihr Vater auf dem Heimweg - wenn das kein Fingerzeit des Schicksals ist. Natürlich müssen sie da hin, Mia lässt nicht locker. Und so lernen sie Wilma kennen. Auch sie ist eine Wolkenguckerin, zusammen mit ihrer verstorbenen Freundin Margarete hat sie oft in den Himmel voller Wolken geschaut. „Meine liebe Wilma... Heb mal den Blick zum Horizont, dann winke ich dir zu…“ Wilma liest Margaretes Brief, diese vermacht ihr nicht nur ihr Schultertuch, auch übernimmt sie Margaretes Putzfrau Ayla - eine Kümmerin mit einem riesengroßen Herzen.

Gegenseitig haben sich die beiden Freundinnen versprochen, eine Wolkengucker-Gesellschaft zu gründen und nun setzt Wilma dieses Versprechen mit dem Plakat in die Tat um. Wer wohl kommen mag? Sie ist gespannt und schon ein wenig enttäuscht, dass nur Matt und seine Tochter Mia den Weg hierher gefunden haben. Was solls, sie setzen sich in den Garten, Mia und Wilma verstehen sich sofort super, die beiden sind in ihrem Element.

Aus Fremden werden Freunde, so möchte ich die so feinfühlig erzählte Geschichte in aller Kürze zusammenfassen. Letztendlich hat der Tod geliebter Menschen sie zusammengeführt, die kleine Gruppe wird größer, alle zwei Wochen treffen sie sich zu ihren Wolkengucker-Stunden in der Sonnenstraße 23. Ayla, die in ihrem Zweitjob nachts Bürogebäude putzt, verschläft meist diese Nachmittage und auch Matt sitzt ein Abgabetermin im Nacken, für Wolken – und seien sie noch so schön – hat er nichts übrig. Auch stört ein ständig mäkelnder Nachbar mit gelegentlichen Brüllattacken die Idylle.

„Die Wolkenguckerin“ ist ein warmherziges Buch, einfühlsam und so federleicht, wie man sich die Wolken vorstellt. Sie sind ständig in Bewegung, verharren nie an einer Stelle. Auch das Leben fließt, es verändert sich, man begegnet Fremden, an denen man vorübergeht oder deren Fäden sich mit den unseren verknüpfen, bis ein festes Band entsteht. Diese Stationen hat Kristina Fritz ineinander verflochten - schon ein wenig märchenhaft, aber doch wunderschön. Zum Schluss noch ein Satz von Astrid Lindgren, den einst Margarete kurz vor ihrem Tod an Wilma geschrieben hat: „Wie schön muss es erst im Himmel sein, wenn er von außen schon so schön aussieht.“

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Veröffentlicht am 18.12.2023

Eine Fantasy-Kriminal-Geschichte

Der Spurenfinder
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Nein, nicht Spurensucher ist Elos von Bergen. Spurenfinder ist er, darauf legt er Wert. Denn das Aufspüren der Spuren ist doch ganz was anderes, es verlangt Fingerspitzengefühl und ein Gespür für alles ...

Nein, nicht Spurensucher ist Elos von Bergen. Spurenfinder ist er, darauf legt er Wert. Denn das Aufspüren der Spuren ist doch ganz was anderes, es verlangt Fingerspitzengefühl und ein Gespür für alles Unsichtbare. Und genau das hat er, der Spurenfinder.

Schon vor längerer Zeit hat er sich zur Ruhe gesetzt, sich mit seinen beiden Kindern, den Zwillingen Ada und Naru, einen Ort der absoluten Stille ausgesucht. In Friedhofen leben sie nun, was weder Ada noch Naru glücklich macht. Es passiert einfach nichts, sie langweilen sich Tag für Tag, bis ein Mord geschieht und ihr Vater als Experte auf dem Gebiet des Spurenfindens ein gefragter Mann ist. Dieser will seine Kinder möglichst aus allem heraushalten, sie aber schleichen ihm heimlich nach. Schließlich und endlich haben sie viel von ihm gelernt.

Es hat Spaß gemacht, Marc-Uwe Kling zuzuhören. Er hat mir die Fantasywelt des Elos von Bergen, seines Zeichens Spurenfinder, näher gebracht. Fantasy ist nicht unbedingt mein bevorzugtes Genre, eine gute Kriminalgeschichte schon eher. Zunächst bin ich am Cover hängen geblieben, es hat mich neugierig auf die Geschichte dahinter werden lassen. Es ist witzig gemacht, zeigt ein Beil mitsamt dem Detektiv und seinem detektivischen Nachwuchs. Marc-Uwe Kling war mir bis dato kein Begriff, nun aber werde ich hellhörig im wahrsten Sinne des Wortes, denn sein Vorlesen war und ist exzellent. Ich bin gut in Friedhofen angekommen und hab mich – in Gegensatz zu den Zwillingen – keine Minute gelangweilt.

Das Hörbuch ist nicht nur spannend, es sprüht nur so vor komischen Momenten mit unvorhergesehenen Wendungen und dass der Autor seiner Fantasygeschichte mit seiner wandelbaren Stimme seinen unverwechselbaren Charakter gibt, ist ein zusätzlicher Pluspunkt, dem „Spurenfinder“ näher zu kommen - beste Unterhaltung nicht nur für Kinder mit einem verblüffenden Ende, das nach einer Fortsetzung verlangt.

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Veröffentlicht am 17.12.2023

Steuern wir auf eine Eiszeit zu?

White Zero
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Schnee en masse hatte ich vor kurzem direkt vor meiner Haustür, sodass ich mich direkt hautnah (und bibbernd) auf diesen Thriller einstimmen konnte, wenngleich die Minustemperaturen im niedrigen einstelligen ...

Schnee en masse hatte ich vor kurzem direkt vor meiner Haustür, sodass ich mich direkt hautnah (und bibbernd) auf diesen Thriller einstimmen konnte, wenngleich die Minustemperaturen im niedrigen einstelligen Bereich angesiedelt waren.

Ganz anders hier. Mit „White Zero“ zeigt Thilo Falk ein eiskaltes, erschreckendes Szenario auf. Die Kältewelle zieht sich viel zu lange hin, denn der März sollte die ersten milden Tage mit sich bringen. Es wird eher kälter denn wärmer, am 2. März herrschen in Leipzig -28,2°C. Dr. Jana Hollmer, die Geophysikerin, ist gerade dabei, ihren Vortrag zu präzisieren, als nach einem Schlag auf die Außenwand diese plötzlich wegbricht. Das Gebäude wird evakuiert, es gibt Verletzte und auch einen Toten, mit dem Jana zuvor im Konferenzraum war. Materialermüdung heißt es. Aber ist dem wirklich so?

Schon „Dark Clouds“, das vorherige Buch des Autors, habe ich als bedrohlich, dramatisch und skrupellos empfunden, sein neuestes Werk reiht sich hier – mit Abstrichen - ein. Die klimatischen Veränderungen und die damit einhergehenden Maßnahmen sind Thema seines neuesten Thrillers. Die Reaktionen in Politik, Wirtschaft und nicht zuletzt die Verschwörungstheorien, die allzu seltsame Blüten treiben, werden trefflich gezeichnet, zuweilen eher karikiert, aber doch so, dass man nur zu gut weiß, wie es gemeint ist.

Neben Jana und ihrem beruflichen und privaten Leben sind noch viele Storys um Familien und Singles in unterschiedlichen Konstellationen mit hineingepackt. Die Perspektiven wechseln von Leipzig und dem Geopolitischen Forschungszentrum, seit dessen Gründung vor 18 Monaten sie stellvertretende Leiterin ist, in etliche Städte Deutschlands, nach China, Frankreich und den Tschad. Hier werden die für unseren modernen Lebensstil dringend benötigten Rohstoffe – wie etwa Seltene Erden – abgebaut.

Innerhalb kürzester Zeit steht alles still, die Wohnungen sind kalt, das öffentliche Leben erlahmt, alles wird wegen des damit einhergehenden Logistikproblems extrem teuer, vieles gibt es gar nicht mehr zu kaufen. Dramatisch wird es, als Jana mit ihrem Team herausfindet, wer bzw. was die Ursache dieser Eiszeit sein könnte. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, sie versuchen, zu dem vermeintlich Schuldigen ans gefühlt andere Ende der Welt zu gelangen – ein abenteuerliches Unterfangen nimmt seinen Lauf. Es spitzt sich zu, das ganze Prozedere á la James Bond überzeichnet – ob Gut gegen Böse gewinnt?

Thilo Falk schreibt sehr unterhaltsam. Es ist ein Thriller zum Mitfiebern und Daumen drücken, dass alles gut gehen möge. Es ist Fiktion, die Dramatik schreibe ich der künstlerischen Freiheit des Autors zu. Im Nachwort klärt er über die drei Aspekte auf, die ihm wichtig waren. Unser luxuriöses Leben wird dank der miserablen Arbeitsverhältnisse – hier als mahnendes Beispiel in den Minen Afrikas – aufrecht erhalten, zudem schaden wir mit unserem oft unbedachten Handeln der Umwelt und als dritten Punkt nennt er die grenzenlose Macht der Superreichen zu diesem Thema.

Der Klimawandel ist nicht zu leugnen, der Thriller angenehm zu lesen. Laut gelacht habe ich, als er von den Deutschen und den Deutschinnen spricht und mich gefragt – vom Für und Wider des Genderns mal abgesehen - ob diese Sprachverschandelung wirklich sein muss. Ich wäre gut ohne diese Nebenschauplätze ausgekommen wie auch etwa ohne den immer wieder eingestreuten Sprüchen des Grußkartenhersteller und Janas Lebensgefährten, der alle möglichen und unmöglichen Texte druckt und die auch hier zum Besten gegeben werden. Vielleicht meint der Autor, dass dieses viele bedruckte Papier Ressourcenverschwendung ist. Dann wären wir wieder beim Thema Umwelt im Allgemeinen. Vieles wirkt zu bemüht, zu aufgesetzt und zu weit hergeholt. Die Lösung des Problems ist hart an der Realität vorbeigeschrammt, um es mal flapsig auszudrücken. Und doch darf ein Thriller übertreiben, muss sich nicht an knallharte Fakten halten. Und ja, er sollte aufrütteln - was in meinen Augen nur bedingt gelungen ist.

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