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Veröffentlicht am 15.11.2022

Unterhaltsam, spannend, dramatisch

Labyrinth der Freiheit
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Es heißt Abschied nehmen von den drei Freunden. Von Isi, der Anwältin der kleinen Leute, von Carl, dem Kameramann bei der UFA und von Artur, dem König der Halbwelt. Der Abschluss der Wege-der-Zeit-Reihe ...

Es heißt Abschied nehmen von den drei Freunden. Von Isi, der Anwältin der kleinen Leute, von Carl, dem Kameramann bei der UFA und von Artur, dem König der Halbwelt. Der Abschluss der Wege-der-Zeit-Reihe ist ausgelesen, „Labyrinth der Freiheit“ ist der dritte und letzte Band.

Der Einstieg in diesen letzten Teil der Reihe beginnt rasant mit viel Herzklopfen und Sorge um sie alle. Das Telefon läutet, Isi kommt nicht mehr dazu, abzunehmen, Unbekannte dringen ins Haus. Sie rettet sich mit einem mutigen Sprung mit schwerwiegenden Folgen, die Eindringlinge hinterlassen eine Spur der Verwüstung.

Wir sind im Berlin des Jahres 1922. Die Nachwehen des Krieges sind noch deutlich zu spüren, die Goldenen Zwanziger noch in weiter Ferne. Isi, Carl und Artur verlieren sich nie ganz aus dem Augen. Braucht einer Hilfe, sind die anderen für ihn da und so manches Mal sind Arturs Verbindungen zur Unterwelt durchaus hilfreich. Denn nicht nur rechtsnationale Gestalten gilt es abzudrängen.

Der geschichtliche Hintergrund ist das Grundgerüst, darum rankt sich der Alltag der kleinen Leute wie etwa das unbedarfte Dienstmädchen, das in die Fänge skrupelloser Typen gerät. Isi kämpft an allen Fronten, sie will Gerechtigkeit und bleibt dabei selber auf der Strecke. Die mächtigen von Torstayns, ihre angeheiratete Familie aus den besseren Kreisen, wollen sie vernichten. Auf Artur, den man nur mit halbseitiger Gesichtsmaske kennt, und seine Truppe ist Verlass. Carl erzählt von ihnen allen. Mit ihm, dem eher ruhigen, besonnenen Kameramann, wird Kino lebendig. Das Licht-Ton-Verfahren sollte den bis dahin geschätzten Stummfilm ablösen. Es gibt diejenigen, die an den Fortschritt glauben und die anderen, die dies als nicht realisierbar abtun.

Auf unterhaltsame Weise führt Andreas Izquierdo seine Leser durch diese Jahre. Spannend und zunehmend dramatisch bis zur letzten Seite. Drei Freunde, deren Lebensgeschichte vor dem historischen Hintergrund den Zeitgeist von damals reflektiert. Der gelungene, sehr lesenswerte Abschluss der Trilogie, ist auserzählt, bei dem nicht nur die Geschichtsinteressierten voll auf ihre Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 11.11.2022

Nervenaufreibender Trilogie-Abschluss

Amissa. Die Überlebenden
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Auch der dritte und letzte Teil von Amissa ist ein raffiniert konstruierter Wettlauf gegen das organisierte Verbrechen. Amissa ist eine Organisation, die weltweit nach vermissten Personen sucht. Mafiöse ...

Auch der dritte und letzte Teil von Amissa ist ein raffiniert konstruierter Wettlauf gegen das organisierte Verbrechen. Amissa ist eine Organisation, die weltweit nach vermissten Personen sucht. Mafiöse Machenschaften drängen diese von einer Privatperson gegründeten Hilfsorganisation an den Rand der Legaliät.

Sie hätten auch mit dem Auto fahren können, der Bärtige hat es jedoch vorgezogen, mit dem Boot die versteckte Hütte, in der sie die drei Frauen vermuten, anzusteuern. Für diesen für die winterliche Jahreszeit ungewöhnlichen Weg spricht so einiges, das muss auch Jesper, der zweite Mann, sich eingestehen – schon das Überraschungsmoment spricht eindeutig dafür. Derweilen prasselt das Holzfeuer in der Hütte und sorgt für wohlige Wärme. Diese Beschaulichkeit hat bald ein Ende, der Einstieg ist gelungen - nichts anderes habe ich erwartet. Denn dass es so ruhig und friedlich bleibt, ist eher unwahrscheinlich. Von Missing Order ist irgendwann die Rede, schon der Name macht deutlich, dass es hier um Vermisste geht. Wie hängt das alles zusammen?

Jan und Rica, die beiden Privatermittler, sind wieder mit von der Partie, auch wenn Rica nun Jans Urne über den Friedhof trägt – wird sie diesen für sie so schmerzlichen Verlust jemals überwinden? Alles schreit nach Rache, nach Gerechtigkeit!

Noch bin ich ratlos, zu viel stürzt auf mich ein. Mehrere Handlungsstränge führen mich unter anderem nach Rumänien in ein Kinderheim, in die Schweiz, hoch hinauf in ein feudales Chalet, zwischendurch in eine Fischerhütte, auch in die Sonne Jamaikas… Ein Menschenhändlerring muss zerschlagen werden, die Strippenzieher dahinter sind gut getarnt und zu allem fähig. Sie haben ihre aufs Brutalste abgerichteten Helfer, selber treten sie mit einer nach außen hin weißen Weste auf.

Als Winkelmann-Fan bin ich gegen Frank Kodiaks Bücher nicht immun, will es auch gar nicht sein. Zu aufregend geht es in seinen Büchern zu. „Die Überlebenden“ sind wiederum Garant für spannende Unterhaltung. Die Thriller-Trilogie ist zu Ende erzählt, die fein gesponnenen losen Fäden sind taktisch klug zusammengeführt, es waren äußerst nervenaufreibende Lesestunden. Um diese so richtig genießen zu können, sollte die drei Bände zum besseren Verständnis der Reihe nach lesen. Für Thiller-Fans wie gemacht.

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Veröffentlicht am 04.11.2022

Spannend und humorvoll – ein Hörspass

Herzschuss
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Seit nunmehr 13 Jahren ermitteln Wallner und Kreuthner. Sie schätzen sich, zuweilen nerven sie sich auch gewaltig und nun steht Kreuthner unter Mordverdacht. Natürlich drängt Wallners neue Chefin Carla ...

Seit nunmehr 13 Jahren ermitteln Wallner und Kreuthner. Sie schätzen sich, zuweilen nerven sie sich auch gewaltig und nun steht Kreuthner unter Mordverdacht. Natürlich drängt Wallners neue Chefin Carla Tiedemann auf einen schnellen Abschluss. Schon klar, ein Polizist unter Mordverdacht trägt nicht gerade zum Renommee der Polizeiinspektion Miesbach bei.

Der 10. Fall um die beiden Kult-Ermittler Wallner und Kreuthner steht an und der hat es ordentlich in sich. Der Mord um den Abgeordneten Gansel will aufgeklärt werden, da wird so einiges aus der Vergangenheit zutage gefördert, das nicht jedem passt. Als herauskommt, dass Kreuthner früher mit Philomena, Gansels Frau, verbandelt war, schaut es für den Herrn Polizeihauptmeister erst recht nicht gut aus.

„Herzschuss“ kommt mit viel Lokalkolorit daher mit sympathischen Figuren und auch solchen, die ich eher nicht so mag. Schon auch kauzig und knorrig, ja eigenwillig sind sie, wie es halt ist im richtigen Leben, da kann man auch nicht mit jedem und mögen muss man sowieso nicht alle. Die Story entwickelt sich, ich erfahre so einiges über die hier Agierenden, kann sie schon einigermaßen einschätzen - es wird zunehmen spannend. Und nicht mittendrin, aber doch dabei ist Wallners schlitzohriger Opa – ein herrlicher Spaß.

Zu dem humorigen Schreibstil passt das Cover hervorragend. Da fühlt man sich doch gleich an ein stilles Örtchen mit einem doch eingeschränkten Blick auf den See versetzt. Ja, es erfüllt schon ein typisch bayerisches Klischee und doch wirkt es für diesen Kriminalfall nicht zu aufgesetzt.

„Jedes Verbrechen hat seine Geschichte.“ Und diese Geschichte hat mir Michael Schwarzmaier im Hörbuch vom Argon-Verlag sehr anschaulich geschildert. Er spricht hochdeutsch, gut verständlich auch für nicht-Bayern. Und doch ist sein Vortrag unverkennbar bayerisch eingefärbt, anders wäre es gar nicht möglich und würde dem Krimi seinen charakteristischen Charme nehmen. Er spricht so, wie einem Bayern der sprichwörtliche Schnabel gewachsen ist. Jedem einzelnen lässt er seine Eigenheiten, man kann sie alle gut auseinanderhalten. Er ist der perfekte Sprecher hierfür, ich bin von seiner Darbietung begeistert.

Ein gelungener Krimi mit launigen Dialogen, der mich gut unterhalten hat. Ein Hörgenuss. Immer wieder gerne wieder.

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Veröffentlicht am 31.10.2022

Cassie ermittelt

Wer mit den Toten spricht
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Raven & Flyte ermitteln – der zweite Fall um die Rechtsmedizinerin Cassie Raven und DS Phyllida Flyte ist gelöst. Ein Hörbuch von SAGA Egmont, Sprecherin Sandra Voss.

Es geht gleich mal heftig los. Auf ...

Raven & Flyte ermitteln – der zweite Fall um die Rechtsmedizinerin Cassie Raven und DS Phyllida Flyte ist gelöst. Ein Hörbuch von SAGA Egmont, Sprecherin Sandra Voss.

Es geht gleich mal heftig los. Auf Cassies Seziertisch liegt ein Jugendlicher und die Frage drängt sich auf, ob er sich selbst stranguliert hat oder ob hier doch ein Verbrechen vorliegt. Neben diesem noch ungeklärten Tod ist sie auf der Suche nach den Umständen, wie ihre Mutter ums Leben gekommen ist. Als 4jährige hat sie beide Elternteile durch einen Autounfall verloren, zumindest hat sie dies bis jetzt geglaubt. Nach einem leichten Schlaganfall sieht sich ihre Großmutter, bei der sie aufgewachsen ist, genötigt, ihr endlich die Wahrheit zu sagen. Und diese ist nicht ohne. Cassies Vater, wurde damals angeklagt und verurteilt, seine Frau, Cassies Mutter, getötet zu haben. Und nun ist er frei, die beiden treffen aufeinander. Warum wurde sie über so viele Jahre angelogen?

Cassie, die mit ihren Piercings und Tattoos schon anders aussieht, will mehr wissen. Sie recherchiert, auch mit Flytes Hilfe, sie vergräbt sich schier in das Damals, in das Leben ihrer Mutter. Und sie stößt auf Schweigen, viele können oder wollen sich nicht mehr erinnern. Warum?

Sandra Voss hat mir diesen zweiten Teil der Forensik-Thriller-Reihe vorgelesen, sie hat dies gut gemacht. Bis auf die Großmutter ist sie allen Figuren stimmlich gerecht geworden. So konnte ich mich in den so spannenden wie mysteriösen Fall vertiefen. Hat Cassie sich verrannt? Aber nein, sie schaut genau hin, hört zu - eine, die mit ihren Toten spricht, ihnen Respekt zollt, deren Sinne sind geschärft. Sie sieht Kleinigkeiten und wird doch immer wieder von der Wirklichkeit eingeholt. So mancher versucht, seine Lügereien zu vertuschen. Lange ist nicht klar, wer denn nun für den Tod von Cassies Mutter verantwortlich ist und warum dies aus Sicht dieser Person geschehen musste.

Cassie ist mir sehr ans Herz gewachsen, sie ist ein unerschrockener und liebenswerter Charakter. Auch Flytes sprödem Charme konnte ich viel abgewinnen. Die beiden sind ein gelungenes Ermittler-Duo, denen ich noch gerne bei weiteren Fällen über die Schulter schauen würde.

Es ist der zweite Band der Reihe und doch kann er ohne Kenntnis des Vorgängers gehört bzw. gelesen werden. Ich mag es, wenn jedes Buch in sich abgeschlossen ist und das Wesentliche, das Wissenswerte, ins Geschehen mit einfließt.

Mit Cassie und den anderen Charakteren, die allesamt glaubhaft dargestellt sind, habe ich nun sowohl Bradleys Tod als auch den ihrer Mutter aufgelöst. Viel Unvorhergesehenes ist passiert, die Handlung war gut durchdacht, sie war in weiten Teilen nachvollziehbar und nun bin ich gespannt auf den nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Schuld im Sinne von schuldig?

Als die Welt zerbrach
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Erst einmal musste ich tief durchatmen, das gerade Gelesene nochmal an mir vorüberziehen lassen. „Als die Welt zerbrach“ ist eine tieftraurige Erzählung um eine Schuld hinter der Schuld, dessen Namen die ...

Erst einmal musste ich tief durchatmen, das gerade Gelesene nochmal an mir vorüberziehen lassen. „Als die Welt zerbrach“ ist eine tieftraurige Erzählung um eine Schuld hinter der Schuld, dessen Namen die über 90jährige Gretel in ihrem langen Leben nie mehr aussprechen konnte. Sie hat viel erlebt, viel erlitten und noch mehr geschwiegen.

Die damals 12jährige flieht mit ihrer Mutter nach Frankreich, nachdem ihr Vater, ein hochrangiger KZ-Kommandant, hingerichtet wurde, aber auch in Paris holt die Vergangenheit sie ein. Als nach einigen Jahren ihre Mutter stirbt, wagt Gretel in Australien einen Neuanfang - immer darauf bedacht, ihr Lügenkonstrukt aufrecht zu erhalten. Selbst hier ist sie nicht sicher, London wird und bleibt ihr Zufluchtsort. Und hier lebt sie gut situiert in einem noblen Viertel, als in der Wohnung unter ihr Henry mit seinen Eltern einzieht. Der Neunjährige erinnert sie schmerzlich an Vergangenes und nicht nur das, sie schließt den verschlossenen Jungen ins Herz. Sie sieht viel zu viel, ringt mit sich selbst und kommt zu einem für sie folgenschweren Entschluss.

In zwei sich stetig abwechselnden Ebenen erzählt John Boyne vom Gestern und vom Heute, von der betagten Gretel in London 2022 und geht zurück, wechselt ins Jahr 1946, gibt Einblicke in „Die Tochter des Teufels“. Er nimmt seine Leser mit nach Sydney, wo sie 1952 ankam, gibt Zwischenspiele in Polen oder am Zaun, um nur einiges zu nennen. So erfahre ich sukzessive ihre Lebensgeschichte. Eine Geschichte, die mich tief berührt und zutiefst traurig gemacht hat. Sie war Kind, als das Schreckliche geschah, die Lebenslüge wurde ihr aufgedrängt und einmal damit angefangen, wird sie sie nicht mehr los. Und nicht genug damit, sie nimmt auch danach ihre Umgebung wahr, sieht hinter die Kulissen und muss doch einsehen, dass die Welt sich zwar weitergedreht hat, die Menschheit aber immer Mittel und Wege findet, die eigenen Unzulänglichkeiten zu vertuschen.

Gretels Lebensweg bin ich gerne gefolgt - eine toughe Frau, vom Leben geprägt, auch die anderen Charaktere waren authentisch dargestellt. Der Autor hat sie empathisch sein lassen, ich habe so einige gemocht, andere wiederum so gar nicht.

Hat eine 12jährige eine Chance, sich der unrühmlichen Vergangenheit ihrer Familie zustellen? Muss sie sich gar dem stellen? Die Bürde der Schuld auf sich zu nehmen? Und darf eine erwachsene Frau zusehen, wie anderen Leid zugefügt wird? Die so einfühlsam erzählte Lebensgeschichte hat mich sofort gefesselt und bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Beileibe keine leichte Kost und doch so lesenswert.

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