Interessantes Zeitzeugnis
Die UnbestechlicheBasierend auf den journalistischen Erinnerungen von Maria von Welser führt uns Waltraud Horbas zurück in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. „Die Unbestechliche“ ist in drei Teile gegliedert, jedem ...
Basierend auf den journalistischen Erinnerungen von Maria von Welser führt uns Waltraud Horbas zurück in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. „Die Unbestechliche“ ist in drei Teile gegliedert, jedem Teil sind die politischen und gesellschaftlichen Ereignisse in Kurzfassung vorangestellt. Viel ist passiert in diesen Jahren, von den Studentenunruhen, der Ölkrise und auch dem Terror, der den Olympischen Spielen in München ihre Leichtigkeit nahm, wird berichtet, um nur einiges herauszupicken. Diese bewegten Jahre bilden den Hintergrund der Geschichte um eine junge, zielstrebige Frau, deren Gespür für Menschen eine wichtige Grundlage ist, um journalistisch erfolgreich zu sein.
Meine anfänglichen Befürchtungen, dass es sich hier um eine trockene, nüchterne Aneinanderreihung der damaligen Ereignisse handelt, erwiesen sich als unbegründet.
Die 21jährige Alice schnuppert als Volontärin bei einem Lokalblatt Zeitungsluft. Als Mutter einer kleinen Tochter ist es für sie nicht einfach, Beruf, der ihr bald Berufung ist, und Kind unter einen Hut zu bringen. Ein Ehemann ist schon vorhanden, der aber treibt sich als Fotograf lieber in der großen weiten Welt herum. Noch in den 70ern beherrschen die Männer die Arbeitswelt, einer Frau wird nicht allzu viel zugetraut. Aber Alice ist zielstrebig, ihr Weg ist mitunter sehr steinig und doch lässt sie sich nicht unterkriegen. Sie entlockt ihren Gesprächspartnern Interessantes, nachdem sie sich die nichtssagenden Plattitüden geduldig angehört hat, um danach zum Wesentlichen zu kommen. Wenn etwa die Ehefrau eines aufstrebenden Politikers zunächst ihre einstudierten Floskeln wiedergibt und im Laufe des von Alice geschickt gelenkten Interviews meint „…eine Unsichtbare. So nenne ich diese Frauen, die langsam von ihrer Ehe absorbiert werden, bis sie mit den Schatten verschmelzen…“ so ist das eine Aussage, die betroffen macht und nur allzu treffend das damalige Frauenbild einfängt.
„Die Unbestechliche“ ist ein spannender Einblick in die journalistische Arbeit aus der Sicht einer jungen Frau, die in der Männerwelt bestehen will und sich durch nichts und niemanden unterkriegen lässt. Und dabei ihr Leben mit Kind meistert. Maria von Welser hatte ich beim Lesen schon vor Augen, sie ist seit „Mona Lisa“ der Inbegriff einer informierten, kritisch hinterfragenden, selbstbewussten und selbständigen Frau. In Zusammenarbeit mit Waltraud Horbas ist ihr ein lesenswertes Buch gelungen, das man nicht so schnell vergisst.