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Veröffentlicht am 01.06.2023

Wenn alles schläft ist Showtime

Die Verborgenen
2

Ein „Psychothriller der Extraklasse“, so wird das neueste Werk von Linus Geschke beworben. Diese Aussage kann ich nach der atemlosen Spannung, nach dem Verschlingen der „Verborgenen“, bestätigen. Man ist ...

Ein „Psychothriller der Extraklasse“, so wird das neueste Werk von Linus Geschke beworben. Diese Aussage kann ich nach der atemlosen Spannung, nach dem Verschlingen der „Verborgenen“, bestätigen. Man ist alleine zuhause, es ist mucksmäuschenstill, kein Geräusch stört – und plötzlich knackst es. Wer hat dies nicht schon erlebt? Und doch denkt man sich normalerweise nichts dabei.

Ganz anders bei dem Hoffmanns. Sven, Franziska und ihre 17jährige Tochter Tabea – sie wohnen zu dritt in einem großen Haus mit Keller und Dachboden, beides wird sehr selten betreten. Bis Franziska eines Tages alleine in den Keller geht, ihr sowieso schon mulmiges Gefühl wird noch verstärkt, als sie Fußspuren entdeckt, die sie sich nicht erklären kann. Sven wiegelt ab, er weiß um ihre Angst, den Keller zu betreten. Dennoch geschehen weitere unerklärliche Dinge, sie bezichtigen sich gegenseitig. Dass die heile Welt der Hoffmanns alles andere ist als heil, wird zunehmend sichtbar. Und je näher ich ihnen komme, je mehr ich von ihnen weiß, desto klarer wird, dass hier gefühlt jeder etwas zu verbergen hat.

Zwischendurch wird eine Stimme laut, die zu ihm (dem Phrogger) spricht - wer auch immer das sein mag. „Du – hast gelebt in Amsterdam, das Leben in vollen Zügen ausgekostet. Mit Miriam.“ Warum dies jetzt vorbei ist, warum sich dieser heimliche „Gast“ bei den Hoffmanns verbirgt, sich unbemerkt im Haus umschaut, sie beobachtet, ihr Essen isst, ihre Dusche benutzt, jeden Winkel, jede Schublade inspiziert, sich jedes noch so kleine Detail einprägt, ist unklar. Erst gegen Ende offenbart sich dieser Phrogger, dieser ungebetene Mitbewohner.

Wie so oft gestaltet sich auch hier die ganze Story anders als erwartet. Die wechselnden Perspektiven sorgen für zusätzliche Spannung. Jeder kommt zu Wort. Sven erzählt von sich, von seinen Träumen, seinen Zukunftsplänen. Auch Franziska lässt mich teilhaben an ihrem Leben, ebenso Tabea. Sie sind eine Familie und doch driften sie auseinander. Der Eindringling beobachtet sie, er kennt sie gut, er manipuliert sie.

Es sind Psychospielchen vom Feinsten, die dieser Phrogger anstößt, die Linus Geschke aufs Anschaulichste präsentiert. Der Autor beherrscht das Spiel mit den Urängsten, er zieht seine Leser geschickt in eine geheime, in eine dunkle Welt. Rückblicke auf Vergangenes sind aufschlussreich, wenngleich diese Infos erst spät zugeordnet werden können. Die Akteure sind allesamt gut dargestellt, keiner davon kommt sympathisch rüber, mehr und mehr bröckelt die lange aufrechterhaltene Fassade. Die düstere Grundstimmung zieht sich durchs Buch und zum Ende wird klar, wie und warum die einzelnen Erzählstränge miteinander zu tun haben. Der Autor hat mich damit einmal mehr gefesselt, ich habe nichts anderes von ihm erwartet.

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Veröffentlicht am 30.05.2023

Gute Unterhaltung

Schattenbilder
2

Ihr größter Feind? Ihr Ehemann? Claire meint zu wissen, dass er es war, der sie in ihrer Garage überfallen, sie beinahe getötet hätte. Ganz in Schwarz, vermummt, war dieser Typ und sie hat es einem morschen ...

Ihr größter Feind? Ihr Ehemann? Claire meint zu wissen, dass er es war, der sie in ihrer Garage überfallen, sie beinahe getötet hätte. Ganz in Schwarz, vermummt, war dieser Typ und sie hat es einem morschen Balken zu verdanken, dass sie zwar schwer verletzt wurde, aber doch davongekommen ist. Mit letzter Kraft rettet sie sich in den nahe gelegenen Wald und dabei kommt ihr zugute, dass ihr Vater ihr vieles beigebracht hat, um zu überleben.

Zeitgleich ereignet sich auf einem Boot eine Explosion, an Bord waren Vater, Mutter und die beiden kleinen Kinder. Die Mutter kann nur noch tot geborgen werden, von den Kindern fehlt jede Spur bis auf die Tatsache, dass sie in einem Rettungsboot abgetrieben sein könnten. Beide Frauen kannten sich.

Mir dem Angriff auf Claire beginnen diese „Schattenbilder“, als erstes kommt Claire zu Wort. Griffin ist ihr Ehemann, er steckt mitten im Wahlkampf und hat gute Chancen, als nächster Gouverneur des Bundesstaates Connecticut gewählt zu werden. Und als solcher ist seine Außenwirkung enorm wichtig. Ist er mehr Schein als Sein? Ist er in Wirklichkeit ein ganz anderer? Claire kennt nicht nur seine schillernde Seite, sie hat ihn durchschaut.

In den kurzen Kapiteln kommt nicht nur Claire zu Wort. Zunächst sind die Sprünge zu den einzelnen Vorkommnissen, die irgendwie miteinander zu tun haben, verwirrend. Zu viele Personen müssen zugeordnet werden, was anfangs eher abstrus wirkt. Rund um die Tat geht es etliche Tage zurück und dann wieder erzählt Luanne Rice von später. Bald habe ich mich an diese Erzählweise gewöhnt und kann mich ganz auf die Story einlassen. Ich erfahre immer mehr, die vielen Infos ergeben so nach und nach ein erschreckendes Gesamtbild. Der Angriff und wie es dazu kam, auch ob derjenige der Täter ist, den Claire vermutet, wird letztendlich schlüssig dargelegt.

Man sollte sich schon Zeit nehmen, der Thriller erfordert Konzentration ob der vielen Personen und auch der Handlungsstränge, die wie lose Fäden dann doch noch zusammenfinden. Eine gute Story, teilweise etwas langatmig, aber nie langweilig. Die Spannung war immer da.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

Barcelona, ich komme…

Labyrinth Barcelona
2

„Reisen als mentaler Idealzustand hat Jens Wiegand ruhelos durch die Welt getrieben.“ Wenn das nicht ideale Voraussetzungen sind. Er kennt Barcelona wie seine Westentasche, seit nunmehr 25 Jahren erkundet ...

„Reisen als mentaler Idealzustand hat Jens Wiegand ruhelos durch die Welt getrieben.“ Wenn das nicht ideale Voraussetzungen sind. Er kennt Barcelona wie seine Westentasche, seit nunmehr 25 Jahren erkundet er jeden Winkel. Ich begebe mich voller Vorfreude in seine kundigen Hände, in sein „Labyrinth Barcelona“. Schon das erste Durchblättern weckt meine Reiselust. Ich war noch niemals in da, was ich dringend ändern muss. Dass diese katalonische Stadt zu den beliebtesten Zielen bei Städtereisen gehört, kann ich mir lebhaft vorstellen.

Ein erstes Zurechtfinden ermöglicht die Karte auf der vorderen Innenseite, die Struktur Barcelonas ist hier anschaulich dargestellt und die Ziffern führen mich direkt zu den einzelnen Spaziergängen. Diese sind mit km-Angaben versehen und den Tagen, an denen man diese am besten unternimmt. Auch findet man eine übersichtliche Karte mit den hier beschriebenen Stationen. Die Routen sind in wiederum in vier Blöcke unterteilt. Die ersten zehn führen durch die Innenstadt, sie sind alle nicht allzu lang, viele davon nur 1 km. Man schlendert durch die Gassen, bleibt stehen, schaut sich um, betrachtet die Sehenswürdigkeiten… Die Routen 11 bis 19 führen um das Stadtzentrum, die nächsten 6 Routen erkunden eher periphere Zonen und für die letzten 4 Besichtigungen steigt man in öffentliche Verkehrsmittel.

Vorangestellt sind viele Infos über beispielsweise die Barcelona-Card, um nur einen der vielen Tipps herauszugreifen, ein Best-of der Museen, Fotospots, Architektur, Aussichtspunkte und natürlich auch Bars und Restaurants. Am Ende des Buches sind noch allgemeine Tipps für unterwegs zusammengefasst wie etwa das Trinkgeld, das ja in jedem Land anders gehandhabt wird. Jahreskalender und Stichwortverzeichnis runden das Ganze ab.

Wenn ich mir nur mal die Tour 21 stellvertretend für alle anderen herauspicke, die in den Park Güell führt, bekomme ich viele Infos über das Gelände, die Entstehung und über Gaudi, der mit dem Entwurf der Gartenstadt beauftragt wurde. Immer garniert mit Fotos und da der Mensch auch was zum Essen und Trinken braucht, dürfen Bars und Restaurants mit Öffnungszeiten nicht fehlen.

Man merkt dem Buch an, dass hier ein Kenner der Stadt, ein Insider am Werk war. Und nicht nur das, er ist hier verwurzelt, mit seinem Barcelona verwachsen. Durch das „Labyrinth Barcelona“ kann man sich damit schon zurechtfinden, die Gässchen und Winkel wollen alle entdeckt werden. Abseits ausgetretener Touristenpfade, garniert mit Kultur, mit Geschichtlichem, auch mal Kuriosem und so einigen Ausgehtipps freue ich schon jetzt auf Kataloniens Hauptstadt.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

Menschliche Abgründe

Die Bosheit
2

Nachdem Mikael und Bianca mit ihren beiden Kindern nach einen Vorfall einen Neuanfang in einem eher überschaubaren Ort wagen wollen, ist von Idylle bald nichts mehr zu spüren – Bianca ist mit dem Fahrrad ...

Nachdem Mikael und Bianca mit ihren beiden Kindern nach einen Vorfall einen Neuanfang in einem eher überschaubaren Ort wagen wollen, ist von Idylle bald nichts mehr zu spüren – Bianca ist mit dem Fahrrad unterwegs und wird von einem Auto angefahren, sie ist schwer verletzt.

Die heile Welt scheint gar nicht so heil zu sein, in kurzen Kapiteln erzählen abwechselnd Mikael, Jacqueline und ihr Sohn Fabian von den Nachbarn in der Wohnanlage, von Vorkommnissen in der Vergangenheit, von ihrer Sicht auf den Unfall, der vielleicht gar keiner war. Jeder hat so seine Probleme und nicht nur das, jeder hat so einiges zu verbergen.

Die ganze Wahrheit – nicht nur die um den Unfall und dessen Folgen – offenbart sich mir lange nicht. Auch wenn ich schon meine, dass dieser „Unfall“ bewusst herbeigeführt wurde, so bin ich doch überrascht, als ich den wahren Hintergrund erfahre.

Es sind immer nur Versatzstücke, die nicht auserzählt werden, Wesentliches bleibt außen vor, ich warte vergeblich auf Auflösungen. Und ja, sie werden dann schon präsentiert, aber das dauert. Nicht immer finde ich das gut, denn lange plätschert es so dahin, ihr Zusammenleben mit den Nachbarn, die Hof-Feste und das Getratsche über alles und über jeden ist mir so manches Mal zu langatmig, nicht zielführend. Es geht um Alkoholmissbrauch, um Mobbing und die damit einhergehenden psychischen Probleme, um Lügen und Betrug, um all die menschlichen Unzulänglichkeiten.

„Vertraust du deinen Nachbarn?“ Solchen nicht, wer solche Nachbarn hat, braucht keine Feinde, es waren alle finstere, hinterhältige Typen. Die Charaktere waren allesamt unsympathische Wesen, denen ich nicht nahe gekommen bin.

„Die Bosheit“ ist mein erster Roman von Mattias Edvardsson. Es war schon eine unterschwellige Spannung da, ich habe die 444 Seiten am Stück gelesen, wollte einfach wissen, was es mit den ganzen angesprochenen Geschichten rund um die Nachbarschaft auf sich hat. Und – was hat es mit dem Unfall auf sich, das sollte schon noch zur Gänze geklärt werden. Die Auflösung hat mich dann doch kalt erwischt, die Dramatik dahinter war dank des vorher Erzählten greifbar. Die komplette Grundstimmung jedoch war negativ, heuchlerisch, düster mit ausschließlich kaputten Typen.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

Zwei Liebesgeschichten

Die verlorene Tochter
2

Die emotionale Spurensuche um „Die verlorene Tochter“ ist der Auftakt um Familiengeheimnisse, eine Saga in acht Bänden aus der Feder von Soraya Lane. Eine Kanzlei in London verschickt an acht junge Frauen ...

Die emotionale Spurensuche um „Die verlorene Tochter“ ist der Auftakt um Familiengeheimnisse, eine Saga in acht Bänden aus der Feder von Soraya Lane. Eine Kanzlei in London verschickt an acht junge Frauen je ein Schreiben mit der Bitte, sich in einer Nachlasssache bei ihnen einzufinden. In diesem Auftaktband geht es um den Nachlass von Patricia Rhodes. Lily, ihre Enkelin, öffnet den Brief und denkt eher an einen Irrtum, nimmt den Termin dann aber doch wahr und erhält eine kleine Holzschachtel mit rätselhaftem Inhalt.

Die Geschichte wird in zwei wechselnden Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart begleite ich Lily nach Italien in das Weingut der Familie Rossi, die kleine Holzschachtel reist mit. Ihre Spurensuche führt sie in die Mailänder Scala und ein handgeschriebenes Rezept, das die Herstellung einer süßen Verführung beschreibt, bringt sie in die Gegend um Alba. Und – wie könnte es anders sein – es begegnet ihr auch die Liebe.

Die Vergangenheit erzählt von Estée und von Felix als Hauptpersonen. Auch dieser Part mit allem Drum und Dran erzählt von Liebe, von Intrigen und einer großen Lüge.

Große Gefühle ziehen sich durch beide Erzählstränge, schon das Cover lässt viel Romantik und eine heile Welt erkennen. Lilys Geschichte ist eine, die immer und immer wieder zu lesen ist. Junge, bildhübsche Frau trifft Sohn, vom Leben und den Frauen gebeutelt. Er ist gutherzig, er ist schlichtweg ein Mann zum Träumen, der alles für seine Angebetete tut. Zugegeben, es ist eine kurzweilige Story, in der es nur Gutmenschen gibt, flott geschrieben, gut zu lesen – vorhersehbar.

Estées Story, die 1937 beginnt, als sie von der Mutter gedrillt wird, die Großes mit ihr vor hat, hat mich schon eher begeistert. Von ihr, von ihrem Werdegang, von ihrem Schicksal, hätte ich gern mehr gelesen. Sie war eine erstaunliche Person mit einem starken Willen und doch gab es Rückschläge, die sie alle irgendwie verkraften musste.

Während mir die Story um Lily zu seicht und zu vorhersehbar war, hat mich Estée und ihre Geschichte schon aufgewühlt, sie hat mich neugierig weiterlesen lassen. An ihrem Schicksal habe ich Anteil genommen, auch die Charaktere um sie – seien es Felix oder seine Eltern, auch Estées Mutter – waren lebendig geschildert, ich hatte zu ihnen allen Bilder im Kopf. Als Italien-Fan habe ich auch die Landschaftsbeschreibungen, das ganze Ambiente, sehr genossen und das zum Wegträumen schöne Weingut auf dem Cover, das sich auf dessen Innenseite fortsetzt, erweckt die Reiselust in mir.

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