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Veröffentlicht am 01.08.2023

Spannung fehlt über weite Strecken

Die letzte Nacht
2

Will Trent und Sara Linton sind zurück. „Die letzte Nacht“ ist der elfte Band der Georgia-Reihe aus der Feder von Karin Slaughter.

Alles beginnt auf Saras OP-Tisch, auf dem Dani Cooper um ihr Überleben ...

Will Trent und Sara Linton sind zurück. „Die letzte Nacht“ ist der elfte Band der Georgia-Reihe aus der Feder von Karin Slaughter.

Alles beginnt auf Saras OP-Tisch, auf dem Dani Cooper um ihr Überleben kämpft. Mit letzter Kraft bittet sie Sara, ihn aufzuhalten – wen auch immer sie damit gemeint haben mag. „Er hat mir wehgetan…“ Ihre letzten Worte bringt sie nur noch flüsternd hervor, zu schwach für mehr. Sara ist erschüttert, diese junge Frau hat sie fünfzehn Jahre zurückblicken lassen, als ihr eigenes Leben eine dramatische Wendung nahm. Sie sieht Parallelen zu ihrem eigenen Trauma, das sie nie verarbeiten konnte.

Karin Slaughter schreibt und beschreibt menschliche Abgründe, die schwer auszuhalten sind. Auf der einen Seite sind die Reichen und Schönen, die sich alles erlauben können, die doch nur spielen, ihre Abartigkeit ausleben wollen. Und das auf eine menschenverachtende Weise, die man sich nicht vorstellen mag und dies als Normalo auch gar nicht kann. Mit viel Geld lässt sich alles kaufen, das Angebot ist zu verlockend.

Will und Sara, unterstützt von Wills Partnerin Faith, gegen den Rest der Welt. So habe ich viele Passagen wahrgenommen. Der Schlüssel zu allem liegt in der Vergangenheit, also arbeiten sie sich akribisch durch diese Zeit vor fünfzehn Jahren, zu einer Clique aus angehenden Ärzten, zu der auch Sara gehört, auch wenn sie eher am Rande steht als mittendrin zu sein.

Diese Akribie war mir zu kleinteilig, zu langatmig. Von Spannung war über weite Strecken nicht viel zu spüren, ich hab das Buch immer wieder weglegen und mich zum Weiterlesen regelrecht zwingen müssen. Es muss nicht jedes Gespräch bis ins Letzte wiedergegeben werden, hier wären kürzere, knackigere Dialoge wesentlich mehr gewesen. „Die letzte Nacht“ ist eines von Karin Slaughters schwächeren Büchern, der Schluss hat der zu weitschweifenden Story gut getan, diese letzten Sequenzen haben mich dann doch noch versöhnlicher gestimmt.

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Veröffentlicht am 30.07.2023

Behutsam erzählt, bestens recherchiert

Zwischen den Sommern
2

Der zweite Band der Heimkehr-Trilogie hallt noch nach. Schon „Die karierten Mädchen“ haben mich innehalten lassen, „Zwischen den Sommern“ hat mich zurückversetzt in eine dunkle Zeit, in der der Größenwahn ...

Der zweite Band der Heimkehr-Trilogie hallt noch nach. Schon „Die karierten Mädchen“ haben mich innehalten lassen, „Zwischen den Sommern“ hat mich zurückversetzt in eine dunkle Zeit, in der der Größenwahn eines Mannes zu spüren war. Einer, der von der Weltherrschaft geträumt und dabei so viel Leid und Elend angerichtet hat. Nicht nur einmal ist mir schwer ums Herz geworden. Die Verzweiflung, die Hilflosigkeit angesichts der Grausamkeiten des Regimes und des Krieges war nur zu deutlich spürbar.

Alexa Hennig von Lange hat nach dem Tod ihrer Großmutter, die in ihren letzten Jahren mehr als 130 Tonbandkassetten besprochen hat, diese gehört und aus deren Erinnerungen vieles in ihre Heimkehr-Trilogie einfließen lassen. Das zweite Buch erzählt vom Nationalsozialismus und den Schrecken des Zweiten Weltkrieges aus der Sicht von Klara. In diese fiktive Figur hat sie viel von ihrer Großmutter mit einfließen lassen, sie hat viel recherchiert, hat die Dramatik der damaligen Zeit mit den Schilderungen auf den Kassetten verwoben, hat Fiktion und Wirklichkeit zu einem homogenen Ganzen vermengt.

Klara leitet das Frauenbildungsheim, das ab 1939 eine nationalsozialistische Erziehungsanstalt war, in der junge Mädchen nach den Richtlinien des Regimes erzogen und ausgebildet wurden. Sie schliddert wie so viele in diese Ideologie, es war zunehmend ein Spagat zwischen der eigenen Überzeugung und den vorgegebenen Zielen. Nicht alle waren überzeugte Nationalsozialisten. Um überleben zu können, waren sie gezwungen, über vieles hinwegzusehen, sie mussten sich stets im Griff haben. Als der Krieg ausbricht, ist sie verheiratet und auch ihr Ehemann wird eingezogen.

Das Schicksal der Mädchen im Heim und deren Angehöriger wird anschaulich geschildert, für so manchen bricht ihre kleine Welt entzwei. Klaras Geschichte hat mich innehalten lassen, die menschlichen Tragödien überschatten immer wieder das Leben so vieler unschuldiger Menschen. Trotz der ganzen Dramatik ist es der Autorin mit ihrem behutsamen, ihrem so fesselnden Erzählstil gelungen, nicht anzuklagen und doch all diese Grausamkeiten deutlich zu machen.

Und nun hoffe ich, dass der finale dritte Band nicht allzu lange auf sich warten lässt. "Zwischen den Sommern" empfehle ich uneingeschränkt weiter, das Buch gibt einen tiefen Einblick in unsere allzu schreckliche Vergangenheit, die wir und unsere Nachfahren so hoffentlich nie mehr erleben müssen.

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Veröffentlicht am 29.07.2023

Interessantes Thema mit zu vielen irrelevanten Nebenschauplätzen

Die Spur der Aale
2

Der Schmuggel mit den Glasaalen, das nach dem Weidenblattlarvenstadium folgt, ist ein lukratives Geschäft. Die Jungtiere sind in diesem Stadium noch durchscheinend, daher der Name. Animiert von einem ...

Der Schmuggel mit den Glasaalen, das nach dem Weidenblattlarvenstadium folgt, ist ein lukratives Geschäft. Die Jungtiere sind in diesem Stadium noch durchscheinend, daher der Name. Animiert von einem echten Fall hat sich Florian Wacker auf „Die Spur der Aale“ gemacht, hatte im Zuge seiner Recherchen auch Kontakt zu einer Staatsanwältin, die sich im Dezernat für Umweltstrafsachen mit dieser Art Straftaten befasst.

Im diesem ersten Fall für die Frankfurter Staatsanwältin Greta Vogelsang geht es genau um diesen organisierten Schmuggel, ausgehend von Europa finden die Glasaale ihren Weg von Frankreich nach Deutschland und werden dank straffer Organisation direkt nach Hongkong weitertransportiert.

Der Zollbeamte Lars Mathissen ist einem Schmuggelnetzwerk auf der Spur, er hat Greta Vogelsang um eine dringende Rücksprache gebeten, zu der es nicht mehr kommen wird. Er wird tot aus dem Wasser gezogen. Da ihre Kollegen seinen Tod als tragischen Unfall abtun, beginnt sie selber zu ermitteln und stößt dabei auf Indizien, die Mathissens Verdacht bestätigen.

Auch wenn mir der Weg der Aale durchaus bekannt war, so habe ich mein Wissen um die Jungtiere erweitern können, auch war mir der profitable Schmuggel mit diesen Tieren nicht bewusst. Schon allein das war es wert, das Buch gelesen zu haben. Und doch habe ich so einige Kritikpunkte, die es in diesem durchaus kurzweiligen Kriminalroman nicht gebraucht hätte. Rund um den Schmuggel hat alles gepasst, sowohl die hier agierenden Personen als auch die Örtlichkeiten und die grenzübergreifende Polizeiarbeit. Hier war es ein spannender Krimi mit etlichen Charakteren, um die ich gebangt habe und dann waren es wiederum andere, die von vornherein mein Misstrauen weckten. Und dann – war viel Privates dazwischengeschoben, was per se nicht verkehrt ist, hier aber war es zu viel des Guten. Wenn Nebenschauplätze aufgemacht werden, dann sollten diese zumindest im Ansatz erklärt und weitergeführt werden. Hier wurde so einiges angesprochen, das dann nicht weiter verfolgt wurde, das ins Nichts führte. Da war etwa ziemlich zu Anfang ein Robert, ein charismatischer Ökolinker, der Greta nach langer Zeit wieder kontaktiert, der jetzt als Journalist für ein Online-Magazin unter anderem Umweltschweinereien auf der Spur ist. Schon allein dieser Ansatz hätte ins Thema gepasst, ich lese von der Sache in Genua, was auch immer damit gemeint war, denn näher wird dies nicht ausgeführt. Zwar tritt dieser Robert gegen Ende des Buches nochmal auf, aber nur, um seinen Kontakt zu löschen. Ähnliche Szenen gibt es mehrere, keine davon hat mit dem eigentlichen Fall zu tun, keine davon hat private Relevanz. Es sind unschöne, ja ärgerliche Lückenfüller, die – so hoffe ich – in den Folgebänden vermieden werden.

Delikte im Umweltbereich stehen nicht unbedingt an erster Stelle der Berichterstattung, die Öffentlichkeit nimmt davon wenig oder gar nichts wahr. Die Margen jedoch sind ähnlich hoch wie im Drogengeschäft. „Die Spur der Aale“ ist der Auftaktband um die Staatsanwältin Greta Vogelsang, weitere Bände im Themenspektrum Umwelt und Natur sind angedacht.

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Veröffentlicht am 24.07.2023

Lebensträume

Perlenbach
2

Am titelgebenden Perlenbach treffen sie sich – Luise und Jacob, die aus wohlhabenden Familien stammen und Wilhelm, der Bauernjunge aus Wollseifen.

Der Tuchfabrikant Carl Theodor Becker kauft alljährlich ...

Am titelgebenden Perlenbach treffen sie sich – Luise und Jacob, die aus wohlhabenden Familien stammen und Wilhelm, der Bauernjunge aus Wollseifen.

Der Tuchfabrikant Carl Theodor Becker kauft alljährlich die Schafwolle von Wilhelms Vater. Im Winter 1867 holt Becker den neunjährigen Wilhelm, um seinem Sohn Jacob die nächsten Monate Gesellschaft zu leisten. Bald sind die beiden Jungen gute Freunde, Luise, die Tochter des ortsansässigen Arztes, vervollständigt das Freundestrio. Etliche Winter verbringen sie gemeinsam, sie werden älter, Luise will in die Fußstapfen ihres Vaters treten, was für sie als Frau alles andere als einfach ist. Von Jacob wird erwartet, dass er einmal die Tuchfabrik leitet, er jedoch hat ganz anderes im Sinn und Wilhelm will nach dem Tod seiner Mutter nicht auf dem Hof, der sie alle kaum ernährt, bleiben.

Aus den Jugendfreunden sind junge Erwachsene geworden. Luises Wunsch, Ärztin zu werden, scheint nahezu aussichtslos. Hierzulande kann eine Frau diesen Beruf nicht ausüben und doch gibt sie nicht auf. Auch für Jacob und Wilhelm kommt es anders als gedacht, das Leben hat so mach schmerzhafte Abzweigung parat. Ihre Freundschaft wird auf eine harte Probe gestellt, die Wirklichkeit fordert ihren Tribut.

„Perlenbach“ ist der zweite Band der Eifel-Trilogie, er ist zeitlich „Ginsterhöhe“ (beginnend nach dem ersten Weltkrieg) vorgelagert. Jeder Band ist in sich abgeschlossen, dieser zweite Band hat mich sofort in seinen Bann gezogen, er kann ohne Kenntnisse des ersten Buches gelesen werden.

Anna-Maria Caspari erzählt in „Perlenbach“ vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis hin zum Beginn des ersten Weltkrieges. Die Klassengesellschaft war deutlich spürbar, für die reichen Fabrikanten mussten die Arbeiter für einen meist geringen Lohn von früh bis spät unter harten Arbeitsbedingungen schuften, den Bauern auf dem Lande ging es nicht viel besser. Missernten und Hungersnöte waren gefürchtet, die Lebensumstände bitter.

Neben den Lebenswegen der drei Protagonisten lässt die Autorin das Zeitgeschichtliche sowohl in die Story als auch in Form von Friederikes Tagebucheinträgen gekonnt mit einfließen. Sie gewährt Einblicke in die wohlhabenden Familien, zeigt die Rolle der Frau auf, beschreibt die bittere Armut in weiten Teilen der Bevölkerung bis hin zur Auswanderung, auch Fortschritte in Medizin und Technik werden anschaulich vermittelt. Viel habe ich über Wilhelm, Jacob und Luise erfahren, über ihr Leben, das stellvertretend für die jeweiligen Schichten der Bevölkerung steht. Es ist ein sehr lebendiges, ein aufwühlendes Zeugnis einer Zeit geworden, die lange vorbei ist, die es allemal wert ist, von ihr zu erzählen. Es ist ein rundum gelungener, eindringlich erzählter Roman vor historischem Hintergrund geworden, den ich nicht missen möchte und nun freue mich auf den finalen dritten Band.

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Veröffentlicht am 24.07.2023

Geschichten, die das Leben schreibt

Vom Ende der Nacht
2

Will und Rosie - seit sie sich kennen, fühlen sie sich zueinander hingezogen. Und doch ist es nicht mehr als eine Freundschaft, wie sie immer wieder betonen. Vor allem von Rosie höre ich dies, auch wenn ...

Will und Rosie - seit sie sich kennen, fühlen sie sich zueinander hingezogen. Und doch ist es nicht mehr als eine Freundschaft, wie sie immer wieder betonen. Vor allem von Rosie höre ich dies, auch wenn ich es ihr nicht so recht glauben mag. Beide erzählen im Wechsel ihre Sicht auf die gemeinsamen Momente und mehr. Sie sind sehr jung, als sie sich begegnen, sie verstehen sich gut, sind gefühlsmäßig auf einer Wellenlänge, unternehmen viel miteinander, auch zu dritt, mit Rosies Zwillingsbruder. Bis eines Tages ein Unglück geschieht und sie immer mehr auseinanderdriften, jeder geht seinen eigenen Weg und doch verlieren sie sich nie so ganz aus den Augen, auch wenn es Phasen der Sprachlosigkeit gibt.

Heike Warmuth hat die Hörbuchfassung eingelesen. Nicht zuletzt hat mich ihre klangvolle Stimme in die Story gezogen und Bilder von den beiden Protagonisten entstehen lassen.

Die Charaktere sind gut nachvollziehbar gezeichnet, auch wenn ich manches Mal ihr Handeln eher nicht gut geheißen habe. Es waren viele nicht nur verpasste Chancen, sie wurden gefühlt ganz bewusst verdrängt ohne ersichtlichen Grund. Nähe und Distanz wechseln sich ab, die Schicksalsschläge sind dramatisch und die Frage, ob es ein Sich-Finden geben wird, schwebt stets über dem Ganzen. „Will und Rosie gehören schon jetzt zu den unvergesslichen Liebespaaren der Weltliteratur“ so lese ich es in der Vorankündigung, für mich sind sie eher ein Liebespaar, das sich selbst am meisten im Wege steht. Und doch ist es eine durchaus unterhaltsame, eine bewegende Geschichte geworden, gewohnt gekonnt vorgetragen von Heike Warmuth.

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