Spannend, kurzweilig, leider mit offenem Ende
Der Strand: Vermisst„Bestell alle Kollegen zum Wanderparkplatz am Krielmoor. Wir koordinieren die Suche von dort.“ Eine junge Frau ist verschwunden. Die Zeit drängt, sollte wirklich etwas passiert sein. Eigentlich ist es ...
„Bestell alle Kollegen zum Wanderparkplatz am Krielmoor. Wir koordinieren die Suche von dort.“ Eine junge Frau ist verschwunden. Die Zeit drängt, sollte wirklich etwas passiert sein. Eigentlich ist es noch zu früh für eine polizeiliche Suche, hier liegt die Sache etwas anders: Lilli Sternberg, die Vermisste, ist gehörlos. Sie waren am Weststrand verabredet: Fabienne, Lillis Freundin, kommt zehn Minuten zu spät…
Es ist der erste von drei Bänden – „Verraten“ und „Vergessen“ folgen. Karen Sander hat mit „Vermisst“ einen fulminanten Start hingelegt. Die knapp 380 Seiten waren im Nu gelesen, „Der Strand“ hat mich nicht losgelassen, mich bestens unterhalten, aber leider ist das Buch zu Ende, Lillis Geschichte jedoch nicht. Ich bin so klug als wie zuvor, ich tappe nämlich nach wie vor im Dunkeln. Die Frage, was mit Lilli geschehen ist, zieht sich durchs Buch und drüber hinaus.
„Der Strand“ befindet sich an der Ostseeküste auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, das Städtchen Sellnitz ist fiktiv, alle anderen Orte sind real.
Mit dem Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt und der Kryptologin Mascha Krieger hat die Autorin zwei sympathische Figuren erschaffen, deren privates Umfeld immer mal wieder durchscheint. Vor allem Tom hat es nicht gerade leicht, er ist mit seiner fünfjährigen Tochter Romy hierher gezogen, er ist ihr ein guter Vater, stößt aber permanent an seine Grenzen. Mascha ist noch ziemlich verschlossen, ihr Privatleben gibt sie ungern preis, so einiges blitzt aber auch bei ihr durch. Privates lockert einen Krimi immer auf, es sollte nur nicht allzu viel davon sein. Zeitweise hat es den Anschein, als ob genau dies im Vordergrund steht, auch wenn so etliches noch ungesagt bleibt. Band 2 und 3 werden hiervon bestimmt Weiteres berichten.
Lilli ist verschwunden, ich bin ihr nie begegnet. Ich weiß von ihr das, was ihre Freunde, was ihre Familie über sie zu erzählen haben. Sie arbeitet in der örtlichen Gärtnerei, die Sellnitzer kennen und schätzen sie. Lillis Großvater Walter drängt darauf, dass schnellstmöglich nach ihr gesucht wird, als ehemaliger Bürgermeister ist er eine Respektsperson, richtig warm werde ich mit ihm jedoch nicht. Auch seinem Geschäftspartner Henning ist nicht zu trauen, er ist der Vater von Lillis Freundin Fabienne, die von Lillis Handy mehrere verschlüsselte Nachrichten erhält. Alle Charaktere sind glaubhaft angelegt, die Story durchweg spannend und temporeich, erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. So einiges dröselt sich schon auf und doch bleiben mehr Fragen offen, die losen Fäden werden nicht weniger.
Der Prolog wirft einen ersten Blick auf Lillis Mutter, diese hat anscheinend mit der weiteren Geschichte um Lilli nichts zu tun. Vordergründig ist ihr Schicksal klar, die Auflösung jedoch wird wohl bis zum dritten Band auf sich warten lassen. Und hier setzte meine Kritik an: Ich habe einen spannenden, sehr kurzweiligen, gut lesbaren Thriller gelesen, um jedoch den Durchblick zu haben, ist es zwingend notwendig, alle drei Teile zu kennen. „Vermisst“ endet sehr unbefriedigend, als ob die Autorin keine Lust mehr hätte, weiterzuerzählen. Natürlich sollen die beiden Nachfolgebände gelesen werden, was ich auch vor habe. Und doch sollte jedes Buch zumindest einigermaßen in sich abgeschlossen sein. Es wäre ein sehr gutes Buch, das volle Punktezahl bekommen sollte, dieser sehr unschöne, ja ärgerliche Abschluss, der wohl einen monetären Hintergrund hat, lässt mich diesen ersten Teil mit immerhin noch 3 Sternen bewerten.