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Veröffentlicht am 10.08.2022

So wie das Leben eben ist...

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Drei ganz und gar ungleiche Frauen, alle um die Fünfzig, treffen aufeinander. Auch wenn sie ganz unterschiedliche Leben haben, mögen sie sich, haben einen Draht zueinander.

Tille, die alleinerziehende ...

Drei ganz und gar ungleiche Frauen, alle um die Fünfzig, treffen aufeinander. Auch wenn sie ganz unterschiedliche Leben haben, mögen sie sich, haben einen Draht zueinander.

Tille, die alleinerziehende Ärztin, hat einen pubertierenden Jugendlichen zuhause. Almut ist frisch getrennt, ihr Germanistikstudium hat sie einst zugunsten ihrer vier Kinder und ihrem perfekt organisierten Haushalt aufgegeben und Yeliz ist eine erfolgreiche Werberin mit dänischem Lebensgefährten. Eines schönen Tages treffen sie aufeinander, sitzen am liebsten bei Almut in der Küche und diese verwöhnt sie mit Köstlichkeiten, die einen schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

Sie alle haben viel Leben hinter sich, mussten sich von so manchem verabschieden und doch haben sie sie noch, ihre Träume. Mit Fünfzig ist man nicht mehr jung, aber alt? Ganz bestimmt nicht. Sie probieren sich aus, tanzen Salsa, sie teilen ihre Ängste, ihre Sorgen, unterstützen und freuen sich miteinander, auch fliegen mal die Fetzen.

Auf Rache bzw. den Ansatz einer Rache habe ich lange gewartet, Rachegedanken waren da, das schon, die Ausführung dessen hat auf sich warten lassen und war dann doch ganz anders als erwartet, aber sie haben das großartig hinbekommen, die drei Heldinnen.

Julia Karnick ist eine warmherzige Geschichte gelungen, ihr Romandebüt kommt leichtfüßig daher. Almut, Tille und Yeliz tummeln sich darin, sind nett, dann wieder frech und forsch, auch mal verzweifelt und ziemlich angefressen, aber immer lebendig und authentisch. Zuweilen kam mir die Geschichte zu weit abschweifend vor. Aber so ist nun mal, nicht immer kommt man auf kürzestem Wege ans Ziel. Eine kurzweilige Geschichte um Freundschaft, beschwingt und voller Witz mit durchaus ernsten Momenten, in denen man sich oftmals selber erkennt.

Sie sind mir sehr vertraut, die drei Protagonistinnen. Beim Lesen hatte ich mitunter das Gefühl, mit ihnen in der Küche zu sitzen. Ja, solche Freundinnen braucht man – das Leben hat noch so viel zu bieten, man muss - man sollte - Altes loslassen, sich auf Neues einlassen können. Ein Roman wie eine frische Brise - heiter und schwungvoll erzählt mit liebenswerten Charakteren.

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Veröffentlicht am 08.08.2022

Sehr berührend

Findelmädchen
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Helga und Jürgen werden nach Kriegsende von einer französischen Familie aufgenommen. Auch wenn Tante Claire und Onkel Albert sie liebevoll umsorgen, so sind sie für die Franzosen die Boches, die verhassten ...

Helga und Jürgen werden nach Kriegsende von einer französischen Familie aufgenommen. Auch wenn Tante Claire und Onkel Albert sie liebevoll umsorgen, so sind sie für die Franzosen die Boches, die verhassten Deutschen. „Man fand uns im Sommer nach dem Krieg vor einem Hochbunker in Köln… und schätzte unser Alter auf sechs und sieben Jahre…“

Beim Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes sind ihre Bilder seit mehr als sieben Jahren hinterlegt und nun hat ihr Vater nach Jahren in russischer Gefangenschaft sie endlich gefunden. Zurück in Köln findet Jürgen bei den Ford-Werken Arbeit, während Helga ihrem Traum, aufs Gymnasium zu gehen, nicht nachgehen darf. Vater ist strikt dagegen, er schickt sie auf die Haushaltungsschule und hier legt sie in einem Waisenhaus ihr Praktikum ab. Es herrscht ein strenges Regiment, die Nonnen lassen nichts durchgehen. Unter dem Deckmantel der Nächstenliebe werden all jene ausgegrenzt, die anders sind. Das Mischlingsmädchen Bärbel hat Helga ganz besonders in ihr Herz geschlossen, die Kleine möchte sich am liebsten ihre Andersartigkeit, ihre dunkle Hautfarbe, mit der Wurzelbürste abwaschen. Und sie ist fest davon überzeugt, dass ihre Mama sie bald zu sich holt.

Der Krieg ist vorbei, das zerbombte Köln befindet sich im Jahre 1955 in Aufbruchsstimmung. Die jungen Leute wollen Elvis Presley hören, so lässig sein wie James Dean, Blue Jeans und Petticoat sind angesagt. Und sie treffen sich bei Fanny, die sich ihren großen Traum einer eigenen Milchbar endlich erfüllt hat - mit tatkräftiger Unterstützung von Jürgen. Sie ist voller Herzenswärme, aber auch sie hat ein Schicksal, das sie verzweifeln lässt. Und nicht nur sie.

Helga und Jürgen leben mit ihrem Vater im renovierungsbedürftigen Haus ihrer verschollenen Mutter, deren Schwester Meta es nun als ihr alleiniges Eigentum betrachtet. Dementsprechend behandelt sie die Mitbewohner. Die Flüchtlinge Auguste und ihr Enkel Konradin werden einquartiert, Meta hat sie unters Dach verbannt. Und die alleinstehende, stets gut gelaunte Fanny übernimmt viele Hausarbeiten, dafür kann sie hier wohnen bleiben. Der Mietzins ist obendrein fällig.

Ich begleite Helga durch dieses für sie so ereignisreiche Jahr 1955, dazwischen lese ich Briefe ihrer Mutter, geschrieben 1945, als sie mit ihren beiden Kindern in einem Bunker ums Überleben kämpft. Während des Lesens nahm ein furchtbarer Verdacht immer mehr Raum ein, mein Glauben an das Gute bekam immer mehr Risse.

Lilly Bernstein hat mir eine sehr kurze Nacht beschert, ich konnte ihr „Findelmädchen“ nicht weglegen, bin mit ihren so authentischen Charakteren regelrecht abgetaucht. Es sind die Nachkriegsjahre, das Köln im Jahre 1955 ist im Wiederaufbau. Aus heutiger Sicht mutet vieles befremdlich an. Die Diskriminierung der Besatzungskinder ebenso wie die haltlosen Zustände in den Heimen und die Rechtlosigkeit der ledigen Mütter. Ohne Ehemann oder Vater kann eine Frau weder einen Arbeitsvertrag unterschreiben noch ein Konto eröffnen, auch wenn es sich um ihr eigenes Geld handelt. Auch die Sprachlosigkeit unter den Generationen und die erste Liebe sind anschaulich und gut nachvollziehbar geschildert.

„Findelmädchen“ ist ein berührendes Stück Geschichte. Die fiktionalen Figuren erzählen die gut recherchierten Fakten, alles zusammen gut lesbar aufbereitet. Die Autorin hat mit vielen ehemaligen Heimkindern gesprochen, nicht alle konnten sich öffnen. Aber doch so einiges kam ans Tageslicht, über das jahrzehntelang geschwiegen wurde. Denn je härter das Schicksal zuschlägt, je schlimmer die Erlebnisse, desto weniger kann man darüber sprechen.

Ein Buch, das ich nicht missen möchte. Ein zu Herzen gehender Roman vor historischem Hintergrund, das ich jedem an Nachkriegsgeschichte Interessierten ohne Wenn und Aber empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 03.08.2022

Sehr lesenswerte Fortsetzung der Waldfriede-Saga

Leuchtfeuer
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Die Waldfriede-Saga geht mit „Leuchtfeuer“ in die zweite Runde.

Lilly ist in Not, wird von ihren Eltern aber eher weggeekelt denn unterstützt, also musste sie schon mit fünfzehn ihren eigenen Weg gehen. ...

Die Waldfriede-Saga geht mit „Leuchtfeuer“ in die zweite Runde.

Lilly ist in Not, wird von ihren Eltern aber eher weggeekelt denn unterstützt, also musste sie schon mit fünfzehn ihren eigenen Weg gehen. In der Charité wird sie ausgebildet, diese jedoch muss Mitarbeiter entlassen und so kommt sie ins Waldfriede. Bald ist sie für den Leiter der Kinderstation Rudolph Kirsch unentbehrlich und das nicht nur als Krankenschwester. Auch findet sie in Jungschwester Gerda eine sehr aufgeschlossene, dem Leben zugewandte Freundin. Es könnte alles perfekt sein, wären da nicht die zunehmend politischen Unruhen. Die stärker werdenden Nationalsozialisten schüren den Judenhass, die jüdischen Ärzte bekommen diesen vermehrt zu spüren. Aber nicht genug, auch Dr. Conradi hat seine Widersacher. Von einer schweren Krankheit gezeichnet muss er sich auch mit den Vorwürfen auseinandersetzen, dass ihre Religionsgemeinschaft dem Judentum nahe sei. Sie gehören den Siebenten-Tags-Adventisten an, die noch heute Träger der Klinik sind - eine evangelische Freikirche, die ihren Ursprung in den USA hat.

Die Chronik der Krankenschwester Hanna Rinder, die im Buch Hanna Richter heißt, inspirierte Corina Bomann, das Waldfriede mit Leben zu füllen. Der zweite Teil bringt uns die Jahre 1930 bis 1933 näher. Es sind schwierige Jahre, die zumindest das Gebäude unbeschadet übersteht.

Nachdem mich schon „Sternstunde“, der ersten Band, ganz tief in den Klinikalltag gezogen hat, musste ich unbedingt wissen, wie es mit Dr. Conradi, Hanna und all den anderen weitergeht. In „Leuchtfeuer“ bin ich ihnen wieder begegnet und auch der jungen Kinderkrankenschwester Lilly gefolgt. An ihrer Seite ist der Leiter der Kinderstation Dr. Rudolph Kirsch, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Knochentuberkulose speziell bei Kindern.

Die Braunhemden marschieren auf, die Stimmung kippt, sie machen auch nicht vor den Toren der Klinik halt. In der Belegschaft sympathisiert so mancher mit denen, verweigert die Zusammenarbeit mit jüdischen Ärzten und fühlt sich berufen, Kollegen zu bespitzeln und anzuschwärzen.

Viel habe ich über das Waldfriede erfahren. Die Autorin nimmt ihre Leser ab der ersten Seite mit, ihr so mitreißender Schreibstil lässt einen regelrecht ins Buch versinken, ihre Charaktere sind allesamt authentisch. Corina Bomann bürgt für gute Unterhaltung, sie ist Garant für spannende Lesestunden, verbindet die historischen Fakten geschickt mit der fiktiven Geschichte.

„Leuchtfeuer – Die Schwestern vom Waldfriede“ ist ausgelesen. Es war eine sowohl informative als auch emotionale Reise zurück in die Jahre, als die NSDAP sich die Vorherrschaft sicherte.

Die Saga geht weiter - „Die Schwestern vom Waldfriede“ wird im Winter 2022 mit „Sturmtage“ fortgesetzt. Natürlich werde ich wieder dabei sein, den „mutigen Heldinnen“ über die Schulter schauen, sie ein Stück ihres Weges begleiten. Gerne empfehle ich diese so wundervolle wie lesenswerte Saga weiter.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Gelungenes Debüt

Das Profil
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Ein Ermittlerduo, das sehr gegensätzlich anmutet: Franka Erdmann ist gut in ihrem Job, der Kriminalkommissarin zur Seite wurde Alpay Eloglu gestellt, er ist jung, er muss sich erst noch beweisen. Ihr erster ...

Ein Ermittlerduo, das sehr gegensätzlich anmutet: Franka Erdmann ist gut in ihrem Job, der Kriminalkommissarin zur Seite wurde Alpay Eloglu gestellt, er ist jung, er muss sich erst noch beweisen. Ihr erster gemeinsamer Fall gibt Rätsel auf: Der Tote ist nackt und wird bis auf dem Kopf in einer Sandkiste auf einem Spielplatz verscharrt aufgefunden.

Schon dieser Anfang liest bzw. hört sich sehr beklemmend an. Aber es wird noch verstörender. Wer hat es auf die jungen Influencerinnen in ihrem stylischen Zuhause abgesehen und warum?

Viel zu sorglos wird gepostet. Was zählt sind Likes und Follower. Privates wird vermeintlich geschickt verborgen, nur gelingt dies nicht immer. Selbst Kleinigkeiten sind verräterisch, hinter der Anonymität im Netz kann sich jeder nur allzu leicht verbergen.

„Ich kenne dein Profil…“ Derjenige, nach dem sie mit Hochdruck suchen, taucht zwischendurch in kurzen Kapiteln immer wieder auf. Hat ihn seine desaströse Lebensgeschichte in diese Bahnen gelenkt?

Als bekennender Thriller-Fan bin ich als erstes beim Cover hängengeblieben und wollte unbedingt wissen, was sich dahinter verbirgt. Und ich bin nicht enttäuscht worden. Hubertus Borck hat sehr authentische Charaktere geschaffen. Franka in ihrer zuweilen schroffen Art ist schon lange dabei, für einen Anfänger wie Alpay hat sie nicht unbedingt die Nerven. Ihre Hakeleien am Rande lockern auf, die Ermittlungsarbeit leidet darunter nicht. Im Gegenteil, sie ergänzen sich immer besser. Der Fokus ist auf die so spannend wie glaubwürdige Tätersuche gerichtet. Lediglich das Warum ist ein wenig zu abgehoben.

„Das Profil“ habe ich mir vorlesen lassen, Daniela Ziegler hat mir mit ihrer unverkennbaren Stimme fesselnde Hörstunden bereitet. Ich mag sie als Schauspielerin sehr gerne und schon da war und bin ich von ihr fasziniert. Auch als Interpretin dieses Thrillers gefällt sie mir ausgesprochen gut, ich werde ihr in Hörbüchern bestimmt wieder begegnen.

Der Auftakt einer neuen Thrillerserie um Franka und Alpay ist gelungen. Franka mit ihrer langjährigen Erfahrung ist abgeklärt, sie hat so ziemlich alles Schlechte gesehen und Alpay, der frischen Wind in eingefahrene Bahnen bringt, ist der belebende Gegenpol. Bilden die zwei bald das Dreamteam schlechthin? Ich werde den beiden bestimmt wieder begegnen.

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Veröffentlicht am 01.08.2022

Unterhaltsamer Hörbuch-Krimi

Fräulein vom Amt – Die Nachricht des Mörders
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In den 1920er Jahren mussten Telefonate außerhalb des Ortsnetzes noch von Hand vermittelt werden und dafür gab es die „Fräulein vom Amt“. Alma Täuber arbeitet als solche und immer wieder bekommt sie Gesprächsfetzen ...

In den 1920er Jahren mussten Telefonate außerhalb des Ortsnetzes noch von Hand vermittelt werden und dafür gab es die „Fräulein vom Amt“. Alma Täuber arbeitet als solche und immer wieder bekommt sie Gesprächsfetzen mit. Als eine Frauenleiche gefunden wird, erinnert sie sich an ein kurz zuvor mitgehörtes Telefongespräch, in dem eine Männerstimme den Auftrag bei den Kolonnaden als erledigt meldet. Sie informiert die Polizei, der Leiter der Dienststelle wimmelt sie unwirsch ab. Wenigstens kann sie Ludwig Schiller, seines Zeichens Kriminalkommissar-Anwärter, von ihrem Verdacht, dass zwischen dem Telefonat und der Leiche ein Zusammenhang besteht, überzeugen.

Alma will es wissen, auch wenn sie sich nicht nur einmal in Gefahr begibt. Sie braucht Ludwig, dessen Chef von seinen Aktivitäten aber nichts wissen darf. So ermitteln sie im mondänen Baden-Baden eher undercover, sie treiben sich in illegalen Casinos rum, sind in noblen Hotels unterwegs, immer auf der Spur des vermeintlichen Mörders.

Charlotte Blum hat einen unterhaltsamen kriminalistischen Fall kreiert, auch wenn das toughe Fräulein Alma ein wenig überzeichnet ist. Nichts desto Trotz ist sie eine durchaus sympathische „Ermittlerin“, die sich nicht so leicht abwimmeln lässt. Sie kombiniert messerscharf, hat im Notfall Ludwig zur Seite und nicht nur ihn, auch ihre Freundinnen halten ihr bisweilen den Rücken frei.

Ich habe dem ungekürzten Hörbuch vom Argon-Verlag gelauscht, gelesen von Dagmar Bittner. Sie ist das Beste, was das „Fräulein vom Amt“ zu bieten hat. Ihre nuancenreiche Stimmlage passt sich der Handlung perfekt an, sie gibt jeder Figur ihre ganz individuelle Note. Es waren trotz der Toten sehr vergnügliche Stunden.

Den Charakteren nimmt man ihre Eigenheiten ab - Alma überstrahlt sie alle, sie ist durchgängig präsent, wenn auch etwas zu umtriebig. „Zwischen illustren Kurgästen und illegalem Glücksspiel“ verweben sich Tätersuche und private Elemente. Die Auflösung, das Warum, kam überraschend, auch gefällt mir dieses Warum nicht. Ich finde dies zu konstruiert. Wer der Täter ist, hat sich dagegen schon abgezeichnet.

Alma Täuber ermittelt: „Fräulein vom Amt - Die Nachricht des Mörders“ ist der erste Band einer neuen Reihe, der mich neugierig auf den Folgeband, bevorzugt als Hörbuch, zurück lässt.

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