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Veröffentlicht am 18.10.2022

Schuldig?

Rachejagd - Gequält
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Die Journalistin Anna Jones ist zutiefst schockiert, als sie diese wenigen Zeilen liest: „Ich vermisse dich… ich sehe dich…“. Harris ist zurück! Schlagartig wird ihr klar, dass sie ihm, ihrem damaligen ...

Die Journalistin Anna Jones ist zutiefst schockiert, als sie diese wenigen Zeilen liest: „Ich vermisse dich… ich sehe dich…“. Harris ist zurück! Schlagartig wird ihr klar, dass sie ihm, ihrem damaligen Entführer, nie entkommen ist, auch wenn sie vor drei Jahren fliehen konnte. Sie wendet sich an ihren Jugendfreund, dem FBI-Agenten Nick Coleman.

„Gequält“ ist der Auftakt der Rachejagd-Trilogie, es folgen „Verraten“ und „Zerstört“. Dass es hier, beim ersten Band, blutig zur Sache geht, verrät schon das Cover mit dem blutgetränkten Messer.

Die Jagd beginnt! Aber wer jagt hier wen? Nick holt sich mit Lynette McKenzie eine kompetente Profilerin als Verstärkung und Annas Kollege Zane Newton ist der stets hilfsbereite IT-Experte, der so manch verschlossen geglaubte Tür öffnet. Ein ungewöhnliches Team. Eine beklemmende Situation. Ein wiederaufgetauchter Täter.

Der Prolog führt mich drei Jahre zurück, das Martyrium von Anna und Natalie wird mir so richtig bewusst. Harris will Rache, so viel meine ich zu wissen. Anna ist ihm damals entkommen, sie hat sich ins Leben zurückgekämpft und doch hat sie Schuldgefühle - sie konnte ihre Freundin nicht retten.

Ein so spannend wie nervenaufreibender Wettlauf beginnt, der sich durchs Buch zieht. Ich lese einen dieser Thriller, die mich extrem fesseln. Ein Katz- und Mausspiel, ich bin auf der Seite der Guten, der Verfolgten. Obwohl ich mir zwischendurch nicht sicher bin, ob sich nicht doch eine Figur ins Vertrauen schleicht, ich habe über viele Seiten einen vagen Verdacht. Und zwischendurch blitzt immer mal wieder die Vergangenheit auf.

Es ist nichts so, wie es scheint. Niemandem ist zu trauen, so etlichen ist alles zuzutrauen. Der Täter ist ihnen immer einen Schritt voraus, auch wenn sie zwischendurch aufholen - er ist einfach nicht greifbar. Und auch wenn man meint, das war es dann wohl, wendet sich das Blatt. Bis zur buchstäblich letzten Zeile hält mich dieser so rasante Thriller gefangen. Der erste Fall geht so dramatisch wie spannungsgeladen dem Ende zu, der zweite Band will unbedingt gelesen werden.

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Veröffentlicht am 15.10.2022

Eine Familiengeschichte

Gut Erlensee - Margaretas Traum
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Die angenehme Stimme der Sprecherin hat mich ins Jahr 1919 zurückgebeamt - ich bin gut angekommen auf Gut Erlensee bei der Familie Lamprecht. Während des Krieges führt Margareta, die Tochter des Hauses, ...

Die angenehme Stimme der Sprecherin hat mich ins Jahr 1919 zurückgebeamt - ich bin gut angekommen auf Gut Erlensee bei der Familie Lamprecht. Während des Krieges führt Margareta, die Tochter des Hauses, zusammen mit ihrer Schwester Marilla und ihrer Großmutter Ilsegard die familieneigene Druckerei. Nun werden sie hier nicht mehr gebraucht, Vater Hermann kümmert sich wieder selbst darum. Der schwer traumatisiert aus dem Krieg heimgekehrte Gregor ist der einzige Sohn, er ist eher den Pferden zugetan, mit der Firma will er nichts zu tun haben. Der Druckerei droht die Insolvenz, sollte nichts schleunigst ein Geldgeber aufgetrieben werden. Greta ist im heiratsfähigen Alter und so ist es aus Hermanns Sicht nur recht und billig, seine Tochter dem vermögenden Spross derer von Weidental anzudienen. Mutter Adelheid sieht dies ähnlich.

Die Lamprechts haben mich prächtig unterhalten. Hermann in seiner ungehobelten Art brachte mich bald gegen sich auf, er war ein Vertreter seiner Zeit. Egal ob in der Familie oder in der Druckerei – sein Wort galt. Die Kinder hatten sich zu fügen, eine Tochter musste standesgemäß vermählt werden. Ein Musiklehrer oder ein verarmter Graf als Heiratskandidat – das geht gar nicht!

Es brechen neue Zeiten an, die Frauen dürfen wählen, der Arbeiterrat stellt Forderungen von wegen Arbeitsschutz, verkürzten Arbeitszeiten und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, auch Lohnsteigerungen stehen im Raum.

Die Autorin hat die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gut eingefangen. Die Charaktere waren allesamt authentisch, vom Choleriker bis hin zur aufgeschlossenen Großmutter. Der Mann hatte das uneingeschränkte Sagen, die Frauen hatten sich zu fügen. Liebe und Zuneigung zählte nicht viel, ein solventer Schwiegersohn war allemal besser. Die Spanische Grippe, Drogen und Homosexualität sind ebenfalls Thema, es wird ein weiter Bogen gespannt.

„Gut Erlensee – Margaretas Traum“ ist der erste Band, zwei weitere folgen. Eine Familiensaga.

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Veröffentlicht am 14.10.2022

Informativ, unterhaltsam und grausam zugleich

Der Horror der frühen Chirurgie
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Ein Sachbuch, das zugleich informativ und unterhaltend ist. Nie hätte ich gedacht, mich mit Details aus der plastischen Chirurgie zu befassen. Nicht mal annähernd! Was hab ich damit zu tun, hätte ich mich ...

Ein Sachbuch, das zugleich informativ und unterhaltend ist. Nie hätte ich gedacht, mich mit Details aus der plastischen Chirurgie zu befassen. Nicht mal annähernd! Was hab ich damit zu tun, hätte ich mich gefragt. Kein Thema für mich! Und doch bin ich im Nachhinein froh, dieses Buch gelesen zu haben.

Der Titel erschließt sich mir während des Lesens, ich war entsetzt über die Einzelschicksale, über die entstellten, die teils weggeschossenen Gesichter. Auch das Cover sehe ich jetzt mit anderen Augen, es ist gut gewählt.

Viel habe ich erfahren über die Anfänge der Schönheitschirurgie, obwohl schon sehr viel eher, nicht erst während des Ersten Weltkrieges, sich so einige an die Rekonstruktion eines Gesichtes gewagt haben. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

Mit Harold Gillies, von dem ich bis dato nichts wusste, bin ich ganz tief eingetaucht in die Materie. Schon erstaunlich, was dieser Chirurg zustande gebracht hat, wie vielen er nicht nur das Aussehen, sondern auch ihre Würde zurückgegeben hat. Seine Arbeit, sein Werdegang, sein Leben zieht sich durchs Buch, angereichert mit Einzelschicksalen, mit Anekdoten vom Schützengraben bis ins Lazarett. Die Autorin erzählt diese ihre Geschichten sehr einfühlsam und gut lesbar. Des Öfteren musste ich durchatmen, war von der Grausamkeit des Krieges, den fürchterlichen Wunden, zutiefst erschüttert.

Zugegeben, das Buch ist nichts für sanfte Gemüter. Auch wenn die Bilder nur im Kopf entstehen, so kann man diese nicht zurückdrängen. Und ich konnte es nicht sein lassen, mir im Netz Bilder anzusehen. Kein schöner Anblick, aber jeder unnütze Krieg bringt nicht nur Siege oder Niederlagen. Es sind diejenigen, die an die Front müssen, deren Leben danach ein anderes ist.

Die Schönheitschirurgie, wie wir sie heute verstehen, hat ihren Ursprung im Ersten Weltkrieg. Gillies hat mit seinem unermüdlichen Einsatz den Grundstein gelegt zu all diesen oftmals unnötigen, aber auch segenbringenden Operationen - man denke nur an die vielen Unfallopfer.

„Der Horror der frühen Chirurgie“ ist mein erstes Buch von Lindsey Fitzharris. Faszinierend und grausam zugleich, gut verständlich auch für medizinische Laien geschrieben.

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Über den Wolken…

Die Stewardessen. Eine neue Freiheit
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Die große weite Welt wartet auf sie. All die Sehenswürdigkeiten, all Träume sind greifbar, eine grenzenlose Freiheit scheint nahe. „Die Stewardessen – Eine neue Freiheit“ Svea Lenz erzählt eindrucksvoll ...

Die große weite Welt wartet auf sie. All die Sehenswürdigkeiten, all Träume sind greifbar, eine grenzenlose Freiheit scheint nahe. „Die Stewardessen – Eine neue Freiheit“ Svea Lenz erzählt eindrucksvoll von den Anfängen der Lufthansa.

Wenn das nicht Margot ist, die da ein wenig verschmitzt über die Gläser ihrer Sonnenbrille lugt, ein Flugzeug am Himmel – ja, das ist ihre Welt, ihre neue Freiheit. Sie ist eine aufgeschlossene junge Frau, die dem kleinbürgerlichen Mief entkommen will. Und da – sie entdeckt die Anzeige in der Zeitung: Stewardessen gesucht! Das wär doch was für sie. Natürlich ist sie nicht die einzige, die unbedingt hier landen will, sie muss sich schon was einfallen lassen, muss nicht nur gut sein, sie muss besser sein als all die anderen. Die Prüfungsfragen sind nicht ohne, es wird ein breites Allgemeinwissen verlangt und Margot schafft es tatsächlich, sie ist eine der ersten Luftstewardessen der Lufthansa. Man spürt, dass eine Anstellung bei der Lufthansa schon was ganz besonderes war.

In den 50er Jahren bin ich gelandet, ganz genau im Jahre 1954, als die Lufthansa ihren Flugbetrieb wieder aufnehmen will. „Die Stewardessen“ begrüßen mich mit einem Song, der gleich mal gute Laune macht. Que sera, sera… was wird sein, ja - was wird die Zukunft wohl bringen?

Margot ist entschlossen, ihren Traum von der großen weiten Welt wahr werden zu lassen, auch wenn sie sich diesen auf ihre so kreative Art ein wenig zurechtbiegen muss. Dafür kann ich ihr aber nicht böse sein, sie war mir gleich sympathisch, sie ist eine aufgeweckte junge Frau. Noch bevor der Lehrgang beginnt, stolpert sie dem Nachwuchspiloten Claus Sturm direkt vor sein Cabrio. Und bald lernt sie auch Thea und Almuth kennen, die eine mit Berliner Schnauze, die andere eher in sich gekehrt. Drei ganz und gar unterschiedliche Frauen, die sich wunderbar ergänzen.

Es ist Sommer in Hamburg und viel zu heiß, die Nachwehen des Krieges sind noch zu spüren und doch geht es aufwärts. Svea Lenz hat das Lebensgefühl dieser Zeit gut eingefangen. Die Wohnverhältnisse ließen noch sehr zu wünschen übrig und doch hatten sie Träume. Gerade die jungen Leute waren voller Tatendrang, Rock´n´Roll und all die damals angesagten Songs, die vom großen Teich herüberschwappten, swingten im Hintergrund mit, dazu die hierzulande noch schwer zu bekommenden Nylonstrümpfe, die fast unerschwinglichen Petticoats und zwischendurch das Selbstgenähte und noch so viel mehr. Man kann sich ein gutes Bild machen - es ging aufwärts, die 6-Tage-Woche war normal, die Gleichberechtigung steckte noch in den Kinderschuhen.

Viel habe ich erfahren vom Alltag einer Stewardess, von ihren ersten Gehversuchen bis hin zu den Flügen, die sie in so etliche europäische Städte führten. Dann die begehrten Überseeflüge, alles noch sehr exklusiv. Ein Flug war etwas Besonderes und genau so wurden auch die Fluggäste behandelt. Ich treffe Adenauer, begegne vielen damals bekannten Persönlichkeiten und auch die legendäre Tante Ju hat ihren Auftritt. All dies ein sehr informativer, interessanter und äußerst unterhaltsamer Blick zurück.

Das launige Nachwort steht dem Roman in nichts nach. Ich habe mich in die Lüfte erhoben, bin über den Wolken geschwebt und wieder sicher gelandet, auch wenn der Flug hin zu den Anfängen der Lufthansa viel zu schnell vorüber war. Aber ist es nicht so wie mit jeder guten Geschichte? Schade, dass es vorüber ist und dann ist die Vorfreude da auf die Fortsetzung, auf den Weiterflug. „Bis zum Horizont“ heißt es bald, ich werde bestimmt wieder mitfliegen.

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Veröffentlicht am 09.10.2022

Bittersüße Tage

Kinderklinik Weißensee – Tage des Lichts (Die Kinderärztin 3)
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Sind diese Tage in den Jahren 1929 und 1930 für die Schwestern Emma und Marlene Tage des Lichts? Nicht immer, denn natürlich schleichen sich auch andere, sehr viele bittere Tage dazwischen. Die Weimarer ...

Sind diese Tage in den Jahren 1929 und 1930 für die Schwestern Emma und Marlene Tage des Lichts? Nicht immer, denn natürlich schleichen sich auch andere, sehr viele bittere Tage dazwischen. Die Weimarer Republik neigt sich dem Ende zu, die Nationalsozialisten drängen immer mehr nach vorne. Und mittendrin sind die kleinen Patienten in der Kinderklinik Weißensee. Marlene, die mit Max von Weilert eine glückliche Ehe führt, ist mit Leib und Seele Kinderärztin, sie mag ihre kleinen Patienten, auch hat sie ein sehr inniges Verhältnis zu Emmas Kindern Theo und Lissi. Nur eigene Kinder waren Marlene und Max bisher verwehrt, ihr Kinderwunsch droht die beiden zu entzweien. Emma dagegen könnte glücklicher nicht sein. Sie wird zur Oberschwester befördert, mit Kurt hat sie das große Los gezogen und doch ziehen auch bei ihr bald dunkle Wolken auf.

Freud und Leid sind manchmal sehr nah beieinander, es spielen viele Faktoren mit. Es ist auch hier so wie im richtigen Leben, dass viele Unwägbarkeiten diese nicht immer einfachen Tage überschatten. Neben der immer mehr politisch aufgeheizten Grundstimmung gibt die Autorin der zufälligen Entdeckung des Penicillin viel Raum. Sie versteht es hervorragend, die ersten Versuche mit der antibiotisch wirksamen Substanz in ihre Geschichte gut lesbar einzubinden.

Natürlich habe ich auch die beiden Vorgängerbände verschlungen, ich war dabei, als Marlenes sechster Geburtstag mit dem Streuselkuchen so gut anfing und für die beiden Mädchen im Waisenhaus endete. Diese „Tage des Lichts“ sind schon gut zu lesen, ohne Marlene und Emma bis hierher gefolgt zu sein. Aber warum sollte man auf ihre ganze Geschichte verzichten?

Sehr gefreut habe ich mich, dass mir Willy Pinke als der große Wilfridemus wieder begegnet. Auch wenn er nicht mehr im Pförtnerhäuschen sitzt, so ist er doch ein Urgestein und aus der Kinderklinik nicht wegzudenken.

Die Charaktere sind allesamt lebensnah gezeichnet, es sind jene, die sich aufopfernd um ihre kleinen Patienten kümmern, die vermitteln, auch die Eltern mit einbinden und dann gibt es wie in allen Bereichen des Lebens auch diejenigen, die es weniger gut mit ihren Mitmenschen meinen, die eher eigennützig agieren. Es geht um das liebevolle Miteinander, auch Missverständnisse sind vorprogrammiert, die Sprachlosigkeit erzeugt viel Verwirrung. Auch von Neid und Missgunst lese ich, aber auch von Zusammenhalt und füreinander da sein. Ich habe mit ihnen gebangt, mich mit ihnen gefreut, sie in so manch dunkler Stunde begleitet und habe ihnen ihre hellen Zeiten so sehr gegönnt.

Ein spannender dritter Teil. Die Geschichte um die beiden Schwestern ist voller Leben, Antonia Blum hat sie sehr einfühlsam erzählt. Gerne empfehle ich das Buch weiter und bin auf den vierten Teil „Geteilte Träume“ gespannt.

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