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Veröffentlicht am 08.09.2022

Sehr lesenswerter zweiter Teil der Pilger-Trilogie

Das Geheimnis des Pilgers
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Und wieder heißt es Abschied nehmen von den mir so vertrauten Romanfiguren, der zweite Band der Pilger-Trilogie ist ausgelesen. Dabei habe ich nicht mal alle gemocht, so manche sogar abgrundtief gehasst, ...

Und wieder heißt es Abschied nehmen von den mir so vertrauten Romanfiguren, der zweite Band der Pilger-Trilogie ist ausgelesen. Dabei habe ich nicht mal alle gemocht, so manche sogar abgrundtief gehasst, war immer ganz tief im Geschehen, habe mitgefiebert, mich mit ihnen gefreut und mich echauffiert über so manch finsteren Charakter.

Petra Schier nimmt ihre Leser mit nach Koblenz, wir schreiben das Jahr 1379. Hier begegne ich Reinhild, Conlin, Palmiro und ihren verzweigten Familien wieder. Auch wenn das Personenverzeichnis auf den ersten Blick ziemlich umfangreich aussieht, so versteht es die Autorin wunderbar, sie alle so nach und nach in die Geschichte einzuflechten, auch das vorherige Geschehen wird immer wieder dazwischen erwähnt. Gerade anfangs ist dies hilfreich, aber bald waren sie mir alle wieder sehr vertraut.

Turbulent geht es zu bei derer vom Langenreth. Conlin hat viel Ärger mit Oswald, seinem älteren Bruder, der den Familienbesitz heruntergewirtschaftet hat. Immer wieder muss der Jüngere eingreifen, ja Oswald vor sich selbst retten. Dabei hat Conlin eigene Pläne, seine Heirat steht an, die verwitwete Reinhild von Winneburg-Manten will er ehelichen. Die beiden kennen sich seit Kindertagen und doch ist es nicht schicklich, sich vor der Ehe näherzukommen. Reinhild hat ihn sich als zweiten Ehemann ausgesucht, eine alleinstehende Frau hatte es schwer.

Der junge Pelz- und Geschmeidehändler Palmiro Bongert ist dabei, sich in diesem Geschäft zu etablieren. Obwohl er um die Wegelagerer und Diebe weiß, geht er eher lässig mit der Sicherung seiner wertvollen Waren um. Auf Geheiß von Johann von Manten verdingt sich der ihnen bis dato unbekannte Benedikt vom Heidenstein als Wachhauptmann in Palmiros Lager. Dieser fühlt sich total überrumpelt, die beiden Männer können so gar nicht miteinander.

Die Autorin schreibt sehr lebendig, ihren authentischen Charakteren nehme ich all ihre Gefühlsregungen sofort ab. Wir sind im Mittelalter, ein lange gehütetes Geheimnis drängt an die Oberfläche, mein Bild von der ach so finsteren Zeit bekommt zunehmend Risse. Natürlich ist der Mann dominierend, aber auch die Frauen wissen sich zu behaupten. Nicht immer sind sie brave Mäuschen. Mariana, Reinhilds jüngere Schwester, ist ein gut gelungenes und sehr launiges Beispiel, ein durch und durch erfrischendes Geschöpf. Ihre schon freche, vorlaute Art hat mich öfter zum Schmunzeln gebracht.

Auch die Irrungen und Wirrungen der gleichgeschlechtlichen Liebe sind Thema. Im späten Mittelalter war die Gesellschaft geprägt von den Vorgaben und den engen Moralvorstellungen der Kirche. Die gleichgeschlechtliche Liebe wurde von ihr verteufelt, die Sünder gar als Ketzer verfolgt und hart bestraft bis hin zum Tod. Im sehr informativen Nachwort geht die Autorin nochmal genauer darauf ein.

Die zweite Etappe der Reise zurück ins Koblenz anno 1379 ist zu Ende, „Das Geheimnis des Pilgers“ gelüftet und nun warte ich gespannt auf den krönenden Abschluss der so lesenswerten wie unterhaltsamen, kurzweiligen und gut recherchierten Pilger-Trilogie.

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Jahre des Erwachsenwerdens

Jahre mit Martha
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Die „Jahre mit Martha“ waren so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Es sind Jahre des Erwachsenwerdens mit Musikbegleitung. Die Geschichte von Jimmy, der eigentlich Zeljko heißt. Er ist fünfzehn, ...

Die „Jahre mit Martha“ waren so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Es sind Jahre des Erwachsenwerdens mit Musikbegleitung. Die Geschichte von Jimmy, der eigentlich Zeljko heißt. Er ist fünfzehn, als alles beginnt und sie, die Professorin, ist um einiges älter. Ganz und gar unterschiedliche Welten sind es, die aufeinandertreffen, sich ergänzen, sich nie so ganz aus den Augen verlieren, die immer einen Weg zueinander finden. Diese Jahre mit Martha sind eher zweitrangig, es geht vielmehr um Jimmy in all seinen Facetten.

Die beiden Darsteller lernen sich kennen, sind neugierig aufeinander, sie haben sofort einen Draht zueinander. Sie fördert ihn, den sehr intelligenten Jimmy, zeigt ihm viele Möglichkeiten auf und doch lässt sie ihn seine eigenen Erfahrungen machen.

Der Migrationshintergrund ist Thema. Zeljkos Familie stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, hier in Deutschland leben sie eher beengt zu fünft in einer Zweizimmerwohnung, die Eltern malochen, sie können den Kindern nicht viel bieten. Als der Fünfzehnjährige Martha kennenlernt, ändert sich für ihn alles. Sie unterstützt ihn, auch wenn zwischendurch immer wieder ihr und auch sein Begehren aufblitzt, ist es seine Geschichte.

Es ist eine Einwanderungsgeschichte, Jimmy stellt die zweite Generation dar. Sie sind schon selbstbewusster als ihre Eltern, gehören eher hier her als in die alte Heimat. Es bieten sich viele Chancen, so manche verstreichen ungenutzt. Ich sehe nicht nur das Migrantenkind, ich sehe einen jungen Mann, der seine Bestimmung sucht. Der vieles ausprobiert, vieles verwirft und letztendlich doch seinen ureigenen Weg findet.

Ich fand Gefallen daran, schwamm mit ihnen mit, ließ alles auf mich zufließen. Ein ruhiger Fluss, eine unaufgeregte Story. Und doch waren es anregende Jahre hin zur Selbstfindung. Schön erzählt.

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Veröffentlicht am 04.09.2022

Grenzüberschreitungen

SCHNEE
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Salvör. Der Name sagt ihm nichts. Vaters Haus ist verkauft und von den neuen Besitzern hat er einen erdverkrusteten Kinderschuh bekommen, der gerade noch lesbare Namen war in einen winzigen Stoffstreifen ...

Salvör. Der Name sagt ihm nichts. Vaters Haus ist verkauft und von den neuen Besitzern hat er einen erdverkrusteten Kinderschuh bekommen, der gerade noch lesbare Namen war in einen winzigen Stoffstreifen eingestickt. Genau so, wie die Mutter ihre Sachen gekennzeichnet hatte. Sie haben ihn bei Grabungsarbeiten im Garten gefunden. Dieser Kinderschuh zieht sich wie ein unsichtbarer rosa Faden durch die vielschichtige Geschichte, das Hauptaugenmerk liegt jedoch eher auf dem Suchtrupp, welcher nach einer verschollenen Gruppe unerfahrener Wanderer sucht. Begleitet wird dieser Bodentrupp aus der Luft, das hierfür eingesetzte Flugzeug tankt zwischendurch auf der Radarstation der Küstenwache auf. Diese Station ist mit zwei Mitarbeitern besetzt - hier geschehen seltsame Dinge, auch wenn nur einer der beiden damit konfrontiert ist. Oder sind das eher Halluzinationen? Sollte er das – vermeintlich – Gehörte und Gesehene für sich behalten?

Ich hatte schon Anlaufschwierigkeiten. Es begann eher als Erzählung, als ein Kennenlernen der einzelnen Charaktere, wobei sie alle angenehm und sympathisch rüberkamen. Alle - bis auf die Tourengeher, diese waren eher abgehoben, ihren Anführer konnte ich am wenigsten einschätzen, von ihm wurde nicht viel erzählt, er blieb durchweg nebulös.

Die Handlung wird einmal aus Sicht der Tourengeher erzählt, dazwischen erfahre ich von der Suche nach ihnen eine Woche später. Zum Suchtrupp gesellen sich neben den Polizisten auch Freiwillige und jene, die als Experten hierfür angereist sind. Die Beschreibung des isländischen Hochlands in all seiner Weite und Einsamkeit, weit und breit keine menschliche Spur, vereinzelt ein Rentier, spiegelt eine frostige Stimmung wider, die sich gut in die Story einfügt. Man spürt die Kälte, den beißenden Wind und auch die Ausweglosigkeit. Wohin man schaut ist Schnee…

…und das schwarze Cover müsste dem Titel nach in hellem Weiß erstrahlen. Eigentlich! Es ist aber schwarz, auch SCHNEE, der Titel, verfärbt sich vom Hellen ganz bald ins Dunkle. Genau so, wie die Story sich zunehmend verdunkelt.

Neben der Suche spielt sich eine zweite, viel Raum einnehmende Handlungsebene, auf der Radarstation der Küstenwache, ab. Lange wird nicht klar, was diese mysteriösen Vorkommnisse in und um die Station mit der Suche nach den Verschollenen auf sich hat, außer das hier – wie schon erwähnt – das Suchflugzeug auftankt. Dieser Part ist so unheimlich wie unerklärlich, die Beklemmung ist deutlich spürbar.

Nach dem langatmigen Einstieg entwickelt sich die Story, sie wird gut und interessant erzählt. Auch die Cliffhanger an den Kapitelenden erzeugen zusätzliche Spannung, jedoch bin ich mit dem Schluss so gar nicht zufrieden. Hier fügt sich nichts zusammen, es ist eher ein brachiales Ende der einzelnen Erzählstränge und genau deshalb kann ich nur 3 Sterne vergeben.

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Veröffentlicht am 01.09.2022

Raffiniert konstruierter erster Fall um die Wiener „Mordgruppe“

Stille blutet
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Nadine Just stockt kurz, als sie diese eine Nachricht liest. Und doch spricht sie ihren eigenen Namen noch aus, verkündet vor laufender Kamera ihren baldigen Tod. Wer treibt hier ein äußerst perfides Spiel ...

Nadine Just stockt kurz, als sie diese eine Nachricht liest. Und doch spricht sie ihren eigenen Namen noch aus, verkündet vor laufender Kamera ihren baldigen Tod. Wer treibt hier ein äußerst perfides Spiel mit ihr? Das kann doch nur ein geschmackloser Scherz sein! Satire in ihrer niederträchtigsten Form! Doch diese teuflische Nachricht erweist sich bald als bittere Realität. Nadine Just wird tot aufgefunden.

Timo Glaser, der Ex von Nadine, erfährt von deren Tod. Er hat sich von ihr getrennt so wie von vielen anderen Freundinnen vorher, Nadine wollte ihn zurück, hat um ihn mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gekämpft. Und Timo fährt in den Sender, forscht nach, macht sich sehr verdächtig. Seine Aktionen sind mehr als grenzwertig, aus seiner Sicht erfahre ich von ihm und seinem Vorleben so einiges. Und schüttle mehr als einmal den Kopf, möchte ihn vor so manch unüberlegtem Handeln zurückhalten. Oder steckt er hinter allem? Versucht, Spuren zu vertuschen? Die Autorin hat seine Figur sehr fragwürdig und zudem äußerst rätselhaft gezeichnet, hat somit Spannung bis zum überraschenden Ende erzeugt.

Dem fünfköpfigen Wiener Ermittlerteam „Mordgruppe“ gehört die junge Fina Plank an. Trotz ihrer Unerfahrenheit ist sie immer nah dran, sie hat ein Näschen für das Wesentliche. Auch mit ihr verfolge ich diesen und weitere Todesfälle, alle diese mysteriösen Morde wurden ähnlich vorbereitet.

Diesen beiden Erzählsträngen folgt noch eine weitere. Die Täterstimme. Sie lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Begegnen möchte ich diesem unheimlichen Typen nicht. Hier wird die Stärke des Hörbuches hörbar, lesend wäre das Grauen wohl in einem anderen Schriftbild dargestellt – der Horror hat für mich eine Stimme. Und dies ist Gänsehaut pur! Er sagt von sich in einem ruhigen, sachlichen Ton, dass er „…vorne Liebenswürdigkeit, hinten schwarzer Hass…“ ist. Bitterböse und gnadenlos ist er, genau so fühlt es sich an.

Für Argon Hörbuch hat Julia Nachtmann das Hörbuch eingesprochen. Sie gibt jedem Charakter seine ganz eigene Note, ich hatte keinerlei Probleme, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten. So konnte ich mich ganz auf die temporeiche Story konzentrieren.

Fina Plank wird weiter ermitteln. Es ist der Beginn einer neuen Thriller-Reihe, der erste Fall für die Wiener „Mordgruppe“. Ursula Poznanski hat hier einen raffiniert konstruierten Thriller vorgelegt, der mich bis zum Schluss rätseln ließ. Ihre Figuren sind allesamt stimmig, ich nehme ihnen ihre Charakterzüge voll und ganz ab. Ein gelungener Einstieg, als Hörbuch super vertont.

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Veröffentlicht am 31.08.2022

Berührende Familiengeschichte

Die Rückkehr der Kraniche
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Drei Frauengenerationen – Mutter Wilhelmine, die beiden Schwestern Grete und Freya sowie Anne, Gretes Tochter – treffen in ihrem alten Haus aufeinander. Während Grete immer hier in der Elbmarsch lebte, ...

Drei Frauengenerationen – Mutter Wilhelmine, die beiden Schwestern Grete und Freya sowie Anne, Gretes Tochter – treffen in ihrem alten Haus aufeinander. Während Grete immer hier in der Elbmarsch lebte, war Freya schon bald weg, sie hat sich in Berlin ihr Leben eingerichtet. Auch Anne ist schon lange ausgezogen, Wilhelmines Schwächeanfall hat sie alle wieder hierher verschlagen.

Ganz und gar unterschiedliche Lebensentwürfe prallen regelrecht aufeinander. Freya steht vor einem Scherbenhaufen – ihr Freund hat sie verlassen, mit ihrer Firma steht es nicht zum Besten und nun steht sie vor ihrer Schwester, die mit ihrem Besuch so gar nicht gerechnet hat. Ist es wirklich der schlechte Gesundheitszustand der Mutter, der Freya in das Haus ihrer Kindheit hat kommen lassen? Und Grete, die als Vogelwirtin ein verlockendes Angebot erhält - wird sei es wagen, neue Wege zu beschreiten? Zu ihrer Tochter Anne gab es von jeher eine Distanz, die wie eine unsichtbare Wand zwischen den beiden stand und immer noch steht.

Die Mutter hat ihre Töchter alleine großgezogen, der Vater ist schon lange tot. Es war kein Zuckerschlecken, Wilhelmine ist darüber hart geworden, konnte ihre Liebe nie richtig zeigen. Hat sie diese Distanziertheit an die nächste Generation weitergegeben? Viel haben sie sich wohl nicht zu sagen, Grete hat ihre Erfüllung in der Natur gefunden, ihr Beruf ist Berufung für sie. Und Freya liebt ihr Großstadtleben.

Romy Fölck ist eine unaufgeregte Erzählung gelungen, die genau beobachtet. Die Charaktere sind authentisch, werden ungeschönt in all ihren Unzulänglichkeiten dargestellt. Eine Familie, wie es sie viele gibt. In alle Winde verstreut, man kennt sich und doch ist keiner dem anderen wirklich nahe, weiß um dessen Leben. Die Umstände erfordern es, dass man sich doch öffnet, auch wenn es weh tun mag. Auch die Landschaft ist in ihrer Ursprünglichkeit gut beschrieben, die Rückkehr der Kraniche auf Gretas Ostseeinsel hatte ich vor Augen…

…ihre Rufe waren direkt zu hören. Und dafür hat Tessa Mittelstaedt gesorgt, die das Hörbuch vom Argon Verlag gekonnt vorgetragen hat, die Stimmungen gut einzufangen wusste. Jeder der vier Frauen hat sie ihre individuelle Note gegeben, das Hören war durchweg angenehm.

Den Alltag leben Wilhelmine und Grete im Einklang mit der Natur, sind weitgehend Selbstversorger, für Träume und ein ausschweifendes Leben war nie Platz. Der andere wird stillschweigend toleriert, vieles bleibt ungesagt. So auch bei den Hansen-Frauen. Dass jede so ihre Geheimnisse hat, gärt unter der Oberfläche. Lange habe ich auf Wilhelmines Geschichte gewartet, auch Grete rückt endlich mit der Wahrheit heraus.

Eine Familiengeschichte, leise und doch kraftvoll erzählt. Eingebettet in eine Landschaft voll sprödem Charme - ein Blick auf das gelungene Cover verstärkt diesen Eindruck.

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