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Veröffentlicht am 30.04.2022

Die Stürme des Lebens

Der Papierpalast
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Schlafhütten direkt am See waren es, eine mit einfachen Mitteln erbaute Hütte, ihr Palast – der Papierpalast von Elles Familie. All die Jahre war dies ihr Ferienhaus, in dem sie – mittlerweile 50 mit Mann ...

Schlafhütten direkt am See waren es, eine mit einfachen Mitteln erbaute Hütte, ihr Palast – der Papierpalast von Elles Familie. All die Jahre war dies ihr Ferienhaus, in dem sie – mittlerweile 50 mit Mann und drei Kindern - nun wieder ist. Auch Jonas trifft sie wieder. Ihn, der sie noch immer wie magisch anzieht. Auch er ist gebunden und doch können sie nicht voneinander lassen.

Immer mehr erfahre ich von der Vergangenheit, von all dem Ungesagten. Es drängt an die Oberfläche, lässt sich nicht mehr zurückhalten. Der sorgsam gehütete Schein bröckelt immer mehr, die Erzählung schwenkt vom Heute zurück ins Gestern. Von der Kindheit, ihren Jugendjahren und der bis jetzt nach außen hin intakten Familie lese ich. Wird Elle sich entscheiden müssen? Hierbleiben oder doch Neues wagen wollen?

Die ungekürzte Hörbuchfassung dieses Papierpalastes habe ich mir von Vera Teltz vortragen lassen. Sie ist eine der Besten ihres Fachs, schon ihre nuancierte Sprechart lässt mich eintauchen in die Geschichte.

Es geht ganz klar um die noch immer unbändige Anziehungskraft, das Ausleben dessen in einer klaren Sprache. Elle und Jonas verbindet ihre heimliche Liebschaft und dann ist noch das Geheimnis ihrer Jugend, sehr viel mehr eine gemeinsame Erinnerung. Es ist eine zuweilen derbe, sexualisierte Sprache, die sich durch den Roman zieht. Die Charaktere sind mir allesamt nicht sehr nahe. Mir kommt es eher vor, als ob ich sie aus der Ferne beobachte, mit keinem von ihnen möchte ich näher bekannt sein. Und doch hat ihre Geschichte eine Sogwirkung auf mich. Die Autorin versteht es, Geschichten lebendig zu erzählen, man möchte einfach mehr erfahren. Ein Widerspruch in sich und doch ist es so.

Das Cover zeigt eine friedliche Umgebung in Pastellfarben, eine idyllische Landschaft mit dem See im Vordergrund. Dahinter wird irgendwo der Papierpalast sein, indem sie die Sommer des Lebens verbracht haben. Zuweilen bedrückend und aufwühlend, dann wieder konkret und lebensnah. Hält dieses Haus aus Papier, „Der Papierpalast“ den Stürmen des Lebens stand?

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Veröffentlicht am 30.04.2022

Ein Fluch?

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Wäre da nicht die diebische Putzfrau, wäre der mumifizierte Professor nicht so schnell gefunden worden. Im Depot des Kunsthistorischen Museums – ganz weit hinten – wurde seine nach allen Regeln der Kunst ...

Wäre da nicht die diebische Putzfrau, wäre der mumifizierte Professor nicht so schnell gefunden worden. Im Depot des Kunsthistorischen Museums – ganz weit hinten – wurde seine nach allen Regeln der Kunst präparierte Leiche entdeckt. Bald ist die Rede von einem Fluch, war der Tote doch ein bekannter Ägyptologe. Der Geist des alten Ägypten schwebt über allem…

Wir schreiben das Jahr 1894 und begegnen auch hier, im zweiten Fall für den Wiener Inspektor Leopold von Herzfeldt, dem so schrulligen wie liebenswerten und sehr belesenen Totengräber Augustin Rothmayer wieder.

Wie schon beim ersten Band „Das Buch des Totengräbers“ zeigt das Cover den Wiener Zentralfriedhof, etwas düster, so wie man sich die Umgebung um die letzte Ruhestätte vorstellt. Rothmayer ist hier daheim, er fühlt sich in der Nähe der Toten schon wohl. Etlichen Kapiteln vorangestellt sind Auszüge aus seinem Almanach „Totenkulte der Völker“. Hier gewährt er interessante Einblicke über den Umgang mit den Toten aus verschiedenen Kulturen, gleich mal ist einiges über die ägyptische Kunst der Mumifizierung zu lesen. Ja, einen Touch ins Makabere hat dies allemal und interessant ist es zudem.

Sowohl das Personenverzeichnis am Anfang als auch das hintangestellte Wienerische für Piefkes sind gut zu gebrauchen.

Der Autor wollte schon immer einen Roman über Mumien schreiben, wie er seinen Lesern verrät. Also waren wahre historische Hintergründe sozusagen das Gerüst, um das sich dieses so schaurige wie lesenswerte Kriminalstück dreht.

Es bleibt aber nicht bei der Mumie, etwa zur gleichen Zeit werden in mehreren Wiener Bezirken übel zugerichtete Leichen gefunden. Allesamt waren sie junge, gutaussehende Männer. Leo hat genug zu tun, er ist ein sympathischer, zuweilen auch etwas schwieriger Charakter. Ein Ermittler, ein Kieberer, hat nie Feierabend und das kommt seinem Privatleben nicht immer zugute. Er will es immer genau wissen, begibt sich nicht nur einmal in große Gefahr. Er ist schon ein feiner Pinkel und wird es immer bleiben, hat sich aber mittlerweile hier in Wien ganz gut akklimatisiert. Seine Methoden sind fortschrittlich und nicht immer ganz regelkonform, zuweilen beäugen ihn seine Kollegen misstrauisch, die Vorgesetzten sowieso. Mit der Polizeifotografin Julia und dem Totengräber Rothmayer verbindet ihn mindestens ein freundschaftliches Verhältnis, beide sind sie ihm eine große Stütze bei der Aufklärung dieser verzwickten Mordfälle.

Ist es die Wissenschaft, der Aberglaube, Totenkult und Magie oder einfach nur der Irrsinn? Neben der mumifizierten Leiche und den auf grausige Art um Leben gekommenen jungen Männern führt der Weg in den neu eröffneten Tiergarten mit so mach absonderlichen Gestalten und Geheimnissen, die nicht an die Öffentlichkeit dringen sollten.

Je weiter ich lese, desto mehr bin ich gefangen. Es ist wie ein Sog, das Buch zur Seite zu legen ist unmöglich. Oliver Pötzsch hat einen spannenden, sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, der dem Vorgängerband in nichts nachsteht. Er holt seine Leser mühelos ab und führt sie zurück ins anno dazumal in ein Wien, in dem Mörder ihr Unwesen treiben und vermittelt wie nebenbei viel Wissenswertes, auch – aber nicht nur – über das unterirdische Wien.

Sowohl Leopold von Herzfeldt als auch August Rothmayer und noch so einige sind mir gute Bekannte geworden. Sie sind mittlerweile sowas wie ein eingespieltes Team und sehr gerne würde ich den beiden so unterschiedlichen und durchaus charmanten Charakteren weiterhin zusehen, wie sie den bösen Buben von damals auf die Schliche kommen.

Man kann in den sehr lesenswerten zweiten Band der Totengräber-Serie einsteigen, ohne den ersten Fall zu kennen. Aber warum sollte man sich dieses Lesevergnügen entgehen lassen? „Das Mädchen und der Totengräber“ empfehle ich jedem, der Krimis mag - eine Kriminalgeschichte vom Feinsten.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Spannende Fortsetzung der Ronnefeldt-Saga

Der Weg der Teehändlerin
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Ronnefeldt – seit 1823 steht der Name für exzellenten Tee. Susanne Popp führt ihre Leser zurück zu den Anfängen dieser Frankfurter Kaufmannsfamilie. Eine genussvolle und facettenreiche Zeitreise setzt ...

Ronnefeldt – seit 1823 steht der Name für exzellenten Tee. Susanne Popp führt ihre Leser zurück zu den Anfängen dieser Frankfurter Kaufmannsfamilie. Eine genussvolle und facettenreiche Zeitreise setzt sich mit diesem zweiten Band der dreiteiligen Ronnefeldt-Saga fort.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1853, es ist Februar und viel zu warm für diese Jahreszeit. Der zugefrorene Main droht überzugehen, das Eis bricht. Und schon sind wir mittendrin, es geht hektisch zu, die Warenlager müssen schnellstens geräumt werden.

Friederike Ronnefeldt führt den Teehandel, ihr Prokurist gibt nach außen hin den Ton an, da eine Frau an der Spitze eines Unternehmens alleine nicht bestehen kann. Ihre Kinder sind an der Schwelle zum Erwachsensein und nun stellt sich mehr denn je die drängende Frage, wie es weitergehen wird mit Ronnefeldt-Tee.

Schon den ersten Teil habe ich sehr genossen, mit Friederike so manches Mal gebangt und nun konnte ich die nächste Generation auf ihrem nicht immer einfachen Weg begleiten. Dem Teeimport aus Indien kam immer größere Bedeutung zu, er löste China als Teelieferant ab.

Das Figurenverzeichnis brachte mir alle agieren Personen wieder gut ins Gedächtnis, einige weitere kamen dazu, wobei die fiktiven Personen mit Doppelstern gekennzeichnet sind.

Die Kinder werden flügge und nicht jeder drängt ins elterliche Geschäft. Wer wird Friederikes Arbeit fortsetzen? Carl, der Älteste, geht nach Hamburg als Volontär - wäre er ein geeigneter Nachfolger? Elise dagegen möchte nichts lieber als Lehrerin werden. Minchen lockt das Schauspiel und Wilhelm ist künstlerisch sehr begabt. Fritz, der Jüngste, hat wohl noch etwas mehr Zeit, seinen Weg zu finden. Auch anderen Familienmitgliedern schaue ich über die Schulter, sie alle sind interessante Charaktere, mit denen ich mich freue, aber auch melancholische Stunden erlebe.

Die Autorin verknüpft gekonnt fiktive Personen und Ereignisse mit dem gut recherchierten historischen Hintergrund. Das renommierte Teehaus Ronnefeldt hat ihr Dokumente zur Familiengeschichte überlassen und ihr dabei freie Hand über die fiktiven Elemente gewährt. Und so konnte dieses sehr lesenswerte Gesamtwerk entstehen. Sie vermittelt rund um das Thema Tee viel Wissenswertes, vermengt diese feinen Aromen zu einer genussvollen Gesamtkreation – ein Geschmackserlebnis mit allen Sinnen, um in der Sprache des Tees zu bleiben.

„Der Weg der Teehändlerin“ - diese Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert war eine kurzweilige Lektüre, dabei habe die nächste Generation begleitet. Ich war ganz tief in deren Alltag und werde beim dritten Band „Das Erbe der Teehändlerin“, der im Frühjahr 2023 erscheint, mich wieder gerne zu den Ronnefeldts gesellen.

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Veröffentlicht am 27.04.2022

Der Countdown läuft…

Schwarzlicht
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Mit der Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri und dem Profiler Vincent Walder, der als Mentalist auftritt, verbringe ich Stunden der Spannung und Düsternis.

Voller Grauen muss ich mir anhören, wie eine ...

Mit der Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri und dem Profiler Vincent Walder, der als Mentalist auftritt, verbringe ich Stunden der Spannung und Düsternis.

Voller Grauen muss ich mir anhören, wie eine junge Frau in einer Kiste von Schwertern durchbohrt wird. Ganz langsam, als ob derjenige, der als Henker fungiert, jeden einzelnen Hieb, jeden präzise gesetzten Stich nahezu genießerisch zelebriert, sich daran erfreut.

Camilla Läckberg hat sich mit Henrik Fexeus einen Spezialisten für Psychologie und nonverbale Kommunikation mit ins Boot geholt, der auch als Mentalist sein Publikum fasziniert. Das perfekte Gespann für „Schwarzlicht“ - der gelungene Auftakt einer neuen Trilogie.

Die beiden Protagonisten sind eher Eigenbrötler. Während die geradezu krankhafte Bakterien-Phobie Minas Leben beherrscht, taucht Vincent seit Kindertagen in eine Welt der Illusionen und Täuschungen ab. Voller Komplikationen läuft nicht nur ihr privates Leben ab, auch die Ermittlungen kommen nicht voran. Verdächtige gibt es einige, selbst Vincent gerät in die Schusslinie.

Das ungewöhnliche Ermittlerduo harmoniert nicht immer im herkömmlichen Sinne, dafür sind sie beide fast schon zu unnahbar und doch gehören sie irgendwie zusammen. Trotz vieler Hindernisse geben sie nicht auf und nicht nur sie sind sehr eigenwillige Charaktere.

Neben den Ermittlungen zu den aktuellen Fällen schiebt sich ein Handlungsstrang aus früheren Zeiten öfter dazwischen. Dies scheint wichtig für die heutige Aufklärung zu sein, der lange nicht sichtbare Schluss ist für meine Begriffe jedoch arg überzogen. Ein gut gemachter Thriller, der sich spannend, düster und komplett undurchsichtig durchs Buch zieht. Genau so, wie es sein soll – rätselhaft, vielschichtig, voller Illusionen und Täuschungen.

Vera Teltz als Hörbuch-Interpretin für Argon Hörbuch gelingt es, mich nicht nur bei Laune zu halten, sie fesselt mit ihrem so facettenreichen Vortrag. Auch sie führt direkt in ein Reich der Fantasie, des Unerklärlichen. Sie versteht es bestens, jedem einzelnen seine individuelle Note zu geben.

Ein gut gemachter erster Band um Mina und Vincent, deren Folgebände ich weiterhin dem Hörbuch lauschen werde.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Vikki Victorias erster, etwas skurriler Zwischenfall

Zurück nach Übertreibling
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Was ist da los in aller Herrgottfrüh, also um zwölf Uhr mittags – das Telefon hört gar nicht mehr auf zu läuten und wer ist am anderen Ende der Leitung? Wolf Wolff, Vikkis Mann für alle Fälle, erzählt ...

Was ist da los in aller Herrgottfrüh, also um zwölf Uhr mittags – das Telefon hört gar nicht mehr auf zu läuten und wer ist am anderen Ende der Leitung? Wolf Wolff, Vikkis Mann für alle Fälle, erzählt ihr von Toni Besenwiesler und seinem Ausbruch aus Stadelheim. Jetzt ist Gefahr im Verzug. Meint Toni doch, dass die Vikki ihn vor dreizehn Jahren in den Knast gebracht hat und nun schaut es aus, als ob er auf Rachefeldzug wäre.

Schon der Titel macht deutlich, was hier los ist – in Übertreibling geht es zuweilen ganz schön grotesk zu, die Ereignisse überschlangen sich regelrecht. Nicht alles ist schrill und überzogen, beileibe nicht. Zu lesen ist dieses Gaunerstück mit mindestens einem Augenzwinkern, wobei der erste Zwischenfall vom Witz der Hauptdarstellerin lebt und das ist nun mal Vikki, die es in jungen Jahren aus dem tiefsten Bayerischen Wald nach München verschlägt. Sie ist amüsant und geistreich, urig, bodenständig und auch mal divenhaft launisch und glamourös, aber sie hat das Herz auf dem rechten Fleck.

„Zurück nach Übertreibling“ ist ein überwiegend kurzweiliger Krimi, wobei dieser leicht skurril und hanebüchen daherkommt. Der eigentliche Fall ist eher das Gerüst, um das sich Vikkis Geplapper rankt. Mal gefällt mir ihr Slang richtig gut, dann wieder nervt dieser tierisch, driftet ins beinahe Unerträgliche ab. Ein Wechselbad der Eindrücke sozusagen. Sie ist schon sehr umtriebig, es ist immer was los, wenn sie in der Nähe ist. Geschickt hält sie alle Fäden in der Hand, dirigiert auch die harten Jungs. Da kennt sie nichts, die Vikki.

Geschickt bringt sie die Genderdebatte ins Spiel, auch die Influencerszene und die einhergehende immer mehr fehlerhafte Schreibweise der jungen Internetnutzer muss natürlich angesprochen werden. Dies sind Themen unserer Gesellschaft, denen sich auch eine Vikki nicht verschließen kann.

Dass hier jedes Klischee bedient wird, zeigt auch das Cover. Ihrem kriminalistischen Romandebüt aus Übertreibling folgen demnächst „Grüsse aus Bad Seltsham“. Ein Schelm, wer dabei um die Ecke denkt.

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