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Veröffentlicht am 25.04.2022

Vikki Victorias erster, etwas skurriler Zwischenfall

Zurück nach Übertreibling
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Was ist da los in aller Herrgottfrüh, also um zwölf Uhr mittags – das Telefon hört gar nicht mehr auf zu läuten und wer ist am anderen Ende der Leitung? Wolf Wolff, Vikkis Mann für alle Fälle, erzählt ...

Was ist da los in aller Herrgottfrüh, also um zwölf Uhr mittags – das Telefon hört gar nicht mehr auf zu läuten und wer ist am anderen Ende der Leitung? Wolf Wolff, Vikkis Mann für alle Fälle, erzählt ihr von Toni Besenwiesler und seinem Ausbruch aus Stadelheim. Jetzt ist Gefahr im Verzug. Meint Toni doch, dass die Vikki ihn vor dreizehn Jahren in den Knast gebracht hat und nun schaut es aus, als ob er auf Rachefeldzug wäre.

Schon der Titel macht deutlich, was hier los ist – in Übertreibling geht es zuweilen ganz schön grotesk zu, die Ereignisse überschlangen sich regelrecht. Nicht alles ist schrill und überzogen, beileibe nicht. Zu lesen ist dieses Gaunerstück mit mindestens einem Augenzwinkern, wobei der erste Zwischenfall vom Witz der Hauptdarstellerin lebt und das ist nun mal Vikki, die es in jungen Jahren aus dem tiefsten Bayerischen Wald nach München verschlägt. Sie ist amüsant und geistreich, urig, bodenständig und auch mal divenhaft launisch und glamourös, aber sie hat das Herz auf dem rechten Fleck.

„Zurück nach Übertreibling“ ist ein überwiegend kurzweiliger Krimi, wobei dieser leicht skurril und hanebüchen daherkommt. Der eigentliche Fall ist eher das Gerüst, um das sich Vikkis Geplapper rankt. Mal gefällt mir ihr Slang richtig gut, dann wieder nervt dieser tierisch, driftet ins beinahe Unerträgliche ab. Ein Wechselbad der Eindrücke sozusagen. Sie ist schon sehr umtriebig, es ist immer was los, wenn sie in der Nähe ist. Geschickt hält sie alle Fäden in der Hand, dirigiert auch die harten Jungs. Da kennt sie nichts, die Vikki.

Geschickt bringt sie die Genderdebatte ins Spiel, auch die Influencerszene und die einhergehende immer mehr fehlerhafte Schreibweise der jungen Internetnutzer muss natürlich angesprochen werden. Dies sind Themen unserer Gesellschaft, denen sich auch eine Vikki nicht verschließen kann.

Dass hier jedes Klischee bedient wird, zeigt auch das Cover. Ihrem kriminalistischen Romandebüt aus Übertreibling folgen demnächst „Grüsse aus Bad Seltsham“. Ein Schelm, wer dabei um die Ecke denkt.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Rundum gelungener Saga-Auftakt

Die Radioschwestern
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Den Klängen aus dem Rundfunkgerät lauschen – 1927 war dies eine ganz neue, eine faszinierende Welt, die über den Äther direkt ins Wohnzimmer kam. Nicht nur Nachrichten, auch Musik und Hörspiele waren ganz ...

Den Klängen aus dem Rundfunkgerät lauschen – 1927 war dies eine ganz neue, eine faszinierende Welt, die über den Äther direkt ins Wohnzimmer kam. Nicht nur Nachrichten, auch Musik und Hörspiele waren ganz nah. Interessante Reportagen wechselten sich ab mit Sportereignissen - die Hörer waren live dabei.
Der erste Teil rund um „Die Radioschwestern – Klänge einer neuen Zeit“ bildet den Auftakt zur Trilogie rund um dieses großartige Medium.

Schon das Cover ist so reizvoll, da konnte ich als absoluter Radio-Freak nicht widerstehen. Die drei Hauptdarstellerinnen Inge, Gesa und Margot – was sie wohl gerade hören? Sie arbeiten beim Südwestdeutschen Rundfunk und sie alle haben ihre Träume. Ob es Inge gelingen wird, ihre Sangeskarriere voranzutreiben? Margot, die sich als Cellistin etablieren will, werden genug Steine in den Weg gelegt – ist die Zeit schon reif für eine Frau inmitten eines männerdominierten Rundfunkorchesters? Und Gesa, die dritte im Bunde, will nichts lieber als Hörspielsprecherin sein. Drei starke Frauen – Freundinnen, die sich gegenseitig stützen. Ich begleite sie durch dieses wundervolle Buch.

Eva Wagendorfer erzählt von den Anfängen des Rundfunks, sehr informativ und kurzweilig. Die Geschichte um die Freundinnen verwebt sie geschickt mit der des Radios, lässt tief hinter die Kulissen blicken. Ein Hörspiel damals war live - mit allem Drum und Dran. Hier wird z. B. ein Krimi in acht Teilen vorbereitet und nach langen Proben gesendet, jeder einzelne der Charaktere hat seine ganz individuelle Note, auch die Geräusche müssen passen – es muss echt und glaubhaft sein. Die Hörer daheim lauschen gebannt dem Geschehen und genau so gespannt verfolge ich diese lesend.

Die Radionachrichten am Anfang eines jeden Kapitels haben das gewisse Etwas. Sie berichten von Frauen, die herausragten – heute noch bekannte Namen wie etwa eine Episode um Käthe Kollwitz oder auch mittlerweile unbekannte Persönlichkeiten, die ihrer Zeit weit voraus waren.

Unbedingt erwähnenswert ist das sehr informative Glossar am Ende, das schon für sich alleine die Lektüre wert ist. Herausgreifen möchte ich Fritz Pfleumer, der den ersten magnetisierbaren Tonträger entwickelt hat sowie die Erfinder Ludwig Blattner und Curt Stille. Zur Mosler´schen Schwimm- und Badeanstalt möchte ich direkt aufbrechen, auch im Palmengarten zu Frankfurt unbedingt flanieren. Ach was, man muss es selber lesen. „Die Radioschwestern“ sind ein Zeitzeugnis, vermitteln Aufbruchstimmung, den unbedingten Willen, das Medium Radio voranzutreiben. Es war ein Erfolg – wir wissen es heute.

Es ist ein sowohl interessanter als auch aufschlussreicher Blick zurück, als das Radio die „Klänge einer neuen Zeit“ vermittelte. Vor dem gut recherchierten historischen Hintergrund bin ich gerne mit den sympathischen jungen Frauen ein Stück ihres Weges gegangen und empfehle das rundum gelungene, sehr unterhaltsame Buch gerne weiter.

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Veröffentlicht am 14.04.2022

Ganz nett

Schallplattensommer
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Brad Pitt soll hier, in diese heruntergekommene Villa, einziehen. So geht das Gerücht. Naja, er war es dann doch nicht. Eine Familie aus dem Westen hat das Grundstück nebst Haus gekauft und jetzt sitzen ...

Brad Pitt soll hier, in diese heruntergekommene Villa, einziehen. So geht das Gerücht. Naja, er war es dann doch nicht. Eine Familie aus dem Westen hat das Grundstück nebst Haus gekauft und jetzt sitzen sie in Omas Gaststätte – Vater, Mutter und zwei Söhne. Eine ganz normale Familie mit viel Geld - so hat es zumindest den Anschein.

Es beginnt federleicht. Maserati ist nun mal das einzige Mädchen weit und breit, sie und ihre Oma sind ein eingespieltes Team. Während ihre Oma ihre berühmten Teigtaschen bevorzugt nachts zubereitet, ist Maserati für den Service zuständig.

„Ich bin Maserati“ „Wow, ist dein Vater Rennfahrer - darf ich dich Ferrari nennen?“ Caspar, der Sunnyboy, findet das amüsant, zieht all die Luxuskarossen heran, um sie gebührend anzusprechen. Und Theo findet auf einem alten Plattencover Maseratis Bild, auch in den Lyrics kommt sie vor. Wie kann das sein?

Alina Bronsky erzählt eine scheinbar belanglose Sommergeschichte, ein Flirt unter Jugendlichen, die vor sich hinplätschert. Man erahnt, dass hinter dieser Leichtigkeit mehr steckt. Und da ist noch Lenchen… Wer ist Lenchen? Peu á peu schält sich immer mehr Vergangenes heraus, drängt an die Oberfläche.

Die Autorin hat einen einnehmenden Schreibstil, es treibt einen vorwärts. Zwischen den Zeilen schwingt immer das Ungesagte mit, man spürt, dass noch mehr kommt, es erst im Laufe der Geschichte ganz erzählt werden wird. Sowohl die Charaktere als auch die ländliche Umgebung sind gut beschrieben, ich hatte von allen ein inneres Bild präsent und doch kamen sie mir nicht sehr nahe.

Ein netter „Schallplattensommer“, dessen Cover richtig gut gelungen ist. Im Nachhinein weiß ich auch mit dem Boot etwas anzufangen. Alina Bronsky hat mich gut unterhalten, es war spannend und doch fehlte mir der Biss.

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Veröffentlicht am 12.04.2022

Ein kriminalistisches Lesevergnügen

Caffè in Triest
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Das zweite Buch um Inspector Bruno Zabini hat Günter Neuwirth wiederum in Triest angesiedelt. Ein historischer Krimi, wir schreiben das Jahr 1907.

Jure Kuzmin steuert die Argo in den Hafen der Stadt Triest, ...

Das zweite Buch um Inspector Bruno Zabini hat Günter Neuwirth wiederum in Triest angesiedelt. Ein historischer Krimi, wir schreiben das Jahr 1907.

Jure Kuzmin steuert die Argo in den Hafen der Stadt Triest, geladen hat er Säcke voll bester Kaffeebohnen. Er will sich seinen Traum vom eigenen Kaffeehandel erfüllen. Nicht jedem gefällt dies, vor allem missfällt Dario - er ist sein erbitterter Widersacher - dass Jure das Herz von Elena erobert hat.

Triest gehört zur k.k. Monarchie Österreich-Ungarn, der Thronfolger wird mit seiner Gattin drei Tage hier verweilen. Bruno Zabini, Inspector des k.k. Polizeiagenteninstituts der Reichsunmittelbaren Stadt Triest und seine Kollegen haben alle Hände voll zu tun, um eine sichere Stadt zu präsentieren. Ein auch Einblick in das Triest anno dazumal – Triest gehörte zur k.k. Monarchie, den italienischen Irredentisten gefällt das gar nicht, sie streben gen Italien. Und dazwischen die Slowenen in ihren Vierteln.

Der Anfang war etwas sperrig ob der vielen Namen. Dieses Kennenlernen, das beschnuppern der einzelnen Charaktere war jedoch rasch vollzogen, nicht zuletzt wegen des gut gemachten Personenverzeichnisses.

Ich hab mich sehr wohl gefühlt in Triest. Der Autor trifft den genau richtigen Ton, versetzt mich gut 100 Jahre zurück und doch ist es nicht altbacken, auch wenn schon einiges an damals denken lässt. Die Sprache, manche Ausdrücke (Austriazismen, italienische und antiquierte Wörter, wie sie der Autor selber bezeichnet) geben dem Roman seinen so liebenswerten Charme. Äußerst sympathische Protagonisten wechseln sich ab mit so manch zwielichtigen Gestalten.

Inspector Zabini hat das Herz auf dem rechten Fleck, mit seiner langjährigen Erfahrung als Polizeiagent durchschaut er so manch hinterhältiges Spiel. Er ist aber nicht nur hinter den finsteren Gesellen her, auch der holden Weiblichkeit ist er nicht abgeneigt, was auch umgekehrt der Fall ist.

Ja, es war einiges los hier - „Caffé in Triest“ war ein kurzweiliges, ein kriminalistisches Lesevergnügen, sehr bekömmlich mit einer gut aufgebrühten Kanne bestens Kaffees. Gerne empfehle ich diesen historischen Krimi weiter und bin gespannt, wenn es wieder heißt: Inspector Bruno Zabini ermittelt.

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Veröffentlicht am 12.04.2022

Ein Sprung aus dem Wolken

Todesfall
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Bestes Wetter, um über ´the beautiful fjords´ abzuspringen. Das diesjährige Sportfestival in Voss verspricht richtig gut zu werden. Wen hat sie da gesehen, kurz nachdem das Flugzeug Vollgas gab? Ein Gesicht, ...

Bestes Wetter, um über ´the beautiful fjords´ abzuspringen. Das diesjährige Sportfestival in Voss verspricht richtig gut zu werden. Wen hat sie da gesehen, kurz nachdem das Flugzeug Vollgas gab? Ein Gesicht, von dem sie gehofft hatte, es nie wiedersehen zu müssen – oder hat sie sich geirrt?

„Dramatischer Todesfall bei der Eröffnung der Extremsportwoche in Voss“ lautet die Schlagzeige.

Inmitten Norwegens Bilderbuch-Kulisse findet sich die Starreporterin Agnes Tveit wieder, sie hat Oslo den Rücken gekehrt, um im heimischen Voss zu entschleunigen, auch das Private spielte bei ihrer Entscheidung eine Rolle und doch ist sie mit Leib und Seele ihrem Beruf verfallen. Das Unglück beschäftigt sie, kennt sie doch alle Beteiligten von früher.
Gespannt beginne ich zu lesen und werde hineingezogen in ein Konglomerat aus Freundschaft, Verrat und Lügen. War es ein tragischer Unglücksfall, gar die alleinige Schuld der in den Tod gesprungenen Mutter zweier Kinder? Es tauchen immer mehr Fragen auf und die Lösung scheint in weiter Ferne.

Agnes und ihr Hunger ist allgegenwärtig, ich rieche förmlich den geschmolzenen Käse. Sie geht der Sache auf den Grund, recherchiert und ist der Polizei gefühlt um Längen voraus. Ihre Alleingänge fördern so einiges zutage, sie stochert in der Vergangenheit, lässt einfach nicht locker, auch wenn sie sich dadurch immer wieder in Gefahr begibt. Eine Heldin ist Agnes allemal, zuweilen habe ich das Gefühl, dass sie mit ihrem unbedingten Aufklärungswillen aneckt, sie ausgebremst wird.

Streckenweise war es ein wenig langatmig, den Episoden am Rande, die das kriminalistische Element schon auflockern, wurde bisweilen zu viel Raum gelassen. Wiederholt zu viele private Details nehmen den Schwung aus der Story, hier wäre weniger mehr gewesen. Ein Fall, der undurchsichtig ist bis zum Schluss, das überraschende Ende ist der Autorin dann wieder gut gelungen.

Randi Fuglehaug ist mit ihrem „Todesfall“ ein gut lesbarer Einstieg in die Agnes-Tveit-Reihe gelungen, ihre Charaktere sind gut gezeichnet, man kann sich jeden einzelnen in seiner ganz eigenen Art vorstellen - ein in Teilen kurzweiliges Lesevergnügen.

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